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Hallo @Gitta,
du hast da, glaube ich, einen Kern (von wahrscheinlich vielen) angesprochen. Ich weiß nicht, ob "geistiger Aktionismus" immer eine Folge von Ängsten ist. Ich schätze, er ist eine Folge eines angeregten Gehirns - und das kann vielleicht durch Ängste, aber auch Freude, andere Emotionen, oder durch Stress und Außenreize angeregt werden. Auf jeden Fall glaube ich, dass die Diskrepanz zwischen der Langsamkeit unserer Körper und der Geschwindigkeit, mit der der Kopf arbeiten kann, eine wesentliche Ursache ist, weshalb man schwer ins Handeln kommt und tendenziell auch in Fantasiewelten flüchtet (ich meine damit nicht Science Fiction, sondern die Art von Fantasien, wo man im Geiste schon mal die Möbel umräumt, statt sich damit zu befassen, dass auf den Möbeln so viel Kram liegt, dass man sie nicht bewegen kann). Und immer, wenn ich ohne Gedanken in meinem Körper bin und nicht Sitzmeditation mache, sondern in Bewegung bin, bemerke ich als erstes diese extreme Langsamkeit und sie irritiert mich total. Ich glaube, dass du recht hast: Die Gedanken und der Körper müssten synchron sein, und dafür müssen sich die Gedanken anpassen, weil der Körper kann es nicht. Aaaber: Auch Bewegung kann, glaube ich, helfen, beides besser zusammenzukriegen.
Sorry, dass ich hier so viel vermute. Ich weiß halt noch nix darüber und habe nur meine Beobachtungen und Ideen, wie es zusammenpassen könnte.
Hallo Robin
Danke für Deine Gedanken dazu, dass es wahrscheinlichen einigen von uns so geht! Ich weiß auch nicht viel über die geistigen und psychologischen Hintergründe unseres Tuns (oder vielmehr Nicht-Tuns). Ich lese etwas in für Laien geschriebenen Büchern, manches ist mir einleuchtend, und manches sagt mir gar nichts. Ich habe aber schon erlebt, dass ich einige Zeit bis Jahre später, als ich nochmal in ein Buch geschaut habe, es wieder anders verstanden habe. Auf einmal wusste ich, was damals gemeint war. Also da ist wohl schon eine Entwicklung.
Aber dass ich vielleicht meine Ängste auf diese Weise zu vermeiden suche, also damit, dass ich mir oft sooo viele Gedanken mache, war für mich ein neuer Einfall. Vielleicht ein Ansatz, einmal mehr auf meine Gedanken zu achten. Das würde mir jedenfalls körperlich leichter fallen, als mich zu bewegen. 😉 Und vielleicht hilft es sogar etwas, nicht so viel Energie zu verlieren.
Vielleicht hilft es aber auch nicht, weil wir diese geistige Beschleunigung brauchen, um unsere körperliche Trägheit auszuhalten und auszugleichen. Das wird sich zeigen.
Wenn ich so über meine Ängste nachdenke, sind es vor allem Ängste vor dem Versagen. Ich könnte etwas nicht schaffen, einen Fehler machen, etwas vermurksen oder den Anspruch nicht erreichen. Noch schlimmer, ich könnte etwas nicht schaffen, was alle anderen schaffen.
Nun ja, vieles kommt bei mir sicher aus der Kindheit. Als ich noch sehr klein war, dachte ich immer, ich wäre schlechter, dümmer und schwächer als alle anderen. Ich hatte deshalb damals von mir auch gar nicht erwartet, etwas erfolgreich zu schaffen. Vielleicht war ich deshalb damals entspannter.
Wie auch immer, meine Eltern hatten damals an mir herum kritisiert und genörgelt, was das Zeug hielt. Alles, wie sie mir sagten, in der Hoffnung und Absicht, ich möge doch ein erfolgreicher Mensch werden. Also später mal zu den erfolgreichen Menschen gehören. Was ich wohl damals als Kind nicht tat, oder? dachte ich. Weil wenn ich erfolgreich wäre und alles richtig machen würde, bräuchten sie mein Tun nicht dauernd zu bemängeln, oder? Taten sie aber unermüdlich.
Ich habe mich gefragt, warum ich innerlich so überzeugt bin, ich müsste, zumindest, wenn ich etwas erreichen wolle, gegen mich und nicht mit mir arbeiten?
Kommt das wirklich von dieser Dauerkritik und den endlosen Reden von, wenn ich etwas erreichen wolle, müsse ich mich anstrengen? Aber warum dann gegen mich? Weil Anstrengung bedeutet, seine eigenen Bedürfnisse zu verleugnen und sich stattdessen „mal zusammen zu reißen“?
Und wer das macht, ist erfolgreich? Leider wird man mit dieser Haltung eher Opfer.
Die Ängste könnten als daher kommen, dass ich keine Gewissheit darüber habe, wie sehr ich mich an einem Tag „zusammenreißen“ und gegen mich arbeiten kann. Das ist mehr ein Fass ohne Boden. Gegen mich. Wenn ich dagegen mit mir arbeiten könnte, dann wären die Grenzen fassbarer, eben was meine Bedürfnisse vorgeben. So vermute ich es.
Hallo @Gitta,
Zitat von Gitta im Beitrag #633
Wenn ich so über meine Ängste nachdenke, sind es vor allem Ängste vor dem Versagen. Ich könnte etwas nicht schaffen, einen Fehler machen, etwas vermurksen oder den Anspruch nicht erreichen. Noch schlimmer, ich könnte etwas nicht schaffen, was alle anderen schaffen.
Solche Ängste hatte ich früher auch ganz schlimm. Mittlerweile bin ich damit durch - allerdings nicht sicher, ob sie nicht doch noch irgendwo lauern, um dann mit doppelter Stärke über mich herzufallen, wenn ich irgendwas wirklich Wichtiges vergeige.
Denn irgendwie - sorry, aber ist so -: Dass man in diesem Forum gelandet ist, ist ja wohl der Beweis dafür, dass man irgendwas nicht hinkriegt, das anderen ganz leicht zu fallen scheint! Und ich finde es gar nicht schlimm. Ich habe mich sogar oft im Verdacht, dass ich das absichtlich mache (bzw. eben nicht mache), um dieser alten Angst zu trotzen! Und sicherlich ist da einerseits was dran: Früher hatte ich Verantwortung für ein Kind in meinem Haushalt und habe viel mehr gekämpft, um alles auf die Reihe zu kriegen, immer mit der Angst im Nacken, aber noch unbewusst, was denn das für ein Scheitern ist, vor dem ich mich grusele. Und das könnte ich ja weiter machen. Oder auch nicht. Ich wüsste nämlich gar nicht, wie.
Meine Bemühungen heute sind jedenfalls ganz anders. Weil ich bewusster bin und nicht so viel Angst habe. Aber da sind diese Tausende von Dingen und das ist an jedem einzelnen Tag ganz einfach viel zu viel.
Und dann passieren diese euphorischen Momente, z.B. wenn ich in der Bibliothek bin und 20 Bücher zusammensammele, die ich alle lesen will, super interessiert an allem möglichen. Das ist dann der angeregte Geisteszustand, oft nach Phasen des Rückzugs oder wenn ich reizüberflutet bin, aber noch nicht zu sehr.
Aber ich bin gar nicht so schnell und schaffe nur ein einziges.
Zitat von Gitta im Beitrag #633
Ich habe mich gefragt, warum ich innerlich so überzeugt bin, ich müsste, zumindest, wenn ich etwas erreichen wolle, gegen mich und nicht mit mir arbeiten?
Das hab ich mich auch schon gefragt. Es scheint die Grundidee von Disziplin zu sein: 'Du musst dich zusammenreißen.' und so. Und ich frage mich immer: Wie geht das? Wer ist das Ich, das das andere Ich durch die Gegend kommandieren soll? 🤣 Alle scheinen das ganz normal zu finden. Nuja, ich hab auch schon Situationen erlebt, wo ich so zweigeteilt schien und ein Teil dem anderen Anweisungen gab, aber normal fand ich das nicht!
Möglicherweise können wir mehr erreichen, wenn wir uns irgendwie selbst durch's Leben gängeln - aber ist es das wert? Letzten Endes, meine ich, steigt man so oder so in die Kiste. Und ich habe keine Lust, ehrlich gesagt, am Ende nur der Sklave irgendwelcher Ansprüche irgendwelcher anonymer "Leute" gewesen zu sein.
Hallo Robin
Ja, das kann ich mir vorstellen. Wenn dann so eine große Verantwortung da ist für ein Kind, dann möchte man gute Voraussetzungen schaffen. Und dann denkt man nicht viel darüber nach, weil man es ja für sein Kind macht. Mit Kindern ist es bei mir nichts geworden, ich hatte aber schon jahrelang Haustiere. Und da habe ich auch nicht viel nachgedacht, sondern einfach alles gemacht, was ich wusste, was gut für sie war.
Hm, was ist dieses andere Ich? Ich denke eher ein ängstlicher Teil in uns, der lieber nicht selbst entscheiden möchte, sondern es sicherer findet, auf das zu hören, was andere mal gesagt haben. Es macht ja sicher im allgemeinen auch Sinn, auf die Erfahrungen der älteren zu hören. Wir können nicht jedes Mal das Rad selbst wieder erfinden. Aber so bestimmte einzelne Glaubenssätze scheinen uns immer wieder in einen Konflikt zu bringen. Was tun?
Das ängstliche Ich sagt, nun haben wir uns doch schon unser ganzes Leben daran gehalten und sind bisher gut damit gefahren. Aber stimmt das so? Als wir jünger und energiegeladener waren, haben wir bestimmt noch mehr dagegen rebelliert. Und haben noch viel mehr mit uns gekämpft.
Dann sagt das ängstliche Ich, aber unsere Eltern müssen doch nach diesem Motto gelebt haben, und sie hatten doch ein gutes Leben gehabt. Aber stimmt das so? Nur weil sie uns etwas so oft eingetrichtert haben, müssen sie sich nicht selbst daran gehalten haben. Vielleicht haben sie mit zweierlei Maß gemessen? Vielleicht wollten sie hauptsächlich, dass wir reibungslos funktionieren? Vielleicht war es nur ein Missverständnis? Sie hatten andere Meinungen und Vorstellungen vom Leben, von denen sie zutiefst überzeugt waren. Und wenn das Kind zu einer anderen Meinung kam, dann wäre das verkehrt und es solle sich zusammenreißen und an sich arbeiten, um später einmal die „richtige“ Meinung und Überzeugung zu haben.
Trotzdem sind unsere Eltern Vorbilder, in deren Fußstapfen wir oft wandeln. Wir greifen oft auf Erfahrungswerte zurück, wie es die Eltern damals in dieser Situation gemacht haben. Das hinterfragen wir auch oft gar nicht. Ich meine, wenn ich schon so viel denke, könnte ich doch auch darüber nachdenken, ob und wie manche Dinge anders zu machen oder umzusetzen gingen. Es muss ja nicht gleich ganz anders, aber vielleicht etwas anders sein.
Zitat
Und ich habe keine Lust, ehrlich gesagt, am Ende nur der Sklave irgendwelcher Ansprüche irgendwelcher anonymer "Leute" gewesen zu sein.
Das stimmt. Diese nebeligen „anderen Leute“ existieren mehr nur in unserer Vorstellung, als dass wir sie wirklich mal getroffen hätten.
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