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Die Möchtegern-Minimalistin
Zitat von Rica im Beitrag #429
Damit könnte man mich mehr von der Resozialisierung überzeugen als mit allsonntäglichen Gottesdienstbesuchen.
🤣 Aber wohl eher nicht, wenn diejenige wegen Blockieren eines Atomtransports sitzt... In dem Fall ist Sprossenzucht eher eine subtile Widerstandshandlung! 😁
Das kommt gleich nach Baumschmusen beim Hofgang!
Die Fruchtfliegen werden glaube ich auch Essigfliegen genannt. Ich schätze, sie spucken ihre Verdauungsenzyme überall rein. Naja, nur in *frische* Lebensmittel. Die Biester sind alleine schon 'nen Grund für 'nen Kühlschrank! Oder für ein gut durchgeplantes Leben.
Wenn mir etwas aus dem Besitz meiner Mutter gefiel und ich es lobte, sagte sie entweder:
Brauchst du es? Dann nimms mit.
Oder sie sagte:
Kannst du es brauchen? Nimms mit!
In ersterem Fall lehnte ich ab, weil ich wusste:
Das Teil war ihr wichtig. Sie benutzte es selbst.
Im zweiten Fall nahm ich es mit, weil mir klar war:
Sie brauchte es nicht und würde sich freuen, wenn ich es benutze.
Ich glaube nicht, dass ihr der feine Unterschied in der Formulierung bewusst war. Denn sie hätte mir alles gegeben, was ich haben wollte. Ob sie es selbst brauchte oder nicht.
Entkrempeldienstag
Das fünfte Regalfach des Wohnzimmerregals enthält Nähzubehör aus vier Haushalten: meine selbst gekauften Nähsachen, und die geerbten Nähutensilien meiner beiden Großmütter und meiner Mutter.
Zum Glück nichts Großformatiges wie Nähmaschinen. Früher hatte ich Nähmaschinen in diversen Ausführungen. Eine selbst gekaufte elektrische Nähmaschine, eine mechanische Singer-Tischtretnähmaschine von anno dazumal, und das Replikat einer antiken mechanischen Kindernähmaschine mit Kurbelantrieb.
Ich begriff schon vor zwanzig Jahren, dass ich nicht gerne nähe. Ich verkaufte alle vorhandenen Nähmaschinen und weigerte mich, die Nähmaschinen der beiden Großmütter und die von meiner Mutter zu erben.
Ganz kleine Instandhaltungsmaßnahmen führe allerdings nach wie vor durch: Knöpfe annähen. Aufgegangene Nähte schließen. Kleine Löcher in Cashmerepullis, T-Shirts, Handschuhen, Höschen und Socken flicken.
Die Auswahlkriterien waren daher klar: Ich behielt nur das, was ich für diese einfachen Reparaturen brauche.
Nähnadeln.
Zwirnsterne und Garnrollen in "meinen" Farben (Schwarz, Dunkelblau, diverse Grautöne, Hellblau, Blassrosa).
Zwei Stopfpilze, weil ich den meiner Großmutter nicht weggeben wollte, mein eigener aber besser ist. (Wir kennen das Problem bereits vom vorigen Dienstag. Da behielt ich die schlechteren Dominosteine meiner Großmutter. Plus mein selbst gekauftes, besseres Dominospiel.)
Dazu alle Stoffscheren aller Großmütter, inklusive meiner Zickzackschere und dem Zickzackscheren-Duplikat meiner Mutter. Wer würde jemals eine Schere weggeben?
Das textile Gegenstück zu Hotelseifchen sind übrigens Hotel-Nähsets. Heutzutage sind sie nicht mehr üblich. Früher staubte frau bei jedem Hotelaufenthalt ein kleines Reisenähzeug im Pappetui ab, auf dem der Name des Hotels aufgedruckt war.
Hotelseifchen kann ich wegwerfen bzw. ich nehme sie gar nicht mit nach Hause. Gegen die ererbten Reisenähsets bin ich machtlos. Ich sammelte sie in einer kleinen Zigarrenkiste (ein Hoch auf meine Behältersammlung!) und legte sie in den Schuhkarton mit dem entkrempelten und säuberlich aufgeräumten Flickzubehör.
Mit dabei: das geniale Bundeswehr-Reisenähset meines Vaters. Im unzerstörbaren Zubinde-Etui aus olivgrünem Baumwollzwillich. Zwirn in Natooliv, Stopfgarn in Marineblau, Nähfaden in Feldgrau. Dazu Uniformknöpfe, Schere, Sicherheitsnadeln.♡♡♡
Soweit, so gut. Dann hatte ich plötzlich Mamas Knopfdose in der Hand. Die gelb- und grüngemusterte Atrix Glycerin-Handcremedose aus den frühen 60er Jahren. Gefüllt mit all den sorgfältig gesammelten Knöpfen, mit denen ich als Kind gespielt hatte.
Wie jedes Mal, wenn ich mich mit besonderen Erinnerungsstücken befasse, musste ich bei der Knopfdose bitterlich weinen.
Ich entsorgte eine halbe Mülltüte voll mit aus alten Jeans herausgeschnittenen Reißverschlüssen, Gummibändern zur Reparatur der traditionellen Feinrippunterhosen meines Vaters, Bänder und dergleichen.
Die Näh- und Stopfgarne in allen Farben des Regenbogens sortierte ich zum Verschenken in ein Kästchen ein. In eine Keksdose legte ich als besonders attraktive Gabe fürs Verschenkregal das unwiderstehliche Handnähmaschinchen, das ich nie verwendet habe. Es sieht aus wie ein Heftklammergerät und wird durch Zusammendrücken bedient. Inklusive Anleitung.
Auch das klassische Holznähkästchen meiner Großmutter väterlicherseits, aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts, kam ins Verschenkregal. Ich halte den typischen längs ausziebaren, instabilen Etagenbau, und die beiden lose aufgesetzten Holzdeckel von Nähkästchen für eine Fehlkonstruktion. (Werkzeugkästen, deren Etagen seitlich ausgeklappt werden, und deren Deckelklappen an Scharnieren am Kasten befestigt sind, haben eindeutig das bessere Design.)
Ich freute mich wie jeden Dienstag, dass das Verschenkregal nur drei Gehminuten von meiner Wohnung entfernt ist, und brachte sofort alles dorthin.
Ich wünschte wirklich, ich könnte Emins Brechstangen-Methode anwenden, statt mich jeden Dienstag zu plagen und zu weinen...
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