Ordnung schaffen - mit kleinen und großen Schritten.

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05.03.2021 11:46
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#111
Sy
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Zitat von Emin im Beitrag #101

...

du gibst dir doch selbst die Antwort. Irgendwo ist doch was in dir an Chaos im Kopf das es so ist?
...
Sybille was ist da bei dir das du wie im Arbeitszimmer was tun musst?
...
Doch was noch viel mehr wehtut und viel länger, ja zu denken das man lieber schlafende Hunde in einem nicht wecken sollte, wer weiss was dann passiert? Doch wecken wir alles in uns, konfrontieren wir uns lieber ist meine Devise dazu. Die Flucht vor sich selbst endet sonst nie, du nimmst dich immer mit, egal wohin du gehst, auch wenn es ans andere Ende der Welt ist.
...
Doch zurück zum Selbstwertgefühl, so wie du schreibst bist du Liebe Sybille davon NICHT betroffen, du hast schon den Schneid dazu was zu machen und es auch zuende zu bringen wenn du das willst. Ich denke sogar das du ein sehr gesundes Selbstvertrauen hast und dein Leben sehr realistisch siehst. Glaubst du das du zu kopflastig bist? Welche Sequenzen des Lebens machen dich nervös?
...
Sybille das mit dem tiefer sitzenden Problem, hast du das Gefühl diesem näher zu kommen? Oder weisst du das bei dir? ... wenn du es erkennst das tiefer sitzende Problem, wie gehst du es dann an?
...
Berge in seiner Wohnung und einen Chaosberg in seinem Kopf.





Puh @Emin so viele schwierige Fragen. Da musste ich erstmal drüber nachdenken, hat ein bisschen gedauert. Ich hoffe die Antworten interessieren Dich noch.

Also ja klar. Das Chaos steckt im Kopf. Stimmt. Aber diese Erkenntnis ist ja so, wie wenn jemand auf "Warum hast Du einen Autounfall gebaut?" mit "Da war ein Graben im Weg" antworte.
Zweifellos.
Aber wieso zum Geier bin ich da reingefahren, statt zu bremsen oder zu lenken und was kann ich dagegen tun, dass mir sowas wieder passiert???
DAS steckt doch hinter der Frage.


Tja. Was ist da bei mir? Wieso zum Geier stecke ich in einem Graben, den niemand außer mir sieht, wie komm ich da raus und WAS KANN ICH DAGEGEN TUN um nicht demnächst im nächsten Graben zu stecken?


Ich habe etwas, das man "komplexe Traumatisierung" nennt. d.h. ich habe Verschiedene Traumata, die sich gegenseitig beeinflussen und pushen und am heilen hindern. Ist quasi ein "Netzwerk" aus Traumatisierungen.
Wie es aussieht, hat ein Teil dieser Traumatisierungen in einem Alter stattgefunden, das vor den ersten Erinnerungen liegt (ich also jünger als 2-3 Jahre war). Das ist natürlich blöd, weil ich etwas, an was ich mich nicht erinnern kann (!) natürlich auch sehr schlecht verarbeiten kann.
Die späteren Traumata, an deren Entstehung ich mich (inzwischen) erinnere, resultieren andererseits zum Teil daraus, dass ein verzweifeltes Kind, das nicht verstehen kann, was das IST - ein unendecktes frühkindliches Trauma im Unterbewusstsein - sich halt anders benimmt als andere Kinder. Und "man" das Kind dann natürlich dazu erziehen "muss" normal zu sein - und so rückten die Trauma-Ventile immer tiefer ins Unterbewusste, wo sie niemanden in der Außenwelt "störten", sodass klein-Sybille brav funktionierte und wie so oft bei gut-gemeint-und-schlecht-gemacht wurde es davon schlimmer und schlimmer und schlimmer. Ich hatte also "unerreichbare", "normal-verdrängte" und bekannte Traumata alle durcheinander im Kopf.
Riesiges-Knäul.

Tja. Wenn man mit "sowas" zum Arzt geht, dann fängt der (logisch vermutlich) mit dem an, was man von außen sieht. Anfangs sah es super aus. Ich verarbeitete und begriff, die Hoffnung wuchs mit jeder Sitzung. "Ach, Frau Sybille, das ist gar nicht so schlimm, wie es Ihnen vorkommt, Sie werden sehen, wir kriegen das hin" usw.

Ich habs geglaubt (Ey, wenn MEIN ARZT mir sagt, er kriegt mich gesund, dann GLAUBE ich das, was denn sonst?!)
- tja. Und dann kam der Tag, als ich das Gefühl hatte, JETZT würden wir uns den Hauptproblemen nähern. Alle Symptome zur Seite geräumt, alle Störfaktoren beseitigt. Probleme lagen frei, ich wollte das gelöst haben. Ich war hochmotiviert, ich funktionierte äußerlich hervorragend, Wohnung sah gut aus, Job lief, alles Topp. Ich dachte, ich hätte alle Voraussetzungen erfüllt, hätte alles "richtig" gemacht, jetzt ginge es "richtig" los. Der Arzt hatte gesagt, das sei gar nicht so schlimm, der hatte bestimmt ein Ass im Ärmel... Jetzt hatte ich mir also dieses Ass verdient, der würde gleich etwas tolles tun... Quasi wie ein Chirurg das Problem aus meinem Kopf heraus operieren. *schnipp* Und dann würde alles gut werden.
Weil ich so super-brav, super-fleißig, super-ordentlich, ... gewesen war... Musterpatientin. Auf geht's - einmal Gehirnchirurgie bitte und dann sind alle "falschen" Gedanken weg, Sybille ist "normal" und alles wird gut. 😇😇😇

Und der Arzt sah mich an, sagte, das hätte ich alles wirklich sehr sehr gut gemacht. Er sei ganz begeistert. Ich sei geheilt, das war's. "Auf Wiedersehen - der nächste Patient bitte"

Oh... 😳😳😳

Dass ich mich damals nicht umgebracht habe (Ich halte es für ne sehr sehr SEHR schlechte Idee jemandem die Ventile zu nehmen, mit denen er seine Probleme kompensiert und ihn dann mit den Problemen, für das er ja nunmal nix besseres gefunden hat als besagte Ventile, zurück zu lassen!) wundert bis heute nicht nur mich, sondern auch die Ärztin, bei der ich letztlich gelandet bin. Es war so, dass... Naja, egal jetzt.

Jedenfalls habe ich daher diese rotzige ich-mach-nix-bloß-weil-irgendwer-"kluges"-dat-sacht Einstellung, die ich inzwischen eigentlich ganz gern mag und daher behalten habe. ICH muss für das gerade stehen, was ich tue. ICH muss mit den Konsequenzen leben. Da ist es doch gut nur das zu tun, was ICH für richtig halte. Ich bin nämlich nicht blöd und auch Profis können sich irren - siehe oben. Muss sich der Profi halt die Mühe machen mir zu erklären, was er meint. Soll er mir halt ne gesalzene Rechnung schicken, wenn ihn das nervt, is mir wurscht.

Jedenfalls. Nach besagter Erfahrung hatte ich erstmal genug von Ärzten. Mein Mann sagte "Lass sein, wer will schon normal sein, das ist doch eh langweilig" - also machten wir das. Ich holte mir (einen Teil) der eigentlich bereits abgelegten Marotten zurück, weil ich sie nämlich besser fand als diese "unsichtbaren-Ventile", die meine Lebensfreude, mein Selbstwertgefühl, meinen Lebenswillen und die Energie morgens-aufzustehen fraßen, statt die "heile" Du-musst-funktionieren-Fassade anzugreifen. Ich erfand ein paar neue Ventile. Und dann blieb es halt so.
Eine aufgeräumte Wohnung ist kein Selbstzweck.

Ehrlich nicht.

Naja.

Ich habe lange Zeit geglaubt, dies wäre das Ende der Geschichte. Aber durch eine glückliche Verkettung von unglücklichen Umständen, landete ich letztlich nochmal bei einer Ärztin mit Spezialisierung auf Traumatherapie.

Ich weigerte mich nach der Erfahrung vom letzten Mal strikt von außen nach innen anzufangen, aber sie hatte tatsächlich noch eine Idee, wie man an diese uralt-Traumata aus der frühesten Kindheit herankäme.
Alles ne ziemlich abgefahrene Geschichte, aber abgefahren oder nicht - es HAT TATSÄCHLICH FUNKTIONIERT.
Ich erinnere mich zwar nach wie vor nicht an die ganz alten Traumatisierungen selbst (wie gesagt: vor einem gewissen Alter erinnert man sich nicht. Nix zu machen) aaaaaaaaaber ich bekam ein besseres Gefühl für die Glaubenssätze in meinem Unterbewusstsein und bessere Ideen dafür, wie das möglicherweise (!!!) gewesen sein könnte (!), dass diese Glaubenssätze in mein Unterbewusstsein hineingeraten waren.
Und je besser ich das verstehe, desto besser kann ich (!) mir (!) die Frage stellen, ob diese Sätze möglicherweise überholt sind?
Ob ich nicht möglicherweise inzwischen mehr Optionen habe als mit drei, als manche Dinge ziemlich absolut und manche Probleme ziemlich unüberwindbar waren...

Mit jedem alten Glaubenssatz, bei dem in meinem Unterbewusstsein (!) das Gefühl (!) ankommt, dass die Phase für diesen speziellen Glaubenssatz inzwischen vorbei ist. Geht es mir ein wenig besser.

Vor 3,5 Jahren hat die Ärztin mein Unterbewusstsein "gehackt". Ich hätte nicht gedacht, dass sowas geht. Aber es geht aufwärts seit dem. Mühsam und hart, aber aufwärts.


Was das alles mit meiner Wohnung zu tun hat? Die Wohnung ist eins meiner ich-funktioniere-nicht-wie-es-gefordert-wird Ventile.
Und jegliches Aufräumen steht seit ich DAS kapiert habe unter der Anforderung, dass es dazu führen muss, dass es mir damit besser geht. Wenn mich das geputzte Fenster nicht glücklicher macht, dann lasse ich es dreckig, es ist mein Ernst. Ist mir ***egal, was "die Leute" über meine Fenster denken, ich werde nicht für DIE putzen.
Es ginge viel schneller und wäre viel einfacher hier "Mal eben" mit Gewalt aufzuräumen. Aber damit würde ich mein Ventil schrotten. Und dann kann ich in ner ordentlichen Wohnung auch wieder Suizidpläne schmieden, oder mich fragen wo morgen früh die Energie herkommen soll aufzustehen,
ABER unter dem Sofa ist staubgesaugt? - na "großartig"...

Also. Gaaaaaaaaaanz vorsichtig. Ich MUSS hier nicht aufräumen. Es MUSS auch nicht aussehen wie bei schöner wohnen. Aber ganz ehrlich: sauberes Geschirr, frische Wäsche, geputztes Bad... sind doch erstrebenswert. Das mach ich doch Nicht, weil sonst irgendwer "Wie sieht's denn bei DIR aus sagt" - sondern weil ICH nämlich auch nicht verdient habe im Dreck zu hocken. WILL ich einen aufgeräumten Schreibtisch oder stört die Zettelwirtschaft nur die anderen? usw.

Seit ich versuche die Hausarbeit ausschließlich, gezielt und bewusst nach das-tue-ich-für-mich-Gesichtspunkten auszuwählen, wird es besser.

Puh - das ist ja ein halber Roman geworden.

So oder so ähnlich jedenfalls.

Liebe Grüße
Sybille


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09.03.2021 22:39
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Sybille, ich habe deinen Beitrag gelesen.
Ich weiß nicht recht, was ich darauf antworten soll. Ausser, dass er interessant ist.
Ich hoffe, dass ihn noch mehr Leute lesen. Vielleicht war da dieser Thread nicht ganz richtig, um sich derart das Herz auszuschütten, da er hier vielleicht nicht so viele Leser hat, wie er verdient hätte.

Das wollte ich dir nur schreiben, bevor ich gleich mit einem anderen Thema weiter mache.


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09.03.2021 23:03
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Zitat von Goofy im Beitrag #109
Problem Kleidung und allgemein fehlender Stauraum:

Habe einen gebrauchten Kleiderschrank über Kleinanzeigen gesucht und gefunden. Ausgerechnet der Größte war zu verschenken.

Am Donnerstag mit einem Freund abgeholt, gestern mit dem selben aufgebaut.

Zwei Teile sind mit einer Kleiderstange, jeweils über ein Meter. So viel Kleidung zum Aufhängen habe ich nicht, da bleibt also genug Raum für anderes.
Einige Regalböden sind auch drin.

Jetzt versuche ich mich mit dem Zusammenlegen von T-Shirts.

Das Internet weiß alles. Vorhin entdeckt: Ein Video mit dem Titel „Wie falte ich ein T-Shirt in zwei Sekunden“. Das muss für mich sein!


Neuer Kleiderschrank im Schlafzimmer. Dann kann man den Eckschrank (in dem bisher eher chaotisch Kleidung war) und den Schubladenschrank (in dem auch Kleidung war) anders nutzen. Den Eckschrank ins gegenüberliegende Eck, und Kartons, Schuhschachteln, usw., was bisher am Boden rumlag, rein. Soweit erledigt.
Ist keine Lösung für ewig, aber es gibt im Moment Wichtigeres, als das auszusortieren.

Der Schubladenschrank kommt raus. Und schon ist im Schlafzimmer genug Platz für den Wäscheständer. Und zwar so, dass der an einem Platz stehen bleiben kann. Nicht weit vom Kleiderschrank, das ist kein Fehler. Dann muss der Wäscheständer nicht immer mal hier und mal da im Wohnzimmer stehen. (wird noch erledigt, erst putzen, unter und hinter Schränken ... ich, ihr wisst schon).


Und dann den Schubladenschrank in den Gang. In ein Eck vor einen Vorhang, hinter dem Chaos herrscht. Unten Schuhe rein (lagen bisher rum, oben Winterausrüstung). Auch erledigt.

Der Vorhang ist allerdings die letzten zwölf Monate stückweise nach hinten gewandert (dank einer Teleskopstange als Halter geht das).

Hinter den besagten Vorhang geschaut und einige paar Schuhe rausgezogen. Sollte ja schon alles ordentlich (naja) dastehen, wenn jetzt der (hüfthohe) Schubladenschrank davor kommt. Da so ganz schief auf irgendwas steht ein Karton, was ist da eigentlich drin? Er ist voll mit ... ... ... Kleidung!!! ("AAAAAAAAAaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhh !!!!!!!!")
Schnell ins Schlafzimmer damit. Wird dann bald sortiert (und aussortiert).


Schuhe habe ich auch zu viele. Aber das ist, da ich Hallensport betreibe und die Schuhe griffig sein müssen. Relativ schnell sind sie das nicht mehr ausreichend, die Schuhe sind aber ja trotzdem noch gut. Ich werde diesen Sommer bei jeder Gelegenheit mit ausgedienten Hallenschuhen draussen rumlaufen.


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09.03.2021 23:10
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Im Moment kann es mir, wenn ich was mache, nicht schnell genug voran gehen. Ich will dann schnell schon einige Schritte weiter sein und Dinge fertig haben - so wie ich mir sie vorstelle.
Ich denke dabei nicht an eine komplett geordnete Wohnung, aber ein paar Schritte voraus.

Das passt mir dann natürlich nicht, dass ich es nicht so schnell erreichen werde, wie ich will. Und das liegt natürlich auch daran, dass ich immer zu lange brauche, bis ich überhaupt mal anfange, und dann oft nichts mache.

Andere würden das alles sicherlich in ein paar Wochen aufräumen. Ich bin jetzt seit über eineinhalb Jahren dabei. Aber ich habe ja schließlich auch zwischen 13 Jahren und meinem ganzen Leben gebraucht, um das Chaos anzurichten. (je nach dem wie man rechnet).
Dann braucht es eben auch eine Weile, das ordentlich hinzukriegen. Und parallel muss ich ja noch lernen, Erreichtes zu erhalten.


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10.03.2021 06:58
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Danke, @Goofy das ist sehr lieb von Dir. Du brauchst Dir um mich keine Gedanken zu machen, ich wollte nämlich eigentlich gar nicht so sehr mein Herz ausschütten, als "einfach" @Emin s Fragen beantworten - ich brauche daher weder zig Leser noch zig Rückmeldungen, denn "normalerweise" rede ich über sowas an anderer Stelle. Es war einfach so, dass ich das nicht anders beantworten konnte und dann "Hey, ist doch keine Schande! Dann erzähl ich das halt!" gedacht hatte. Sorry für die Abschweifung.

Was das nicht-schnell-genug angeht, habe ich schon verschiedentlich gelesen, dass bewusst-langsam-machen da ein möglicher Weg sein soll. Weil man besser anfängt, wenn man weiß, dass man sich nicht total übernehmen wird...


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