Die Welt der Anderen
Tag für Tag stehe ich in Wohnungen, die Menschen mit ganz wenig Geld und unglaublicher geduld und Liebe eingerichtet aben und ich gebe zu, ich beneide sie. Dann bin ich hier, überlege mir, dass ich alles genau so dekorativ haben könnte, ich kanns vom Handwerklichen her und einfallen würde mir auch was Besonderes.
Und jetzt kommt das "Aber". Ich bin mir nämlich auf die Schliche gekommen. Genau diese Denke wäre der Beginn der nächste Messiekarriere. Ich neige dazu, Dinge, die mir gefallen, übernehmen zu wollen. Das ist gar nicht meins, hätte ich es nicht gesehen, wäre ich nie auf die Idee gekommen.
Ich fühle mich manachmal wie ein Schwarzes Loch (verzeih mir, S. Hawkins), ich ziehe magisch alles an, was mir in den Lebensweg kommt, weill ich irgendwie noch immer nichts echt Eigenes habe, was den Raum füllen könnte.
Dabei könnte ichs belassen und viele hier würden sich wohl sogar irgendwie ein bissie wiedererkennen. Bloß ist das eben nicht die ganze Wahrheit. Ich weiß, im Gegenteil, sehr genau, was ich möchte und worauf ich hinarbeite, aber irgendwie erscheint immer das "andere" besser, ausgereifter, was Blödsinn ist - es ist einfach nur anders.
Wie bekloppt das ist, merke ich, wenn meinjüngster Sohn herkommt. Der hat genau so eine Wohnung zusammengeschraubt, um die ich ihn beneiden könnte und dann sitzt er hier und meint:
"Weißt Du, Mutti, ich geb mir zwar Mühe, aber ich habe dort kein Zuhause- Gefühl. Irgendwie mache ich alle Jahre bei Dir hier die Tür auf und bin wieder da, als wäre ich nie weg gewesen. Hier ist Zuhause."
Ich werde ihm niemals erklären können, wie subjektiv das ist - ich bin noch lange nicht angekommen, genau wie er, nur gibts für mich halt kein "Zuhause" mehr.
Provokativ gefragt: Wie lernt man es, an zu nehmen, dass wirklich der Weg das Ziel ist? Ich werde niemals "fertig" werden, weil ich totunglücklich wäre mit "fertig". Mein Leben lang werde ich suchen und probieren und ändern und wieder von vorn beginnen. Das IST meins, nicht das "mit irgendwas fertig werden", sondern das "tun".
Ich weiß das, bin mir dessen völig bewusst, weiß auch, dass man so sein kann und darf und daran gar nichts Schlimmes ist und doch versuche ich weder und wieder und wieder, ein Stück "fertig" von anderen zu klauen.
Ich glaub, ich sollte mich mal bei irgendeinem Nomadenstamm bewerben oder im Dschungelcamp. Da würden mir wohl endlich die, zu mir gar nicht passenden, Stabilitätsphantasien flöten gehen.
Kay
