Ich nehme mir vor/ich habe getan...

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05.08.2015 11:53
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#171
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Zitat von Frau Lotta im Beitrag #170
Gestern Power bügeln gemacht 😂alle !!! Bügelwäsche ist fertig...4 Körbe


Puh......, dann doch lieber Holz sägen ;-))


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06.08.2015 12:44
#172
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gestern unter anderem...meinen Medizinschrank aufgeräumt....altes weggeworfen (eine Tüte voll) und den Rest nach Anwendungsbereiche sortiert und in Körbchen eingeräumt, das wollte ich so lange schon, gestern Abend suchte ich dann was und hab die Wut bekommen :)))

ansonsten bin ich grad etwas ausgebremst...hab Besuch von der roten Zora ;)


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10.08.2015 13:38 (zuletzt bearbeitet: 10.08.2015 13:40)
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#173
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Mal wieder ein paar allgemeine Gedanken, die in keinen speziellen Thread gehören (obgleich sie dort ihren Ursprung genommen haben mögen). Anderenorts las ich über den Semmelweis-Reflex, und wieder ist für mich ein Stück des Puzzles hinzugekommen. Heute las ich einen Artikel zum Thema Prokrastination bei Studenten, und überall springen mich "klugscheißerische" Ratschläge an, die darauf abzielen, sich freiwillig fremdbestimmen zu lassen, wenn es mit der Selbstbestimmung nicht so wirklich hinhaut. Das, und völlige Verständnislosigkeit dafür, dass es sich hierbei um ein (lösbares) Problem handelt - woraus reflexhafte Abwehr dessen resultiert, was "nicht richtig sein kann". Es ist der Semmelweis-Reflex, der die Menschen so reagieren lässt.

Ignaz Semmelweis war ein Arzt, der im 19. Jahrhundert - vor der Entdeckung des Konzeptes "Infektion" - ein "ungutes Gefühl" dabei hatte, wenn er Kollegen beobachtete, wie sie von schwer kranken oder an (Infektions)-Krankheiten verstorbenen Patienten in Räume wechselten, in denen Frauen Kinder auf die Welt brachten. Er schlug vor, dass man sich die Hände waschen, und seine medizinischen Instrumente reinigen solle.
Er wurde dafür für verrückt erklärt. Also..so richtig galileo-galilei-mäßig verrückt. Er starb in einer Irrenanstalt, bevor andere Wissenschaftler Beweise dafür fanden, dass das, was er beobachtet hatte, "richtig" ist.
Man bringt jungen Medizinern heute im Studium bei, dass der Semmelweis-Reflex existiert. Das Dilemma besteht darin, dass jeder beim Denken auf sein eigenes Gehirn beschränkt ist. Abhilfe schaffen kann man, wenn man im Hinterkopf behält, dass man dem Semmelweis-Reflex unterliegen könnte, wenn man etwas spontan ablehnt, ohne darüber nachgedacht, es überprüft/erforscht oder es experimentell untersucht zu haben.

An anderer Stelle las ich einen Spruch des Autors Frederick Forsyth, der sich, wie angeblich viele Briten, über die "Dauerschuld" wundert, mit der sich "die Deutschen" selbst belasten. Gemeint ist natürlich die Nazi-Vergangenheit unseres Landes, und ich beginne mich zu fragen, ob da vielleicht irgendein Zusammenhang zu unserer "Volksmentalität, uns primär negativ zu verstärken" besteht. Aber spielt das überhaupt eine Rolle?

Was für mich immer schwerer zu wiegen beginnt, ist dieser gesamtgesellschaftliche Irrtum, dem ja auch ich selbst einmal aufgesessen bin. Messies...Prokrastination...Daseinszweck verloren...faule Hartz-IV-Empfänger...nichtsnutzige Hausfrauen...World-of-Warcraft- oder Netflix-Sucht...
Es ist diese alltägliche, lapidare Erklärung "nur zu faul", mit der schwerwiegende - aber nichtsdestotrotz lösbare - Probleme wegerklärt werden. Es macht mir zu schaffen, dass sämtliche "Aus-dem-Bauch-heraus"-Lösungsansätze nur zu einer Verschlimmerung führen. Noch mehr Fremdbestimmung, noch mehr negative Verstärker.

Es macht mir zu schaffen, wenn ich mich mit jemandem über jemanden unterhalte, an dessen Verhalten er sich stört, und ich sage ihm: "Das liegt wahrscheinlich daran, dass er eine Antriebsstörung hat", und der zuckt mit den Schultern und sagt: "Ach, Blödsinn! Man muss nicht immer alles mit irgendwelchem Psychoblabla entschuldigen! Der ist bloß zu faul!" Zu wissen, dass das "normal" ist, weil es den Semmelweis-Reflex gibt, hilft mir dabei, in so einer Situation nicht die Nerven zu verlieren. Worauf wollte ich jetzt noch gleich hinaus?
Ja...natürlich: Es braucht dringend Aufklärung. Viel, viel Aufklärung. Es ist ein Thema, über das öffentlich gesprochen und aufgeklärt werden sollte, das in die Mitte der Gesellschaft getragen werden sollte, damit "Faulheit" als völlig unwissenschaftliche Lapidarerklärung verschwindet, damit echte Wissenschaftler richtige Forschung dazu betreiben beginnen, damit mehr Betroffenen geholfen werden kann, und nicht nur jenen, die mehr oder minder zufällig (aus reinem Glück) an der richtigen Adresse landen.


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10.08.2015 14:31 (zuletzt bearbeitet: 10.08.2015 14:39)
#174
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Gut geschrieben, mach doch daraus einen Leserbrief für zum Beispiel den "Focus".
Ich kann es allerdings nachvollziehen, dass viele nur von "zu faul" reden, weil sie es ja nicht anders kennen.
Wieso schaffen die einen nicht, was für die anderen selbstverständlich ist ?
Sein Schicksalspäckchen trägt doch eh jeder mit sich im Sinne von unter jedem Dach ein Ach.
Andererseits, wenn ich denjenigen als nur "zu faul" tituliere, spreche ich mich ja zugleich frei davon, mich selber
weiter kümmern zu sollen und der Gedanke ICH BIN EH BESSER ALS DER..........schafft ein gutes Gefühl, sich über andere erheben zu können.

Und zu bedenken ist auch, Schicksals-Schläge hauen nicht nur um, lassen einen aus den Latschen kippen, sondern machen
mit der Zeit auch einsam. Und so kommt eins zum andern und die Teúfelskreise werden immer mehr.

So, nun schicke ich noch das grüssele hinterher, es gab einen Moment Blockade. Mausohr


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10.08.2015 18:07 (zuletzt bearbeitet: 11.08.2015 08:47)
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#175
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Mir wird das gerade so langsam klar, wie absurd die Situation wirklich ist, und was für ein völlig verrückter Zufall. Da wird der Begriff "Messie" im Fernsehen verkauft, um Einschaltquoten zu generieren, weil sich die Leute gern an diesem "Bessersein" ergötzen wollen. Und sogar...vollkommen irre...weil es vielen von ihnen Druck, Angst, und Fremdscham erzeugt, die sie motivieren, ihren eigenen Haushalt zu regeln. "So weit möchte ich es nicht kommen lassen!"
Und nur wegen dieser falschen Begriffsverwendung, wegen dieser nicht vorgenommenen Abgrenzung landen hier mehr Leute, die ein völlig anderes Problem haben, als das echte Messiesyndrom.
Ja, richtig. Man ergötzt sich an Menschen mit einer Antriebsstörung, man erhebt sich über sie, und schaut auf sie herab. Egal, ob über die faulen Hartz-IV-Empfänger, die arbeitsscheuen Studenten, die schlechten Hausfrauen, oder über die ekligen Vermüllten. Das Problem daran, dass das Problem mit "Faulheit" wegerklärt wird, ist, dass es überhaupt kein gesellschaftliches Bewusstsein zu geben scheint, dass "Faulheit" kein angeborener, unabänderlicher Daseinszustand sein könnte, und keine "Charakterschwäche", sondern eine (anerzogene) Störung, die großflächig behoben werden könnte. Und mehr noch: Der vorgebeugt werden könnte. Durch Aufklärung.

Es wäre theoretisch denkbar, Informationsmaterial für Langzeitarbeitslose anzubieten. Ein verpflichtendes Seminar über Selbstmanagement für jeden Studenten abzuhalten. Aufklärungsvorträge für Schüler. Für Eltern. Für Sporttrainer.

Auf letztere komme ich gerade, weil meine Freundin - von der ich erzählt habe, dass sie der einzige Mensch ist, der einen Erkenntnisgewinn für sich selbst aus unseren Gesprächen ziehen kann - junge Sportler trainiert. Seitdem wir darüber sprechen, hat sie begonnen, die negative Motivation, die viele Sporttrainer benutzen, mit Skepsis zu betrachten: Kinder, die nicht gut genug waren, werden bestraft. Die langsamsten drei müssen zum Beispiel Liegestützen machen.
Sie hatte sich überlegt, stattdessen die Besten zu belohnen. Aus unserem Gespräch hat sich dann aber ergeben, dass es am besten wäre, jeden im Rahmen seiner Möglichkeiten zu beurteilen. Wer ein "Naturtalent" ist, und sich darauf ausruht, sollte dafür nicht belohnt werden, dass er im Vergleich zu den anderen Teilnehmern mühelos am weitesten geworfen hat, oder am höchsten gesprungen ist. Wer hingegen eher nicht so talentiert ist, aber sich richtig reingehängt hat, sich Mühe gegeben, und geübt hat, sollte entsprechend deutlich gelobt werden, um sich noch mehr Mühe geben zu wollen, und dadurch seine Leistung tatsächlich weiter steigern zu wollen.
Das sind alles überhaupt keine neuen Erkenntnisse. Es sind nur eben keine allgemeingültigen Erkenntnisse. Es ist kein "Standard-Vorgehen". Die Fachwelt hat sich nicht darauf geeinigt, was der beste Weg ist, Motivation zu erzeugen. Und - jetzt wird es total irre - die Fachwelt selbst besteht vermutlich in einem ähnlichen Mischungsverhältnis wie der Rest der Gesellschaft aus Menschen, die sich positive Verstärker nicht richtig vorstellen können.
Wenn man sich weiter überlegt, dass Eltern, Lehrer, Trainer, und später Arbeitgeber, Behördenmenschen, Partner...allesamt Einfluss auf Kinder ausüben, ohne zu ahnen, was sie bei Einzelnen damit anrichten können, wenn sie auf die falsche Art zu motivieren versuchen, dann erkennt man die bedrückende Notwendigkeit. Es ist wie ein einziger, gigantischer Teufelskreis.

Besteht ein gesellschaftliches Interesse daran, diesen zu durchbrechen? Nein. Es existiert noch nicht einmal ein Bewusstsein dafür, dass es da irgendwas teufelskreisartiges geben könnte, das man erforschen sollte.
Bestünde ein gesellschaftlicher Vorteil, dies zu erforschen und konkrete Lösungsansätze für uns alle zu entwickeln, vorbeugende Maßnahmen für uns alle zu entwickeln und zu lehren? Unbedingt. Wäre jeder von uns informiert, wie er sich auf positive Weise selbst motivieren kann, würden sich Millionen von Problemen in Nichts auflösen. Wir wären produktiver, und zufriedener zugleich, und aus unserer inneren Zufriedenheit heraus wären wir noch produktiver. Und das nicht allein im materialistischen Sinne. Wir wären kreativer, gesünder, widerstandsfähiger/belastbarer. Wir wären gern produktiver.
Es gäbe weniger Abbrecher unter den Studenten. Es gäbe weniger "lustlose" Schüler. Weniger Druck, Angst und Scham innerhalb der kleinsten gesellschaftlichen Einheiten: Den Familien. Es gäbe weniger Langzeitarbeitslose, wenn wir denen beibringen könnten, dass ihre "Faulheit" behebbar ist. Aber dazu müsste die Gesellschaft zuerst selbst lernen, dass "Faulheit" in den meisten Fällen ein behebbarer Zustand ist.
Ich glaube, ich beginne gerade zu ahnen, wie sich Ignaz Semmelweis gefühlt hat.

Überfordert und hilflos. Das sind gerade meine Wahrnehmungen.

Aber ich weiß, wie ich Überforderung und Hilflosigkeit entgegen treten kann. Ich greife auf bewährte Lösungen zurück: Ich beschränke mein Handeln auf das im Rahmen meiner Möglichkeiten liegende Machbare. Auf hier. Ich werde meine Energie nicht da hinein stecken, gegen den Semmelweis-Reflex anderer Leute anzukämpfen.

Eine Herangehensweise, die mir jetzt auch erst durch das Schreiben kam. Immer wieder erstaunlich, wie sehr mir das Schreiben doch dabei hilft, meine Gedanken zu sortieren.


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