Erwartungen

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19.06.2022 22:05
#191
An
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@Ibi
Vertrauen ist relativ, habe ich feststellen müssen. Ich kann jedem Menschen nur in mancher Hinsicht vertrauen, aber niemandem in jeglicher Hinsicht. Es gibt Leute, denen kann ich vertrauen, dass sie mich nicht bestehlen, wenn ich sie in meinem Gästezimmer übernachten lasse. Es gibt Leute, die stehen auf meiner Seite, wenn jemand mich beleidigt. Ich habe aber niemanden, dem ich in jeglicher Hinsicht vertrauen kann. Einfach weil ich weiß, dass derjenige mich schonmal verraten hat, oder sich monatelang nicht gemeldet, oder mit anderen schlecht über mich geredet, oder mich in irgendeiner Hinsicht anlügt. Ist leider so.
Was mich angeht, fehlt mir anscheinend irgendein Gen oder so. ich kann gar nicht lügen oder anderen absichtlich schaden. In einem Rhetorikseminar gab es mal so eine blöde Übung, wo man absichtlich am Gegenüber etwas finden sollte, über das man sich lustig machen kann. Das nannte sich "Schlagfertigkeitstraining". Angeblich ist das lustig und macht Spaß. Ich konnte und wollte das nicht machen. Daraufhin hat die dämliche Trainerin mit gesagt, ich hätte eine psychische Störung und müsse behandelt werden. Angeblich ist das nicht normal. Aber sorry, ich habe zu viel Achtung vor den Gefühlen meiner Mitmenschen. Ich habe darum keinen Sinn darin gesehen, mir extra etwas zu suchen, um jemanden zu beleidigen.
Natürlich habe ich schon oft das Vertrauen anderer verletzt, die zu viel von mir erwarteten. Eine Bekannte verlangte beispielsweise von mir, dass ich ihr bei einer Internetapotheke eine tödliche Dosis Gift besorge, damit sie Selbstmord begehen kann. Habe ich nicht gemacht. Und sie so: "Und ich dachte, Du bist meine Freundin und ich könne Dir vertrauen." Ja, klar, aber irgendwie hat jede Freundschaft auch ihre Grenzen!!
Oder wenn jemand toxisch ist und mich echt runter zieht und ich breche den Kontakt ab, habe ich auch das Vertrauen gebrochen. "Ich hatte gedacht, Du seist anders als die anderen." Ja, ich war anders als die anderen in dem Sinne, dass ich versucht habe, jemandem zu helfen, der offensichtlich gerne in der Hölle lebt. Ich will da aber nicht hin!
Tiere vertrauen mir übrigens. Weil sie merken, dass ich voller Liebe bin. Ich versuche, meine Lieben glücklich zu machen und tue möglichst nichts, was ihnen schadet. Manchmal findet das Tier natürlich nicht gut, was ich mache. Ohrentropfen sind zum Beispiel unangenehm. auch Baden mag nicht jedes Tier. Aber weil ich es bin, darf ich das machen. Bei mir ist noch keiner in der Badewanne ertrunken. :-)
A propos... Ich muss die Schildkröten ins Bett bringen...


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19.06.2022 22:59
avatar  Robin
#192
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@Anna1111

Zitat von Anna1111 im Beitrag #190
Und schon ist der Job weg, Freunde sind weg, Beziehung ist weg, guter Ruf, alles futsch...


Du liebe Güte, wie krass ist das denn!!! 😱

Nein, meine "Schadenfreudigen" sind harmlos. Sogar hilfsbereit. Das ist ja auch Bestandteil der Sache, dass man mich dann ein bisschen betüdeln kann. Oder ein bisschen pädagogisch werden. 🙄

Bei der einen hatte ich mal das Gefühl, dass sie bei einer gemeinsamen Veranstaltung so viel Arbeit wie möglich für mich produziert hat - aber deshalb, weil ich parallel noch was anderes zu tun hatte, und diese andere Sache gefiel ihr aus inhaltlichen Gründen nicht. Auf jeden Fall ist "gemeinsam was machen" immer sehr kompliziert gewesen, und ich hab da als "Dosierung" schließlich die Regel für mich gefunden: Gern zusammen Kaffeetrinken und Klönschnack, aber nicht zu oft, und nichts zusammen machen, wo irgendwie Stress und Termindruck entsteht oder man sich unbedingt auf was einigen muss oder so. Mit diesem Sicherheitsabstand ist das ein sehr nettes Verhältnis und wir vertragen uns wunderbar.

Was mich wundert bei dem, was du erzählst, ist, dass deine Freunde, dein Arbeitgeber und dein/e Partner*in die Geschichte geglaubt haben. Allerdings hat mein Vater auch geglaubt, als mein (erster) Ex nach der Trennung rumerzählt hat, ich sei drogensüchtig... Das ist z.B. auch jemand, von dem ich nichts mehr wollte als meine Ruhe,


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20.06.2022 07:38
avatar  IBI
#193
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Ja, dein Vertrauensgen scheint anders zu sein als das vieler Menschen. Und selbst wenn du es GEN nennst, kann sich dieses Gen verändern. Ist allerdings eine der aufwändigen Veränderungsarbeiten, sofern du es ändern willst.

Zitat von Anna1111 im Beitrag #191
"Und ich dachte, Du bist meine Freundin und ich könne Dir vertrauen." Ja, klar, aber irgendwie hat jede Freundschaft auch ihre Grenzen!!


Ich sehe da manches toxische:
1. wenn dich eine Freundin bittet, ihr etwas für sie zu besorgen, das sie möchte, um sich selber etwas an zu tun, überträgt sie dir eine Verantwortung, die du nicht annehmen darfst. Deine Grenze hat sehr gut funktioniert.
2. nehme ich in dem Zusammenhang die Aussage ...ich dachte du seist meine Freundin...und vertrauen....als eine subtile Erpressung wahr, die sanft giftig wirkt.
Die sind nicht einfach zu entdecken.
3. hast du dieser Person mitgeteilt, dass sie selber Verantwortung für sich und ihr Handeln hat und du nicht jederzeit als Freundin alles unterstützen brauchst?

Wie definierst du Vertrauen Anna?
Wie definieren deine Freunde Vertrauen?
Um wieder einmal zum Threadtitel zurück zu kehren.
Welche Erwartungen sind daran geknüpft?
Erwartungen an dich von anderen.
Erwartungen von dir an andere.

Die selben Fragen könntest du auch mit dem Stichwort Misstrauen überprüfen.

Ja, die Situationen sind komplexer und möglicherweise wirst du auf weitere Worte stossen, deren Definitionen überprüft werden könnten.

Eine Bekannte ist mir gegenüber sehr pingelig im Hinblick auf Definitionen dieser Art und manchmal nervt sie mich ein wenig damit. Doch wenn wir genau hinschauen, entdecken wir die potentiellen Quellen der Missverständnisse, weil wir in Details unterschiedliche Definitionen der Begriffe anlegen.
Und manchmal stossen wir an Grenzen und können uns nicht einigen, wessen Details die stimmigen sind und finden nicht einmal bei einer erfahrenen Person eine Antwort auf diese Details.
Wie auch immer: für mich ist es wichtig, mich mit den Grundlagen mancher Definitionen zu beschäftigen als würde ich Vokabeln lernen.
Dazu gehören auch die unterschiedlichen Gefühle.
Ich habe zu dem Thema verschiedene Ratgeber und hier gibt es bei einigen Details Unterschiede in den Definitionen, weil sie aus unterschiedlichen Problemstellungen und mit verschiedenen Lösungsmodellen dargestellt werden. Wenn ein Lösungsmodell mehr zu mir passt als ein anderes, dann wähle ich, welche der Definitionen für mich stimmig ist.

Wolfram,
Gefühle sind im Körper wahrnehmbar, spürbar und werden im limbischen Teil im Gehirn verarbeitet.
Wenn sie sich unterbewusst festgesetzt haben, sind es Emotionen und die können sich auch in anderen Gehirnregionen eingenistet haben. Diese ins limbische System zu schieben, wo sie hin gehören, um ihren Job zu machen, ist nicht leicht, aber möglich.
Also ja, wenn ich über Gefühle schreibe, ist das Gehirn mit von der Partie, doch auch der Bauch, der ebenfalls viele Nerven enthält und manche ihn Bauchhirn nennen, wird sensibler, wenn mensch sich darauf einlässt.


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20.06.2022 10:21
#194
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@IBI

das sog. Bauchgefühl habe ich auch, aber nach meiner Meinung entsteht das durch die bisherigen Lebenserfahrungen.
Wenn ich von anderen etwas von Bauchgefühl höre, dann hört sich das wie etwas Abgespaltenes an, als ein selbstständiges Gefühl.

viele Grüße
Wolfram


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20.06.2022 20:22
#195
An
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@IBI
Wer sagt denn, dass ich lernen will, anderen absichtlich weh zu tun??

Jepp, wenn mich jemand unter Druck setzt, ich solle ihr Gift besorgen, ist das sogar wörtlich toxisch. Ich hoffe, sie hat nicht jemand anderen gefunden. Ich verstehe nach wie vor nicht, warum manche Leute lieber Selbstmord begehen als ihren Freund zu verlassen oder so. Weil Selbstmord leichter geht??

Vertrauen kann ich nur jemandem vollständig, der meine Bedürfnisse genauso wichtig nimmt wie seine eigenen. Der würde mich dann nie belügen oder ausbeuten oder hintergehen oder verraten. Aber solche Menschen gibt es nicht. Darum muss ich jederzeit damit rechnen, dass meine Freunde mich verarschen.

Wie meine Freunde Vertrauen definieren, weiß ich nicht, aber die meisten vertrauen mir nicht. Was ich dann wieder nicht so vertrauenswürdig finde. Beispielsweise wenn ich etwas erzähle, wird mir gerne unterstellt, dass ich entweder lüge oder meine Wahrnehmung gar nicht stimmt. Finde ich auch nicht vertrauenswürdig.

Seitdem ich anderen Menschen grundsätzlich nicht mehr vertraue, auch meinen Freunden nicht, lebe ich besser. Keine Dramen mehr. Ich erwarte von niemandem mehr etwas, sondern nehme das wenige, was sie mir geben, dankbar an. Wenn ich mehr erwarte, mein Problem. Ich muss damit leben, dass ich niemandem wichtig sind, sondern nur eher die Person, mit der man sich trifft, wenn sonst keiner Zeit oder Lust hat. Ich darf einfach von niemandem zu viel erwarten. So wie ich gelernt habe, auch von meiner Familie nichts zu erwarten.

Das macht mich natürlich traurig, dass mich niemand mag und ich niemandem wichtig bin. Aber ist halt so. Ich kann nichts erzwingen. Im Gegenteil schlägt man die Leute ja in die Flucht, wenn man sich ihnen aufdrängt.

Ich glaube, dass es im Leben keine echten Missverständnisse gibt. Jeder sieht und hört, was er sehen und hören will. Kaum jemand will doch die Wahrheit wissen, weil sie weh tut.

Definitionen sind nicht so wichtig. Damit kann man Haarspaltereien treiben und damit vom Wesentlichen ablenken. Aber sie lösen keine Probleme.

Es ist zum Beispiel egal, wie ich Freundschaft definiere. Wenn ich die Definition eng wähle, habe ich kaum Freunde. Wähle ich sie breit, z.B. ich nenne jeden Freund, der sich schonmal mit mir unterhalten hat, habe ich plötzlich ganz viele. An der Situation ändert sich aber nichts.


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