Ich habe zum einen die mentale Distanz vor allem zu der Messie-Thematik vergrößert. Wenn sich heute jemand aus der Familie über meinen Schwiegervater beklagt, höre ich mir das an, schüttele durchaus auch den Kopf, aber ich mache keine Vorschläge mehr, was man noch tun könnte, um etwas zu ändern. Interessant ist, dass ich schon gar nichts mehr sagen brauche, und trotzdem verfallen die sofort in den Rechtfertigungs- oder Runterspiel-Modus, wenn sich wieder einmal zeigt, dass er sich und seinen Müll weiter in Bereiche ausdehnt, in die er sich eigentlich nicht ausdehnen dürfte.
Sie sind momentan dabei, den Garten umzubauen. Pflaster wurde verlegt (ist teilweise noch nicht ganz fertig), und es gibt so einen kleinen Raum (fast eher ein großes Wandloch) in der Hauswand, wo man vielleicht Gartengeräte oder Blumentöpfe lagern könnte. Dieses Loch belegt er mit seinen Kupferkabeln und allerlei anderem Kram. Da das Loch inzwischen so überfüllt ist, stellt er die Sachen nur noch vor die Tür von dem Ding. Die Lösung? Sie bauen da jetzt noch einen Vorbau dran, damit man die Sachen nicht mehr von außen sehen kann...
Mir ist völlig klar, worauf das hinausläuft. Wenn der Vorbau voll ist, stellt er die nächsten Sachen einfach wieder vor die Tür. Aber ich sag dazu nix mehr. Ich amüsier mich eigentlich nur noch drüber.
Gerade gab es eine Situation, in der ich meiner Schwiegermutter deutlich eine Grenze aufgezeigt habe. Sie ist vor ein paar Tagen am Fuß operiert worden, und krebst jetzt auf Krücken rum. Wie man sich vorstellen kann, ist es schwierig, mit zwei Krücken noch irgendwas in die Hand zu nehmen, und sei es nur ein Glas. Aber wie schon jedesmal zuvor, wenn die Frau wegen einer Operation oder schwereren Krankheit ausfiel, haben sich Sohn und Ehemann einen feuchten Dreck darum geschert, und ziemlich klar erwartet, dass sie weiterhin zu 100% funktioniert. Und wenn irgendwas für sie partout nicht machbar ist, dann bleibts halt liegen, bis sie wieder in der Lage ist, es zu machen. Außer natürlich bei Dingen, die nicht warten können: Essen und Wäsche. Dass sie jeden Tag eine warme Mahlzeit auf dem Tisch haben wollen, und dass "jemand" ihre Wäsche wäscht, versteht sich für die beiden von selbst. Das Thema hatten wir schon oft.
Ich würde meinem Mann und meinen Söhnen so in den Arsch treten, dass sie bis zum Mond fliegen, wenn die es wagen würden, zu nörgeln, weil ich - bettlägerig oder auf Krücken - nicht pünktlich das Essen auf den Tisch bringe. Ich würde denen sagen "Ihr habt ja wohl nicht alle Perlen in der Muschel, seht selbst zu, wie ihr an was zu essen kommt. Bestellt Pizza, schmiert euch n Brot, macht ne Dose auf, es ist mehr als genug da, dass keiner verhungern muss!" Ich würde meinem Sohn ein Bild malen, wie die Waschmaschine angestellt wird, und ihn dazu zwingen, seine Wäsche gefälligst selbst zu waschen, wenn ich nicht in den Keller gehen kann.
Meine Schwiegermutter hingegen verteilt ihre Haushaltsaufgaben dann eben an andere. An die Frauen. Ist ja Frauenarbeit. An ihre Tochter - und an mich.
So. Ich komm noch gerade so darauf klar, wenn ich dort 1-2x in der Woche kochen soll. Aber wenn ich dort komplett die Rolle der ausgefallenen Mama übernehmen muss, weil die Herren nicht mal in der Lage sind, ihr schmutziges Geschirr neben die Spüle zu stellen, dann hakts bei mir aus. Bei Mutti mag das selbstverständlich sein, dass sie abräumt, aber wenn die meinen, dass das bei mir auch selbstverständlich ist, dann haben sie sich geschnitten. Und genau das hab ich ihr auch gesagt. Ich lass mich in diese Rolle nicht reindrücken, weder von ihr, noch von denen. Wenn sie den Konflikt so sehr scheut, ihrem Mann oder Sohn zu sagen, dass sie mal ihre Teller selbst zur Spüle bringen sollen, dann muss sie das Kunststück eben auf Krücken bewältigen. Es kann nicht sein, dass ich sie davor beschütze, sich durchsetzen zu müssen - zumal sie mit ihren Krücken wirklich mal das beste Argument hätte, die beiden dazu zu verdonnern, wenigstens ein Minimum von Entgegenkommen an den Tag zu legen.
Ansonsten gibts noch ganz gute Nachrichten, was meinen Mann betrifft: Er hatte vor kurzem eine Woche Urlaub, und kaum dass sie das gehört hatte, wollte sie ihn sofort dazu bewegen, am besten die ganze Woche bei ihr diverse Arbeiten zu erledigen (weil ihr Mann und der Sohn, dem die Bude gehört keinen Handschlag tun). Da bin ich eingeschritten und hab gesagt: "Nein! Du weißt, dass wir Anfang des Jahres renovieren wollten. Da hat er keinen Urlaub bekommen, und meine Freundin und ich haben das halbe Haus zu zweit renoviert. Die andere Hälfte wollten wir eigentlich zügig nachholen, damit wir nicht erst dann mit dem letzten Raum fertig sind, wenn der erste schon wieder renovierungsbedürftig ist! In diesem Urlaub wird erst mal bei uns renoviert, und falls dann noch Zeit ist, dann kann sich C. überlegen, ob er noch mal ein paar Stunden bei euch aushilft." Und so wurde es dann auch gemacht. Unser Haus ist jetzt fertig renoviert. Die Küche ist übrigens fantastisch geworden.
Das war das eine, und das zweite: Mein Mann hat noch einmal eine Gehaltserhöhung bekommen. Nachdem er ihr von der ersten erzählt hatte, wurde sie ja gleich gierig, und mein Schwiegervater war a) stocksauer, dass mein Mann auf den gleichen Stundenlohn kommt wie er und b) hat er ernsthaft überlegt, ob er sich in der Firma meines Mannes bewirbt, weil er da keinen Schichtdienst hätte (das wäre der absolute Alptraum für meinen Mann). Tja, und Männe hat es tatsächlich geschafft, seit immerhin 4 Monaten über seine Gehaltserhöhung absolutes Stillschweigen zu bewahren. Ich glaube, das ist das erste Mal, seit ich ihn kenne, dass er eine so wichtige Information oder Neuigkeit vor seiner Mutter geheim hält. Dass es bei meinem Mann endlich angekommen ist, dass seine Mutter nicht alles wissen muss, was in seinem Leben so los ist, ist für mich persönlich ein wichtigerer Schritt für eine veränderte Beziehung zueinander, als alles, was ich so in der Zeit gesagt oder getan haben könnte.
