Tochter einer Messie-Mama

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28.02.2016 23:28
#1
Pi
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1. Ist der Betroffene deiner Meinung nach ein echter Messie, oder hat er eine Antriebsstörung, oder beides? (Worin der Unterschied besteht, und warum das wichtig ist, ergibt sich aus dem o.g. Text)

Messie! Sie sammelt wirklich alles. Kann mit allem was "basteln". Beginnt auch oft irgendetwas auf- oder umzuräumen, aber es scheitert am Entsorgen oder Weitergeben und dann vermüllt wieder alles. Sie hat eigentlich gute Ideen für Ordnung und Systeme, aber aufgrund der Fülle an Gegenständen schafft sie es garnicht, sie umzusetzen und sich in dem ganzen Chaos Überblick zu verschaffen. Sie weiß auch genau, dass sie ein typischer Messie ist. Sagt aber immer, dass sie es ja schon erkannt hat, und deswegen auf dem besten Weg ist.... ;)

2. Falls er tatsächlich primär Objekte sammelt, die er nicht loslassen kann: Was sind das für Objekte?

Plastikbehälter von Joghurtbechern bis Tupperware, Bücher, Zeitschriften, Klamotten, Stoffe, einfach alles, woraus man etwas basteln könnte.... Zum Basteln und Nähen kommt sie aber garnicht, weil sie keinen Platz dafür hat.

3. Wer lebt noch mit dem Betroffenen zusammen? Du selbst, andere Angehörige, Kinder, Haustiere? Worin bestehen deiner Meinung nach die für diese Mitbewohner problematischsten oder belastendsten Einschränkungen im Alltag?

Die Wohnsituation ist etwas kompliziert. Es existieren zwei Häuser. Ein Haus wird momentan leer geräumt, weil größere Renovierungsmaßnahmen anstehen. Dafür wird ein anderes Haus (ca. 100km entfernt, das Haus vom Großvater, der vor 3 Jahren verstorben ist), unaufhaltsam voll gemüllt.
Im Moment wohnt meine Schwester, der Lebensgefährte meiner Mutter, mein leiblicher Vater und zwei Schäferhunde in dem voller werdenden Haus. Ich und mein Partner in dem leer und zu renovierenden Haus.
Mein Vater ist Rentner und lebte mit bei mir, ist aber seit November an Krebs erkrankt, muss regelmäßig zur Chemotherapie und kann auch so nicht alleine leben. Da ich aber voll berufstätig bin, musste er bei meiner Mutter und ihrem Freund einziehen, was für uns alle auch in Ordnung ist.
Alle Bewohner können aber zwischen beiden Häusern pendeln.
Einer der Hunde ist jetzt an Toxoplasmose erkrankt, was umfangreiche Medikamentationen mit sich bringt und natürlich auch Sorgen und Ungewissheiten.
Meine Schwester studiert im 8. Semester, mein Stiefvater ist arbeitslos und hat auch zahlreiche Krankheiten, weswegen er auf die baldige Rente hofft.

4. Wie sieht ein typischer Tag im Leben des Betroffenen aus? (in Stichpunkten)

Sie ist ebenfalls arbeitslos, hat einen Rechtsstreit mit ihrem früheren Arbeitgeber. Steht wegen den Terminen meines Vaters häufig früh auf, schläft dann aber mittags mehrere Stunden, bleibt sehr lange auf. Bezeichnet sich als Eulenmensch.

5. Gibt es diagnostizierte, vermutete oder bereits ausgeschlossene Erkrankungen/Störungen, die entweder als Auslöser in Frage kommen, oder die Situation verschärfen? (zum Beispiel Depressionen, ADS/ADHS, Traumata, aber auch Gehbehinderung, hohes Alter, Demenz, Rückenleiden....)

Sie ist wegen Depressionen schon jahrelang in Behandlung. Wir haben noch einen Bruder, zu dem ein sehr schlechtes Verhältnis besteht. Sie hat einige körperliche Leiden, hauptsächlich durch Übergewicht, macht aber gerade eine Diät zur Gewichtsreduzierung. Hüfte und Knie funktionieren nicht einwandfrei.

6. Oft gibt es wiederkehrende Konflikte zwischen dem Betroffenen und engen Angehörigen. Wie verläuft ein solcher, typischer Konflikt genau? Wer sagt oder tut was, wie reagiert der andere, wie wird die Konfliktsituation beendet?
(möglichst als Dialog oder dialog-artiges Beispiel, etwa: "Immer wenn er/sie das und das tut, sage ich etwas in der Art von so und so, und er/sie tut oder sagt dann immer das und das, und am Ende läuft er weg/laufe ich weg/steckt sie sich die Finger in die Ohren/knalle ich die Tür zu....") Auch, wenn du den Konflikt nicht selbst austrägst, sondern zum Beispiel immer wieder Zeuge ein und desselben Streitverlaufs zwischen deinen Eltern und deinem "Problem-Geschwister" siehst, oder zwischen den Eltern als Partner etc.

Ich gerate häufig mit ihr aneinander, weil ich das Chaos kaum ertragen kann. Eigentlich will ich garnicht mehr in das volle Haus kommen, aber sonst sehe ich meinen Vater, meine Schwester und die Hunde nicht. Außerdem dient mir das Haus als Übernachtungsgelegenheit, wenn ich in der Nähe arbeite.
Wenn ich es kaum mehr aushalte, versuche ich irgendwas anzustoßen, beschwere mich, dass man nicht am Esstisch sitzen kann, oder das kein Platz ist, dass man nirgends durchkommt.
Dann kommt von ihr nur ein resignierendes „Ja, aber es geht nicht alles auf einmal. Ich bin doch dran.“ Mir geht es immer viel zu langsam. Kann mich dann nicht mehr beherrschen und am Ende sage ich Dinge, dir mir schrecklich leid tun. Aber ich halte es einfach nicht aus.
Sie will meine Hilfe offensichtlich nicht. Schickt mich immer weg und will lieber alleine kruschteln. Am Ende hat sie aber alles nur von einer Kiste in eine andere geräumt. Entscheidungen sind keine gefallen, und weniger ist es auch nicht geworden.

7. Weißt du etwas über die Kindheit bzw das Elternhaus des Betroffenen?

Sie war Einzelkind. Hatte kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Wurde zu ihrer ersten Ehe gedrängt, um endlich unabhängig vom Vater zu sein. Ihr wurde immer unter die Nase gerieben, was die Eltern für sie alles getan haben (Haus abbezahlt, Geld gespart, etc. )
Gleichzeitig haben sie ihre Entscheidungen, z.B. die Scheidung von ihrem ersten Mann und den zweiten Mann (meinen Vater) nie akzeptiert.

8. Liegt ein "extremer Verwahrlosungsgrad" vor?
Merkmale: Können die Bewohner des Hauses in ihren Betten schlafen? Sind die Sanitäranlagen benutzbar? Können sich die Hausbewohner etwas zu essen zubereiten? Werden normale Lebensmittel verarbeitet, oder solche, von denen eine Gesundheitsgefährdung ausgehen könnte? Funktionieren warmes Wasser, Strom und Heizung? In einem solchen Notfall sind eventuell andere Maßnahmen notwendig/unvermeidbar; man kann die Veränderung nicht schrittweise angehen.

Die anderen Bewohner haben ein Bett, sie selbst schläft oft auf der Couch. Dafür findet sie verschiedene Ausreden („Er schnarcht“, „hier schlafe ich viel besser“, „hier krieg ich besser mit, ob was mit den Hunden ist“) In Wirklichkeit stapelt sich Bettwäsche auf ihrem Bett.
Bad ist aber benutzbar. Strom und Wasser funktionieren gerade noch. Im Grunde gehört das Haus aber grundsaniert. Sauberkeit ist eher ein geringes Problem, alles was ins Haus kommt wird durch Waschmaschine oder Spülmaschine gejagt. Es wird auch häufig gesaugt, und die Sachen der Hunde gewaschen, nur Staub sammelt sich natürlich trotzdem einiger.
Von verwahrlosen kann man nicht sprechen. Aber sie geht nicht selbst mit ihren Hunden raus. Das macht alles meine Schwester, obwohl sie selbst genug um die Ohren hat. Wenn es nach meiner Mutter ginge, würden die Hunde nur 3x am Tag in den Garten geschickt. Ich bestehe aber eigentlich darauf, dass zumindest einmal am Tag die Hunde eine Runde laufen.

9. Besteht der Verdacht auf Selbstgefährdung (z.B. Suizidgedanken oder -absichtserklärungen, Verweigerung oder Vergessen von lebenswichtigen Medikamenten) oder andere bedenkliche Verhaltensweisen? Einfach benennen, auch wenn du nicht sicher bist. Auch das würde andere Maßnahmen erfordern.

Ich denke nicht.

10. Besteht der Verdacht auf Fremdgefährdung bzw Gefährdung fremden Eigentums? Z.B. offen liegende Steckdosenanschlüsse, wenn Kinder im Haushalt leben, Tiere, an denen Anzeichen von Verwahrlosung zu erkennen sind, Bausubstanzbeschädigung durch Schimmelbefall, Ungeziefer

Schimmel tritt an 2-3 Stellen im Haus auf. Wird aber nicht als Gefahr gesehen.

11. Erzähle das, wonach wir noch nicht gefragt haben. Warum bist du heute hierher gekommen? Wie geht es dir zur Zeit, und wie geht es dir jetzt im Moment? Was möchtest du loswerden? Was findest du, sollten wir sonst noch über den Betroffenen, über dich, oder über euer Verhältnis zueinander wissen?

Ich bin wirklich am verzweifeln…. wenn ich in dem vollen Haus bin, würde ich am liebsten eine riesige Schuttmulde kommen lassen und alles entsorgen. Mir geht alles viel zu langsam. Ich versuche ja, ihr ihre Sachen zu lassen. Ich weiß, dass sie an den Dingen hängt, aber es wird einfach immer schlimmer und mir tun die Bewohner leid, die ihr Frühstück auf dem Schoß auf dem Sofa zu sich nehmen müssen.
Sie karrt auch ständig neue Sachen an, die sie von Freunden und Bekannten geschenkt bekommen hat, die selbst ihr Leben von Ballast befreien wollen. Aber sie nimmt alles bereitwillig mit. Sie durchwühlt sogar meinen Abfalleimer nach allem Möglichen. Ich darf selbst nichts wegwerfen oder aussortieren. Sie will alles durchsehen und kann mind. 90% davon noch für irgendwas gebrauchen.
Wir hatten eigentlich immer ein sehr enges Verhältnis, ich konnte immer mit allem zu ihr kommen, hatte nie Geheimnisse vor ihr. Seit ca. einem Jahr versuche ich, mich endlich etwas von ihr abzunabeln. Aber wegziehen möchte ich auch nicht.
Aber mir reicht es einfach. Ich kenne nur Chaos zu Hause. Ich will aber endlich ein schönes gemütliches Zuhause, wo man auch mal Freunde einladen kann und einfach gerne ist.

Wir haben auch schon mal versucht, Kompromisse oder Abmachungen zu treffen. z.B. Der Esszimmertisch bleibt für alle frei und benutzbar. Wer ihn belagert, muss ihn abends wieder frei räumen. Es wird aber einfach nicht eingehalten. Gut, momentan hat sie wirklich viel um die Ohren, aber sie will sich überhaupt nicht helfen lassen. Zur Zeit kann man überhaupt nicht die Tischplatte sehen.

Mich macht auch ganz schön fertig, dass ich die einzige bin, die richtig arbeiten geht. Wenn sie dann erzählt: „ich hab so wenig geschlafen heute nacht, da hab ich mich heut mittag erstmal für zwei Stunden hingelegt.“ könnt ich schon wieder ausrasten. Ich arbeite jeden Tag 8 Stunden und sitze dann noch zwischen 2 und 5 Stunden im Auto. Da kann ich dieses Gejammer einfach nicht hören.

12. Deine Fragen - zum Messiesyndrom im Allgemeinen? Zu deinem Fall im Speziellen? Kannst du formulieren, was du dir von deinem Besuch hier erhoffst, erwartest oder wünschst?

Ich erhoffe mir nur ein offenes Ohr. Ich weiß schon, dass ich nicht viel verändern kann. Dass ich nur an mir etwas verändern kann. Es tat einfach gut, mal alles runter zu schreiben.


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29.02.2016 01:35 (zuletzt bearbeitet: 29.02.2016 01:36)
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@PinkLadyApple


Hallo Pink,

das ist ein Umfangreicher Frage Bogen mit durchdachten Fragen.

Der Punkt 2. Falls er tatsächlich primär Objekte sammelt, die er nicht loslassen kann: Was sind das für Objekte?

Diese Frage ist sehr interessant finde ich denn es lässt den Rückschluss zu wo die Ursache begründet liegt. Dies selbst herauszubekommen ist schieriger als gedacht. Selbst wenn man weiss was da alles in der Wohnung zu Bergen aufgetürmt ist erkennt man nicht unbedingt den Zusammenhang mit der Ursache. Mir ist dieser Zusammenhang erst seit wenigen Tagen Klargeworden durch die Hilfe von @Kathrin Nake. Sie ist dem Auf den Grund gekommen wo es bei mir angefangen hat. Ich selbst kam all die Jahre nicht drauf. Ein Gespräch und das hats bei mir gebracht!

Wenn ich so weiterlese bei dir muss ich sagen das du es nicht gerade einfach hast mit den Menschen die dich umgeben bzw. deiner Familie. Wie zum Beispiel das mit deinem Vater ist bestimmt Seelisch sehr belastend für dich. Wenn ich das richtig verstehe dann geht es deiner Mutter auch nicht gut wenn Sie schon wegen Ihrer Depressionen Jahrelang schon behandelt wird.

Bei Punkt 10 schreibst du: Schimmel tritt an 2-3 Stellen im Haus auf. Wird aber nicht als Gefahr gesehen.

Doch das ist sehr gefährlich. Ich habe mich notgedrungener weise damit letztes Jahre beschäftigen müssen. Der Schimmel fliegt, er fliegt in die Luft und die Bewohner des Hauses atmen den ein. Was wenn dieser Schimmel sich in den Lungen festsetzt und dort weiterwächst? Hab ich gelesen und klingt fürchterlich. Die abhilfe? Kauf 2 Flaschen Anti Schimmel Spray, kauf eine starkes die billigen einfachen taugen nichts. Diese Bleiche gut auftragen und das Fenster den ganzen Tag über offen lassen zum Lüften. Bringt ja eh nichts den Schimmel einfach weiterwachsen zu lassen. Besser vernichten damit. Auch möglich dann Kunststoff Farbe auftragen an die Stellen und damit eben konservieren.

Dieser Satz von dir hat mich nachdenklich gemacht und macht mir zugleich Hoffnung für dich:

Aber mir reicht es einfach. Ich kenne nur Chaos zu Hause. Ich will aber endlich ein schönes gemütliches Zuhause, wo man auch mal Freunde einladen kann und einfach gerne ist.

Ich glaube man muss erstmal die Schnauze so richig voll haben damit sich was ändert. Ich weiss wir lieben das Auschieben. Das hier sollten die lieben lesen über die du erzählst:

Mich macht auch ganz schön fertig, dass ich die einzige bin, die richtig arbeiten geht. Wenn sie dann erzählt: „ich hab so wenig geschlafen heute nacht, da hab ich mich heut mittag erstmal für zwei Stunden hingelegt.“ könnt ich schon wieder ausrasten. Ich arbeite jeden Tag 8 Stunden und sitze dann noch zwischen 2 und 5 Stunden im Auto. Da kann ich dieses Gejammer einfach nicht hören.

Mensch die sollten total Stolz sein auf dich denn du bist die Stütze eurer Familie! Gratuliere dir das du da überhaupt noch die Nerven bewahrst.

Bei dem was du alles an Erkenntnissen hast duch deine Beobachtung und dein Vernünftiges Denken - hast du bereits das Potenzial anderen sogar hier im Forum zu Helfen. Deine Pragmatische Denkweise und deine Energie die du aufbringst oder aufbringen musst sollte Vorbild sein. Können sich viele hier als Vorbild nehmen und auch sich Bewusst den Text nochmal lesen und mal mitfühlen wie es sich für einen Angehörigen anfühlt damit zu leben. Ich muss schon sagen du hast ein Gutes Herz!

Woher nimmst du diese Kraft her das alles auszuhalten?

Bin gespannt was du noch so berichtest von dir aus deinem Leben, es ist jedenfalls echt Spannend! Es ist das Gegenteil von Langweilig.

Schöne Grüsse
Emin


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29.02.2016 11:21
#3
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Hallo @PinkLadyApple

ich habe gerade Ihren Bericht gelesen und kann gut Ihre Verzweiflung verstehen. Sicherlich hat man als Tochter auch den Wunsch die Mutter als Vorbild zu sehen und zu lieben, was in Ihrem Fall sehr schwierig ist. Wie Emin schon schrieb, bin ich überzeugt, dass es einem Zusammenhang zwischen dem "BEDÜRFNIS des exzessiven Sammelns" sowie dem "WAS gesammelt wird" gibt. Wenn ich Ihre Worte lese, fallen mir folgende Punkte auf

- kein gutes Verhältnis zu den Eltern - Vorwürfe was die Eltern alles für sie getan haben
- Mutter jahrelang depressiv
- vielmals Bastelmaterial gesammelt
- Entscheidungen der Mutter wurden von NIEMANDEN akzeptiert

PinkLadyApple= A, Mutter PinkLadyApple = AA, Oma PinkLadyApple= AAA

Nun bin ich keine Hellseherin. Deshalb möchte ich Sie bitten, dass Sie Ihre Mutter (AA) mal fragen, welche Rolle das Basteln bei Ihrer Mutter (AA) in der Kindheit gespielt hat? Möglich wäre z.B. das Ihre Oma (AAA) zu Ihrer Mutter (AA) immer wieder gesagt hat "Wenn es mir gut geht, basteln wir". Vielleicht hofft Ihre Mutter (AA) heute noch, dass dieser Zeitpunkt eintritt und sammelt deshalb ausreichend Bastelmaterial? Oder "wir haben schon so viel für dich getan, da wirst du wohl mal alleine basteln können..." - auch hier ist das kleine Mädchen (AA) überfordert und wartet vielleicht unbewusst heute noch auf den Zeitpunkt wo Mama (AAA) oder Papa sich doch mal Zeit für das kleine Mädchen nehmen...

Thema Entscheidungen: Wenn die Entscheidungen Ihrer Mutter (AA) ich übertreibe mal - NIE akzeptiert wurden - wie soll sich Ihre Mutter heute entscheiden können? Z.B. beim Thema wegschmeißen - aussortieren? Hier wäre es gut, wenn Ihre Mutter (AA) "erfahren" könnte, dass heute ihre Entscheidungen respektiert werden. Das bedeutet, dass Sie (A) bereits minimale Entscheidungen wertschätzen und sich gemeinsam mit Ihrer Mutter darüber freuen. Damit bestärken Sie Ihre Mutter und sie wird sich immer mehr trauen, etwas zu entscheiden - und damit auch entscheiden können was sie los lässt und was nicht.

Aber wie gesagt, anhand Ihrer wenigen Worte ist dies mehr eine Vermutung. Ich würde vorschlagen, dass Sie bei Ihrer Mutter (AA) hinterfragen, welche Bedeutung das "Basteln" in deren Leben gespielt hat? Und ich bin sicher, es könnte Ihrer Mutter helfen, wenn Sie Ihre Mutter bei dem Thema "Akzeptanz von Entscheidungen" unterstützen und wertschätzen.

Was meinen Sie?

Viele Grüße, Kathrin Nake (Heilpraktikerin für Psychotherapie)


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01.03.2016 12:54
#4
Pi
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Erstmal vielen Lieben Dank für eure Anteilnahme! Es tut gut, nicht alleine zu sein mit dem ganzen Thema.
Woher ich die Kraft nehme? Ich weiß es nicht ;)

Ich habe heute mal gefragt, ob Oma auch mit ihr gebastelt hat. Das war eher nicht der Fall. Meine Mutter wurde auch eher von der Großmutter erzogen, da die Eltern beide berufstätig waren. Wenn, dann hat sie eher Puppenkleider aus Papier gebastelt oder aus Stoffresten der Mutter genäht. Lesen, was auch ein großes Thema in ihrem Leben ist, fanden die Eltern eher unsinnig. Sie durfte sich aber aufgrund des Putzfimmels meiner Großmutter keine Bücher aus der Bücherei ausleihen (Iiih, die hatten andere Leute schon zuhause), sondern durfte sich wenn, dann nur vom Taschengeld neue kaufen. Dementsprechend "wertvoll" sind sie für meine Mutter und sind heute noch irgendwo da.

Das waren ja auch Entscheidungen, die die Eltern nicht akzeptiert haben. Sie hat gelesen wie eine verrückte, so schnell hatte der Buchhändler im Dorf gar keine neuen Kinderbücher. Da wäre eine Bibliothek genau das richtige gewesen. Durfte sie nicht.
Sie hat auch später studiert. Haben die Eltern auch belächelt. Eine Frau braucht doch nicht auf die Uni gehen.

Besonders wichtig schien meinen Großeltern immer zu sein, was die anderen denken könnten. Darum war das Haus immer picobello aufgeräumt, auf der Straße wuchs kein Hälmchen Unkraut, die Tochter hatte zu gesitteten Zeiten daheim zu sein und selbstverständlich kam eine Scheidung im Dorf auch einer Bloßstellung der ganzen Familie gleich.



Welche Bedeutung hatte jetzt das Basteln und die vielen Bücher? Vielleicht konnte sie da auf ihre Weise gegen die Eltern rebellieren? Hat sich ihre eigene Welt zusammengeschustert und versucht es heute noch?


Ich versuche jetzt Kathrins Vorschlag umzusetzen. Ich weiß, dass ich nur an mir arbeiten kann, um eine Veränderung der Situation zu erreichen. Meine Mutter arbeitet an sich. Das weiß ich. Auch wenn es mir manchmal viel zu langsam voran geht.


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01.03.2016 19:14
#5
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Ich finde die Gegenüberstellung der Werte der Großeltern mit dem Ist-Zustand Ihrer Mutter sehr beeindruckend und erschreckend.

Die von den Großeltern geforderte absolute Ordnung war sicherlich der Maßstab für Ihre Mutter. Wie muss sie sich jetzt in ihrem Chaos fühlen?

Lesen und Bildung bei einer Frau wurden belächelt. Ihre Mutter liebt das Lesen und hat studiert.

Das was Ihrer Mutter wichtig war, wurde belächelt und sogar verboten. Wie sollte Ihre Mutter je ein gesundes Selbstwertgefühl aufbauen? Vielleicht sieht sie sich sogar als Versagerin, was ihr heute jegliche Kraft nimmt?

Was können Sie jetzt für Ihre Mutter tun? Vielleicht erinnern Sie sich noch an schöne Erlebnisse mit Ihrer Mutter und können Ihr damit Kraft und Selbstvertrauen geben? Zum Beispiel "Weißt du noch Mama ... da war ich sehr glücklich...". "Mamma ich bin froh, dass du das ... anders als deine Eltern gemacht hast...". So können Sie es mit Geduld schaffen, dass Ihre Mutter anfängt an sich selber zu glauben und neue Maßstäbe (nicht die der Großeltern) in ihrem Leben zu verankern.

Über den Zusammenhang Bücher und Basteln denke ich noch mal nach.


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