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Neues aus dem Horrorhaus
Hallo @Wolfram1,
du kannst öffentlich wie privat für dieselben Dinge bestraft werden. Wenn du etwa deinen Frust rauslässt, indem du jemanden zusammenschlägst, dann ist das privat keineswegs straffrei. Und wenn du nur laut schimpfst, dann ist das nicht illegal, so lange du nicht beleidigend wirst. Der Punkt ist allerdings, dass man damit meist eine Spirale in Gang setzt, an deren Ende mehr Ärger rauskommt, als man anfangs mitgebracht hat.
Was den Film angeht, ist die Sache so rum, dass nicht alle autistischen Menschen diese oder jene "autismustypische" Verhaltensweise haben. Wir sind ganz einfach keine Armee von geklonten Robotern, und jede/r entwickelt seine eigenen Strategien, um mit der Welt zurechtzukommen.
@Miranda
Interessanter Gedanke. Dass es den anderen unwichtig ist, ob Du kommst oder nicht. Also, mir ist es nicht unwichtig, wenn ich irgendwo in der Pampa stehe und auf eine Freundin warte. Da die S-Bahnen nur alle 30 Minuten fuhren, habe ich gedacht, sie hätte vielleicht eine verpasst und stand ganze 45 Minuten dort in der Gegend und wartete dort. Ich musste nicht alleine warten. Freunde mit Hund waren auch dabei und warteten auch auf diese Freundin. Nicht cool. Sie hat uns alle gemeinsam versetzt. Letztlich sind die anderen sich amüsieren gegangen und wir haben zu zweit gewartet. Auch nicht cool. Und gar nicht egal!
Ich hätte schon erwartet, dass die Freundin zu erreichen wäre. Da die Anfahrt eine Stunde dauerte, musste ja, was auch immer ihr dazwischen gekommen war, schon vor einer Stunde passiert sein müssen und sie hätte damit rechnen müssen, dass ich anrufe und sie frage, wo sie bleibt. Aber das war ihr dann wieder egal.
Ja, meine Schwester wohnt hier im selben Dorf. Zu Fuß sind es 20 Minuten, mit dem Auto 10. Anfangs dachte ich auch, dass wir uns mal abends treffen könnten, aber sie gab mir eine klare Abfuhr. Wenn sie von der Arbeit kommt, ist sie zu müde dafür und außerdem muss sie morgens früh raus. Das geht also gar nicht. Aber dass ich nach der Arbeit noch Zeit bei Ebay verbringe, das geht sehr gut... :-(
@Wolfram1
Deine Schlussfolgerung aus dem Selbstmord finde ich etwas zu einfach. Ich denke, der Typ, der dauernd nörgelte, der war einfach destruktiv von Natur aus. Fröhliche Menschen dagegen werden von den anderen immer abwatscht, damit sie aufhören, fröhlich zu sein. Weiß ich aus eigener Erfahrung.
@Miranda
Mit dem Autisten beim Stammtisch ist das so... Es handelt sich um eine Schreibgruppe, wo wir selbst geschriebene Texte besprechen. Er will aber lieber, dass es ein Stammtisch ist, wo er seine Lebensgeschichte erzählen kann. Wir haben erst neulich nochmal darüber gesprochen, aber er hat den Hinweis nicht verstanden, dass das nicht jeder möchte. Er fand ja dann ein paar Leute ganz super in der Gruppe und laberte die ständig voll. Dauernd mussten wir uns langatmige Geschichten aus seinem Leben anhören, meistens irgendwas mit Sex and Crime. Soziale Konventionen, was man anderen so erzählt und dass man seine Sexgeschichten und perversen Vorlieben für sich behält, interessierten ihn nicht. Er sagt übrigens selbst, dass er ein Autist ist. Jedenfalls war er schon öfter mal abweisend und beleidigend zu mir, was, denke ich, Absicht war, weil er schon immer zeigt, dass er sich mit den anderen treffen will, aber ich ganz uninteressant bin. Jedenfalls vor Corona war die Gruppe 5-12 Personen groß, so dass wir ihn gemeinsam dann ausbremsen konnten, wenn er wieder zu viel erzählte, damit wir wenigstens die Hälfte der Zeit über Literatur sprechen konnten. Er ist wirklich sehr dominant. Nun besteht die Gruppe seit Corona anscheinend nur noch aus ihm. Ich war lange nicht dabei, weil ich mit Erbauflösung und so zu tun hatte. Aber bei einem Treffen waren wir zu dritt, da haben sich die anderen beiden unterhalten und ich saß blöd daneben, und beim nächsten Treffen war ich mit dem Autisten alleine. Beim Folgetreffen hatte ich nicht so recht Lust, mit ihm allein da zu sitzen und sagte ab. Daraufhin schrieb er mir eine persönlich beleidigende E-Mail. Fand er vermutlich witzig, ich nicht. Ich gehe da erst wieder hin, wenn ich höre, dass außer ihm noch andere kommen. Ich vermute, die anderen hat er auf ähnliche Weise vergrault.
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Hallo @Anna1111 ,
Zitat von Anna1111 im Beitrag #547
Interessanter Gedanke. Dass es den anderen unwichtig ist, ob Du kommst oder nicht.
Meine krassesten "autistischen Fehlleistungen" habe ich genau gebracht, wenn es darum ging, eine realistische Vorstellung zu haben von den Gedanken und Gefühlen anderer Leute, die nicht anwesend waren. (Das zeigt übrigens, dass es nichts mit Empathie im üblichen Sinne zu tun hat!) Z.B. habe ich es fertiggebracht, einen Wochenendtrip in eine andere Stadt spontan zu verlängern - und es hat zwei Wochen gedauert, bis ich auf die Idee kam, mich mal zu Hause zu melden. Da waren sie schon dabei, die Suchmannschaft zusammenzustellen. War wiederum das Ding: Ich hab mich am Anfang kurz gefragt, ob sie mich irgendwie brauchen oder alleine klarkommen. Die Antwort war, sie kommen alleine klar.🤷
Zitat von Anna1111 im Beitrag #547
Fröhliche Menschen dagegen werden von den anderen immer abwatscht, damit sie aufhören, fröhlich zu sein. Weiß ich aus eigener Erfahrung.
Komisch, meine Erfahrung besagt exakt das Gegenteil. Als es mir schlecht ging, schienen alle ständig wütend auf mich zu sein. Im Nachhinein habe ich es sogar verstanden. Es liegt an Empathie! Die Gefühle eines Menschen mitzuempfinden, dem es schlecht geht, macht ganz und gar nicht automatisch "mitfühlend". Ein solcher Mensch wird als Störung empfunden und eigentlich sind sich alle darin einig, dass er sich gefälligst zusammenreißen und "doch mal lächeln" soll.
Wenn er sich dieser Forderung widersetzt, gibt's verbal auf die Fresse.
Diese Erfahrung hat bei mir einen tiefen Zynismus in Bezug auf menschliches Sozialverhalten hinterlassen. Echt, ich brauch nicht mehr dazuzugehören. Es lohnt nicht. Das, was wir uns wünschen, diese Idealvorstellung von einem sozialen, mitfühlendem Menschen, ist nichts, was da draußen existiert und dem wir uns nur anschließen müssen. Wir müssen es erst noch erschaffen.
Schwierige und nervige Zeitgenossen sind das chronische Elend in allen Arten von selbstorganisierten Zusammenhängen. Erstaunlicherweise scheint bisher niemand das Problem auf einer allgemeinen Ebene zu behandeln, obwohl es so allgemein verbreitet ist. Natürlich ist es zum Teil auch so, wie man meist darüber spricht: Dass es einen Konflikt zwischen diesem und jenem Individuum gibt. Aber zum Teil ist es eben auch so, dass das Sozialverhalten mancher Leute ziemlich unterirdisch ist. Und sie haben oft auch die Vorstellung, dass sie das Recht dazu haben - z.B., in eine Gruppe zu gehen, die eine bestimmte Zielsetzung hat, und dann "demokratisch mitzubestimmen" mit allen Mitteln, dass dort in Zukunft der Zweck der Zusammenkunft ein anderer ist. Die Leute glauben allen Ernstes, dass es eine böse Bevormundung ist, wenn man sich dagegen wehrt. Hab ich auch schon erlebt. Mittlerweile glaube ich, das Wesentliche an solchen selbstorganisierten Zusammenschlüssen sind nicht tolle Ziele oder Pläne, sondern ob sie ihr Miteinander hinkriegen oder nicht.
@Miranda
Du sprichst mir so aus der Seele, dass ich vielleicht doch mal einen Autismustest machen müsste...
Diese angeblich so perfekten, fröhlichen, empathischen, gutmeinenden Mitmenschen, die angeblich da draußen in der Mehrheit und Norm sind, die habe ich auch noch nicht gefunden. Sogar Menschen, die Gutes tun, z.B. anderen helfen, tun das oft aus den falschen Gründen, z.B. weil sie sich dann so schön überlegen fühlen können.
Gerade die Menschen, die sich am meisten unsozial verhalten, die lassen sich auch nicht ausbremsen, weil sie ja denken, das sei selbstbewusst, was sie da machen. Das in ihren Augen also gut, dass sie sich von anderen nichts sagen lassen. Ethisch ist insgesamt das Niveau auch sehr gering. Die Leute sind egoistisch und stehen da auch dazu.
Ich habe das früher nicht erkannt oder glauben wollen. Ich dachte, nur meine Familie bestünde aus Arschlöchern. Die meisten Tiere sind mitfühlender und liebevoller als Menschen.
Wobei ich denke, Hauptproblem ist, dass die Leute nicht in sich ruhen und nicht mit ihrem Leben zufrieden sind. Wenn ich mein Leben und mich OK finde, dann stört es mich nicht, wenn es anderen besser geht als mir. Wenn es ihnen schlechter geht, kann ich auch was abgeben. Ich kann auch ertragen, wenn andere glücklich sind, aber auch, wenn sie unglücklich sind. Da ich im Gleichgewicht bin, kann mich nichts dergleichen irritieren. (Naja, wenn oder falls ich im Gleichgewicht bin. In letzter Zeit bin ich ziemlich am Limit.)
Der Kollege aus der Literaturgruppe ist ja Autist, und das Verhalten passt dann schon zum Autismus. Aber gleichzeitig ist er auch traurig, dass niemand mehr kommt außer ihm. Er würde schon gerne mit uns zusammensitzen, respektiert aber nicht unsere Wünsche, sogar wenn wir sie ihm ausdrücklich sagen. Ich denke vermutlich, dass wir das zwar sagen, es aber trotzdem irgendwie optional ist und wir im Grunde doch dasselbe wollen wie er.
Dass Du einfach untergetaucht bist, das wäre mir nie passiert. Vermutlich aber nur darum, weil meine Eltern extrem kontrollorientiert waren. Die wollten immer genau wissen, wo ich hin gehe, mit wem ich mich treffe, was wir machen und in welcher Minute ich nach Hause komme. Wenn ich z.B. vom Leichtathletiktraining zehn Minuten später kam als sonst, weil ich noch mit jemandem geplaudert hatte, dann gab es gleich Ärger. Nach 10 Minuten wollten die schon eine Suchmannschaft aufstellen!
Dass Deine Familie erst nach zwei Wochen die Suchmannschaft zusammengestellt hat, legt nahe, dass sie so ein Verhalten von Dir schon gewohnt waren. :-)
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