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Die Möchtegern-Minimalistin
Entkrempeldienstag
Wohnzimmerregal, Fach Nr. 6, 7, 8: die Kleinkategorien "Hausapotheke" und "Kerzen" sind jetzt entkrempelt.
Die Pandemie ist jetzt auch in meiner Hausapotheke vorbei. Ich habe fünf unangebrochene Packungen Schnelltests weggeworfen. Und ich habe der starken Versuchung widerstanden, eine Packung aufzuheben "für den Fall, dass".
Aufgehoben habe ich allerdings die Kaliumjodid-Tabletten. Für den Fall, dass die Welt nuklear entgleist.
Ich nehme jeden Tag Jod via Lugolscher Jodlösung ein. Für die Schilddrüse und gegen Brustkrebs. Meine Jod-Andockstellen sind daher besetzt und geschützt.
Doch Deutschland braucht im Katastrophenfall die Jodtabletten aus meiner Hausapotheke... Zusammen mit den Krempelvorräten von uns Messieforisten und dem Inhalt von @Anna1111 s Horrorhaus überleben wir das!
Die 2022 abgelaufene Tube Jodgel habe ich ebenfalls behalten. Jodgel desinfiziert sich meiner Theorie nach ständig selbst. In meinem Elternhaus wurden mit einer einzigen, aus meiner Kindheit stammenden Tube Jod jahrzehntelang erfolgreich alle Wunden desinfiziert.
Meine Friseurinnenschere hat ihren Platz übrigens in der Hausapotheke. Gleich neben der Zeckenkarte und dem Fieberthermometer.
Weil ich mit der Schere ständig ästhetische Notfälle bei mir und auf den Köpfen anderer Leute versorge. Alle sind jedes Mal erneut verblüfft, wie ich ihnen binnen Minuten einen schönen Haarschnitt verpasse.
Diese Fähigkeit ist aus der Not geboren. Ich kam immer unglücklich vom Friseurbesuch zurück, weil keine Fachkraft mein extrem lockiges Haar gut hinkriegte. Deshalb habe ich mir selbst beigebracht, wie frau unter Berücksichtigung ihrer Locken einen kinnlangen Bob schneidet. Mit diversen Varianten für andere Menschen, also für glattes Haar, längeres Haar, für die Ponypartie und für die gewünschte Haarlänge im Nacken.
Beim Sortieren der Kerzenschachtel war es dann wieder soweit: Ich weinte wie ein verlassenes Kind.
Der Geburtstagskerzen-Kranz brach mir das Herz. Das ist ein Taubenblau lackierter, flacher Holzring mit handgemalten Blümchen zwischen den Bohrlöchern für die Kerzen.
Zuletzt im Einsatz am letzten Geburtstag meiner Mutter.
Behutsam legte ich den Holzkranz zu den anderen Kerzenhaltern, die ich behalte. Ich überlegte: Entspricht die Anzahl an Kerzenleuchtern und Kerzen der Anzahl an Anlässen, bei denen ich Kerzenlicht verwende?
Die Antwort ist: Ja. Es sind nicht zuviele Kerzen und Kerzenhalter.
Seit meine Wohnung zum Messienest mutiert ist, habe ich zwar nur jeden Morgen ein Teelicht im Badezimmer an. Weil Kerzlicht in den zugestellten anderen Räumen brandgefährlich wäre.
Doch in den Jahren, in denen die Wohnung noch okay genug war, um mich frei darin zu bewegen, Besucher zu empfangen, und unbedenklich Kerzen brennen zu lassen, hatte ich jeden Tag zum Essen Kerzenlicht auf dem Tisch. So war es bei meinen Eltern üblich und ich hatte das mit Freuden übernommen. Wenn Besuch da war, zündete ich im Wohnzimmer mehrere Kerzen an.
Das alles wird bald wieder so sein: Der Tisch frei von Papieren, sodass ich beim Essen eine Kerze brennen lassen kann. Besucher im Wohnzimmer und genug freie, sichere Stellplätze für Kerzenlicht.
Ich freue mich so sehr darauf, meine Wohnung und mein Leben wiederzubekommen.
Das Volumen des entsorgten Krempels und der Platzgewinn sind enttäuschend bei kleinteiligen Kategorien wie Hausapotheke und Kerzen. Dafür ist der Nutzwert der Entkrempelung hoch: Ich habe jetzt eine übersichtliche Hausapotheke und griffbereites Nähzeug (seit dem vorigen Entkrempeldienstag).
Eine kleine Mülltüte mit abgelaufenen Medikamenten und ein Schuhkarton voller Billigteelichte verließen das Haus. Ich verwende seit einiger Zeit nur noch Teelichte aus Rapsöl. Schöneres Licht, weniger giftiger Rauch.
@Rica
Es ist jede Woche spannend! 😃
Dass das Entkrempeln von kleinteiligen Kategorien eine Menge Arbeit macht und man am Ende nicht so viel Volumen an Platz dazu gewinnt, hatte ich ja auch schon bei meinen Nahrungsmitteln herausgefunden... Ich bin sehr gespannt, was in deiner Wohnung noch alles an Schönem zum Vorschein kommt!
Heute war mein (vorgezogener, da ich nächsten Mittwoch nicht zu Hause bin) Staubwisch-Mittwoch: An jedem letzten Mittwoch im Monat wische ich alle Türklinken feucht ab und entferne in allen Zimmern mit dem Staubwedel Spinnweben und Wandstaub. Und wische überall Staub, wo ich rankomme.
Problem: Je länger ich entkremple, desto mehr Stellen werden fürs Staubwischen zugänglich. Inzwischen zum Beispiel die entkrempelte Hälfte des Wohnzimmerregals, die Oberfläche der Alte-Papiere-Kiste, das Regal neben der Schlafstätte.
Entkrempelt und zugänglich bedeutet aber leider nicht "leicht zu putzen". Es müssen Schachteln und Gegenstände angehoben werden, um darunter Staub zu wischen. Und die Schachteln und Gegenstände selbst werden auch abgestaubt. Das artet in Arbeit aus.
Deshalb werde ich langfristig zwei Strategien verfolgen:
1. Minimalisieren. Das geht weit über das Entkrempeln hinaus, das ich derzeit betreibe. Je weniger Kram, desto weniger Staubwischen
2. Die Wohnung pflegeleicht machen. Vielleicht Schränke, statt Regale. Das würde die Notwendigkeit zum Staubwischen um 90 Prozent reduzieren.
Es kann nicht so schwierig sein, ein Cleanie zu sein. Ich komme auf jeden Fall dahinter, wie es geht.
Ja, definitiv. Ich vermisse meine minimalistische Einzimmerwohnung, wo ich in einer Stunde alles putzen konnte und in einer zweiten Stunde noch alle Fenster. Seufz. Habe hier immer noch drei Fenster nicht geputzt. Heute waren die Terrassenmöbel dran, weil das Wetter jetzt wieder angenehm genug zum Raussitzen ist.
Meine sich zunehmend normalisierende Wohnung macht mir so viel Freude. Ich fühle mich wie in einer Braut-Bubble: Alles voller Glitzer hier. Und ich verliebt in alles.
Statt lästige Pflicht war meine alldonnerstägliche Selbstpflege heute ein Fest in meinem niedlichen, wohnungseigenen Hotelbad.
Außerdem: Ich liebe Schubladen! Diese Erkenntnis werde ich bei der Einrichtung nach dem Entrümpeln berücksichtigen.
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