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Thema Aufräumen und dazugehörige Emotionen
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Zitat von Rosi im Beitrag #1
Hallo Allerseits,
ich hoffe, meine Frage wird nicht als unhöflich gewertet.
Ich bin Soz. Arb. im Ambulant betreuten Wohnen und betreue mit einem Kollegen einen Menschen, der unter dem Vermüllungssyndrom leidet.
Mein Kollege und ich gehen diese Sache unterschiedlich an. Ich versuche, in dem Klienten den Wunsch zu wecken, aufgeräumter zu leben. Ich habe mit ihm seine Erkrankung thematisiert und versucht ihm auch seine verschobene Wahrnehmung zu spiegeln. (was ist dreckig, was ist brauchbar). Ich versuche dabei sehr behutsam vorzugehen, um nicht übergriffig zu sein, was schon eine Gradwanderung ist.
Mein Kollege räumt auf, schmeißt weg und putzt.
Ich frage mich, was der richtig Weg ist. Wie geht man in unserer Position am Besten mit der Erkrankung um.
Ich frage wirklich, um dem Klienten bestmöglich zu helfen.
Grüße
Rosi
Liebe Rosi,
nun, ich schätze meine Antwort ist in etwa so höflich wie die Frage, insofern passt das ja vielleicht...
*Ironie* Also, ich würde sagen, wenn Du "den richtigen" Weg gefunden hast, lass ihn Dir patentieren und dann verrate ihn uns, okay? Wir zahlen gut. *Ironiemodus aus*
Im Ernst: Die Lösung für Euren Klienten liegt meines Erachtens IN Eurem Klienten. (Wo sonst?) Ich glaube jeder Messi hat SEINE Gründe für den Zustand seiner Wohnung und braucht seinen eigenen Weg um etwas dagegen zu tun.
Was für wen "der" Weg ist, ist meines Erachtens DIE Frage. Denn wenn man wüsste was das richtige ist...
Also.
Patentrezepte sind raus, ihr müsst ganz offensichtlich gucken, was funktioniert, was hilft, womit er sich besser fühlt.
Und ganz ehrlich: Ich finde deine Aussage von der "verschobenen Wahrnehmung" schon ziemlich krass. Wenn DU die behutsame, nicht-übergriffige von Euch beiden bist, dann hoffe ich wirklich wirklich wirklich niemals in die Verlegenheit zu kommen von Eurem Laden betreut zu werden.
Weil:
Was macht Dich so sicher, dass die Sichtweise Eures Klienten FALSCH ist?
Also, klar. Die Wohnung sieht wüst aus.
Aber jetzt Mal ehrlich:
Es gibt doch schlimmeres?
Meine Wohnung z.B. ist mein Ventil. Sie ist ein "sichtbares Zeichen" das etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Dass es so nicht BLEIBEN kann. Dass man (also: ICH) SO nicht LEBEN kann.
Resultiert aus frühkindlichem Trauma. Mein Unterbewusstsein hat dieses Ventil erfunden als ich ganz klein war.
Eine Verweigerungshaltung. "Ich bin NICHT brav, still und unsichtbar, ich funktioniere NICHT wie Ihr das wollt. Seht sorgfältig nach - sucht unter dem Chaos..."
Und ich glaube es hat mich am Leben und bei Verstand gehalten, bis ich kapiert habe wo das Problem lag und es angehen konnte.
Glaubst Du Alkohol, Drogen, oder was sonst so an Ventilen herumschwirrt wäre BESSER für mich gewesen? Ich nicht...
Immer wenn ich mit Gewalt aufgeräumt habe, war danach meine psychische Verfassung vollkommen in Scherben. (Ich habe Emin versprochen hier nicht mehr zu erzählen WIE schlimm es war, Du wirst es mir daher einfach glauben müssen, dass es sehr schlimm war.).
Als ich andererseits AUFGEHÖRT habe, die blöde Wohnung dermaßen WICHTIG zu nehmen und angefangen habe besser auf MICH zu achten... Da ging es vorwärts.
Inzwischen wird es sogar langsam besser mit dem aufräumen.
Denn seit ich mit Traumatherapie an der Ursache dran war, WARUM mein Unterbewusstsein der Auffassung ist, es könne so ABSOLUT nicht bleiben, müsste zeigen, dass hier ein PROBLEM verschüttet liegt, da wird das Ventil weniger wichtig. Ich SEHE ja hin...
Es ist ein Prozess.
Warum erzähle ich das hier?
Weil Du, wenn Du versuchen würdest MIR eine verschobene Wahrnehmung spiegeln zu wollen, Dich auf ernsthaft dünnes Eis begeben würdest. Ernsthaft.
Ich hab mir das nämlich alles nicht eingebildet, so WAR es.
Will sagen:
Wer sagt Dir, dass DEINE Wahrnehmung RICHTIG und SEINE verschoben ist?
Vielleicht gibt es sehr gute Gründe, die bisher noch keiner verstanden hat? Und nur, weil die schwer zu verstehen sind, sind sie deshalb nicht automatisch falsch. Oder nicht existent. Und nur, weil Du Sozialarbeiterin bist und er Dein Sozialprojekt, ist deshalb auch nicht jeder seiner Gedanken "verschoben" und Dein Blick auf die Welt das non plus ultra.
Und nur weil seine Wohnung aussieht wie sonstwas, ist es deshalb nicht klug jemandem ohne tiefere Kenntnisse das Ventil wegzunehmen, weil... Was wenn Dein Klient ohne Ventil explodiert?
Ach...
Du willst meine Meinung?
Dann hör auf so zu tun, als gäbe es "die" Lösung und versuch herauszufinden, was überhaupt das Problem ist. Das Problem DIESES EINZELNEN Menschen. Und wenn Ihr DAS verstanden habt. DANN könnt ihr sehen was man tun kann...
Meine Meinung.
Wow, Danke. Es tut mir leid, wenn ich Dich mit meinem Fachsprech brüskiert habe. Du hast Recht, was ich geschrieben habe, hört sich überheblich und arrogant an.
Wobwi ich ihm nie etwas über den von mir empfundenen Zustand der Wohnung gesagt habe. Eher etwas wie.. Das ist kaputt, brauchst Du das noch? Schau Dir das Obst an, möchtest Du das noch essen?
Tatsächlich hätte ich gerne mehr Zeit.. Aber die Nachbarn, die Hausverwaltung und der Landkreis samt Zielen sitzt uns im Nacken.
Mir wäre es wirklich wichtig, seine Lebensqualität zu erhöhen.. Er ist ja mit dem momentanen ZustNd nicht zufrieden. Und das ist nicht meine Meinung, sondern seine Aussage.
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Zitat von Sybille im Beitrag #7
Will sagen:
Wer sagt Dir, dass DEINE Wahrnehmung RICHTIG und SEINE verschoben ist?
Da schliesse ich mich Sybille an und gleichzeitig haben wir "gesellschaftliche" Normen, die anderes von uns erwarten.
Jedenfalls ist es ein Trigger für viele, dass egal was sie machen, es den Anschein hat, falsch zu sein.
Zitat von Rosi im Beitrag #8
Aber die Nachbarn, die Hausverwaltung und der Landkreis samt Zielen sitzt uns im Nacken.
Mir wäre es wirklich wichtig, seine Lebensqualität zu erhöhen.. Er ist ja mit dem momentanen ZustNd nicht zufrieden. Und das ist nicht meine Meinung, sondern seine Aussage.
Genau, der Druck macht die Aufgabe nicht leichter und trägt dazu bei, dass ihr zeitweise übergriffig sein müsst.
Findet heraus, wenn er mit dem Zustand seiner Wohnung nicht zufrieden ist, wozu er Bereitschaft zeigt, etwas ändern zu wollen.
Wenn er es nicht kann, wäre eine Bereitschaft für eine Therapie hilfreich.
In Bezug auf Aufräumen, ja, ich denke es ist gut, wenn du ihn - wie ein kleines Kind - fragst, was er möchte und was nicht. Oder es dem "Kleinen" Kind erklärst, denn kleine Kindern müssen Grenzen kennen lernen. Bitte nicht ausschliesslich vom Kopf heraus, sondern behutsam und in kleinen Schritten, auch gefühlsmässig erkunden.
Vielleicht hilft es zu fragen, wie er bis jetzt auf sich auf gepasst hat und was er dafür aktiv oder inaktiv getan hat.
Emotionen - wirklich sehr gering dosieren und langsam behutsam herantasten. Das möchte ich euch als Begleitpersonen sehr ans Herz legen.
die überwältigenden Versionen kennt er aus seiner Vergangenheit zu genüge, die würden wieder triggern und retraumatisieren.
Deswegen sind die "hau-Ruck-Aufräumaktionen" für viele Betroffene nicht wirksam, obwohl sie sich nach leeren aufgeräumten ordentlichen Wohnungen sehnen, den Prozess dazwischen verkraften sie nicht gut, weil die meisten eine sehr kleine Resilienz haben.
Vielen Dank für Dein Rückmeldung, die mir zeigt, dass ich trotz meiner unpassenden Ausdrucksweise auf dem richtigen Weg bin.
Ich verstehe das als langsamen Prozess und viel Aufklärungsarbeit.
Der Klient sagt von sich selbst, er sei einfach faul. Und diese Aussage macht halt auch mein Standing schwer. Ich vermute, das ist eine Schutzbehauptung, um sich damit nicht auseinanderzusetzen. Dazu kommt der Druck von den Kollegen, die die Situation auch nur schwer aushalten können und schnelle Ergebnisse erwarten.
Es ist halt eine absolut vertrackte Situation und ich möchte einfach im Sinne des Klienten handeln.
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