Frustrationen in der Kindheit

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14.08.2017 00:16
#21
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Zitat von Kräuterfrau im Beitrag #19

Spannend finde ich, dass du dann Erzieherin geworden bist, also ob du da einen Ausgleich schaffen wolltest oder so. Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?


Tja.... Meine Mutter und mein Talent für Mathematik zu doof zu sein.

Ich hab die Schule nach der 9. Klasse mit einem Hauptschulabschluss verlassen. Weil ich aber noch schulpflichtig war musste ich auf eine weiterführende Schule. Meine Mutter meldete mich auf der Sozialpflegeschule an.Ich machte ein Jahr und schwänzte fast ein halbes Jahr wegen Mobbing. Irgendwann stand das Jugendamt auf der Matte. Ich sollte aus der Familie raus. Damit ich nicht weg musste hab ich gesagt ich mache ein freiwilliges soziales Jahr. Ich ging dafür in ein Altersheim. Anfangs war es toll, bis mir das mit den alten Menschen und dem Tod zu nahe ging. Ich entwickelte ein Reizdarmsyndrom. Also konnte ich nichts mit alten Menschen machen. Ich bewarb mich auf einer Schule für Fremdsprachen. Ich wollte Dolmetscherin werden, in Englisch war ich gut, konnte ein paar Brocken Russisch und Arabisch. Beim Eignungstest sagten sie schon, das ich eigentlich nicht in Frage komme, weil ich auf der Hauptschule im B Kurs war in Mathe, welcher für die "dummen" war und selbst da hatte ich eine 5 auf dem Zeugnis. Sie ließen mich dennoch den Test machen und ich bin natürlich durchgefallen.

Meine Mutter hörte sich dann in der Verwandschaft um, und eine Verflossene meines Cousins war damals auf der Kinderpflegeschule angemeldet. Sie sagte meiner Mutter, das dort kein Mathe gebraucht wird, sondern das man dort lernt Kinder zu pflegen und zu beschäftigen. Alles was man da braucht ist bis 50 zu zählen und das Wissen den Kindern weiter zu geben. Meine Mutter meldete mich dort also an und ich ging auf diese Schule, machte zeitgleich meinen Realschulabschluss. Kurz vor Ende des Schuljahres wurde uns dann gesagt, das wir die letzte Ausbildungsklasse wären, und dieser Beruf in Niedersachsen nicht mehr gelehrt wird. Die alten Kinderpflegerinnen die eine Anstellung hatten durften ihre Einstellung behalten und mussten nach schulen damit sie eine Aufwertung als Erzieherin bekamen. Neue Kinderpflegerinnen wurden nicht mehr von den Kitas eingestellt. Die Lehrer sagten das wir auf Sozialassistent weiter schulen sollen und uns danach entscheiden müssen, ob wir in die Altenpflege, Krankenpflege oder Erziehung wollen. Da Alte und Kranke wegen meinem Reizdarm flach fielen ging ich nach 2 weiteren Jahren auf die Fachschule für Sozialpädagogik und machte meinen Erzieher. Insgesamt war ich 6 Jahre in Ausbildung. Als ich den Erzieher dann in der Tasche hatte war ich 24 Jahre alt, und lebte immer noch bei meinen Eltern. Ich wollte da raus. Die Lehrer meinten, das ich mit meinen Noten ruhig noch 2 Jahre weiter machen könnte und auf Heilerziehung weiter machen könnte. Ich wollte das aber nicht. Einmal wegen dem Alter, zum anderen weil Heilerziehung bedeutet, das man mit behinderten Kinder zu tun hat. Mein Bruder ist behindert und stand immer im Mittelpunkt. Ich wollte das alles nicht nochmal erleben, auch nicht beruflich.

Die Ironie an dem Ganzen ist, ich habe bereits mit 14/15 entschieden keine eigenen Kinder zu bekommen. Zum einen wegen der Bluterkrankheit die in unserer Familie ständig weitergegeben wird, zum anderen später, weil ich in den Praktikas während der Ausbildung merkte, das ich Kinder eigentlich nicht sonderlich mag. Ich werde bald 40, hab keine eigenen Kinder und bin froh das ich nach Dienstschluss meine Ruhe habe. Weitere Ironie ist, das mir Kolleginnen und die Chefin hin und wieder sagen das ich einen tollen Job mache, die Eltern sind auch zufrieden, aber ich zähle die Wochen bis zum nächsten Urlaub und die Jahre bis zur Rente, weil ich den ganzen Kram eigentlich nicht will. Nur irgendwas muss man ja machen. Und ich bin in Deutschland nicht die Einzige die ihren Job nicht mag. Aber was ich auch nicht mag ist Hartz4. Da war ich mal ein paar Jahre drin, direkt nach Ausbildungsende, einmal und nie wieder. Und das tragische an der Sache ist, heute arbeite ich mit Kindern in einer Integrationskita, in meiner Gruppe sind ein drittel der Kinder mit Behinderung. Nicht so schwer behindert wie mein Bruder, eher mit sozial emotionalen Behinderungen welche durch Vernachlässigung der Eltern passieren, oder Behinderungen die entstehen wenn Mütter Drogen während der Schwangerschaft nehmen.

Also mit Ausgleich hat das alles nichts zu tun. Ich mache einen Job den ich eigentlich nicht will, den meine Mutter eingefädelt hat zum einen, und zum anderen weil ich zu doof für Mathe war. Manchmal frage ich mich, warum das alles mir passiert. Meine Arbeit, dann die Wohnsituation, meine Kindheit und Jugend, und es sind ja noch andere Dinge passiert, die ich hier nicht erwähnt habe, Vorkommnisse die auch nicht grad positiv sind. Alles Sachen die ich nicht will oder wollte. Aber ich hab das so wie es ist. Ich kenne nichts anderes und versuche dem alles noch etwas Gutes abzugewinnen.

Auch wenn ich Kinder nicht mag, wenn ich erlebe, das meine Bemühungen am Kind und an den Eltern Früchte tragen, dann freue ich mich. Manchmal sitz ich Wochen mit einem Kind zusammen, übe zB nur das Sprechen. Und wenn dann statt Fiff endlich Fisch aus dem Mund des Kindes kommt dann freue ich mich. Oder wenn ich freizeittechnisch was Neues erleben kann dann freue ich mich. Wenn meine Katzen schnurrend bei mir sind ist das auch ein Grund zur Freude. Toll ist es auch, wenn man bei einem Gewitter auf dem Balkon sitzen kann, und einen Kaffee dabei trinken kann. Manchmal freue ich mich einfach auch nur darüber, das ich im Gegensatz zu meinen Eltern nicht in Schulden schwimme. Ich muss mir keine Gedanken machen wo ich morgen Essen her bekomme.

Tjaaa, so ist das. Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Hinfallen, aufstehen Krone richten und weitermachen. Es wird nie langweilig....

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03.01.2018 06:37
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@Belliwell

Liebe Belliwell!

Zitat von Belliwell im Beitrag #21
Tjaaa, so ist das. Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Hinfallen, aufstehen Krone richten und weitermachen. Es wird nie langweilig....


Ich habs nochmal gelesen, wie ging es seit dem weiter mit dir?

Herzlichst
Emin


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03.01.2018 18:18
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Hallöchen :)

Es hat sich nicht viel geändert. Im Moment habe ich die dritte Woche Urlaub. Eine Woche habe ich noch. Ich friemel in meiner Wohnung umher, hatte 2 Rückschritte in der Zeit und bekomme es einfach nicht so hin wie ich will. Ich habe mir jetzt 2 Bücher geholt. Magic Cleaning nennt sich das. Ich brauch mal etwas Inspiration..

Beruflich gab es herbe Rückschläge. Der Betriebsrat hat mich im Oktober zum Arzt geschickt. Es folgte eine Auszeit von 2 Wochen. Eins der Kinder ist derart ausgeflippt das es den gesamten Gruppenraum geschrottet hat. Sämtliche Regal-Inhalte lagen auf dem Boden, Mit Bauklötzen und Autos wurden die Lampen kaputt geschossen, Fenster hat es mit Stühlen eingeschmissen. Ich selber hatte eine Schnittwunde am Arm aber konnte zum Glück die anderen Kinder noch rechtzeitig außer Gefahr bringen. Ein angerufener Krankenwagen benötigte fast 20 Minuten um das Kind zu schnappen. Das war ein Erlebnis der besonderen Art. Das Kind durfte dann nach 2 Wochen wieder in die Kita. Die Chefin hat alles heruntergespielt. Von Anfang November bis 2 Wochen vor Weihnachten hatte dieses Kind täglich mehrere solcher Ausfälle. Die Chefin stellte es so dar, das meine Kollegin und ich auf Machtspielchen mit diesem Kind aus wären. Dann kam Tag X. Cheffin nahm das Kind mit ins Büro, nachdem der halbe Gruppenraum wieder zerlegt war. 10 Minuten ging es gut. Danach war das Büro nur noch Schutt und Asche und seitdem wurde dem Kind verboten in die Kita zu kommen bis eine Verhaltensanalyse beim Psychologen erfolgte. Mit anderen Worten, erst wenn die Chefin genug hat passiert was, vorher ist es egal... Naja, ich bin mir aber sicher, wenn mein Urlaub zu Ende ist, wird das Kind auch wieder da sein. Wahrscheinlich mit Einzelfallhelfer und medikamentös ruhig gestellt....

Tjaaa, so ist es mir ergangen. Kann man nur hoffen, das das neue Jahr besser wird.

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03.01.2018 18:28 (zuletzt bearbeitet: 03.01.2018 18:28)
avatar  Emin
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@Belliwell @BesitzerinvielerDinge

Liebe Belliwell!

Du hast einen sehr verantwortungsvollen Beruf, doch das sowas passiert das ein Kind allein den den gesamten Gruppenraum geschrottet hat ist schon hart. Hoffe dem Kind kann geholfen werden. Ja jeder von uns braucht mal eine Auszeit, die sollte am besten 7 Wochen gehen am Strand mit Palmen und viel Sonne und bei manchen noch länger. 2 Wochen gehen so schnell rum, ehe man sich versieht sind 14 Tage schwupp vorbei. Doch zur Magic Cleaning Methode hab ich das mir grad angeschaut denn ich besitzte ja auch nur soviel das ich es in ca. 7 Minuten zusammenpacken kann in zwei Koffer.



Wie findet ihr das Video und die Methode?

Beste Grüsse aus Hessen
Emin


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03.01.2018 20:23
avatar  Inci
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Was ist das eigentlich?
Ich denke schon längere Zeit darüber nach. Dieser Minimalismustrend. Woher kommt das? Magic cleaning und so weiter.
Das gab es doch vor 10 Jahren noch nicht...
Ist das modern?
Hat man einfach keine Zeit mehr wegen dem verrückten System mit all ihren Hindernissen, so dass man alles weggeben muß, weil man nicht mehr Herr der Lage wird in seinem eigenen Umfeld? Ich muß jetzt alles reduzieren, weil ich vollkommen überlastet bin mit den Verrücktheiten des Systems, weil überall nichts mehr läuft. Als Beispiel sprsch ich gestern mehrere Male auf den AB meines Psychotherapeuten und bat um Rückruf. Wegen des Rezeptes der Ergo. Ich habe denen mehrmals! meine Festnetznummer auf Band gesprochen.
Heute riefen sie an. Auf dem Handy!!!!!!!............
Das lag im Auto. Da liegt es immer, weil ich eine Festnetznummer habe und mich hier nicht auch noch verstrahlen lassen möchte. Deshalb auch die Festnetznummer.
Warum soll ich jetzt meine Küchenuntensilien, so schöne Sachen, ich hänge daran, weggeben, weil ich keinen Schreiner finde, der mir Regale baut?
HILFE!

Inci


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