Ein Gruß aus dem Chaos

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08.02.2025 20:13
#91
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Tagesendbericht eines emotionalen Wracks – oder wie ich den Minimalismus unfreiwillig entdeckte

Heute war ein Tag. Und was für einer. Ich schwanke noch immer zwischen Panik, Wut, Selbsthass, Scham, Heulkrämpfen und einem Hauch von Hysterie – als hätte ich das große Gefühls-Buffet gebucht und mich dummerweise für die All-you-can-feel-Option entschieden. Großartige Wahl, wirklich.

Die Wohnung ist leer. So leer, dass ich mich selbst darin zu verlieren scheine. Plötzlich höre ich meine eigenen Gedanken viel lauter als mir lieb ist. Dinge, die ich mochte, sind weg. Dinge, die ich hasste, sind weg. Dinge, die ich kaum beachtet habe, sind weg. Und das Ergebnis? Ein riesiges Loch. Keine Ahnung, ob ich gerade darin stehe, reinfalle oder schon unten angekommen bin.

Mein Freund, der wunderbare Tobi, musste zwischenzeitlich auch das Weite suchen – nicht etwa, weil er mich nicht ertragen konnte (obwohl das völlig verständlich gewesen wäre), sondern weil sein allergisches Asthma die staubige Tragödie nicht mitmachen wollte. Tja, wenn selbst die Bronchien sagen, sie brauchen eine Pause, dann weiß man, dass es ernst wird.

Vielleicht ist es jetzt also Zeit für Minimalismus. Nicht freiwillig, aber immerhin konsequent. Mein aktueller Besitzstand lässt sich in drei Kategorien einteilen:

1) Dinge, die mir Tobi geschenkt hat. Putzzeug, 1 Handtuch und 1 Bettzeug
2) Leere Möbel. Aber hey, 1 Hose, 2 Pullis und 1 Shirt sind mir, mit den Klamotten am Leib, geblieben. Und etwa 5 1/2 Paar nicht zusammenhängende Socken
3) Ich selbst (mit fragiler Psyche und hektischem Zittern als Bonusinhalt).

Ich zittere. Ist mir kalt? Soll ich baden? Will ich mit jemandem reden?
Ja. Nein. Vielleicht. Ich habe keine Ahnung. Mein Körper macht sein eigenes Ding, und meine Gedanken haben sich auch in alle Richtungen verstreut.

Tobi wusste, was ihn erwartet. Er dachte nur nicht, dass es so schlimm sein würde – bis er es mit eigenen Augen sah. Er dachte, ich übertreibe. Trotzdem sagt er, dass er mich lieb hat. Dass er nicht wegläuft. Dass er immer noch mit mir kuscheln will. Aber im Moment fällt es mir schwer, das zu glauben. Die Angst, dass er irgendwann doch geht, sitzt tief. Vielleicht nicht heute. Vielleicht nicht morgen. Aber irgendwann? Der Kopf macht nun mal, was er will.

Und dann die große Frage: Was jetzt? Ich habe diesen Tag herbeigesehnt. Und jetzt, wo er da war und wieder vorbei ist? Was bleibt übrig, außer diesem Loch und der Erkenntnis, dass ich nicht hineinstürzen will?

Also werde ich kämpfen. Ich will kämpfen. Ich muss nur noch meinen Kopf ruhigstellen. Vielleicht mit einem Bad. Vielleicht mit Worten. Vielleicht mit einem Schokoriegel. Aber eines steht fest: Der Tag ist vorbei. Und morgen beginnt ein neuer.

Und ich bin noch da.

Und mein Mut guckt auch um die Ecke. Morgen heißt es: Hände hoch, ich schrubbe!

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Ich kann nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber so viel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es besser werden soll.
— Georg Christoph Lichtenberg

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08.02.2025 22:04
avatar  Gitta
#92
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Du bist noch da. Und hast es überstanden. Gratuliere! Im Gegensatz zu uns hast Du einen großen Schritt auf einmal gemacht. Das kann einen schon mitnehmen. Aber bisher hälst Du Dich doch toll. Daumen hoch.


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09.02.2025 08:15
#93
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@Gitta und @Sybille, eure Beiträge haben mich wirklich zum Nachdenken gebracht. Ihr sprecht ein Thema an... – dieser innere Druck, es perfekt zu machen, um bloß keine Angriffsfläche zu bieten. Um am Besten jeden zufrieden zu stellen. Der Gedanke, dass Perfektionismus oft aus der Angst entsteht, nicht den Erwartungen anderer zu entsprechen, trifft meiner Meinung nach genau ins Schwarze wenn ich so drüber nachdenke.

Gitta, dein Punkt, dass Perfektion eine Art „Schutzmechanismus“ gegen Kritik ist, hat mich besonders berührt. Ich kann nachvollziehen, dass man versucht, durch Perfektion alles abzusichern – wenn es keine Fehler gibt, kann ja auch niemand meckern. Das Problem ist nur, dass Perfektion nicht erreichbar ist und dieser Kreislauf in eine endlose Selbstüberforderung führt. Und wie du sagst: Selbst wenn wir alles perfekt machen, gibt es immer jemanden, der doch noch etwas auszusetzen hat.

Sybille, dein Ansatz, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die man wirklich für sich selbst will, ist unglaublich wertvoll. Ich finde es toll, dass du einen Weg gefunden hast, mit diesem Perfektionsdruck umzugehen, ohne dich darin zu verlieren. Dass du erst einmal überlegt hast, was dir persönlich wichtig ist – Wäsche, Geschirr, Bad – und daraus Routinen formst, ist eine Strategie, die wirklich Sinn macht.

Mir gefällt besonders, dass du nicht versuchst, alles auf einmal anzugehen, sondern bewusst Prioritäten setzt. Dein Beispiel mit dem Fußboden zeigt sehr gut, dass man nicht in die Falle tappen sollte, sich an einzelnen Baustellen zu verzetteln, sondern eine klare Linie beibehält. „Hau Ruck und Schluss“ – das ist eine Herangehensweise, die viel unnötigen Stress ersparen kann.

Auch dein Tipp, erst einmal den Vermieter-Termin als oberste Priorität zu sehen, ist super pragmatisch. Wenn der erste große Schritt getan ist, fällt es vielleicht auch leichter, das Ganze nicht nur als Pflicht, sondern als etwas für sich selbst zu sehen. Sich selbst zu sehen.

Was ich aus euren Beiträgen mitnehme, ist vor allem dieser Perspektivwechsel: Nicht „Was wird von mir erwartet?“, sondern „Was möchte ich wirklich für mich selbst?“ Das ist eine ganz andere Art, an Dinge heranzugehen – und wahrscheinlich eine, die viel mehr Zufriedenheit bringt als dieser ewige Kampf um Perfektion.

Ich habe letzte Nacht in einem frisch bezogenen Bett geschlafen – oder besser gesagt, eher schlecht als recht. Ich war unglaublich angespannt, meine Nase lief die ganze Zeit, und in meinem Kopf drehte sich alles nur um die Frage, wie ich es bis zum Termin mit dem Vermieter überhaupt schaffen soll.

Aber irgendwann habe ich mich bewusst „gezwungen“, meine Welt mal aus einer Perspektive der Dankbarkeit zu betrachten. Und ja, es gibt so vieles, wofür ich dankbar sein darf. Auch wenn der Schmerz noch groß ist, weil ich durch all das fast alles verloren habe, was mir lieb und teuer war. Die letzten Worte des Entrümplers haben mir dann doch mehr zugesetzt, als ich dachte: „Ihre Wohnung war furchtbar. Grausam und eklig.“ Vielleicht war oder ist sie das – aber musste er mir das so direkt auf die Nase binden?

Nun ja, meine Nase ist ohnehin verstopft. Und jetzt ist auch noch alles in der Wohnung eiskalt, weil ich natürlich die Fenster über Nacht offen gelassen habe. Heute will ich das „konzeptuell“ angehen – also jede Stunde 10 bis 15 Minuten lüften, statt gleich die ganze Nacht.

Und ich muss putzen.

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Ich kann nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber so viel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es besser werden soll.
— Georg Christoph Lichtenberg

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09.02.2025 08:35
#94
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@Verzweiflich

mal herzliches Servus

zum Thema lueften gibt es je Jahresabschnitt Regelungen, da einfach nachsehen, schon hast das Problem aus der Welt geschaffen, und die Welt hat bessere Schieflage...😗😗😗😗😗😗

schoenen, gesunden Wintertag robbi

Gepr. Immobilienmakler Real Estate Agent SGD 1,3
Certified Real Estate Agent SGD 2+

Immobilien-Weltweit Real Estate I-W-R-E, $ 34 c


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09.02.2025 09:36
#95
Cr
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@Verzweiflich deine Beschreibung klingt für mich wie eine absolute Horrorstory. Ich will mir das gar nicht vorstellen, so plötzlich vor dem Nichts zu stehen.

Aber du darfst nicht vergessen: du hast noch was. Derzeit noch ein Dach über dem Kopf, vermutlich Heizung/Strom, Badezimmer, ein Bett zum schlafen und vor allem einen Menschen, der dich unterstützt. Eigentlich ist das schon unglaublich viel!

Derzeit dürfte putzen für den Termin oberste Priorität haben, aber ich würde nebenher auch schon eine Einkaufsliste anlegen. Was braucht man wirklich und wieviel davon?
Z.B. 1-2 weitere Garnituren Bettwäsche, ein paar Sockenpaare, Unterwäsche & T-Shirts, Zahnbürste, Shampoo, Klopapier, etwas Geschirr, 2 Kochtöpfe,...

Dir wird laufend weiteres einfallen was fehlt und das ist auch ok so. Aber du kannst es als Chance nutzen, deine neuen Sachen bewusst auszusuchen und nichts überfüssiges mehr anzuschaffen.

Ich drücke dir die Daumen, dass mit der Vermieterin alles klappt, das Gefühlschaos sich bald legt und der leere Abgrund sich langsam wieder wie ein vertrautes Zuhause anzufühlen beginnt.


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