Ist alles durch Trauma bedingt, alles durch Gene, oder...?

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19.06.2023 21:41
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#121
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Diesmal nicht zum Buch, sondern etwas anderes.
Trauma lagert Energien im Nervensystem, das sich quer durch die Muskulatur zieht, ein. Wenn diese allmählich langsam freigesetzt werden, reagiert das muskuläre Körpersystem darauf. Meines macht es in den letzten Monaten sehr intensiv. In mir ist gefühlt jede Menge Pudding, der gefühlt darauf wartet, nicht gegessen, sondern seiner Bestimmung für die Muskelfunktionen zugeführt zu werden.
Beinmuskeln zum weglaufen und standhaft sein. Brustmuskeln und armmuskeln, um abgrenzung zu zeigen - und angreifen zu können.
Bauchmuskeln um einen inneren Halt zu haben, der sicherheit vermitteln kann.

ernsthaft. ich habe Sport selten gemocht. am meisten Leichtathletik, weil kein Ball im Spiel war.
je anstrengender für mich sport wurde, desto mehr ging ich in die Vermeidung.
in den letzten wochen hat sich jede menge der erstarrten Energie aus den muskeln gelöst und jetzt habe ich den eindruck, dass ich sie alle neu kennen lerne.
nun gut, ich mache keine stundenlangen workouts...wozu, 20 zwei minuten versionen oder mehr oder weniger von den keinen einheiten, bringen meine muskeln auch in bewegung. das spüren und mitbekommen was sich an welchen stellen im körper mit bewegt, wenn ich eine muskelgruppe anspanne, ist der sportlich leichte, aber für die integration des neuen der anspruchsvolle teil der übung.

so ist im moment zeit mich meinen muskeln zu widmen. und natürlich lese ich meine fachbücher.
auch atmen will trainiert werden....mir war nicht klar, welche muskeln vom zwerchfell und oberkörper sich wie idealerweise bewegen, wenn sie sich aus einer natürlichen gegebenheit bewegen. die atemwege funktionieren, keine frage, sonst könnte ich nicht tippen, dennoch ist es interessant wie viele meiner muskeln "nichts" machen, verkürzt sind, während andere fast zu sehr gedehnt sind.
das sind nicht die gene, doch so tief im körper kann trauma wirken, dass ich meine muskulatur neu entdecken und kennen lernen darf. seit den entladungen kann ich sie mehr spüren als vorher als die energie dort noch erstarrt drin steckte.

je mehr ich spüren, fühlen und wahrnehmen kann, desto weniger denke ich in dauerschleifen.


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20.06.2023 09:34
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#122
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Heute habe ich das Buch mitgenommen, denn manche Darstellungen vermag ich nicht gut wieder zu geben.

So gut ich kann, möchte ich es ohne Buchunterstützung tun.

Es stehen darin einige der typischen Aussagen vermerkt, die für das Verhalten von ADHS Kindern üblich sind. Beispielsweise, das Verlangen nach jede Menge Aufmerksamkeit der Eltern. Die Art wie es Kinder tun, ggf. auf aggressive und laute Weise und unangemessen, bringt viele Eltern auf die "Palme". So entsteht ein Hin und Her an Vorwürfen. Das Kind ist aus Sicht der Eltern nicht gut genug und wird für sein Verhalten gerügt, und die Bedürfnisse des Kindes werden nicht gesehen und erkannt und sein Verlangen nach Aufmerksamkeit wird nicht gestillt. Nein, das Gefühl der Ablehnung beim Kind wird gefördert.

Teufelskreis pur, in dem einem Kind mehr Verantwortung aufgebürdet wird als es zu leisten vermag. Ein Kind kann das nicht unterscheiden, das können mit Glück die Erwachsenen. Daher liegt die Verantwortung bei den Eltern.

Er würde unterbrochen, wenn die Eltern das Kind nicht dauernd für sein Verhalten rügen würden (nun erklären, dass es nicht in Ordnung ist, ist wichtig.), sondern ihm sagen könnten, sie haben es gern, auch wenn es sich nicht passend verhält. Ihm Aufmerksamkeit dann schenken und liebevolle Blicke, wenn es sie nicht erwartet. Merken, dass es aus Angst handelt, obwohl es wütend ist und der Angst ihren Raum mit Verständnis dafür geben.
Verständnisvoll und mitfühlend sein, selbst wenn das Kind die Eltern ohne Ende triggert. Die Eltern sollten ihre Trigger regulieren können, während ein Kind genau diese Regulation lernen darf, indem die Eltern Grenzen setzen, auch für ihre Bedürfnisse einstehen, das unangemessene Verhalten darstellen und ggf. auch ihr eigenes unangemessene Verhalten, das sie einem Kind vorleben, offen legen, und freundlich dem Kind sagen, dass seine Bedürfnisse nicht immer erfüllt werden können, sie sie durchaus anerkennend wahrnehmen.

Ein Beispiel von mehreren:
Was mir an dem Buch so gefällt. Es enthält die innere Perspektive von ADHS Kindern mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen, wie das Verhalten der Kinder auf die Eltern wirkt, das die unerfüllten Bedürfnisse entstehen lässt, und welche Vorwürfe die Eltern mit ihrer (Aussen-)Wahrnehmung an die Kinder machen (vielen von den Vorwürfen kennen Mitglieder in diesem Forum).
Dabei sind es die Eltern, die durch ihre Reaktionen den Mangel beim Kind auslösen und damit das Verhalten (ungewollt und unbewusst) in den ADHS Teufelskreis lenken bis alle übermässig emotional überfordert sind.
Der Arzt schafft es, die Eltern abzuholen und ihre eigenen "Fehlverhalten" zu erkennen und nach und nach neue Verhaltensarten zu trainieren, indem die Eltern von Fachpersonen begleitet werden, die ihnen beibringen, wie sie auf die ungestillten Bedürfnisse der Kinder reagieren sollten. Die Bindung zum Kind steht an erster Stelle, nicht all die gesellschaftlichen Regeln, die unsere System uns aufbürden.
Geduld mit dem Kind haben, damit es lernen kann, sich alleine für die Schule fertig zu machen, hat einen höheren Stellenwert als das Kind pünktlich zur Schule zu bringen. Idealerweise hat das Elternteil keine Bindung an eigene Termine oder kann dort getrost später eintreffen.
Diese Menschen werden sich über die Unpünktlichkeit beschweren, doch die Bindung zum Kind und die Förderung seiner Selbstständigkeit auf natürliche Weise ist wichtiger als all die Regeln und Normen der Gesellschaft.
Die stehen an zweiter oder dritter Stelle in der Prioritätenhierachie.
Das bedeutet nicht, dass das Kind andauernd machen kann, was es will. Nein, da gehören Grenzen hinein. Es geht mehr darum, dass es lernen kann, den Fokus auf eine Aufgabe (all, das, was dazu gehört, um sich auf die Schule inklusive Frühstück und Anziehen vorzubereiten) behalten zu können.

Sind wir bereits Erwachsen und kommen zu spät in Termine, ist es vielleicht unsere unangemessene (Kindheits-) Art, Aufmerksamkeit zu erlangen, die nicht honoriert werden wird.
unsere unbewusste Erwartungshaltung, um das Bedürfnis von Aufmerksamkeit zu decken ohne dabei beschämt und geängstigt zu werden, funktioniert nicht.
Die Welt sieht uns ähnlich wie Eltern ihre ADHS-Kinder sehen. Nur dass diese "fremden" Menschen nicht die Verantwortung für uns zu tragen haben, selbst wenn wir es tief im inneren wünschen würden, weil sie damals von den wirklich wichtigen Personen nicht getragen wurde.

Vermutlich greife ich dem Buch mit dem letzten Absatz vor. Es ist meine eigene Schlussfolgerung. Wir tragen die Verantwortung für uns, dem erstarrten inneren Kind-Anteilen in uns, die wir mit passender Begleitung aus der Erstarrung befreien und nach-entwickeln können, um den eigenen ADHS-Kindheitsanteil nach und nach zu reduzieren.
Keine leichte Aufgabe, das gebe ich zu. Sie ist mit vielen Höhen und Tiefen und alten Verhaltensweisen gemischt mit neuen verbunden. Sie geht mit der Entdeckung verborgener Unbewusstheiten einher, welche verbundenheit zu sich und anderen nach und nach fördert.

Drum mag ich dieses Buch über ADHS sehr. Weil es beide Seiten beleuchtet. Die typischen Vorwürfe der Eltern an die Kinder und die Bedürfnisse der Kinder an die Eltern, die sie mit dysfunktionalem Verhalten einzufordern probieren. Meine alten kindlichen gefühlsmässigen Eindrücke, die ich wegdrücken musste, die alle als "falsch" galten und neben "ich bin nicht gut genug, auch ich bin falsch" als Glaubenssätze prägten, waren nicht falsch. Meine Eltern waren inkompetent und haben sie nicht abholen können, doch es gab sie und dass das keine Einbildung meinerseits war, hilft mir sehr. Es beruhigt vieles in mir, das zu lesen, was mir leider nicht gespiegelt werden konnte, obwohl es genau das war, wonach ich mich all die Jahre sehnte.
Irgendwo dazwischen befinden sich Grenzen. Grenzen der Kinder, die respektiert werden wollen und Grenzen der Eltern, die die Kindern lernen dürfen zu respektieren.
Liebevoll und hartnäckig = weichnäckig....wäre ggf. eine fürs Kind angenehme Version.


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20.06.2023 11:38
avatar  Wolfram
#123
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@IBI

ist das nicht bei allen Kindern so? Eine Besonderheit bei ADHS Kindern kann ich nicht erkennen. Wenn die Mutter beim Einkaufen in einer Warteschlange steht oder an der Kasse und das Kind quengelt, dass es noch die und das haben will. Wenn die Mutter sich um das Kind kümmert und das machen wohl alle, dann ist die Mutter in Bedrängnis. Von hinten wird gebrüllt, geht das hier garnicht weiter oder 2. Kasse aufmachen. Für die Mutter entsteht Stress. Wie der verhindert werden kann, weiß ich auch nicht. Aber das ist kein typ. ADHS Problem. Trotzdem finde ich das Buch gut, weil es die Probleme in der Kindheit darstellt. Danke.

viele Grüße
Wolfram

@Scherbe


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20.06.2023 11:56
avatar  Scherbe
#124
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Hallo @ IBI,

das sieht interessant aus.

Wie heißt das Buch (oder hattest du das schon irgendwo geschrieben?)?


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20.06.2023 16:41
avatar  IBI
#125
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Zitat von Wolfram im Beitrag #123
ist das nicht bei allen Kindern so?

Nein, es ist nicht bei allen Kindern so.
Da die meisten Leser und Schreiben in diesem Forum, es so kennen, nehmen wir an, es betrifft fast alle Kinder. Das ist unser Normalzustand.
Dieser weicht ab und unterscheidet sich vom Normalzustand von anderen Menschen.

Dein Beispiel in der Warteschlange steht für das, was die Gesellschaft in dem Augenblick von allen verlangt.
Weder die Bedürfnisse einer (peinlich) berührten Mutter, noch die des ggf. beschämten Kindes und seine Aufmerksamkeit werden adäquat von der Zuschauermenge gespiegelt.
Das sind all die dysfunktionalen Elemente in unserer Gesellschaft.

Auf diese Unterschiede verweist das Buch "unruhe im Kopf". Auf die dysfunktionalen und wie sie konstruktiv wirken.
Ich weiss, dass auf deiner Webseite eine Frage steht:
Worin unterscheiden sich die "normalos" von Messies???
Die Normalos oder regulierten Menschen haben die konstruktiven Elemente mehrheitlich erhalten. Die Kinder werden bei einem NEIN vor der Kasse nicht herumzetern. Sie brauchen es nicht. Sie wissen ggf. das sie später dafür etwas anderes bekommen oder benutzen das "an der Kasse trotzen-Muster" erst gar nicht. Sie brauchten so ein "ich will und suche aufmerksamkeitsmuster" nicht entwickeln.

Vielleicht ist es so, dass jedes Kind es einmal an der Kasse ausprobiert wie die Eltern reagieren. Doch die einen wiederholen das Muster an jeder Kasse und die anderen Kinder machen ihre Lern-Entwicklungsphase und gehen weiter ohne ein Muster aufzubauen, weil die Eltern ihnen Aufmerksamkeit schenken, wenn sie diese nicht einfordern. Einfach so, zwischendurch ohne dass ein Kind dafür eine Leistung oder Anstrengung erbringen muss.

Stell ich mir die Frage: Bist du in der Lage, dich für Unterschiede zu öffnen und sie weniger aus deiner inneren Wahrnehmung und deinem Erleben zu bewerten, Wolfram?

Eine Herausforderung, die ich ab und an zu meistere und oftmals ist es mein eigenes Erleben, das meine Gedanken steuert und damit zu bewertungen führt, die es theoretisch nicht braucht und praktisch sind sie gut trainiert und tauchen ungebeten aus meinem system auf.
Sie weigern sich meine eigenen Grenzen zu respektieren, selbst wenn ich probiere es aktiv zu stoppen....tja, so ist das in einem selbst...der körper reagiert wie er reagiert, obwohl ich mir anderes wünsche. bin ich in der Lage das beobachtend zu verfolgen und zu reflektieren oder macht es einfach und hinter her fühle ich mich wie immer?


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