@Rainbow-Cloud

Also ich fühle innerlich kein Chaos. Da ist alles wohlgeordnet. Auf meinen Festplatten habe ich Ordner beschriftet für alle Sorten von Bildern und Videos. Außen tobt das Chaos, aber ich kann es überblicken. Was ich sehe, finde ich auch. Nur was ich nicht sehe, kann ich nicht finden. Ich habe sogar Schränke beschriftet, um zu finden, was ich suche, in der Zeit, als hier ein Rollkommando getobt hat. Hinterher fragte ich die Leute, die aufgeräumt haben, wo denn dieses und jenes hin sei. Kurze Zeit später rief die Schwester an, die auch dabei war, und meinte: "Frag bitte X nie wieder, wo irgendwas ist. Sie war so aufgelöst und in Tränen ausgebrochen." Also kaufte ich eben neu, was ich nicht fand.

Die fremdbestimmte Ordnung war für mich eine Leere. Eine Wohnung, repräsentabel für Besucher und irgendwelche Handwerker. Aber nicht gemütlich. Eigentlich ist Ordnung für mich Chaos. Weil es für mich eine Leere verkörpert, etwas Unpersönliches ausströmt. Die Herkunft des Wortes Ordnung konnte ich nicht ergründen. Weil ich so eine nervige Werbung von Reimage Plus habe, die ständig fast alle Seiten blockiert. Ordnung ist für mich der reinste Horror. Alles "ist an seinem Platz", ja, aber wer bestimmt den denn? Den bestimme ich doch! Es ist alles durcheinander, aber alles hat in dem Durcheinander seinen Platz!

Wenn es aussieht wie im Katalog oder wie bei meiner Schwester, fühle ich mich darin unwohl. Ich denke: "Darin lebe ich nicht. Das habe ich nur zum Putzen und Staubsaugen da stehen." Ich möchte gar nicht wie im Hotel wohnen. Da habe ich den Eindruck, ich bin nur Gast, der Vermieter ist Gastgeber und Gast-Rausschmeißer. Also eigentlich will ich kein Chaos, weil ich keinen leeren Raum haben will. Wenn alles kahl aussieht, dann sieht es leblos aus. Kahle Fußböden lassen mich denken: Hier muss ich mal einen Tanzabend abhalten. Finde ich eher positiv. Aber leere Schränke? Regale in denen kaum was steht außer Dekoration? Das ist doch keine Heimat.

Genau, wenn nur "schöne Sachen" da stehen, das sind ja nicht unbedingt Sachen des täglichen Gebrauchs. Die stehen da, weil sie hübsch aussehen. Sie haben allenfalls einen sentimentalen Wert (Mäuse aus Ton von einer Bekannten, ein gesticktes Bild von der verstorbenen Tante, beides Handarbeiten). Ein Foto von einem inzwischen verstorbenen Hund, oder der Hund ist jetzt ausgewachsen und auf dem Foto klein und verspielt.

In der Vitrine neben den Gläsern auch ein Kegelpokal, den mein Mann im Seestädtetournier gewonnen hat. Im Schlafzimmer nicht nur Schmuck im Regal, sondern auch Socken und Handtücher, die man immer mal braucht. Sind die Schrankoberflächen alle frei, hat man es leichter mit Staub wischen. Ist ein Zeichen dafür, dass alles im Schrank Platz hat. Einen habe ich im Wohnzimmer innen ausgemistet, um mehr herum liegende Dinge darin zu verstauen. Trotzdem liegt jede Menge rum. Anfangs haben wir alles in die Schränke gekriegt, aber irgendwann fing ich an, Schmuck (Modeschmuck, z. B. von Rossmann) zu sammeln, und dann fing ich an mit Haarteilen (Zöpfe und so was). Kontaktlinsen sind immer noch in den Schränken. Und CD's sammeln wir wie verrückt. Alle CD-Ständer sind voll, obenauf stapeln sie sich auch schon, und natürlich neben dem CD-Player auch. Ich muss jede Menge auch Elektro-Schrott zum Wertstoffhof bringen.

Wenn gar nichts herum liegt, und wenn das eine Videokassette ist, oder eine CD, dann habe ich den Eindruck: Das Möbelstück steht nur da, damit Besucher es schön finden. Das Bücherregal ist auch nur gefüllt mit Büchern, sonst sind nur schöne Dinge zu sehen, die aber nur Erinnerungs- und Dekorationswert haben. Die Tanzfläche ist wirklich braunes Parkett! Eine Discokugel haben wir nicht, aber das ist auch nicht nötig. Wir haben eine Stirnleuchte, die auch ganz schnell flackert, wenn man sie richtig einstellt. Das ist dann genug Discofeeling! Dazu vielleicht so ein Farbwechsler, dann ist es doch perfekt. Macht mehr Spaß, zuhause zu tanzen, als in der Disco, wo man blöd angemacht wird und für die Getränke einen Haufen Geld zusätzlich zahlt.