Neues aus dem Horrorhaus

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04.01.2022 20:18
#1
An
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Hallo,
ich dachte, ich mache euch eine Freude... Ich bin ja dabei, das Messiehaus meiner Eltern zu entrümpeln, ausgebremst durch meine Messieschwester. Rechtlich gesehen darf ich nicht allein über unser gemeinsames Erbe verfügen, also nichts ohne Zustimmung meiner Schwester wegwerfen, verschenken oder verkaufen. Und da sie ein Messie ist... Den Rest kann man sich denken. Ich bin seit zwei Jahren dran und entdecke wirklich jedes Mal, wenn ich wo hinfasse, noch Zeug, von dem ich nichts wusste. Eine Zeitlang habe ich jedes Wochenende den Preis "Gruselfund der Woche" ausgelobt. Inzwischen sind die gruseligsten Funde weg, denke ich. Mit gelbem Schimmel überzogene Schuhe, Lebensmittel, die in den 90er Jahren abgelaufen waren, nass gewordenes Katzenstreu (die Katze ist seit über 20 Jahren tot) und dergleichen. Sicher bin ich aber nicht.
Ich dachte, in diesem Threat mache ich zweierlei:
1.) Bericht über die neusten Funde (zum Amüsement)
2.) Tipps und Überlegungen zum Entrümpeln von einem Nichtmessie. Ich halte normalerweise meinen Haushalt mit Feng Shui in Ordnung. Sehr hilfreiches Konzept. Außerdem beschäftige ich mich auch beruflich mit Organisation, Zeitmanagement und dergleichen.


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04.01.2022 20:28
#2
An
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Heute zum Thema Plastiktüten. In den 90er Jahren fing man ja an, über Umweltschutz zu reden und damals ging das Gerücht um, dass Plastiktüten bald Geld kosten oder sogar ganz verboten werden. Daraufhin fing eine Mutter an, Plastiktüten zu hamstern. Der Keller ist voll, der Dachboden auch, und in jedem Zimmer, jedem Schrank haben wir Plastiktüten, Briefumschläge und Pappkartons gefunden. Da ich eifrig Zeug bei Ebay verkaufe, kann ich die Kartons und Briefumschläg für den Versand brauchen. Die Plastiktüten brauche ich für Müll und Spenden. Nur: Wenn ich eine kleine Tüte suche, fallen mir immer die großen in die Hände, suche ich eine große, erwische ich nur kleine. Darum habe ich heute in der Mittagspause angefangen, die Plastiktüten in einem der Kellerräume zu sortieren in drei Größenkategorien. Die kleinen werden in Kartons gestapelt, die großen in Tüten. In einer Dreiviertelstunde habe ich die Hälfte geschafft. Dabei habe ich auch solche aussortiert, die kaputt oder schmuddelig sind oder die Klopapiertüten, die keinen richtigen Griff haben und eigentlich zu nichts richtig zu gebrauchen sind. Jaja, ich weiß, für irgendetwas könnte man sie noch benutzen, aber wir haben unglaublich viele davon. Also, jetzt geht auch schonmal einiges in die gelbe Tonne.

Und wie gesagt: Immer wenn ich etwas anfasse, finde ich noch etwas, von dem ich nichts wusste. Heute war es eine Tüte mit mehreren Kilogramm Nudeln, die 2018 abgelaufen waren. Also noch richtig neu! Keine Ahnung, wie die sich so lange vor mir verstecken konnten, denn gerade in diesem Raum habe ich eigentlich schon ein paar Mal den Mist hin und her geräumt und gründlich durchgepflügt. Ich habe das Gerümpel immer noch nicht unter Kontrolle! Panik!

So gesehen: Ich weiß, wie ihr Messies euch fühlen müsst. Egal, was man macht, man sieht keinen Fortschritt. Aber trotzdem: Niemals aufgeben! Immer weitermachen. Laut Feng Shui ist es nicht wichtig, ob es ein großer oder kleiner Schritt ist, den wir machen. Hauptsache er geht in die richtige Richtung.


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06.01.2022 19:13
#3
An
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So, drei oder vier Mittagspausen habe ich schon damit verbracht. Ich glaube, die Hälfte habe ich mindestens.
Diese Art von Arbeit hat immer sowas von Archäologie: Man gräbt sich von der Neuzeit in tiefere und ältere Schichten durch.
Heute kam ich bis zu den Tüten 1992/93 als ich in Frankreich studierte, dann zu den Tüten aus dem Wales-Urlaub 1991.
Plastiktüten als Reisesouvenirs?
Blöderweise ist die Tonne für den Verpackungsmüll fast voll. Heute habe ich zu meinem großen Entsetzten feststetllen müssen, dass sie wegen Weihnachten und anderen Feiertagen erst in drei Wochen geleert wird. OK, sammeln wir den Plastikmüll also erstmal in Müllsäcken. Das ist dann ruckzuck weggeworfen. Ich sollte als nächstes dann wohl mit Altpapier weitermachen...


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09.01.2022 14:27
#4
An
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Die Spülbürsten sind ein schönes Beispiel für die Perversion unseres Rechtssystems. Ich habe im schimmeligen Keller ganz viele noch originalverpackte Spülbürsten gefunden. Allerdings sind sie nicht luftdicht verpackt. Ich gehe also davon aus, dass sie genauso schmutzig sind wie die Plastiktüten, zwischen denen ich sie gefunden habe, und von denen meine Hände grau werden. Keine Ahnung, wie alt die Bürsten sind. Der Preis war immerhin schon in Euro. Auf gar keinen Fall werde ich diese Bürsten damit benutzen, um damit mein Geschirr zu berühren, von dem ich anschließend esse.
Da diese Spülbürsten zu unserem gemeinsamen Erbe gehören, darf ich laut Gesetz nicht alleine darüber zu verfügen. Als ich sie gerade eben in den Restmüll gestopft habe, habe ich mich also des Diebstahls schuldig gemacht. Eigentlich hätte ich sie meiner Schwester zeigen müssen und mit ihr gemeinsam über das Schicksal der Dinger entscheiden. Sie hätte dann darauf bestanden, dass sie nicht weggeworfen werden dürfen, denn schließlich sind sie offensichtlich unbenutzt und haben ja mal Geld gekostet. Es hätte dann zwei Möglichkeiten gegeben: Sie sagt, sie will sie haben. Dann packe ich sie in einen Karton und bewahre sie in meinem Keller auf, denn meine Schwester hat grundsätzlich ihrer Messiewohnug keinen Platz für überflüssige Spülbürsten. Wenn ich Glück habe, hätte sie bei Gelegenheit daran gedacht, wenn sie ihre Spülbürsten ersetzt, bei mir anzuklopfen und mich zu bitten, Ihre Spülbürsten in meinem Keller zu suchen. Eher wahrscheinlich hätte jedoch ihr Freund darauf bestanden, dass sie neue Bürsten kaufen und die alten bei mir im Keller bleiben. Alternativ hätte ich sagen können, dass ich sie benutze, und dann werfe ich sie heimlich weg. Grundsätzlich Betrug, weil meine Schwester sie mir ja unter anderen Voraussetzungen überlassen hat. Der saubere Weg wäre gewesen, dass ich einen Gutachter damit beauftrage, die Spülbürsten auf Schimmel zu untersuchen. Wenn er meinen Verdacht bestätigt, dann darf ich die Bürsten entsorgen. Kostet 200 Euro. Kann aber auch sein, meine Schwester erkennt das Gutachten nicht an und verlangt noch eine zweite Meinung...
Ich habe jetzt also heimlich das Halbeigentum meiner Schwester weggeworfen. Sie kann mich deswegen verklagen, aber ich gehe davon aus, dass die Zahlung, die ich ihr zum Ausgleich ihres Verlustes bezahlen müsste, würde gering ausfallen. Außer sie würde behaupten, sie Spülbürsten seien aus Gold gewesen. Da ich sie vor dem Wegwerfen nicht fotografiert habe, könnte ich das Gegenteil nicht beweisen.

Puh! Ehrlich gesagt, fühle ich mich besser, seitdem ich gegen das Anraten von drei Anwälten solche scheußlichen Verbrechen begehe wie das Wegwerfen von Spülbürsten, die meiner hypochondrischen, laienhaften Meinung nach mit Schimmel verseucht sind. Es geht nicht nur alles schneller voran, sondern ich habe wenigstens teilweise noch die Kontrolle über mein Leben und mein Haus zurückgewonnen. Nach meinem Gerechtigkeitsempfinden kann das nicht sein, dass ich für die nächsten Jahre oder für den Rest meines Lebens immer erst meine Schwester hierher einladen muss, um mir von ihr die Genehmigung dafür zu erbitten, irgendwelchen Krempel unserer Eltern wegzuwerfen. Oder ich bettle sie darum an, die Spülbürsten bei Ebay verkaufen zu dürfen, weil das die einzig legale Möglichkeit ist, die Sachen aus dem Haus zu bekommen.

Ich verstehe schon, dass die Anwälte kein Interesse daran haben, mir wirklich zu helfen. Für sie lohnt sich erst ei richtig saftiger Gerichtsprozess, der sich über Monate oder Jahre hinwegzieht, und wo 10.000 Beweisfotos, 12 Aktenordner voll Unterlagen und dergleichen sich ansammeln, um den Verbleib und Wert jeder einzelnen Spülbürste zu diskutieren.

Anders kann ich mir nicht erklären, dass meine Anwälte von wirklich jeder einfacheren Lösung dringend abraten und mir erklären, wie ich es machen muss. Wenn ich beispielsweise das Zeug meiner Schwester, das sie in meinem Haus lagert, in eine bezahlte Halle transportiere und sogar die Miete selbst bezahle, ist es mit einem Lieferwagen und zwei Trägern und kurz mal alles rüber transportieren nicht getan. Ich muss vorher jedes einzelne Teil auspacken, fotografieren und dokumentieren. Das Protokoll muss von mindestens einem Zeugen unterschrieben werden, damit der Zustand der Dinge nachweisbar dokumentiert ist. Sonst kann hinterher meine Schwester behaupten, es sei etwas verschwunden oder ich habe etwas kaputt gemacht, und mich deswegen verklagen. Immer wenn die Anwälte mir erklären, wie ich etwas selbst in die Hände nehmen kann, ist das superaufwändig, dass mir ganz die Lust vergeht.

Ich konzentriere meine Energie lieber auf das, was voran geht. Ich schaffe ja jeden Tag Sachen aus dem Haus. Vorhin war ich auf meiner Joggingroute beim Briefkasten und habe dort eine Mütze und ein Halstuch eingeworfen, die ich verkauft habe. Es geht voran. Meine Schwester gestaltet zwar alles so, dass es für mich möglichst aufwändig wird, worauf sie juristisch gesehen das Recht hat. Aber sie hat nicht das Recht, die Entrümpelung ganz zu verbieten und behindern, was sie auch nicht tut. Denn was auch immer ich tue, um da rauszukommeen, ist noch aufwändiger als das, wie es bisher läuft. Und da wir (noch?) nicht vor Gericht sind, komme ich mit solchen illegalen Aktionen wie dem Wegwerfen von neuwertigen Spülbürsten noch durch. Nur deswegen würde sie mich nicht verklagen, auch wenn sie zufällig mal in den Müll sehen würde und mein Schweinerei entdecken würde. (Tatsächlich ist sie sich zu fein, ihre Hände am Mülleimer schmutzig zu machen.) Übertreiben darf ich es aber auch nicht, denn ich traue ihr durchaus zu, dass sie mich erst die ganze Arbeit mit dem Müll und Verkaufen machen lässt und mich hinterher wegen irgendetwas verklagt, was ich angeblich falsch gemacht habe oder was sie erfunden hat. Und dann kommen die ganzen kleinen Sünden auch mit auf den Tisch, wenn wir schonmal dabei sind. Wie gesagt, 12 Aktenordner muss man mit sowas schon vollkriegen.

Eigentlich hatte ich bisher eine hohe Meinung von unserem Rechtssystem, aber es gibt Spezialfälle, in denen das Recht und das was gerecht wäre, nicht zusammenpassen. Am sinnvollsten wäre es, meiner Schwester das Mitbestimmungsrecht zu entziehen, weil sie offensichtlich als Messie eine psychische Störung hat und gar nicht sinnvoll über das dingliche Erbe entscheiden kann. Aber mit sowas käme ich wohl nicht durch. :-(


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09.01.2022 18:45
avatar  Robin
#5
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Nice. Danke, dass du erzählst, ich sei ja eh nicht in der Lage, über meinen Krempel zu entscheiden. 🧐😣

Bei deiner Schwester sehe ich ein *ganz anderes Problem*: Sie ist nicht bereit oder in der Lage, ein faires Abkommen mit dir zu treffen.
Ansonsten würde sie bei Spülbürsten etc. entscheiden, was sie davon haben will, und das dann mitnehmen - und wenn sie einen Stauraum dafür mieten muss...

Jedenfalls gehe ich davon aus, dass die meisten Anwesenden hier im Forum dasselbe Recht haben wie andere Leute auch, über ihren Krams und ihre Wohnung zu entscheiden, und dieselbe Pflicht, gemeinsame Angelegenheiten aller Art möglichst einvernehmlich und für alle Beteiligten erträglich zu gestalten.


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