Noch eine :-( (hier versteckt sich zum Ende des Threads eine Aufräumaktion)

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31.07.2013 00:48 (zuletzt bearbeitet: 26.03.2016 22:04)
avatar  Kayla
#1
Ka
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Eigentlich fing alles recht harmlos an. Mit vielen Kindern, eigener Arbeit und einem Mann im rollende Woche - rund um die Uhr - Schichtsystem ist vieles verzeihlich. Das sage ich auch heute noch. Man muss nicht jedem Schnipsel nachlaufen. Aber die Kinder wurden erwachsen und an der Ordnung in meiner Wohnung tat sich ... nix. Im Gegenteil. Jetzt hatte ich viel Platz für meine "Schätze". Immer wieder nahm ich mir vor, nun endlich in die Sache "ein System" rein zu bringen. Mit dem Ergebnis, dass die Behätlnisse, die ich mir dafür zulegte, die Unordnung nur noch verstärkten. Dazu kam irgendwann eine Angststörung, jetzt gabs schon zwei Gründe, mich mit meinem Umfeld immer weniger auseinander zu setzen. Und ich trugs mit Gelassenheit (ich konnte mich von jeher sehr gut mit mir allein beschäftigen). Das war nach meiner Scheidung. Ich gab mir keine Zeit, nahm mir Millionen Sachen vor, kam vom Hundertsten ins Tausendste, wurde nie fertig, verdrängte Dinge auch äußerst erfolgreich, bis sie eskalierten. Das betraf irgendwann alle Bereiche meines Lebens. Für andere bin ich gut. Ob Kollege, Bekannter oder Familie - kein Problem ist so groß, dass ich nicht im Handumdrehen eine Lösung aus dem Ärmel zaubere. Für mich selbst taugte ich schon früher kaum was, das wurde mit den Jahren nur schlimmer.
Ich traute mich nicht mal (wie bekloppt) meiner Therapeutin, die mich wegen der Angststörung behandelte, von meinem anderen Problem zu erzählen. Sie fragte nicht, ich sagte nichts ... Vor ungefähr einem Jahr fand ich, nach langer Zeit, wieder Arbeit. Das hat mir deutlich gut getan, einige Dinge MUSSTE ich nun einfach tun und regelmässig tun. Letzten Sommer hab ich es dann, mit enormer Selbstüberwindung, geschafft, mich zumindest erstmal von den tausenden Büchern zu trennen, die teilweise eh aussahen, als hätte ich sie aus einem Müllkasten gezogen (was teilweise sogar stimmte).
Jetzt geht es in gaaaaanz langsamen schritten vorwärts. Letztes Jahr habe ich das erste Zimmer angefangen, komplett zu renovieren. Habe dazu zwar ein Jahr gebraucht, Aber es ist fertig und vor allem ... leer. Ich habe meine Kinder drauf eingeschworen, bei Besuchen sofort los zu meckern, wenn dort auch nur ein Teil herumliegt, was dort nichts verloren hat. Dann habe ich meine Klamotten aussortiert, auch so eine Baustelle - ich hätte eine Massendemo einkleiden können. Jetzt haben wir das Bad komplett neu gemacht und auch hier wieder - entrümpelt. Ich weiß heute, dass es anfangs die Therapie meiner Verhaltenstherapeutin war, die eine Grundlage geschaffen hat, auch wenn sie eigentlich erstmal etwas gang anderes bewirken sollte. Achtsamkeit bedeutet eben, immer im jetzt zu bleiben und meine direkte Umgebung ... was könnte mehr "jetzt" sein.
ABER ... ich muss auch sagen, dass ich mich, gerade im Augenbklick, furchtbar müde und kraftlos fühle, nein, noch fieser, ich fühle mich "faul" und mag mich nicht besonders.
Kunststück, wenn man es allein versucht. Ich fühle mich einfach, sorry, wie ein Assi. 99,99 % aller Menschen kriegen es doch auch hin, ihre Bude sauber und rümpelfrei zu halten. Ich sehe das jeden Tag durch die Arbeit. Warum fällt mir das so verflucht schwer? Und warum sammeln sich immer bei mir Millionen Dinge, ohne die ich nicht leben zu können glaube, auch wenn sie mir mehr im Weg herum stehen als dass ich sie mag?
Ich habe mir jetzt eine Liste gemacht (und es sogar geschafft, dazu ein Notizbuch zu nehmen, das ich noch da hatte und nicht NOCH eins mit zu bringen), in das ich alle Dinge eintrage, die ich vermisse und, wenn ich sie gefunden habe, wohin ich sie gelegt habe, um sie nicht wieder zu versieben. Das scheint praktikabel zu sein.
Die Schrankwand im Arbeitszimmer ist auch wieder "begehbar". Aber dort hab ich kleinere Brötchen gebacken, mich nicht gezwungen, etwas weg zu werfen, sondern erstmal nur die Sachen, die drin waren zu ordnen und nach irgendeinem System ab zu legen. Das führt dazu, dass ich jetzt sogar tatsächlich mal Dinge wegwerfe (leere Kugelschreiber) weil die jetzt alle auf einem Haufen liegen und ich mir nicht mehr einreden kann, dass ich "nie einen zur Hand" habe.
Trotzdem hbe ich halt momentan eine echte Durststrecke und ziemlich Bammel, wieder ganz rückfällig zu werden. jeder Handgriff fällt mir schwer, nach der Arbeit muss ich mich überwinden, mich zu der halben stunde konzentriertes Saubermachen zu zwingen, die ich mir vorgenommen habe, manchmal hab ichs auch wirklich schon bleiben lassen. Was tut Ihr, wenn der Wille nicht mehr ausreicht?

K.

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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31.07.2013 08:14
avatar  Kayla
#2
Ka
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Ursache und Wirkung:

Ob es ein Fluch ist oder ein Segen, aber warum ich mich immer wieder permanent zumülle, weiß ich. Das ist nicht sehr rätselhaft.
Nach einer traumatischen Erfahrung meiner Kindheit, landete mein gesamtes Spielzeug bei jemandem anders. Als meine Mutter der Ansicht war, ich sei für einige Dinge "zu groß", gingen sie ihr beim Aufräumen "kaputt". Mein Partner hatte die Angewohnheit, bei seinen Wutanfällen meine Sachen zu zerstören.
In meiner Familie ist es üblich, große, reichhaltige Bibliotheken zu besitzen, die gesamte Familie liest sehr gern.
In einer sehr schwierigen Phase meines Lebens war ich gezwungen, die meisten wirklich wertvollen Dinge, n denen auch mein Herz hing, zu verkaufen, um unser Leben am Laufen zu halten.
Nicht umsonst sind die meisten der Dinge, die ich hier horte "unkaputtbar". Dazu kommt tatsächlich ein paradoxer Perfektionismus, der die Dinge noch schlimmer macht, denn ich tue mich schwer, alte Behältnisse weg zu werfen, die "noch gut" sind, weil ich mir immer überlege, "nun endlich mal" die Dinge, die ich behalten möchte, aus zu sortieren, in Kisten zu ordnen und die Kisten entsprechend zu beschriften.
Natürlich schaffe ich das nie wirklich und so stehen bei mir auch noch zahllose Kisten und Kästchen herum.
Auseinandergedruselt gestaltet sich das wie folgt. Einige Dinge habe ich angesammelt, weil sie mir das Verlorene gefühlsmässig ersetzen sollten. Das geht nicht auf, aber ich versuche es immer wieder.
Andere habe ich, weil sie mir die Sicherheit geben "im Notfall" etwas verkaufen zu können, an dem keine wichtigen Erinnerungen hängen. Die Bücher habe ich aus einem anderen Grund zusammengetragen - Realitätsflucht. Ich denke, dass ich mich dann von vielen doch trennen konnte, war kein "echtes" Verdienst von mir, sondern der Tatsache geschuldet, dass ich andere Möglichkeiten gefunden hatte, mich vor der Realität zu verstecken (z.B. reglementiere ich meine Internetzeiten sehr streng, nachdem ich rasch eine Neigung zur Sucht entwickelte).
Wo stehe ich heute? im Gegensatz zum Zustand von vor drei Jahren ist es heute bei mir weitgehend sauber. Die Gefahr, dass mein Vermieter die Reißleine zieht, besteht nicht mehr. Wie oben geschrieben, sind zwei Zimmer leer und renoviert. Ich nehme mir Zeit, mir genau zu überlegen, was, von den Dingen die da drinstanden, wieder rein soll und was wegkommt. Ich habe mich bei einer Gruppe angemeldet, die sich mit Innenraumgestaltung beschäftigt, damit ich immer die schönen, liebevoll gestalteten Räume auf den Fotos vor Augen habe und sehe "sowas könnte ich auch haben". Das hilft.
Küche, Flur und Arbeitszimmer sind allerdings immer noch bis zur Schmerzgrenze voll mit Dingen, die mir wichtig sind und die ich "noch" nicht loslassen kann.
Dennoch bin ich schon stolz auf mich, dass dazwischen keine unfreiwilligen Bewohner mehr herumlaufen. Ich habe mir eine Katze zugelegt. Das mag absurd klingen, aber da ich nahezu mein gesamtes Leben Tiere um mich hatte, wusste ich, dass Katzen dazu neigen, Ecken, die besonders dreckig sind, auch für ihren Dreck zu benutzen, Dinge, die offen in der Wohnung herumstehen, als Spielzeug zu sehen und zu beschädigen.
So hat ich das Tierchen gezwungen, die Dinge wenigstens provisorisch zu verpacken und aus dem Weg zu räumen.
Sehr bestärkend ist es, dass meine Kinder, heute erwachsen, meine Fortschritte sehen, würdigen und mir auch vorsichtig helfen, wo ich es zulassen kann. Sie machen mir keine Vorwürfe und drücken auch keine Missachtung mir oder anderen gegenüber wegen der Zustände bei mir aus und drängen nicht.
Warum bin ich also hier im Forum? Weil die Sache da draußen keinen Namen hat. Meine Verwandtschaft und Bekanntschaft beschreibt mein Zuhause vorsichtig mit "ein wenig sehr unordentlich" mir gegenüber. Das ist, als ob man eine Geschichte schreibt und die ganze Verwandtschaft einen lobt, man dadurch aber nicht stolz ist, weil sie halt einfach nur loben, weil man nun mal verwandt ist.
Erkläre mal jemandem, dass es Dich äußerste Selbstdisziplin kostet, einen Kalender von 2001 weg zu werfen. Die lachen Dich aus. Und, so sehr ich mich dafür schäme, aber mich würde es schon Überwindung kosten, ein einziges Blatt so eines Kalenders weg zu werfen.
Um das Problem zu verdeutlichen. Sollte je die Rentenkasse von mir wissen wollen, welche Ausgaben ich im Jahr 1984 hatte, ich könnte sie belegen, da ich sämtliche Kontoauszüge seit c. 1980 noch (irgendwo) habe. Genau so mit Rechnungen. Möchte jemand wissen, wieviel Strom ich 1990 verbraucht habe? Ich weiß nicht, wo sie sind, aber irgendwo habe ich die Rechnung noch ...
Ich kann über mich lachen und mir verzeihen. Aber mir Meilensteine setzen und das auch wirklich als Erfolg anerkennen, wenn ich es, wann auch immer, erreiche, das kann ich nicht. Ich kann mich nicht gut fühlen für etwas, was Millionen Menschen jeden Tag "nebenbei" erledigen und was für mich eine unmenschliche Anstrengung bedeutet. Tja. So viel zu mir.

Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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31.07.2013 09:00
avatar  bessie
#3
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Guten Morgen Kayla,

herzlich willkommen hier im Forum.

Danke für Deine Offenheit. Oh ja, vieles was Du schreibst, kenne ich nur zu gut und finde mich in Deinem Text wieder.

Liebe Grüße, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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31.07.2013 11:46
avatar  Kalista
#4
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Hallo,

ja, ich erkenne mich auch in vielen Punkten wieder. Ich glaube, die meisten hier müssen (wie ich) daran arbeiten, uns selbst zu mögen und Leistungen anzuerkennen. Du hast (fast) die ganze Wohnung in Schuß und das ist super. Ich bin sicher, der Rest kommt mit der Zeit.
Ich habe was das wegwerfen einen Trick von meiner Mutter übernommen, also fürs aussortieren natürlich, Bessi hat den auch schon erwähnt. Wenn meine Mutter sich für ihre, natürlich komplett eingerichtete, Wohnung etwas kaufen möchte, fragt sie sich immer zuerst, wo das denn hin soll. Ich mache das beim sortieren genau so - wo soll es hin, was will ich damit machen bzw. ist es ein wichtiges (!) Erinnerungsstück, welches einfach so bleiben darf. Ein Beispiel: ich hatte auch einen alten Kalender mit Meerschweinchen, ich fand die Bilder total niedlich, aber: aufhängen tue ich ihn nicht, die Bilder schaue ich auch nicht regelmäßig an und ein Erinnerungsstück ist er nicht - ich habe ihn schweren Herzens in den Papiermüll gegeben...

Was deine Verwandschaft angeht, bin ich nicht sicher. Vielleicht ist das gar nicht halbherzig gemeint, sondern sie merken, daß Du deine Leistung selbst nicht schätzt und trauen sich daher nicht, mehr zu loben - vielleicht haben sie ja Angst, Du würdest dann denken sie machen sich über dich lustig. Für mich klingt die Formullierung, als würden sie einfach auf deine Gefühle Rücksicht nehmen...


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01.08.2013 00:00
avatar  Kayla
#5
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Hallo Ihr!
Meine Verwandtschaft traut sich schon. Sie tun es auch. Aber, wie ich schon zu erklären versuchte, kritisieren und loben sie so, wie ein Leser ein Buch kritisiert. Was ich aber brauche sind Literaturkritiker, Menschen, die meine Ausreden vor mir selbst als solche enttarnen können, weil sie sie selbst schon benutzt haben, die eben aus eigenem Erleben wissen, wovon ich rede. Sein wir doch ehrlich. Zwar freut sich unser liebes Umfeld über unsere Fortschritte und erkennt sie auch durchaus an. Aber wenn dann ein Satz folgt wie "Na, war das denn nun so schwer?" zucke ich die Schultern und mache dicht, denn JA, es WAR schwer, es war sogar unsagbar schwer. Und eben mit solchen Sätzen am Rande machen sie mir klar, dass sie halt Verständnis für mich haben WOLLEN, aber nicht wirklich kapieren, womit ich kämpfe. Und nein, ich will nicht für jeden Pups gelobt werden. Das ist damit nicht gemeint.
Erschwerend kommt für mich imemr der Grenzwert dazu. Denn unsere Familie neigt auch im Positiven zum Bewahren und Sammeln, die meisten meiner Verwandten besitzen wunderbare Sammlungen irgendwelcher schöner Dinge, z.B. alte Uhren.
Nun könnte man ja sagen, Messies, die endlich einen Grund in ihrem Leben haben, sind wie trockene Alkoholiker (was irgendwo ja stimmt) sie sollten sich konsequent von jeder Art Horterei fernhalten. Nur ist das ein wesentlicher Bestandteil meiner Persönlichkeit, ich kann nicht ganz ohne und wills auch gar nicht. Die Quadratur des kreises - das hab ich noch nicht richtig hinbekommen.
So. Auch wenn ich heute nach der Arbeit zwei Stunden fest verschlafen habe (ich war totmüde), hab ichs trotzdem geschafft, anzufangen die Fußbodenleisten zu kleben. Nur ein paar Meter, aber ich habs nicht komplett verschoben. Und ich habe es auch tatsächlich geschafft, einem Teil meines Zimemrpflanzedschungels zu erklären, dass er zu lieben Nachbarn gehen darf. Blöderweise habe ich einen grünen Daumen und die ganzen Unglückspflanzen meiner Verwandtschaft und Bekanntschaft laden regelmässig auch noch auf meiner Müllhalde. Ich MUSS mich von sehr vielen trennen, logischerweise von denen, die den lieben Nachbarn nicht gleich wieder eingehen. Also werd ich am Wochenende die gewaltigen Kübel der Birkenfeigen vors Haus schleppen und ein Schild "zu verschenken" ran machen. Ich hab ein gutes gefühl dabei, ich glaube, das krieg ich hin und dann ist wieder eine riesige Ecke Platz.

Kay

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