Geht das?

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27.09.2023 18:34
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#226
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Zitat von Sybille im Beitrag #225
Geht das? Bedürfnisse klar bekommen?


Ja, das geht.
Ich habe meine Zeit benötigt bis ich meine Bedürfnisse verstanden habe und tatsächlich entsprechende Weiterbildungen gemacht, um Bedürfnisse zu verstehen und spüren und mich mit deren Mangel bzw. Gefühlen beschäftigen, die entstehen, wenn Bedürfnisse im Dauerzustand "unerfüllt" bleiben.

Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Es gibt ein paar UR-Bedürfnisse.
Werden Sie erfüllt, fühlt sich mensch in der Regel gut, wohl.
Bleiben sie unerfüllt, fühlt sich mensch eher unwohl.

Manche Bedürfnisse kann mensch sich selber erfüllen, manche Bedürfnisse brauchen zur Erfüllung andere Menschen.
Das nach Zugehörigkeit besteht aus mind. 2 Personen.
Das Bindungsbedürfnis wird durch mind. 2 Personen erfüllt (Mutter - Kind, Partner - Partnerin - Oma -Enkel)
Manche Bedürfnisse sind Gefühlen zum verwechseln ähnlich (jedenfalls begrifflich)
Liebe ist ein Gefühl und ein Bedürfnis.
Freude ist ein Bedürfnis und ein Gefühl.
Würde ist ein Bedürfnis und aus meiner Sicht kann mensch sich würdevoll fühlen.

Zufriedenheit ist ein Gefühl und ein Bedürfnis.
Unzufriedenheit ist ein Gefühl, das einem mitteilt, dass etwas nicht stimmt.
Als Bedürfnis würde ich Unzufriedenheit nicht einordnen.
Gelassenheit ist ein Gefühl. Es kann ein Bedürfnis sein. Das Bedürfnis kann sich auch in Entspannung und Ruhe ausdrücken.

Authentisch sein,
Selbstbestimmen können,
sich selber befähigen,
sich getragen fühlen,
sich gehalten fühlen,
sich sicher fühlen,
in stressigen Situationen ruhig reagieren können,
all das sind Bedürfnisse.
Macht ist ein Bedürfnis.
ich kann es missbräuchlich einsetzen oder kraftvoll umsetzen.

Einige davon sind mit Gefühlen verbunden, warum es wichtig ist, das Bedürfnis zu kennen und wissen wie sich das Gefühl anfühlt, wenn es erfüllt ist.
Zwang ist aus meiner Sicht ein Gefühl, das entsteht, wenn bestimmte Bedürfnisse machtvoll von anderen unterjocht werden und sich nicht ausdrücken dürfen.

Unzufriedenheit und Widerstand drücken oft aus, wenn Bedürfnisse unerfüllt sind oder unzureichend erfüllt sind.

Zitat von Sybille im Beitrag #225
die Kunst ist glaube ich zu erkennen, welche auf das Einzelfallproblem passt.

Ja, das ist die Kunst.


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27.09.2023 20:57 (zuletzt bearbeitet: 27.09.2023 20:59)
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#227
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Hallo @Sybille ,

du kannst es ja mal mit "loslassen" probieren, vielleicht fliegen dann genau die richtigen 70% der Dinge einfach davon! 😉

Ich denke, das Positive daran, wenn man selbst ausmistet (und das dauert zwangsläufig!) ist, dass man sich dabei mit der Frage auseinandersetzt, was man braucht, was man gern weiterhin haben will, und was einem in den letzten Jahren nur vor den Füßen rumgelegen hat und das auch weiterhin tun wird. Und ich könnte sogar aus dem Kopf so einige Bücher aufzählen, die hier seit Jahren ungelesen im Regal stehen und die ich wohl kaum rausschmeißen werde, obwohl sie es in der Warteschlange der ungelesenen Bücher vielleicht nie auf Platz 1 schaffen. Z.B. diese tolle lange Darstellung zu einem historischen Thema, das mich sehr interessiert - aber immer ist die Gegenwart dringender und wichtiger... Aber ich glaube, es gibt so einiges, was irgendwie so weit hinter den "Top Ten" ist, dass man sicher sein kann, dass es nicht mehr in die ersten 100 kommen wird. Und man kann halt immer nur ein Buch lesen.

Es ist schwierig - deshalb glaube ich ja, dass wir diesen Prozess brauchen. Weil man das dann auch auf die Dinge anwenden kann, die man sich in Zukunft noch kaufen könnte. Deine drei Unterscheidungen a-c finde ich gut und glaube auch, dass man da situativ entscheiden muss. Ich denke, vom Ergebnis her gesehen ist es meist erkennbar, wenn man sich Fragen stellt. Nehme ich mal z.B. Sport, in meinem Alter: Was ist das Ergebnis, wenn ich nicht durchhalte, regelmäßig ein bisschen Sport zu machen? Antwort: Das wäre ganz und gar nicht gut für die Gesundheit. Aber angenommen, ich hätte mich für Bungee-Jumping entschieden, mache mir aber vor jedem Sprung vor Angst in die Hosen. Was ist das Resultat, wenn ich hinschmeiße? Weniger Risk, mehr Fun! 😁

Nur ist es halt sehr langwierig, alles so durchzugehen, und manchmal geht es einem auch quer, weil irgendwas nicht so furchtbar nützlich ist, aber man ziemlich dran hängt, und anderes ist nützlich, aber man mag es nicht.

@IBI Ja, diese emotionalen Bedürfnisse gibt es natürlich. Aber der Punkt ist ja: Welche Bedürfnisse haben wir in Bezug auf die *Dinge* in unseren jeweiligen Wohnungen. Das ergibt sich ja nicht aus den emotionalen Bedürfnissen von selbst. Andernfalls könnte ich sagen: "Ich hab ein Bedürfnis nach Würde, also brauch ich 50 Krawatten." Wobei ich glaube, dass umgekehrt sehr oft ein Schuh daraus wird - dass, wenn wir in unserem Schrank 50 Krawatten finden, vielleicht ein Bedürfnis nach Würde dahintersteckt, von dem wir nicht so recht wissen, wie man es sich anders erfüllen kann.


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28.09.2023 07:10
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#228
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Robin, ich habe auf die allgemein gestellte Frage reagiert.

Zitat von Miranda im Beitrag #227
Welche Bedürfnisse haben wir in Bezug auf die *Dinge* in unseren jeweiligen Wohnungen.

Schönheit,
Ordnung,
Struktur,
übersicht
bei mehreren Familienmitgliedern: regeln, wo etwas steht, damit es alle finden (Finden als Bedürfnis)
Sauberkeit, sowohl in Räumen als auch die persönliche Hygiene
Leere
Bewegungsfreiheit in Räumen

Welche du hast, weiss ich nicht.
Loslassen können ist durchaus ein Bedürfnis.
Wenn es nicht möglich ist, dann steckt darunter ein tieferes Bedürfnis, z.B. Sicherheit, dass sich als Muster manifestiert hat, indem wir an Dinge festhalten.

Zitat von Miranda im Beitrag #227
"Ich hab ein Bedürfnis nach Würde, also brauch ich 50 Krawatten." Wobei ich glaube, dass umgekehrt sehr oft ein Schuh daraus wird - dass, wenn wir in unserem Schrank 50 Krawatten finden, vielleicht ein Bedürfnis nach Würde dahintersteckt, von dem wir nicht so recht wissen, wie man es sich anders erfüllen kann.

Ich finde dein Beispiel 50 Krawatten an Würde zu koppeln nicht ideal, denn Würde drückt sich beispielsweide durch eine locker wirkende aufrechte Körperhaltung aus.
Der Gedanke, der in deinem Beispiel extrem wichtig ist: welche anderen Möglichkeiten gibt es, Würde auszudrücken.

Obdachlose finden es würdevoll, wenn sie sich waschen und reinigen können.
Andere versuchen ihre Würde mit Statussymbolen zu füllen (wobei das ein Ausdruck von Würde ist, der nicht würdevoll sein muss)

die meisten Bedürfnisse lassen sich durch unterschiedliche Strategien erfüllen.
Manche erfüllen sich, indem mensch sich Verhaltensmuster angeeignet hat, die er nicht so einfach ablegen kann.

Die meisten Menschen haben eine "Bedürfnishierachie".
Bei mir waren Sicherheit und Ehrlichkeit weit oben auf der Liste.
Ich vermute, dass die beiden in der Hierachie gesunken sind, und ggf. neue Bedürfnisse wichtiger werden.
Ich habe mich lange nicht mehr mit meiner Bedürfnisliste auseinander gesetzt.
Je mehr ich Trauma losw*erde, desto eher verändern sich einige meiner Bedürfnisse.

Hmm, der Gedanken bringt mich auf etwas, das ich in meinem Thread fortführe.


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29.09.2023 08:37 (zuletzt bearbeitet: 30.09.2023 19:12)
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Guten Morgen, @Sybille @IBI und alle,

da ich ein paar Tage Zeit für alles mögliche, inklusive der Wohnung habe, habe ich heute den Tag damit begonnen, mich inspirieren zu lassen, und fand durch Zufall ein kurzes Video, das verspricht, einem beim Ausmisten zu mehr Geschwindigkeit zu verhelfen. Ist mal wieder auf Englisch und ich muss am Anfang die bekannten Zeichen rausnehmen und hoffe, dass jemand von den Mods den Link repariert: https://youtu.be/xjOTno4vUxM?si=wty7GJodUnzk17kJ

Gleich bei den ersten Worten dachte ich: Genauso isses: Zeitaufwendig! Und mein Hauptproblem ist, dass ich immer wieder die Geduld verliere. Und das gilt für einen Messie-Haushalt noch viel mehr als für einen normalen, und ganz besonders, wenn man Hoarder ist.

Zitat von IBI im Beitrag #228
Ich finde dein Beispiel 50 Krawatten an Würde zu koppeln nicht ideal, denn Würde drückt sich beispielsweide durch eine locker wirkende aufrechte Körperhaltung aus.


Das war ein bisschen ironisch. In unserer hierarchischen Gesellschaft ist die Krawatte tatsächlich das *allgemeine* Symbol für Würde. Also es kommen natürlich noch ein paar speziellere Würde-Symbole dazu, wie z.B. die Robe des Richters. Dass wir beide nicht danach streben, in den elitären Club der "würdigen alten Männer" aufgenommen zu werden, ist mir klar. Ich wollte mit diesem absichtlich etwas unpassenden Beispiel auf meine Schwierigkeit mit dem Begriff hinweisen. Ja, alle anderen haben auch ihre Würde. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" heißt es im deutschen Grundgesetz. Auch damit tue ich mich ein bisschen schwer, und zwar deshalb, weil ich schon als Kind einen ausgeprägten Sinn für Würde hatte und eigentlich immer noch habe und deshalb nicht verstehe, wie das da stehen kann und sie doch dauernd angetastet wird!? Aber vielleicht ist es doch ganz richtig, dass man in ein Gesetz reinschreibt, wie es sein *soll*, und nicht, wie es ist... Aber ich finde es seltsam, das dann als Tatsache zu formulieren.

Wie auch immer: Da ist die Rede von einer Würde für *alle* Menschen, nicht nur für würdige alte Männer, und das gefällt mir. Klar hat jeder Mensch ein Bedürfnis, seine Würde irgendwie auszudrücken, und das ist wohl individuell. Ich z.B. finde diese engen Klamotten, mit denen Frauen ihre Nacktheit dekoriert zur Schau stellen sollen, total entwürdigend, und andere würden wohl meine bullerigen Hosen für sich als entwürdigend empfinden. Klar ist: Wer von uns so gekleidet in einer Bank arbeiten darf oder auch nicht, das entscheiden nicht wir... Da spielen dann wieder die "allgemeinen" Würde-Symbole eine Rolle. Als ich einer Freundin mal erzählte, dass ich in meiner Job-Auswahl eingeschränkt sei, weil ich weder Krawatten noch hohe Schuhe und Schminke tragen könnte, sagte sie, das sei bei ihrem Mann auch so gewesen und deshalb sei er Arbeiter geworden! 😯🤣🤣🤣

Also ist Würde ein Thema, das hier schwierig zu bereden ist, weil es *ist* nunmal politisch. Wir können aber wohl sagen, dass Würde uns wichtig ist und dass alle ihre Würde auf unterschiedliche Art definieren und ausdrücken.


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29.09.2023 10:04
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Zitat von Miranda im Beitrag #229
"Die Würde des Menschen ist unantastbar"


Ich denke, es ist die Kunst die innere eigene Haltung zu diesem Gesetz zu entwicklen.

Zitat von Miranda im Beitrag #229
Kind einen ausgeprägten Sinn für Würde hatte und eigentlich immer noch habe und deshalb nicht verstehe, wie das da stehen kann und sie doch dauernd angetastet wird!?

Genau, ein Bild und Gedanken dieser Art tauchen in mir schnell auf.
Und ja, es kann schnell zu einer politischen Diskussion werden.
Und ja, die Kleidungs-Symbole für Würde und für den Respekt vor gewissen Personen, tragen ihren Teil dazu bei, dass derartig zu denken, üblich wird und die Frage aufkommt: wie kann ich meine Würde unter diesen Umständen behalten?

Auch wenn du das Krawattenbeispiel ironisch gemeint hattest, weil es für Frauen derartige Kleidungsstücke im Hinblick auf Würde eh nicht gibt, so enthielt dein Gedanke einen wichtigen Aspekt.

Deine eigenen innere WÜRDE, deine innere positive Haltung zu dir und deinem Leben, kann dir keiner nehmen, selbst dann nicht, wenn dich noch so viele Einschränkungen und Regelungen von aussen dich bedrängen. Sie ist "unantastbar".
Daher habe ich den Ausdruck von Würde und die Körperhaltung beschrieben.

Wobei ich einschränken möchte: Kinder dürfen durch Vorbilder lernen, was Würde bedeutet und wenn die Vorbilder in diesem Punkt versagen, dann wurde WÜRDE verletzt und angetastet (ich übersetze und generalisiere, obwohl es nicht o.k. ist zu generalisieren: TRAUMA-Erfahrungen und die Entstehung "erstarrter Energien" wurden gefördert.)

Wenn du diese seelische Verletzung erlebt und eines Tages erwachsen genug bist, selber zu entscheiden, dir Vorbilder zu suchen, die diese innere Würdehaltung haben, von ihnen zu lernen und deine eigene "nachzureifen".
Das ist ein Teil der Co-Regulation, die ich beispielsweise mit Menschen nachhole, die ihre Würde in sich tragen.

Ich habe die innere Haltung bezüglich meiner Würde nicht ausreichend aufgebaut, da mich viele Trigger leider noch "ereilen" und "überwältigen" können und mich rasch in die frühen "verletzlichen Erfahrungen und damit verletzten Würde" senden.

Laut Gerad Hüther hat jeder Mensch einen inneren würdevollen Ast als Samen mit den Genen geliefert bekommen. Daraus den eigenen inneren Würdekompass entwickeln, obliegt dem Umfeld, der Person, und vielen anderen Aspekten. Würde ist nicht etwas, das sich automatisch entwickelt, sondern aktiv gefördert werden darf.
Vielleicht ist sie sogar das "Gegenteil" von Trauma.
Wenn Trauma genesen, geheilt, integriert ist, wächst daraus die eigene innere Würde und wird zu einem Kompass.

Ohne dass es mir bisher bewusst war, ist es eines meiner (unbewussten) Ziele, mir meinen Würdekompass mit seinen beweglichen Grenzen aufzubauen, um auf "einschränkende und willkürliche" Situationen so reagieren zu können, dass ich meine Würde behalte und sie mir nicht genommen werden kann, selbst wenn das Umfeld es mit aller "Macht" und "Politik" probiert.
Mir gefällt dieses Ziel und ich denke, es ist dasjenige, das mich bisher angetrieben hat, mein Trauma losw*erden zu wollen, ohne genaue die Zielformulierung konkret und spezifisch benennen zu können (abgesehen davon, dass ein Zeitfenster nicht vorgegeben werden kann, weil das Nervensystem und der Körper seine eigenen Zeitphasen der Reifung und Entwicklung haben.
Das passende Buch steht in meinem Regal und hat seit dem ich es gelesen habe, den "Würdekern" in mir geweckt.
Ich denke, er ist gleichzeitig der "heile Kern", den jede Person mit auf den Lebensweg bekommen hat.


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