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Die Möchtegern-Minimalistin
Zitat von Goofy im Beitrag #510Zitat von Rica im Beitrag #509
Warum ich 500 Dinge für ein gutes Ziel halte, erzähle ich morgen.
so, und jetzt Lauf ich in meiner Wohnung auf und ab, warte auf deine Erzählung und grüble dabei, was an 500 so gut sein soll.
@Goofy
Darfst weiter prokrastinieren.
Ich habe heute so viel über meinen ersten Tag als Extremminimalistin zu erzählen, dass ich nicht dazu komme, die 500 Dinge zu besprechen. ;-)
Extremes Minimalismus-Experiment Tag 1
Hey, Fumio Sasaki, du Opfer - Gib dir das! :D
(Fumio Sasaki, bekannter japanischer Extremminimalist, nicht digitalnomadisch, also eigener Haushalt, lebt mit circa 150 Dingen)
Neben den Dingen, die ich mir von vorneherein als gegeben zugestanden habe (Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, WC-papier, Küchenrollen, Knirschschiene, Tablet, Router, Dumbphone, Schlüsselbund,Terminkalender mit integriertem Bleistift, Haushaltsbuch, Schmutzfangmatten, Gardinen und Vorhänge, Wandspiegel, Deckenlampen), habe ich mir um Mitternacht meine zwölf ersten Gegenstände zugeteilt.
Das Bodenbett
1. Schafwollunterbett (mit Bezug)
2. Kamelhaar-Bettdecke (mit Bezug)
3. Kissen (mit Bezug)
Ich habe wunderbar geschlafen im leeren Wohnzimmer. Nicht von Krempel umzingelt zu sein, löst sofort den erholsamen Hotelzimmer-Effekt aus.
Ich schlief nackig in meinem Wollnest mit flauschiger Biberbettwäsche. Weil bei den ersten zwölf Gegenständen kein Big-Shirt zum Schlafen dabei ist. Ich hatte vergessen, wie angenehm es ist, in der eigenen Haut zu schlafen. Wahrscheinlich mache ich das ab jetzt immer.
Das Outfit
4. Slip
5. BH
6. ein Paar Socken
7. Pullover
8. Levis
9. Sneaker
Obwohl es ziemlich kühl draußen ist, habe ich mich gegen den Trenchcoat entschieden. Denn:
Die Lesesucht
10. Leselampe
am Bett ist mir wichtiger als eine Jacke beim Rausgehen. Die ungemütlichen Deckenstrahler würden mir den Leseabend versauen. Frau muss Prioritäten setzen.
Der Sinn dieses Experiments ist es zu erkennen, was mir wirklich wichtig ist. In der Hoffnung, mich dann untraumatisiert und mühelos von meinem Edelkrempel trennen zu können.
Lesefutter setze ich als gegeben voraus. Ich darf mir aus meinen Beständen oder aus dem öffentlichen Bücherschrank (immer nur ein) Buch holen. Bezahlen, sprich als "Gegenstand des Tages" behalten, muss ich ein Buch nur, falls ich es nach dem Lesen behalten will.
Meine derzeitige Abendlektüre ist wahrscheinlich ein Kandidat für die Bezahlschranke: ein wunderhübscher Krimi aus den 70ern von P. D. James, gefunden im öffentlichen Bücherschrank.
Falls mich die Auflösung des Falls nicht enttäuscht, werde ich das Buch behalten und dafür an dem Tag keinen anderen Gegenstand auslösen können. Bücher sind mir wirklich wichtig.
Die Körperpflege
Da blieb nur noch Raum für
11. Schallzahnbürste mit Ladegerät
12. Zahnseide
Körperpflegemittel habe ich nicht als gegeben vorausgesetzt. Weil ich herausfinden will, welche ich wirklich brauche.
Ich hätte das gleiche gerne bei Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln probiert. Doch damit würde das Experiment zu unübersichtlich. Das teste ich, wenn ich meinen Krempel losgeworden bin...
Meine Generalvollmacht für Lebensmittel half mir aus der Klemme. Zahncreme konnte ich noch nicht freischalten. Zum Glück verwende ich bei meinen seltenen Smoothies aus sauren Beeren Natron zum Neutralisieren, damit mir die Fruchtsäure nicht den Schmelz von den Zähnen frisst.
Ich löste ein wenig Natron im Mund auf, bevor ich mit der Schallzahnbürste zu Werke ging. Zunächst war das Natron im Wortsinn ätzend im Mund. Aber das Mundgefühl nach dem Zähneputzen war erstaunlich wohltuend und sauber.
Kann frau so weiterverwenden. Vielleicht für immer. Allerdings möchte ich auf längere Sicht mein gefühlt wirkungsvolles russisches Schmelz-Repairgel zur dreimaligen Anwendung pro Woche zurückhaben.
Natron als Seifenersatz unter der Dusche hat tadellos funktioniert. Ich fühlte mich anschließend wie eine frisch abgelaugte Kiefernholzkommode. Hoffentlich wirkt die Natronwäsche desodorierend. * schreibt "Deo" auf den Wunschzettel*
Nach dem Duschen habe ich mit Natron und Küchenrollenpapier das Bad geputzt. Überzeugt mich nicht ganz. Mittelfristig brauche ich dafür wieder Putzlappen und Handspülmittel.
Die Küchenrolle ersetzt mit momentan das Handtuch. Ein Blatt reicht für dreimal Händeabtrocknen.
Ich brauche zeitnah einen Handspiegel. Mein Haarschopf führt ein Eigenleben, das ich von der Seite und von hinten im Auge behalten muss, um eingreifen zu können.
Die Fitness
Während der Woche des Großen Hauruck hatte ich mir die Morgengymnastik und das Ausdauertraining erlassen. Heute habe ich mein Training wieder aufgenommen.
Meine verhasste Morgengymnastik hat mir beinahe Spaß gemacht. Das leere Wohnzimmer lädt zu kraftvoller Bewegung im Raum ein. Ich bin gespannt, ob der Effekt anhält.
Ausdauer: Normalerweise radle ich mit einem klapprigen Klapprad (70er Style) jeden Tag im mir höchstmöglichen Tempo eine steile Bergstraße hinauf. Da ich dabei jedes Mal fast sterbe, halte ich es für ein ausreichend knackiges Ausdauertraining.
Mangels freigeschaltetem Klapprad ging ich heute zu einem neunstöckigen Haus in meinem Stadtviertel. Schlüpfte hinter einem Bewohner durch die Haustüre und preschte dreimal hintereinander durch das Treppenhaus bis zum neunten Stock hoch.
Aber das war nicht anstrengend genug und es hat mir keinen Spaß gemacht. Die Gefahr, über argwöhnische Hausbewohner zu stolpern, macht den Treppenlauf in Wohnhäusern unattraktiv. Ich will mein Klapprad zurückhaben!
Sonst muss ich womöglich mit dem Laufen anfangen. Was ich trotz Indoktrination durch Dr Strunz hartnäckig verweigere. Im Wigald-Boning-Stil könnte es mir allerdings zusagen. Bis ich mehr Kleidung freigeschaltet habe, müsste ich wie Wigald meinen täglichen Lauf in Alltagskleidung machen...
Und was gab es zu Essen?
Nichts. Sonntags esse und trinke ich nicht. Nennt sich Trockenfasten und soll sehr gesund sein. Ich mache das seit Jahren.
In den nächsten Tagen werde ich zum Essen ausgehen. Bis ich genügend Hausrat freigeschaltet habe, um meine üblichen Proteinsmoothies, Salate und dergleich zuzubereiten.
Zitat von Nona im Beitrag #513
mir persönlich wäre das Ganze zu extrem
@Nona
Wir kommen mit leeren Händen auf die Welt.
Wir nehmen nichts mit, wenn wir sterben.
In der Zeit zwischen Geburt und Tod hatten die meisten Menschen bis vor wenigen hundert Jahren im Höchstfall wenige hundert Gegenstände.
Extremer Minimalismus ist kein bisschen extrem sondern der Normalfall. 🙃
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