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Messie oder verwahrlost?
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Guten Abend, ich weiß gar nicht, ob ich hier richtig bin, versuche es dennoch mal. Ich gehe meinem Traumjob nach, bin finanziell gut abgesichert und lebe trotzdem im Müll. Und wenn ich Müll sage, meine ich Müll. Die Fliegen fühlen sich wohl, die Bierflaschen stapeln sich meterhoch, das Bad ist kaum zu betreten. Dabei lege ich sehr viel Wert auf Hygiene und achte stets auf mein Äußeres, immer wie aus dem Ei gepellt. Demnächst will ich eine Wohnung kaufen und umziehen, aber bis dahin geht noch einige Zeit ins Land. Und wird es dann besser? Nein, sicher nicht. Und was mache ich bis dahin? Und wie krieg ich diese Wohnung hier wieder hin? Ich war mal ein Jahr wegen Burn-Out zuhause, sonst immer erfolgreich berufstätig. Ist das jetzt meine Form der Depression und wie krieg ich den verdammten Müll aus der Bude? Danke für Eure Gedanken und Anmerkungen. Drosophila
Auch ich stelle mir die Frage wo ich mich einordnen soll.
Wenn ich mich in meiner Wohnung umsehe, frage ich mich wie es soweit kommen konnte. Leide ich unter einer psychischen Störung oder bin ich einfach nur zu faul?
Ich habe mich ein wenig belesen zum Thema und überall lese ich was von Ereignissen in der Kindheit die sich im Chaos manifestieren.
Meine Kindheit würde ich grundsätzlich als glücklich bezeichnen, wenngleich es auch Faktoren gab, die für jeden Aussenstehenden dagegen sprechen könnten.
Mein Vater war Alkoholiker. Nicht durchweg betrunken, aber er zog 3-4 Mal pro Woche los in die Kneipe und kam hackedicht nach Hause.
Ich habe nie erlebt das er gewaltätig geworden ist, allerdings brüllte er im Haus herum, beleidigte meine Mutter, die in diesem Zustand derart Angst vor ihm hatte, das sie sich mit uns Kindern immer im Kinderzimmer einschloss und die Tür verrammelte.
Ich selbst hatte nie wirklich angst vor ihm. Ich wusste er würde mir nichts tun und wusste schon im frühesten Kindesalter, das es nichts bringt ihm zu widersprechen oder zu verärgern, wenn er in diesem Zustand ist.
Bis auf die Tatsache, das es mir vor meinen Freunden peinlich war, wenn er mal wieder besoffen nach Hause kam, während ich Besuch hatte, konnte ich also mit dieser Situation ganz gut umgehen.
Wie gesagt, war ich trotzdem ein sehr glückliches Kind. Ich war gut in der Schule, machte erfolgreich Sport, sang im Chor, hatte viele Freunde.
Mit 18 kam ich mit meinem ersten festen Freund zusammen. Ich erinnere mich, das sein Zimmer chaotisch aussah und ich es unverständlich fand, das es ihm nichtmal peinlich war mich überhaupt herein zu bitten (ich hätte nie im Leben jemanden in ein solches Zimmer eingeladen).
Als wir uns besser kannten und ich mehr Zeit bei ihm verbrachte, störte mich das Chaos so sehr, das ich begann bei ihm aufzuräumen.
Später zogen wir zusammen in eine neue Wohnung und auch dort war Ordnung für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich konnte ihn sogar dazu bringen entsprechend mitzuwirken und wenngleich es nur selten wie geleckt aussah, so war es immer soweit aufgeräumt, das man Besuch empfangen konnte.
4 Jahre später trennte ich mich von ihm und lernte jemand neues kennen. Da er über 700km weit weg wohnte, zogen wir recht bald zusammen, was für mich ein großer Schritt war, da ich damit mein gewohntes Umfeld und auch viele Freunde aufgeben musste.
Die neue Wohnung war schön, aber wie sich bald herausstellte, einfach viel zu klein. Es gab keine Container in der Nähe, wohin man den Müll fahren konnte, sondern bis auf den Hausmüll (1 Tonne für 3 Parteien), war man auf de Abholdienst angewiesen.
Das führte recht bald dazu, das wir ständig das Problem hatten, das wir nicht so richtig wussten wohin mit dem Müll.
Gelbe Säcke stapelten sich im Flur, Papier ebenfalls und ich war jedesmal heilfroh, wenn die Abholdienste endlich vorbei kamen.
Unser Schlafzimmer war recht bald zur besseren Abstellkammer umfunktioniert worden. Kaputte Geräte o.ä. lagerte man dort zwischen, bis man endlich die Zeit fand, das ganze mal zum Recyclinghof zu karren.
Ich fühlte mich eingeengt in dieser Wohnung und wannimmer sich Besuch ankündigte, begannen wir panisch damit etwas Ordnung zu schaffen und immer mehr ins Schlafzimmer zu verlagern.
Seinerzeit hatte ich nicht den Eindruck, wir hätten ein ernsthaftes Problem. WIr wussten halt nur nicht wohin mit dem Kram bzw. wurden ihn nicht schnell genug los und hielten die Wohnung dennoch ordentlich, soweit es eben möglich war.
Nach 5 Jahren trennte ich mich von ihm und zog zurück in meine Heimat in eine (wieder) zu kleine Wohnung, in der ich bis heute lebe.
1 Zimmer, Küche, Bad und ein kleiner Flur führten dazu, das ich mich nicht so richtig einrichten konnte, wie ich es mir eigentlich erträumt hätte.
Viel improvisieren und die Notwendigkeit jegliches unnützes Zeug (Kartons o.ä.) sofort wegzubreingen, da keinerlei Platz für Zwischenlagerung.
Im ersten Jahr schaffte ich es problemlos Ordnung zu halten. Nach und nach allerdings wurde aus der einen Mülltüte, die ich später noch rausbringen wollte, 2, dann 3 und nun stehen hier gut und gern über 10 Mülltüten in der kleinen Wohnung rum. Dazwischen massig leere PeT Flaschen, leere Kartons, benutztes Geschirr, Joghurtbecher , Klamotten.
Meine Fenster habe ich seit 2 Jahren nicht mehr geputzt, weil ich nicht mehr drankomme. Im Bad ist der Boden indes gepflastert mit Zeitungen und die Küche ist derart zugemüllt mit verkeimtem Geschirr, leeren Verpackungen und Müllbeuteln, das Kochen unmöglich geworden ist.
Entsprechend ernähre ich mich größtenteils von Fertigerichten, die ich im Backofen warm machen kann oder Butterbroten, die ich mir auf dem Schreibtisch am Rechner schmiere.
Ich kaufe Pappteller und Plastikgabeln, weil auch die Spüle vollgestellt ist und das schmutzige Geschirr teilweise unter dem ganzen Müll liegt.
Diese Ernährung führte auch dazu, das ich mein schon immer vorhandenes Übergewicht derart ausgebaut habe, das mir, wannimmer ich mich aufraffe, das Chaos zu beseitigen, sehr schnell die Puste ausgeht.
Erst vorhin habe ich versucht das ganze wieder anzugehen und gewartet bis es dunkel ist, um zumindest ein paar Mülltüten zum Container zu bringen (ich möchte nicht, das mich jemand 2-3 Mal mit 4-5 Tüten beladen rumlaufen sieht).
Danach bin ich fix und fertig...setze mich hin und denke mir "kleine Pause" und irgendwann ist es wieder so spät, das man den Vorsatz wieder verwirft.
Meine Waschmaschine ist seit nun fast 5 Monaten kaputt. Meine Wäsche, wasche ich seitdem bei meiner Mutter, die natürlich nichts vom Chaos in meiner Wohnung weiß. Sie weiß das es unordentlich ist und ich sie deshalb auch nicht zu mir einlade, aber sie denkt sehr wahrscheinlich, das ich mich wegen ein paar rumliegender Klamotten oder einem nicht erledigten Abwasch schäme und nicht, das es derart zugemüllt ist.
Sie will mir zu Weihnachten eine neue Waschmaschine schenken und hat angeboten meine alte Maschine bei ihr unterzustellen, bis der Sperrmüll kommt, aber wie soll ich das Ding aus der Wohnung bekommen, ohne das ich jemanden herein lasse?
Ich kann sie ja unmöglich allein raustragen. Langsam gehen mir die Ausreden aus und obwohl ich weiß, das meine Mutter mich unterstützen würde beim Aufräumen, bringe ich es nicht fertig ihr zu sagen, wie es bei mir zu Hause wirklich aussieht.
Ich schäme mich so für meine Wohnung und empfinde es als extrem belastend das so Kleinigkeiten wie Papiere raussuchen bei mir zu einem Projekt werden, das sich nicht innerhalb weniger Minuten lösen lässt, sondern zu einer Tagesaufgabe wird.
Ich hätte so gern wieder ordentlich und vor allem hygenisch. Mal wieder durch die Wohnung laufen, ohne aufpassen zu müssen wo man hintritt. Mal wieder etwas richtiges kochen und von sauberem Geschirr essen. Mal wieder Freunde und Familie einladen. Nicht auf den Einbruch der Dunkelheit warten müssen, um Massen an Müll loszuwerden.
Ich weiß das man sich nicht zuviel auf einmal vornehmen soll, weil es in einem Rutsch nicht zu bewältigen ist, aber wenn ich ein wenig gemacht habe und dann aufhöre, weiß ich bereits, das wieder Tage oder Wochen vergehen, bis ich mich erneut aufraffen kann und in der Zeit ist das was ich weggeschafft habe, bereits erneut angesammelt.
Ich habe schon überlegt professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber ich könnte nie jemandem zeigen wie ich lebe, geschweige denn erlauben, das jemand meinen Müll rausträgt. Mir wäre das einfach zu peinlich. Daher muss ich es selbst schaffen, irgendwie.
Gibt es denn hier Leute, die allein aus diesem Chaos rausgekommen sind und brauchbare Tipps parat haben?
#4
Hallo, ich halte mich eher für eine Perfektionistin statt eines 100 pro-messies. Oft fehlt es einfach nur an finanziellen Mitteln, um sich passende Verstaumöglichkeiten zu kaufen wie Regale, Schränke oder die passend-große Wohnung anzumieten. Bei mir ist es Vereinsamung und eine körperliche Schlappheit/Kraftlosigkeit durch Übergewicht und Krankheit. Aber ich habe gute Tipps, die ich zur Zeit erfolgreich anwende:Ein Fotoapparat. Damit kann man alles Wichtige fotografieren, das erspart schonmal das Ansammeln von Papier. Zweimal jährlich die Kleiderschränke ausmisten, die Sachen verschenken oder verkaufen, 1 Euro pro Teil ist immer noch besser als NIX. Und man darf nicht sofort ALLES wollen. Kleine Ziele setzen. Es ist besser, HEUTE nur die Teller zu spülen (und den Rest nach und nach) als gar nicht anzufangen. HEUTE nur die Fensterbank freimachen oder das Klo putzen, als NIX zu machen. So hat man sichtbare Kleinerfolge, die nicht zu schwer anzugehen sind :-). Ideal wäre ein Stundenplan/Tagesplan. Nach erfolgreicher Erledigung abhaken und sich belohnen mit Kleinigkeiten, die man sich leisten kann. Das kann ein Stück Torte sein, eine Edelpraline, ein Buch, ein Lippenstift, ein Kinobesuch oder noch besser 1 oder 2 € ins Sparschwein! Wer natürlich Hilfe hat beim Aufräumen, ist prima dran. Das Wichtigste: Wer erst gar nicht anfängt, kommt nicht zum Ziel. Der erst Schritt ist bekanntlich der Schwerste! Tipp: Nimm Dir vor, als NÄCHSTES 10 Teile wegzuräumen, wegzuwerfen, danach jeden Tag 10 weitere. Irgendwann kommt man so auch zur Ordnung. Am besten mit dem Fenster anfangen: Fensterbank freimachen, Fenster putzen, Gardinen waschen, Blumentopf kaufen, dann kreisförmig Tag für Tag weitermachen. So macht es Spaß und man sieht Erfolge und mit jedem qm Freifläche, die sauber ist, fühlt man sich wohler und ist motiviert. Plan doch mal für eine Woche, was Du täglich erledigen willst, hänge den Plan irgendwohin (Sichtbar für alle oder auch nicht), nach Erledigung abhaken und sich freuen :-D. Berichte mal, ob Dir mein Tipp was gebracht hat. Hilfreiche mentale Unterstützung: Morgens und abends 21mal laut sagen, dabei in den Spiegelgucken: Ich schaffe das mit Leichtigkeit und Freude, ich halte meinen Plan ein und mache jeden Tag auf jeden Fall etwas!
#5
Hallo Alleya,
ich kann das sehr gut verstehen. Ich war 4 Jahre lang Messie, habe 3 Jahre keine Vorhänge aufgemacht und konnte nicht mehr kochen. Ich habe es alleine nicht mehr geschafft.
Habe mich einem freund anvertraut der mir sehr geholfen hat. Habe vieles entsorgt-raus damit-, alte Bücher versuche ich jeztt bei amazon zu verkaufen.
Irgendqwann muss man sich eingestehen dass man es alleine nicht schafft.....
Viele Grüsse
schneekönigin
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