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Die Möchtegern-Minimalistin
Großer Hauruck: Donnerstag
Hohläugig blickte mir heute morgen mein Spiegelbild entgegen. Dauerentkrempeln saugt mir die Energie ab.
Zum Glück bin ich zäh wie ein Grubenpony. Und mir selbst gegenüber nachsichtig: Ich erließ mir zwei Stunden und mistete nur vier Stunden lang aus.
Wieder hatte ich es mit Edelkrempel zu tun, bei dem Schönheit und Erinnerungswert untrennbar miteinander - und mit mir - verbunden sind.
Sehr gefreut habe ich mich über einen Karton voller Lampen. Von Jugendstil über Industrial bis zu American 60th Motel ist alles dabei. Ich werde meine ungemütlichen Deckenstrahler durch diese Lampen ersetzen.
Die Lampen gehören zur mir liebsten Art von Erinnerungsstücken: Ich brauche und gebrauche sie.
Mir fiel positiv auf, dass ich bei einigen Dingen bereits dem Prinzip Pars pro toto („Ein Teil [steht] für das Ganze“) gefolgt war:
Ich habe zum Beispiel nur eine einzige Vinylschallplatte aus meinem Elterhaus behalten, als meine Mutter und ich den Hausstand auflösten. Als ich das Teil heute in die Hand nahm, waren alle meine glücklichen Erinnerungen rund um den Plattenspieler meiner Eltern wieder da.
Die Schallplatte ist von den Cottonfield Singers, einer männlichen amerikanischen Gospelband aus den 60ern. (Der Name ist sowas von politisch unkorrekt.^^)
Die Spirituals sind wunderschön gesungen. Auch wenn ich mir das Werk mangels Plattenspieler nicht mehr anhören kann, erinnere ich mich an jeden Ton.
Genau wie gestern, konnte ich mich von nichts trennen. Es sagt sich so leicht pars pro toto, behalte nur eins davon. Natürlich ist das der richtige Weg. Dass es prächtig funktioniert, sehe ich an der Gospel-Schallplatte.
Doch mensch muss dafür bereit sein. Noch bin ichs nicht.
Mein anschließendes extremes Minimalismus-Experiment setzt mich wahrscheinlich auf die richtige Spur. In einigen Monaten sehe ich meinen Edelkrempel mit anderen Augen und weiß, was weg kann.
Einzige Entrümpelerfolge heute:
• eine große Mülltüte voller Bettzeug entsorgt
• zwei Keramikschalen (ist nicht mein Material) zum Mitnehmen vors Haus gestellt
Es war trotzdem sinnvoll, alles durchzusehen, den Lagerort (das Schlafzimmer) komplett zu putzen und alles wieder einzuräumen. Das Krempelproblem erscheint mir jetzt kleiner. Der Ablösungsprozess hat schon begonnen.
Wow @Rica, ich finde, es läuft richtig super !
Auch, dass Du so viele Tage konsequent schon durchgehalten hast! Ich glaube, ich hätte ab Tag 3 schlapp gemacht, das ist leider ein großes Problem bei mir, meine Konzentration und Motivation sind nicht kalkulierbar.
Viel Erfolg weiterhin !!!
Gefunden auf der Suche nach Hinweisen, wie ich meine Erinnerungsstücke entkrempeln kann:
“Enough is a decision, not a certain amount.” This simple quote is a great reminder that you don’t need to hold onto everything to hold onto your memories. Defining what “enough” means for you allows you to identify the items that hold the most significance and let go of everything else.
When decluttering, I always find it helpful to set boundaries around what I will keep. This might be a certain number of things (like 3 favorite toys from when you were a kid), or a defined amount of space that something can take up (for example, one shoebox for old family photos). Setting some boundaries up front will help you hone in on your favorites as you go.
ht tps://modernminimalism.com/how-to-declut...timental-items/
Zitat von Rica im Beitrag Wenn Messies kochen :)
In meiner Wohnung gibt es nur einen einzigen Mülleimer. Der steht im Bad.
Wenn ich an meiner Regalküche im Wohnzimmer Essen zubereite, flitze ich ständig ins Bad, um den anfallenden Abfall in den Eimer zu werfen.
Heute stand der Mülleimer den ganzen Tag neben der Regalküche im Wohnzimmer, weil ich ihn beim Entrümpeln dort brauchte.
Beim Schnippseln für Smoothie und Salat freute ich mich, wie praktisch so ein Mülleimer am Ort des Geschehens ist.
Auf die Idee, den Eimer zur Regalküche zu bringen, statt dauernd mit Abfallportionen zum Mülleimer ins Bad zu laufen, kam ich bis jetzt nie.^^
Großer Hauruck: Freitag
Heute habe ich fast sechs Stunden durch Bücherberge gepflügt. Und zwar nur die Bücher, die jeden Zentimeter meiner drei Bücherregale ausfüllen. Zwei der Regale habe ich geschafft, das dritte ist morgen dran.
Leider befindet sich der Hauptteil meiner Bücher nicht in diesen Regalen sondern in Kartons. Deckenhoch an einer Wand entlang aufgestapelt. Typisch Büchermessie.
Um mich nicht zu quälen, habe ich nur völlig offensichtliche Kandidaten weggegeben:
Uralte Sprachkurse mit Kassetten
Schulbücher
Veraltete Landkarten und uralte Stadtpläne
Trotzdem hat das Aussortierte ausgereicht, um die Bücher ohne Quetschen und Stapeln thematisch sortiert und sauber abgestaubt ins Regal zurückzustellen. Der Teil hat mir viel Freude gemacht.
Mein Großer Hauruck schafft enttäuschend wenig Krempelvolumen aus dem Haus. Die Aktion entpuppt sich als wohl notwendiger Zwischenschritt.
Ich sehe dadurch noch einmal alles, das ich habe. Das Berühren, Betrachten, Sortieren, wieder Einpacken und den Lagerraum zu säubern macht mein Krempelproblem im Wortsinn handhabbar.
Die Lage erscheint mir jetzt übersichtlich. Das Krempelproblem wirkt kleiner.
Letztlich läuft es darauf hinaus, mich für einige wenige Tätigkeiten und Interessen zu entscheiden.
Falls ich mich beispielsweise auf (meine heimliche, wenig ausgeübte Liebe zum) Zeichnen spezialisiere, statt in drei verschiedenen textilen Hobbys herumzustümpern, kann ich auf einen Schlag eine Riesenmenge Materialien, Werkzeuge und Bücher weggeben.
Selbst wenn ich mich für die materialaufwändigste meiner textilen Künste entscheide, das Häkeln, würde ich mich dabei auf eine bestimmte Art von Projekten spezialisieren (mit Perlen besetzte Patchwork-Maxikleider und Josephsmäntel), und könnte alle nicht dazu passenden Materialien und Bücher weggeben.
Das finde ich alles in den nächsten Monaten heraus.
Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so schwer fällt, mich von ungenutzten, überflüssigen Sachen zu trennen.
Ab Sonntag lasse ich mir eine Minimalistinnen-Haut wachsen. Von der lässt sich der Krempel dann schmerzfrei abziehen. Falls das nicht so ist, denke ich mir etwas anderes aus.
Ich mache weiter, bis ich den Krempel los bin. Whatever it takes.
Denn heute beim Büchersortieren fiel mir auf: Die schiere Masse an Büchern verdarb mir die Freude an den Büchern, die ich liebe. Ich kann mich an meinem Besitz nur erfreuen, wenn er mich nicht erschlägt.
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