Weißt Du, Mausöhrchen... es ist schwierig. Gebt den menschen ordentlichen Wohnraum, egal wie arm sie sind. Denn nicht jeder kann tapezieren und malern, immer weniger alte oder kranke Menschen haben keine Kinder, die in der Nähe wohnen und helfen können oder das Geld, Handwerker zu bestellen.
Damit fängt es an. Da kommt man aus der Vorhölle seines vorherigen Lebens und landet, notgedrungen oft in einer Sozialwohnung, die diesen Namen nicht mal mehr bezüglich der Miete verdient, vom Zustand der Wohnung ganz abgesehen.
Man ist allein, man hat nicht viel Geld und man hat auch keine Kraft mehr, sich auf die Hinterbeine zu stellen. Damit fängt ganz oft das Messiedasein an. Man hebt jede Einkaufstüte auf, aus Angst, sich irgendwann keine mehr leisten zu können, man hebt Lebensmittel auf, auch Restchen, man könnte ja mal kein Geld haben, was zu kaufen und was wird dann aus den Kindern?
Man kauft in Massen preisgünstiges Zeug, denn morgen könnte es ja wieder teurer sein. So fängt Messiedasein an. Was nutzt das Geld für eine Erstausstattung aus dem Sozialkaufhaus, wenn der Secondhandkühlschrank, den man dort ersteht mehr Strom frisst, als ein normaler Einpersonenhaushalt verbraucht, eine Waschmaschine, bei er man riskiert, seine eigene Wohnung und die der Untermieter zu ersäufen, weil die Schläuche auf Grund des Alters mürbe sind?
Also schafft man genügend billige Klamotten an bzw. hebt alte auf. Könnte ja sein, man kann über lange Zeit mal nicht waschen.
Dann kommt man, zerschlagen wie man ist, vielleicht noch auf der Arge an einen strengen Sachbearbeiter, der nicht versteht, was da gerade passiert und noch mehr Druck ausübt. Ich sag an dieser Stelle mal an meine damals "Danke" die vernünftigen Argumenten immer zugänglich waren, Verständnis hatten und halfen, wo sie nur konnten. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich.
Und dann, wenn die innere Müdigkeit und der scheinbare Zwang, an allem sparen, alles aufheben zu müssen, einen unguten Bund schließen und die Wohnung vermüllt, ist man auf einmal angehalten das "in Ordnung" zu bringen, was man nicht mehr kann und auch gar nicht mehr will, weil man bereits völlig gleichgültig und selbstverachtend auf die Zustände schaut und glaubt, es gar nicht anders verdient zu haben.
Und das, Mauseohr, muss aufhören. Denn das ist krank, das ist pervers und abscheulich und so menschenverachtend wie ein System nur irgend sein kann.
Ich weiß, dass es Auswege gibt. Aber ich weiß auch, dass nicht jeder, wie ich, das Riesenglück hatte, von einer Mutter erzogen zu werden, die einem ein gewaltiges Überlebenspaket an Fähigkeiten und Härte gegen sich selbst geschnürt hat und die, sowohl für ihre Kinder, als auch für sich selbst, bis heute keinerlei Entschuldigungen fürs Liegenbleiben duldet, wenn man auf die Fr... gefallen ist.
Mich macht es wütend, das zu sehen und nichts wirklich tun zu können. Aebr in einem Land, wo nur noch der Erfolg und der Gewinn regieren, wird sich die Anzahl der Menschen mit dieser und vergleichbaren psychischen Störungen immer mehr erhöhen und irgendwelche weltfremden Wissenchaftler werden sich hinstellen und uns "entgeistert" erzählen, dass sie gar nicht verstehen, woher das kommt.
Kay
