Hallo Otti,
mein Mann ist kein Messie, finde ich, sondern das bin ich, aber unordentlich ist er auch (vielleicht ist er auch ein Messie, er betrachtet sich nicht so, und ich könnte es nicht wirklich beurteilen, weil ich zumindest die Schlimmere von uns beiden bin). Und wir haben sehr unterschiedliche Auffassungen davon, was Ordnung bedeutet. Ich, obwohl Messie, habe ein strengeres Ordnungsempfinden, als mein Mann.
Was aber ist: wenn er auf Geschäftsreise ist, und ich kriege einen Aufräum-Rappel, dann hänge ich auch Bilder auf oder um, krame seine Sachen m.E. sinnvoll anders, aber gut, dann spricht der auch nicht mehr mit mir. Ich habe das früher als unmöglich bewertet. Ich empfand seine Reaktion als Bestrafung, was mir natürlich sehr gegen den Strich ging.
Ich hatte dann irgendwann die Idee, einen Tag, bevor er kam, ihm per Telefon zu sagen: Du, ich habe Bild A nach dort gehängt, und ich habe Deine ganze Post grad sortiert und nebeneinander dort und dort hin gelegt... Wenn er dann am nächsten Tag kam, ging er erst Mal ohne Begrüßung durch die ganze Wohnung, betrachtete sich alles, und dann war es gut. Es konnte dann allenfalls noch passieren, dass er dann doch noch mal seine ganze Post auf einen Stapel gelegt hat.
Was ich sagen will, er brauchte die Ankündigung. Und auch das Vertrauen, dass ich nichts von ihm wegschmeiße. Entscheidungen über den anderen zu treffen, kann schwierig werden.
Natürlich gibt es reichlich Haushalte, wo Mann arbeiten geht, die Frau macht klar Schiff Zuhause und trifft somit ja auch Entscheidungen. Und hier es ja, bei Dir, wie bei mir, speziell. Ich würde zum Beispiel auch niemals mehr graue, verblichene Socken mit Loch einfach wegschmeißen. Heute mache ich das so, (ich sortiere gerne Socken), dass ich die guten auf die eine Seite lege, und jedes schlechte Paar auf die andere. Und dann Schatz bitte, sich den schlechten Stapel kurz durchzuschauen und zu entscheiden, was weg kommt. Inzwischen schmeißt er sie ungesehen weg. Aber eben vorher, als ich es "einfach so" gemacht habe, hat er sie sich wieder zurück geholt und schon allein aus Freck nicht weggeschmissen.
Prospekte: ich schreibe Dir etwas dazu, und ich bitte Dich, das zu nehmen, was für Dich passen könnte, und das weg zu tun, was eben einfach nicht passt.
Ich dachte, als ich die Sammelleidenschaft Deines Mannes für Prospekte gelesen habe... dass das doch auf den ersten Blick so sinnlos ist, wie ein Kropf. Prospekte sind "aktuell", und jemand nimmt einen Prospekt mit, weil da was drin ist, was er ggf. nutzen möchte. Wenn man im Urlaub ist und aus dem Hotel oder woher auch immer mal einen Prospekt mitnimmt, dann, weil man sich erinnern möchte.
Doch Dein Mann sammelt offenbar ja alles an Prospekten. Und davon dann auch mehrere Exemplare, wenn ich Dich richtig verstanden habe.
Da dachte ich: es geht doch nicht um "Prospekte". In den Prospekten materialisiert sich "etwas anderes". Es ist wie ein Ausleben "von etwas anderem". Und ich dachte weiter, es "sichert" auch irgendetwas für ihn.
An einer anderen Stelle hier bei Dir habe ich gelesen, dass Ihr wohl aus der ehemaligen DDR kamt, und dass es da z.B. Prospekte nicht gegeben hat. Ich habe mich gefragt, wie Dein Mann die Wiedervereinigung innerlich erlebt hat, was es mit ihm gemacht hat, dass plötzlich alles anders wurde... Was er vielleicht auch vermisst, oder wo ein "Übergang" gut oder vielleicht eben nicht gut gelungen ist. Und ich habe mich gefragt, ob Du noch mal für Dich so herausfinden kannst, wann das Sammeln angefangen hat.
Du wirst ihn sehr vermutlich nicht auf solche inneren Dinge ansprechen können. Aber vielleicht kannst Du vorher etwas für Dich herausfinden, erinnern, Zusammenhänge knüpfen. Ich glaube, das könnte Dir nützlich sein. Erst mal so kannst Du bei Deinem Mann nichts verändern. Aber es macht einen Unterschied, ob Du etwas gerade über diese Sache verstehst, oder ob Du weiter "nur" gegen Windmühlen ankämpfst.
Wie gesagt, bitte nimm, was Dir nützlich sein könnte, das andere tue bitte einfach weg.
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