@charlotta
Ich praktiziere mehr Geduld als ich eigentlich fühle. Ich bin ein ungeduldiger Mensch, der es gewohnt ist, Dinge schnell und effizient zu erledigen.
Der Gegensatz zwischen mir und meiner Schwester ist enorm. Der war schon immer da und hat sich mit dem Alter vermutlich noch verstärkt.
Ich bin immer effizienter und minimalistischer geworden und meine Schwester immer träger und chaotischer.
Neulich, als sie mich anrief, bekam ich das Gefühl, es sei sogar zu viel verlangt von ihr, tagsüber wach zu sein und irgendetwas auf die Reihe zu kriegen.
Sie deutete an, dass sie eventuell chronisch krank sei. Ich weiß auch nicht, ob sie das wirklich glaubt oder ob sie mir was vorspielt.
Vielleicht hat sie nach dem Leidensgejammert auch den Hörer aufgelegt, zu ihrem Freund gesagt: "Die hab ich gewimmelt, los lass uns einen Marathon laufen."

@Rica
Ja, die Frage habe ich mir auch schon gestellt, ob ich schon von Geburt an anders war als meine Schwester oder ob wir unterschiedlich erzogen wurden oder ob die weiteren Erfahrungen im Leben den Unterschied bewirkt haben. Ich denke, es sind alle drei.
Ich unterscheide mich schon optisch von meiner Schwester. Ich vermute, dass bei mir Verdauung Hormone usw anders arbeiten. Körperlich komme ich mehr unserer Mutter nach, die ebenfalls hyperaktiv war wie ich. Meine Schwester kommt unserem eher trägen Vater nach. Da ist also schon ein angeborener Unterschied.
Zusätzlich wurden wir von unseren Eltern auch unterschiedlich behandelt. Ich sollte immer als Vorbild für meine Schwester dienen und vernünftig sein, Verantwortung übernehmen usw., während meine Schwester als das Nesthäkchen verhätschelt wurde. Darum ist es jetzt für sie völlig selbstverständlich, dass ich die Nachfolge für die Eltern antrete und nun Verantwortung für das Haus und für meine Schwester übernehme. Beispielsweise muss ich ihr mit der Steuererklärung, Nebenkostenabrechnung für ihre Wohnung und anderen Papierkram helfen, wie unsere Eltern as früher immer getan haben. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, meine Eltern darum zu bitten, für mich Formulare auszufüllen!
Ich denke, da meine Eltern mich emotional auf Abstand gehalten haben, hat das mit dazu beigetragen, dass ich früh ausgezogen bin und mich auch ansonsten frei gemacht habe von erlernten Regeln wie "Geschenke darf man nicht wegtun". Da ich oft umgezogen bin, wäre es auch unpraktisch gewesen, alle Geschenke, die ich in meinem Leben jemals erhalten habe, jedes Mal mitzuschleppen.

Das mit der Abstinenz ist bei mir auch so. Meine Eltern und Großvater haben ja irgendwann mit Rauchen aufgehört, aber da hatte ich schon eine große Aversion gegen den Gestank von Zigaretten. Meine Schwester raucht zwar nicht, ist aber mit einem Raucher zusammen. Und sie trinkt auch viel Alkohol. Ich grenzte mich da auch ab. Es ist aber auch so, dass ich ADS habe und darum besonders heftig auf Drogen reagiere. Das gefällt mir nicht, und darum lasse ich es ganz bleiben.