Was hat euch an Therapie "genervt"?

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15.08.2013 08:22
avatar  Kayla
#6
Ka
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Hallo Chaosforscher!
Ich glaube, eine Verhaltenstherapie macht nur genau bei den Menschen Sinn, die exakt verstanden haben, in welche Richtung dieser Therapieansatz geht. Als ich vor Jahren angehalten war, endlich eine Therapie zu machen, damals wegen einer schweren Ansgtstörung, war ich komplett verwirrt, über die verschiedenen Lösungsansätze. Da bei uns Therapieplätze schwer zu kriegen sind, hab ich mich erstmal bei allen angemeldet und abgewartet, wer sich als erstes meldete. Das war nicht sehr schlau. zuerst lernte ich, dass ich massiv mauere, wenn jemand irgendwelche Traumata, die ich bewusst in Ruhe lasse, ans Tageslicht zerrte. Die verschlimmerten das Problem (dauerhaft) nur noch erheblich. Schließlich hab ich mich dann hingesetzt und nachgelesen, was wie funktioniert und was davon, für mich, erfolgsversprechend klingt. Und das war eben Verhaltenstherapie. Selbstverständlich muss man Ursachen aufdecken, aber vorrangig wollte ich lernen, mit dem Menschen zu leben, der ich nun mal, warum auch immer, heute bin. Ich hab meiner Therapeutin alle Übel dieser Welt an den Hals gewünscht, als sie mich damals dazu verdonnert hat, Fotos auf unserem Traditionsfest zu machen. Ich hatte unter den Massen dort drei eingebildete Herzinfarkte und 5-6 Schlaganfälle und entging nur knapp der Gefahr, verrückt zu werden und in der Nervenklinik zu landen :-D. Aber irgendwann war ich mit meinen Fotos zu Hause und fuuuurchtbar stolz auf mich. Das wars ganz einfach, SO wollte ich das machen.
Eine Freundin von mir kam damit aber z.B. überhaupt nicht klar. Die empfand ihre Therapeutin irgendwann nur noch als Antreiber und Folterknecht, dem sie Widerstand entgegensetzte, den sie sogar belog, um sich den Forderungen zu entziehen.
Sie hat dann irgendeine tiefenpsychologische Geschichte angefangen, wo mit ihr der Urschleim seit ihrer Geburt aufgerollt wurde und der Versuch unternommen, traumatische Ereignisse neu "zu bewerten". Ihr scheint es zu helfen, für mich wärs nix gewesen, das fühlt sich für mich muschebubu an.
Was ich allerdings glaube (meine Therapeutin hat das in hervorragendster Weise zelebriert) ist, dass der Therapeut immer wieder klar stellen muss, dass er nicht erzieht, sondern nur Erfüllungsgehilfe zur Selbsterziehung ist. Anderenfalls bedient er tatsächlich sehr schnell alte Feindbilder von der meckernden Mutter über den nörgelnden Ehemann bis hin zu diktatorsichen Schwiegermutter. Das ich heute "nur" noch mit meinem Chaos hier zu kämpfen habe, verdanke ich einer sehr engagierten Psychotherapeutin, die diese Gratwanderung hervorragend gemeistert hat (ich entschuldige mich mal ganz leise für die Plagen, die ich ihr manchmal an den Hals gewünscht habe ;-) ).

KAy

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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15.08.2013 08:38
#7
fi
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Hallo

ich denke das es sehr sehr schwierig sein wird, einen vertrauensvollen Therapeuten zu finden. Die Chemie muss stimmen. Nur wie soll man den finden?

@Kayla Du hast geschrieben, das du alle ersteinmal angeschrieben hast. Wie würde du es heute machen? Bei uns ist es nicht anders, die Therapeuten haben alle lange Wartezeiten. Und wie lange soll man warten?

Das Thema sit sicher nicht so einfach wie angenommen.

LG Fireman


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15.08.2013 09:22
#8
Ta
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Liebe Kayla !

Genau..............Erfüllungsgehilfe zur Selbsterziehung,das trifft den Nagel auf den Kopf.
Durch das Lesen hier bin ich allerdings auch fast beim "Urschleim" gelandet und das hat mir durchaus
geholfen. Nun weiss ich wenigstens ganz konkret und genau,warum mir Arzttermine oft soviel Herzflattern
verursachen. Ein paar andere Punkte fand ich auch gut.........und vor allem hilfreich.
Danke allerseits........

Grüssele Tante Mausohr


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15.08.2013 16:19
avatar  Kayla
#9
Ka
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He Ihr!
Selbstverständlich hilft Ursachensuche. Nur muss man sich drüber klar werden, wo man da ansetzt. Ich habe da, ohne Therapeutin, ein Deja vue gehabt, wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Ab einem bestimmten Punkt meines Lebens hinweg, ist mir die Chronologie verloren gegangen. Ich wusste aus den Jahren danach zwar, dass Dinge passiert sind, konnte sie sogar minutiös erläutern, aber wann auf dem Zeitstrahl das genau passiert ist - keine Ahnung.
Ich habe stets versucht, heraus zu finden, was zwischen meiner echten Erinnerung und dem chaotischen "Danach", in diesem Vierteljahr passiert ist. Aber mir ist nichts eingefallen. Dann war ich bei meiner Mutter zu Besuch. Muss ich dazusagen, dass wir viele Jahre nicht miteinander gesprochen haben, weil einer für den Anderen einfach charakterlich ein Alien ist (und auch immer bleiben wird, nur sind wir halt beide toleranter geworden).
Und aus irgendeinem Grund kam die Rede auf diese Zeit. Und da war tatsächlich etwas, sogar etwas unglaublich Prägnantes, das für mich mit einem Nervenzusammenbruch endete. Okay. Wie kann man ein halbes Jahr, Arztbesuche und die quälende Zeit danach einfach so absolut restlos ausradieren? Ich meine, meine Mutter brauchte mir nicht zu beweisen, dass das wirklich passiert ist, als sie es erzählte, war es schlagartig wieder da. Leute, ich weiß es nicht. Aber seitdem purzeln die Zeitbausteine langsam wieder an den Ort, wo sie hingehören und neuere Erlebnisse kann ich auch sofort wieder ordnen.
Solche Dinge MÜSSEN natürlich an die Oberfläche, wenn möglich. Aber Priorität hatte für mich immer der Gedanke heute und mit meinem heutigen Ich leben zu können. Ich kann nicht 30 Jahre rückgängig machen und ich möchte nicht eine Einschätzung rückwirkend verändern, weil das für mich dann irgendwas mit "Schönreden" zu tun hätte.
Was ich heute machen würde? Mich im Vorfeld erkundigen. Die Praxen geben Auskunft darüber, auf welche Methoden sie sich spezialisiert haben. Und sich mal selbst schlau machen, was denkbar und machbar ist. Unsere Intelligenz hat ja nicht gelitten und auch unserer Selbsteinschätzung können wir meist über sehr weite Teile noch trauen. Komme ich mit einer Rosskur klar, oder eher nicht? Konfrontationstherapie ist immer beinhart. Da ist kein Platz zum Selbstbedauern oder Jammern. Man tut es oder man lässt es, man heult ins Kopfkissen, wünscht seiner Therapeutin mal die Beulenpest an den Hals und macht weiter.
Tiefenpsychologie ist auf andere Weise brutal. Aber dort stellt sich, für mich, mehr als bei der Verhaltenstherapie die Frage, was eigentlich passiert, wenn man austherapiert ist und die Bezugsperson, der man ja recht intime Dinge anvertraut hat, nicht mehr da ist?
Ich neige zum Grübeln, Selbstanalyse, "in mich Reingebohre". Was mir fehlte, war der Druck, wirklich was zu "tun". Ich möchte nicht die Schmerzen meines ersten Liebeskummers noch mal erleben. Das tat weh und das war prägend, aber das sind gesunde Erlebnisse, die braucht es einfach, um erwachsen zu werden. Warum sollte ich sowas "anders bewerten" wollen? Ich hab eine Zurückweisung erfahren, die erste von einer ganzen Reihe. Punkt. Und sowas tut verdammt weh. Das hab ich draus gelernt. Es hat mich nicht dazu gebracht, Vermeidungsstrategien gegen Nähe zu entwickeln (dann müsste man es wirklich aufarbeiten), es hat mich nur gelehrt, mich ein wenig besser zu schützen, mich nicht ganz so angreifbar zu machen, auch wenn mir jemand wichtig ist. Das lässt sich beliebig weit fortführen. Leider gibt es für die Seele kein Röntgenbild. Kein noch so guter Therapeut kann vorhersagen, was alles aufgerührt wird, wenn er einmal in den Dreckhaufen reinbohrt. Darüber muss man sich klar werden. Und fertig Werden mit dem Ausgebuddelten muss man allein. Ein Therapeut kann einem höchstens Wege dazu aufzeigen.
Genaugenommen, pardon, ist ein Therapeut doch nur eine menschliche Krücke. Man benötigt sie dringend, wenn man sich das Bein gebrochen hat und dann erfüllt sie auch ihren Zweck. Aber laufen muss man trotzdem selbst und wenn das Bein verheilt ist, seis mit Narben und seis auch noch mit Schmerzen, sollte man auch froh sein, sich wieder ohne bewegen zu können. Tja, wie findet man einen Therapeuten, bei dem auch die Chemie stimmt? Wüsste ich auch gern. Ich hatte einfach Glück.

Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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30.08.2013 00:47
#10
De
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Hallo Chaosforscherin,

gibt es eine Definition wie Therapie wirklich erfolgreich ist?
Denke nicht. Ausser, dass Therapie auf gar keinen Fall funktionieren kann, wenn kein Vertrauensverhältnis da ist.
Deshalb finde ich es auch gewagt mit vorgearbeiteten Konzepten auf den Weg zu gehen, und zu meinen der "Patient" solle das mal ausprobieren bzw durcharbeiten.
Wie hier schon so schön gesagt wurde, könnte man den Therapeut als Krückstock sehen.
Wenn ich mit mir nicht weiter komme oder keinen Ausweg sehe oder oder oder.... und eine Therapie machen will, dann nehme ich diesen Krückstock um vorwärts zu kommen.
Persönlich sehe ich aber den Krückstock eher als Begleiter und nicht als Leiter.
Mache zur Zeit eine Therapie, und bei uns (Therapeut u ich) ist das schon so, dass ich die Themen bestimme und erzähle was meine Gedanken dazu sind. Er stellt Zwischenfragen die mich dann zum überlegen bringen, neue Aspekte... und wir kommen immer wieder zu dem Punkt, wo ich ihn frage, was er meint was ich machen könnte....
und da ist dann der Punkt wo ich annehmen kann und in der Regel den Ratschlag anschliessend auch ausprobiere.
Wenn ich mir aber vorstelle, vor mir sitzt jemand und will mir erzählen, jetzt probieren wir was Neues und will mir dann dieses "Vesper" in den Rucksack schwätzen....... wäre meine Reaktion auch Widerstand. Nicht weil dieses "Vesper" schlecht wäre, sondern weil ich in dem Moment nicht bereit dazu bin es anzunehmen.
Dazu kann ich nur ein Buch wärmstens empfehlen.
"Die Kraft aus dem Selbst" von Dipl.Psych. Maja Storch und Prof.Dr. Julius Kuhl
in dem in der Einführung die menschliche Psyche erklärt wird und der Moment in dem Therapie bzw Heilung greift.
Zudem muss ich sagen, dass ich persönlich "Verhaltenstherapie mit diversen Plänen, Etappenzielen" als Symptomdoktorei empfinde.
Überhaupt vorgearbeitete Pläne und Systeme in einer Therapie lösen in mir Widerwillen aus...
Zu meiner Therapie möchte ich noch sagen, dass ich sie im Januar begonnen habe und wir inzwischen soweit sind, dass ich wieder ein kleines Licht sehe. In der Messie Problematik hat das zwar noch keine durchschlagende Wirkung gezeigt, aber es tut sich was.
Hoffe, Du empfindest meinen Beitrag nicht als persönliche Kritik, sondern sieht darin u.U einen neuen Aspekt.

Viele Grüsse


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