Erfahrungsbericht: wie ich meiner Messie-Freundin beim Räumen helfe

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24.03.2023 17:23
#11
An
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@AnerevS
Dann mal herzlich willkommen. Ich bin auch hier, um die Messies zu verstehen. Bin von Natur aus eher Minimalistin. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass Messies eigentlich nicht zu helfen ist. Außer der Mist würde sich von selbst entzünden. :-(
Die klammern sich an wirklich jede Papiertüte und jeden rostigen Nagel, weil ja irgendeine Zukunft bevorstehen könnte, wo man den Nagel braucht und es der letzte noch verfügbare ist. Uarg!! Oder wie ich immer sage: "Und wann soll das sein, dass Du sowas mal brauchst? Wenn die Aliens auf der Erde landen?"


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25.03.2023 10:40
avatar  Goofy
#12
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Zitat von Anna1111 im Beitrag #11
dass Messies eigentlich nicht zu helfen ist.


das ist nicht pauschal richtig.

Wenn ein Messie gemerkt hat, dass sein verhalten nicht normal ist, dann besteht Hoffnung.


Ich verstehe deinen Gedanken aber.
Ich würde seit über zwei Jahren gerne einen Querdenker aus seiner Blase befreien. Es ist sicherlich möglich, so lange er aber glaubt, dass seine Informationsquellen die einzig richtigen sind, besteht da keine Chance.


Zitat von Anna1111 im Beitrag #11
Die klammern sich an wirklich jede Papiertüte und jeden rostigen Nagel, weil ja irgendeine Zukunft bevorstehen könnte, wo man den Nagel braucht und es der letzte noch verfügbare ist. Uarg!!


WENN der Messie die erhoffte Einsicht hat, dann kann es sich bessern.
Ich steh mittlerweile manchmal da, mit etwas in der Hand, und überlege, ob irgendjemand ausser mir das noch aufheben würde.
Wenn die Antwort "nein" ist, und auch die Frage, ob mir etwas einfällt, für das ich es noch brauche, "nein" ist, dann kommt es weg.


Wobei, ich war nie der, der bei allem meint, es noch brauchen zu können. Die Tendenz ist schon da, ganz klar.
Aber dass ich mich an irgendwas völlig nutzloses klammere, eher weniger. Ausser es hängt irgendeine Erinnerung dran
Mein größeres Problem war und ist immer, dass ich es irgendwo hinlege, weil
- ich grade unter Zeitdruck bin
- der Mülleimer voll ist und ich keine Lust habe, ihn raus zu bringen
- dass der Nagel nicht in den Restmüll gehört, sondern ins Altmetall (müsste ihn also mit ins Geschäft nehmen).
- ich gedankenlos bin und etwas einfach irgendwo hinlege.

... und dann liegts da, und ich vergesse es. Und irgendwann liegt da so viel, dass ich nicht mehr weiß, wo anfangen.


Der Sprich Einsicht ist der erste Weg zur Besserung trifft einfach voll zu.

Ohne Einsicht geht es nicht. Ob es der befreundete Querdenker je aus seiner Blase schaffen wird?


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27.07.2023 16:36
#13
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WOW, wow, wow - @cyrrox
Ähnlich wie AnerevS bin auch ich heute - eigentlich sogar durch Zufall, aber natürlich auch aus Gründen - erstmals auf dieses Forum gestoßen, habe ziemlich schnell Deinen Beitrag entdeckt und bin unglaublich bewegt.

Der "Wertung" von Wolfgang kann ich mich auch nur anschließen: das ist das Beste, Präziseste, Treffendste und Erhellendste, was ich jemals zu diesem Thema lesen konnte und mir sind mehrfach (tatsächlich, nicht nur metaphorisch) die Tränen gekommen.

Ich persönlich befinde mich im Grunde (nicht zu 100%, aber schon recht nahe) am anderen Ende der Erzählung und hätte mir gewünscht, eine so tolle Beschreibung vor 4 Jahren gefunden zu haben. Auch wenn es keine Paar-Beziehung war, so doch eine sehr lang währende (vermeintliche) Freundschaft, die nach einzelnen Punkten, in denen sich die betreffende Person genau anders / gegenteilig verhalten oder geäußert hat wie Du, endete.

Ich werde vielleicht demnächst nochmal auf ein paar Details eingehen und etwas mehr dazu schreiben, aber es war mir ein Bedürfnis, jetzt sofort DANKE!! zu sagen - dafür habe ich mich spontan hier registriert - und Dir mitzuteilen, wie sehr alleine schon das Lesen Deines Erlebnisberichts mir persönlich ein Stück weitergeholfen hat!

Von Herzen liebe Grüße,
Guido


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27.07.2023 16:51
avatar  Scherbe
#14
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@ Sweetness

Danke!!

Ich glaube, wir alle hier sind stark beeindruckt von @cyrrox
und würden uns freuen/wünschen, wenn es so gut weitergegangen ist und über einen aktuellen Lagebericht!

Liebe Grüße,
Scherbe


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29.07.2023 17:13
avatar  IBI
#15
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Hallo Cyrrox,

ich gebe zu, ich hatte mir aufgrund der Länge des Beitrags nicht die Zeit genommen, deinen wertvollen Bericht zu lesen.
Die verschiedenen Dankbarkeitsbekundungen und die NEUanmeldungen, die der Bericht nach sich zieht, haben mich dazu bewegt, ihn heute zu lesen.

Ich gratuliere dir zu deiner Leistung, Cyrrox.
Dazu, dich zurück zu nehmen, obwohl du Teamleiter bist. Ich bin mir nicht sicher, ob das Wort LEISTUNG dem gerecht wird. Komplimente aussprechen gehört nicht zu meinen Stärken.

Es gelingt bestimmt nicht vielen Menschen, einen Rollenwechsel dieser Art über einen langen Zeitraum durch zu stehen.
Genau das ist es, was der Messie braucht. Ein Mensch, der ihm die Erfahrung der Selbstbestimmung möglichst wertfrei machen lässt mit all den darin befindlichen alten Geschichten, an denen seine Emotionen hängen.
Ein Messie braucht das Gegenüber.
Deine Freundin hat Glück, dass sie dieses Gegenüber in dir bekommt, ihr eure Liebesbeziehung in eine Arbeitsbeziehung vorübergehend habt verändern können.
Du als wertvolle Beziehung stehst ihr "gratis" zur Verfügung und all die WÜRDE, die sie benötigt, hat sie von dir bekommen.
Was mir an deinem Bericht aufgefallen ist: dass du WERTFREI geblieben bist, selbst wenn du etwas als Müll bewertet hat (deine Massstäbe sind eindeutig anders als die deiner Freundin), hast du sie prüfen lassen, ob es für sie so ist.

(Mein Partner hat den Hang mir seine Massstäbe als die einzig wahren Massstäbe einreden und auferlegen zu wollen - du hast eine Ahnung, dass mir das nicht gefällt, denn es ist nicht mehr wertfrei. Ich gebe zu, ich wurde mit sehr vielen negativen Bewertungen gross gezogen, weshalb ich das besonders gut kann und das auch nicht die ideale Ergänzung in unserer Situation ist.)

Du schreibst: sie ist kein Messie, sondern ein Mensch mit einem stark ausgeprägten Messiesyndrom. Das ist extrem wichtig, denn jeder "Stempel", jede "Diagnose" "du bist..." einen Menschen zum Objekten degradiert.
Das ist vielen nicht bewusst, dass die Begriffsvereinfachungen und Pauschalisierungen schnell dazu führen, über Objekte und SACHEN zu sprechen, die keine SACHEN sind.

Du schreibst, ihr habt einen "sachlichen" Umgang gepflegt.
Ich denke, es war mehr. Ihr habt die "Sache" verwendet und euch darauf konzentriert im Gespräch. Doch ich vermute, dass ihr sehr subjektive Gespräche geführt habt, die in der Regel die Themen deiner Freundin betrafen.

Wann und wie konntest du deine Themen unter bringen, die du hier nieder geschrieben hast?
Sie bei sich behalten zu müssen und können, den HOCHSTRESS ertragen zu müssen und können ohne seine eigenen Themen anzusprechen bzw. seine eigenen Themen minimalst zum Ausdruck zu bringen, nenne ich eindeutig mit sich VERBUNDEN sein können und sich sehr sehr sehr sehr gut regulieren können und eine sehr hohes Mass an Resilienz zur Verfügung haben. Vermutlich auch eine sehr gute Impulskontrolle, selbst wenn bei euch ab und an die explosiven Wutwogen von Trauer, Angst, Scham und was sonst alles, hochgekocht sind.
Impulskontrolle, insofern, weil du immer wieder, ihre Perspektive eingenommen hast ohne deine eigene zu Wort kommen zu lassen.

Was auch immer du in deinem Leben bereits auf Reisen erlebt und überlebt hast, ich glaube, diese Erfahrungen des "ruhig bleiben" Könnens, sind dir in eurer Zusammenarbeit zu Gute gekommen.
Diese Fähigkeiten, Kompetenzen fehlen vielen Angehörigen und Partnern, was dazu führt, dass in vielen Fällen das gemeinsame Aufräumen in einem Desaster endet.
Es gibt viele Helfer, die nicht deine Mass an Resilienz haben, obwohl es nötig wäre.

Du könntest einer der wenigen sein, der ahnen kann, wie viele Therapeuten bzw. "Mitschüler" in meiner Traumaweiterbildung "Angst" davor hatten, mit mir zu arbeiten und mich zu begleiten, weil ich ein extrem hochgestesstes quirliges Wesen bin.
O.k., das mit dem Hochstress ist seitdem deutlich gesunken.
Manchmal höre ich den Satz: "Du hättest sie vor 4 Jahren erleben sollen."

Ein paar Menschen haben ihre Angst mir gegenüber überwunden und sich getraut, mit mir zu üben. By the way: Ich habe in der Weiterbildung nur sehr sehr wenigen anvertraut, welches Syndrom bei mir vorhanden ist. Da war meine Scham zu gross und die Angst hoch, dass es Menschen ausnutzen, wenn ich mich mit so einem Thema zeige. Anonymität hat Vorteile.

Diese Fähigkeiten und Kompetenzen machen dich vermutlich zu einem sehr angenehmen und guten Teamleiter.
Es gibt ein Seminar, das heisst "Leiten ohne Führen": Wie ich meine Mitarbeiter begleite, ihre Aufgaben verantwortungsvoll zu tragen und ihnen die dazu notwendige Selbstbestimmungs-und Entscheidungskompetenz mit klaren Definitionen/Anleitungen übergebe.
Ich vermute, du könntest das mit deinen Erfahrungen anbieten ohne je dieses Seminar besucht zu haben.
Du hast deiner Partnerin den "RAUM gehalten", obwohl in der Wohnung kein Raum da war, den du hättest halten können.

Bei deinen Schilderungen kommt eine Zuversichtsenergie rüber, die zu einem der höchst seltenen Beweise für das Gegenteil werden kann. Ein Messiesydrom der schlimmsten Stufe lässt sich beheben.
Ich persönlich bin inzwischen der Ansicht: wenn die passende Begleitperson da ist und Raum halten kann.

Mag sein, dass eure aktuelle Phase langsamer voran schreitet und es vielleicht ratsam ist, einen Therapeuten, der deine Kompetenzen des RAUMhaltens und DAbleibens hat, hinzu zu ziehen.
All euer Räumen hat eine Auswirkung auf ihren Körper. Der hat seinen eigenen individuellen inneren Ordnungszeitbedarf. Wenn er sich natürlich "nachentwickeln" kann, ist es wichtig, ES = ihr Nervensystem, vieles von sich aus machen zu lassen.

Vielleicht hast du die ein oder anderen Threads gelesen.....viele haben die Erfahrung gesammelt, dass der Therapeut nicht weiter weiss, weil er vieles, was ein Messie innen drin im Mangel hat, nicht nachvollziehen kann.

Du hast mehrfach geschrieben, dass dich die Situation an deine Grenze der Toleranz, der Resilienz gebracht hat. Jedenfalls habe ich das so gelesen und aufgefasst.
Du bist jedes Mal daran gewachsen und hast dein Toleranzfenster erweitert.

Meine Begleitpersonen sagen öfter: An der Grenze geschieht die Transformation. Ich denke, du hast reichlich in dieser gemeinsamen Arbeit für dich transformiert, während deine Freundin turboschnell mit ihrem extrem kleinen Toleranzfenster ständig, an ihre Grenzen kam und darüber hinaus musste (was sie aus sehr frühen Zeiten vermutlich besser kennt als ihr bewusst ist.)
An der Grenze findet Transformation für euch beide statt. Jeder von euch hat sehr unterschiedliche Grenzen, doch ihr beide scheint sie miteinander zu respektieren, warum eure Zusammenarbeit des Aufräumens mehr als funktioniert.

Ich würde dich sofort mit deinen Listen zu mir einladen und dich bitten, mich auf ähnliche Weise zu unterstützen.
Mit dem Wissen, dass ich mir deinen STUNDENLOHN von mind. 200 € nicht leisten könnte, doch er wäre mir jeden CENT wert, weil ich in deinem Bericht gelesen habe, welch eine RAUM-Halte-Kompetenz ich mit dir bekäme.

Deine Freundin hat wirklich einen sehr tollen Menschen an ihrer Seite.
Du hast eine tolle Freundin an deiner Seite, die mitmacht und ihr Leben neu ausrichten will. Das braucht viel Willensstärke von euch beiden. Es braucht jede Menge Geduld und wie gesagt: all, das was sich im Körper bei ihr mit verändert, hat einen individuellen - nicht vorbestimmbaren - Zeitraum nötig, den ihr bitte ohne Zielvereinbarungen gewährt.
Es ist damit mehr verbunden als "Verhaltensänderungen", die mühsam trainiert werden müssen.

Mein Weg verläuft anders herum: ich ordne meinen Körper neu und "baue" ihn in natürliche vorgesehene Form um - er macht viel selber und ich schaue beim Umbau zu.
Mehr kannst du in meinen letzten Threads lesen, falls du vertiefen möchtest.
Ich reduziere meine Auslöser und Trigger und verbessere mein Toleranzfenster zuerst, ehe ich mich ans physische Aufräumen begebe.

Diesen Zeitaspekt möchte ich euch mit auf den Weg geben. Der Zielzeitpunkt lässt sich nicht vorherbestimmen und definieren. Der Fokus aufs Ziel kann beibehalten werden.


Bitte, bitte, schreibe uns den Buchtitel, wenn ihr das Projekt beendet habt.
Wer weiss, vielleicht wird es ein Buch von einem Autorenliebespaar.

Viel Glück und Ordnung euch beiden.
Ich denke, dass ihr eines Tages euch eine Wohnung miteinander teilen werdet und ein Ordnungslevel definieren könnt, das für euch beide stimmig sein wird.


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