Neues aus dem Horrorhaus

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17.08.2024 18:25
#1366
An

Gestern hatte ich einen Anfall von "Der Sommer geht bald zu Ende". Es gibt ja so Putzaufgaben, die man am besten bei heißem Wetter erledigt. Beispielsweise die Matratze zum Trocknen und Desinfizieren in die Sonne stellen. Also überlegte ich mal kurz. Mir fiel ein, dass ich die Teppiche, die seit Jahren zusammengerollt im Wohnzimmer lagern und immer noch nicht verkauft wurden, mal in die Sonne legen könnte. Ich fing mit dem kleinen an. Ob ich den großen ohne Hilfe rausschleifen kann, werde ich morgen mal probieren. Ich entrolle den kleinen Teppich - und alles voller Motten! Ich fing gerade an, die Motten zu jagen und platt zu machen, da klingelte der Paketbote. Ganz schlechter Zeitpunkt. Ich fürchte, die überlebenden Motten haben den Weg zurück ins kühle Wohnzimmer gefunden. :-( Der Teppich ist dahin, würde ich sagen. Ich fegte ihn ab und es sind recht große Löcher drin. Ich bin aber gar nicht traurig. Jetzt kann ich ihn verschenken an jemanden, der ihn in seinen müffelnden Keller oder beim Campen auf die Türschwelle legen will. Ist zwar schade, denn als ich den Teppich erbte, war er einfach nur müffelig, aber ohne Löcher. Wenn meine Schwester davon hört, wird sie mir Vorwürfe machen und vielleicht sogar Schadensersatz verlangen nach dem Motto "Du musst mir die Hälfte vom Neupreis bezahlen."
Ich mache mir ja auch Vorwürfe, aber letztlich habe ich momentan über 500 Artikel bei Ebay, Tauschticket und Ebay Kleinanzeigen eingestellt und muss mich um alle kümmern. Ich hätte mich besser um die wertvollen Teppiche kümmern können, wenn meine Schwester mich nicht zwingen würde, stockfleckige Schrottbücher und anderen Mist bei Ebay zu verkaufen. Heute habe ich auch die drei Schuhpaare nochmal gelüftet, die noch bei Ebay drin stehen. Dabei habe ich festgestellt, dass die Schuhbändel stockfleckig geworden sind. Also rausgezogen und in ein Säckchen gepackt. Beim nächsten Wäschewaschen sind sie dabei. Ich habe ständig solche Wartungsarbeiten an den Artikeln zu machen. Auch die angebotene Kleidung habe ich schon manches Mal nochmal gewaschen und gebügelt, weil sie staubig wurde, zerknittert war oder wieder müffelte. Woher die Flecken auf den Bierdeckel stammten, weiß ich auch nicht. Ich schaffe einfach die Menge nicht... :-(
Ich fürchte, der andere Teppich sieht sogar noch schlimmer aus. Und der war wertvoller. Seufz.
Das Blöde ist auch, dass ich, seitdem ich den Teppich berührt habe, wieder Ausschlag an den Händen habe. In den letzten Wochen hatte ich anscheinend nichts berührt, gegen das ich allergisch bin. Aber jetzt geht es wieder los... Ärgerlich. Die waren schon so schön verheilt!

Das mit dem Schimmel und Schmutz ist auch so ein Aspekt, wo ich sehe, dass ich allmählich zum Messie mutiere. Meine Schwester zwingt mich dazu, statt "Schimmel" zu sagen "Gilb" oder "Staub", oder den Schmutz weder zu sehen noch zu riechen. Dass sie ihn nicht riecht, weil sie ihn gewohnt ist, das ist ja noch logisch. Geht mir auch so, seitdem ich hier wohne. Dinge, die vor ein paar Jahren für mich noch abscheulich stanken und die ich niemals sauber gemacht habe, sind jetzt für mich geruchsneutral oder maximal ein wenig muffig. Der Gehirn filtet den Schimmelgeruch irgendwann aus.
Aber dass sie sich weigert, den Schimmel zu sehen, fand ich schon immer arg. Ich habe anfangs, wenn ich schimmelige Sachen gegen ihren Willen wegwarf, Beweisfotos davon gemacht, falls sie nachher behauptet, das sei noch in Ordnung gewesen. Aber wie gesagt, ich darf das Wort"Schimmel" nicht in den Mund nehmen, sonst dreht sie sich weg und bricht das Gespräch ab. Ich vermute, es geht einfach nicht, dass ich unseren perfekten Eltern unterstelle, sie seien schmutzig gewesen. Ich muss mich also vorsichtig ausdrücken, aber Sprachkontrolle ist ja auch Gedankenkontrolle. Ich lerne, Schmutz zu ignorieren und so zu tun als sei er nicht da.
Das war bei mir früher gar nicht so. Beim Anblick von Schmutz bekam ich die Krise und machte ihn sofort weg. Aber das darf ich ja nun rein rechtlich nicht. Klar, wenn was auf den Fußboden tropft, darf ich den Fußboden wischen. Wenn ich Flecken auf einer Tischdecke sehe, darf ich sie waschen. Aber manches lässt sich nicht reinigen, z.B. Lederschuhe mit Schimmelbewuchs. Meine Schwester behauptet zwar, wenn man mit einem feuchten Tuch darüber wischt, seien sie wieder wie neu, aber das ist Blödsinn.
Sehr belastend das Ganze. Ich fürchte, es wird sein wie beim Burnout. Ich dachte, denn ich meinen Job kündige und mein Körper sich vom Burnout erholt hat, dann bin ich wieder wie vorher. Bin ich aber nicht. Diese Erfahrung hinterließ ihre Spuren. Und so wird es mit dem Messiekram auch sein. Selbst wenn ich in ein bis zwei Jahren hier alles raus habe, was raus soll, dann werde ich ein Messie sein und bleiben. :-(


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17.08.2024 18:36
#1367
An

Momentan bastle ich an einer neuen Vision für das Haus. Anfangs hatte ich eine "konstruktive" Vision, wo ich mir vorstellte, wie ich das Haus einrichten, anmalen und nutzen will. Die habe ich aber vollständig vergessen. Ich habe hier nichts zu gestalten oder einzurichten. Ich kann auch kaum neue Dinge kaufen, weil ich dafür keinen Platz habe.
In den letzten Jahren bin ich zur "Zerstörerin" geworden. Ständig bin ich damit beschäftigt, Dinge auszusortieren, wegzubringen, zu schreddern, zu entsorgen. Wenn etwas kaputt geht, freue ich mich geradezu, weil ich es dann wegwerfen darf. Ich fürchte, das hinterlässt tiefe Spuren. Nicht nur ds Erbe und der Kram meiner Schwester, sondern meine eigenen Sachen empfinde ich als Belastung. So wie auch den Teppich, den ich vor den Motten nicht schützen konnte. :-( Meine Einstellung zu Dingen und Besitz hat sich vollständig gewandelt. Ich kann die Dinge nicht mehr genießen und sehe sie nicht als Schatz oder Bereicherung, sondern nur als Last.
Also brauche ich wohl auch eine "destruktive" Vision. Ich stelle mir vor, aller Kram sei fort, den ich nicht hier haben will. Ich stelle mir vor, hier ist nichts mehr, das stinkt oder mir Auschläge verursacht, wenn ich es berühre. Ich stelle mir vor, ich schaffe selbst in meinem Schlafzimmer, das schon recht entrümpelt ist, die Hälfte des Krams fort, ohne dass ich auch nur ein Teil davon vermisse. Ich stelle mir vor, dass ich in jedem Zimmer Platz habe, um zu tanzen, Gymnastik zu machen oder auf dem Fußboden ein Puzzle liegen zu lassen, bis es fertig ist. Heute habe ich mir beim Kochen vorgestellt, dass ich alle abgelaufenen Gewürze wegwerfe (also alles außer Salz, Pfeffer und Muskat) und nochmal neu anfange.
Ich finde es traurig, dass meine Träume fast nur noch mit Wegtun, Zerstören, Wegwerfen und Entsorgen zu tun haben.


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17.08.2024 18:43
avatar  Rica
#1368
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Zitat von Anna1111 im Beitrag #1366
Selbst wenn ich in ein bis zwei Jahren hier alles raus habe, was raus soll, dann werde ich ein Messie sein und bleiben. :-(


Nein, das wird nicht passieren.

Du wirst erleichtert und glücklich sein, ruchlos deinen persönlichen Kram minimalisieren und dein Haus regelmäßig wie ein Uhrwerk putzen.

Ordnungsliebe ist wie Fahrradfahren. Verlernt mensch nicht.


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17.08.2024 20:11
avatar  Gitta
#1369
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@Anna1111

Mach ein Beweisfoto und dann ab in die Tonne. Das kann Dir niemand zumuten, dass Du Teppiche mit Motten drin und Schuhe mit Schimmelbewuchs weiter aufbewahrst. Oder sogar noch dafür Käufer suchen sollst.


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17.08.2024 20:43
avatar  Rica
#1370
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Absolute Zustimmung! @Gitta


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