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Die Möchtegern-Minimalistin
Ich las gerade im sub-reddit r/declutter über eine Hoarderin, die seit knapp einem Jahr ihre Garage entrümpelt. Jeder in ihrem Umfeld versichert ihr, dass sie enorme Fortschritte gemacht hat, und die Garage bereits sehr viel besser aussieht.
Selbst ihre beiden gnadenlos aufrichtigen Teenager-Sprößlinge, die nicht aus Höflichkeit mit ihrer ehrlichen Meinung hinterm Berg halten würden, sagen ihr, wie stark die Garage bereits entrümpelt ist.
Doch sie kann den Fortschritt nicht erkennen. Wie sich lebensbedrohlich abgemagerte Anorektikerinnen oft noch als fett empfinden, sieht diese ehemalige Hoarderin immer noch eine vollgerümpelte Garage, statt die zunehmend aufgeräumte Wirklichkeit.
Als ich das las, kam mir zum ersten Mal der Verdacht: Ich könnte ähnlich betriebsblind sein.
Ich habe in den vergangenen circa zwei Jahren so viel Zeug aus meiner kleinen Wohnung getragen - da muss ein immenser Unterschied zum "Vorher" sein:
Mit Hilfe einer Profi-Aufräumerin 30+ große Kartons und einen voll beladenen SUV.
Am Mittwoch zwei größere Möbelstücke und eine sperrige Faltmatraze.
Dazwischen viele, viele große Müllsäcke voller Kleidung. Mindestens einen Zentner Bücher. Und noch vieles andere, das ich inzwischen vergessen habe.
Trotzdem komme ich mir vor wie der aktuelle Wahlsieger in England: Seine Labourpartei hat aufgrund des Wahlsystems enorm viele Sitze im Parlament errungen. Aber in Wirklichkeit hatte er keinen besonderen Zuwachs an Wählerstimmen.
Ähm, worauf wollte ich hinaus? Ach, ja: Ich weiß, dass sich die Lage in meiner Wohnung ernorm gebessert haben muss. Frau kann nicht ein so großes Volumen Zeugs aus dem Haus schaffen, ohne dass sich die U40-Quadratmeterwohnung beträchtlich leert. Aber ich sehe keinen großen Fortschritt.
Die einzige Ausnahme war das Entfernen der Mittelbarriere im Wohnzimmer. Das ist ein so gewaltiger Fortschritt, den nicht einmal ich übersehen kann...
Na ja, statt mich über meine Blindheit zu ärgern, trage ich lieber jetzt gleich weitere zehn Kilo Bücher zum öffentlichen Bücherregal. Die sind der Beifang von Dienstag, als ich die abzutransportierenden Möbel freigeschaufelt habe.
Hiermit beantrage ich, dass neben der Körperschemastörung bei Anorexie die Diagnose #Wohnungsschemastörung bei genesenden Messies ins offizielle Handbuch psychischer Spielarten aufgenommen wird. 🙃🙃🙃
Gold
Silber
Bronze
Medaille
Pokal
15 Minuten Morgengymnastik sind nur 1 Prozent meiner täglich zu Verfügung stehenden 24 Stunden. Ist ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, finde ich: Für 1 Prozent meiner Zeit meine Muskeln instandhalten. Mit allen gesundheitlichen und ästhetischen Benefits.
Ein weiteres Prozent meiner Zeit täglich reicht aus, um meine Wohnung ausreichend sauberzuhalten.
Das Leben ist preiswert!
Zitat von Goofy im Beitrag #297
Fotos helfen.
Ich hab von Anfang an und immer wieder Fotos gemacht.
Die müsste ich nun nur mal zusammensuchen, von irgendwelchen Datensicherungen von inzwischen kaputten Handys und vom Foto.
Zitat von Gitta im Beitrag #299
Ich habe bei meinen Aussortier-Anfällen Fotos von den Tüten gemacht, wie sie im Flur Spalier standen in Erwartung, nach draußen gebracht zu werden. Jede macht so seins oder ihrs. 😉
@Goofy
@Gitta
Ich habe tatsächlich irgendwo schlimme Vorher-Fotos. Die hatte ich damals bei der Auftragserteilung für die Aufräumcoachin gemacht. Wenn ich mir die noch einmal ansehen würde, sähe ich bestimmt den spektakulären Unterschied zu jetzt.
Nur ertrage ich keine Vorher-Fotos...
Ich leide jedes Mal, wenn bei den Fotos hier im Forum das Foto meines verkramten Kruschte-Regals auftaucht, das ich irgendwann mal hochgeladen habe. (Falls es keine größeren Umstände macht @Hatifa könntest du meine Fotos hier bitte für mich löschen?♡)
Ich kann auch keine Vorher-Fotos von mir als früherem Dickling anschauen. Habe keine Hose aus der Zeit aufgehoben, in die ich jetzt zweimal reinpassen würde.
Das einzige Vorher, das ich verkrafte: an Entkrempeldienstagen aufzuzählen, wieviele XY ich vor dem Entkrempeln an dem Tag hatte.
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