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Die Möchtegern-Minimalistin
Im Grunde brauche ich mir keine Vorzeigeminimalisten mehr anzugucken. Ich bin auf dem Weg, bin nicht mehr aufzuhalten, und ich werde letztlich Minimalistin sein.
Trotzdem macht es mir Spaß, Minimalisten zu begutachten. Es schadet ja nicht.
http s://ww w.sanitas.com/de/magazin/zusammenleben-heute/minimalismus-fuer-ein-glueckliches-leben.html
«Ja, ich bezeichne mich als Minimalisten: Ich besitze heute nur noch rund 80 Gegenstände», sagt Alan Frei. Noch lieber nennt er sich aber einen «Optimierer» – einen, der selbst die Weichen stellt, um so frei, unabhängig und unbelastet wie möglich zu leben. Möglichst wenig zu besitzen ist eher ein Nebeneffekt davon. Der Tod seines Vaters hat ihn erstmals mit dem Thema konfrontiert. «Ich realisierte beim Räumen des Elternhauses, dass dort unzählige Gegenstände seit 30 Jahren herumstanden und lagerten, ohne dass sie jemand benutzt hätte. Mir wurde klar, dass sich der Besitz von zu vielen Dingen für mich eher nach Ballast anfühlt.»
«Mit jeden Gegenstand weniger gewann ich mehr Freiheit»
Reddit.com ist eine gute Quelle für Kommentare der unterschiedlichsten unbekannten Minimalisten.
htt ps://w ww.reddit.com/r/extrememinimalism/
"lack of storage is a big one for me, I want my minimalism to be honest, what you see is everything I have, nothing is hidden away in a pile of shame"
Dieser Kommentar lässt mich über die Anzahl meiner Regale nachdenken. Und über die Option "ständig einstaubend offen im Regal" versus "staubgeschützt hinter Schranktüren lagern".
Mein vor einigen Wochen gestartetes Minimalisexperiment "Regalküche" erfordert tägliches Staubwischen. Alles steht im offenen Regal (B 80 x T 30 x H 96 cm, der Deckbalken des Regals ist die Arbeitsfläche).
Das tägliche Staubwischen in der Regalküche finde ich arbeitstechnisch maximalistisch...
Andererseits denke ich deshalb immer wieder darüber nach, was noch weg könnte, damit sich der Aufwand beim Staubwischen verringert.
So habe ich zum Beispiel festgestellt, dass ich viel lieber heißes Wasser trinke als all die Kräutertees, die ich habe, weil man sie als Heißgetränkeliebhaberin eben hat. Jetzt habe ich nur noch den grünen Tee im Regal, den ich aus Gesundheitsgründen morgens trinke. "Keine Kräutertees" stellt keine Entbehrung für mich dar, weil mir heißes Wasser wirklich schmeckt.
Wie Alice im Wunderland to fall down the rabbithole of minimalism macht mir sehr viel Spaß. Alice fiel so langsam und so lange, dass sie sich im Fallen die Dinge in den Regalen des Kaninchenhöhlenschachts angucken konnte. Manchmal nahm sie ein Ding in die Hand und stellte es ein paar Meter tiefer in ein anderes Regal zurück.
Mein Regalküchen-Minimalismusexperiment entspricht Alicens gemächlichem Abwärtsfallen. Es betrifft nur einen Lebensbereich, überfordert mich nicht und bleibt seit vielen Wochen interessant und lehrreich.
@Rica
Hmmm... Ich räume noch immer täglich den *Herd* weg! 😁 Allerdings weil sich auf meinem eigentlichen Herd der Maximalismus breitgemacht hat und ich nicht weiß, wohin damit.
Also wenn du dir was zu essen machst, wo befinden sich die Zutaten dafür?
Zitat von Robin im Beitrag #248
Also wenn du dir was zu essen machst, wo befinden sich die Zutaten dafür?
In der Regalküche. Also im Regal. Eine Schale mit dem aktuellen Salatkopf, eine offene Lunchbox mit dem Obst des Tages. Ein paar Portionsdöschen meiner Shakepulvermischung. Motto: "Das bisschen, das ich esse, kann ich genauso gut trinken." *Wirft den Smoothiemaker an*, der ebenfalls im Regal steht.
Nahrungsergänzungsmittel auf dem Wohnzimmerregal. Per "Bibliotheksleiter" zugänglich. Der Vorrat an der selbst zusammengestellten, vitaminisierten Shakepulvermischung in Portionsdöschen ist im Keller. Im Keller sind auch immer ein paar Zitronen, Äpfel, Nüsse.
Der nächste Laden ist nicht weit.
Exkurs:
Meine erste Trinkkokosnuss
Seit meiner Kindheit waren die gelegentlichen Kokosnüsse in den Wintermonaten kulinarische Highlights. Die Essbarmachung oblag meinem Vater, der sein Leben lang nie auch nur ein Butterbrot zubereitete.
Vorab wurde die einzige weiche der drei Pfropfstellen mit dem Korkenzieher aufgebohrt und die Nuss umgedreht auf ein Wasserglas gesetzt, damit das Kokoswasser ablief. Je nach Glück enthielt die Nuss viel, wenig oder verdorbenes Kokoswasser. Kind, Mutter Vater taten je einen Schluck aus dem Glas mit der köstlichen Flüssigkeit.
Dann trug mein Vater die Nuss in seine Werkstatt, klemmte sie in den Schraubstock und zersägte sie in zwei Hälften. Zurück in die Küche und er hebelte das Nussfruchtfleisch mit Hilfe von Messereinschnitten und einem starken Löffel aus der Nussschale.
In meinem eigenen Haushalt setze ich die Kokosnuss-Zeremonie robuster um: Mit einem Schraubenzieher den weichen Pfropfen durchstoßen, Kokoswasser ins Glas schütteln, mit Nuss und einer Schüssel vors Haus gehen, die Nuss mehrfach auf die Straße schmettern, bis sie in genügend Schalenfragmente zerfällt, von denen ich das Fruchtfleisch leicht ablösen kann.
Heute Morgen hatte ich es zum ersten Mal mit einer ausgewiesenen "Trinkkokosnuss" zu tun: Die Schale glatt geraspelt, ein Stechholz und ein Teleskopstrohhalm (tatsächlich aus Stroh o. Ä.) beigegeben. Die Nussschale war beim Kauf rund um ihren Äquator bereits eingesägt.
Erwartungsgemäß enthielt die Trinkkokosnuss eine Menge Kokoswasser. Es fühlte sich an, wie das Schicksal zu betrügen. Aus der Glückssache (ist es viel, wenig oder verdorben?) wurde eine Gelinggarantie: ein dreiviertel Glas süßes Kokoswasser.
Die Nuss ließ sich nicht mit dem Schraubendreher am eingesägten Äquator aufstemmen. So warf ich sie wie sonst auch auf die Straße, um ans Fruchtfleisch zu kommen.
Die Geschichte mit der Trinkkokosnuss hat keine Moral. Ich wollte sie nur erzählen.
Zitat von Robin im Beitrag #248
Hmmm... Ich räume noch immer täglich den *Herd* weg! �� Allerdings weil sich auf meinem eigentlichen Herd der Maximalismus breitgemacht hat und ich nicht weiß, wohin damit.
Ah, die nahezu geologischen Schichtungen des Messietums. Meine Theorie: Nur dank historischer Messies kommt es zu spektakulären Ausgrabungsergebnissen bei Archäologen...
Ist die Küche dein Hauptaufenthaltsraum außerhalb der Schlafenszeiten? Ich habe immer noch die Suche nach dem schnellen Sieg im Kopf, der dir mit wenig Aufwand viel Lebensraum verschaffen würde.
(Oh je, ich klinge wie eine Nazisse: Sieg, Lebensraum. Vielleicht ist dem unsäglichen B. Höcke sein Deutschlandspruch wirklich ohne historisches Bewusstsein eingefallen, und er wurde zu Unrecht verurteilt? Sprachzensur ist ein schmaler Grat. Als Richterin hätte ich mein Urteil möglicherweise im Zweifelsfall für den Angeklagten gefällt.
Prominentes Beispiel: Politisch korrekt neu editierte Kinderbücher, deren Originalfassungen mich nicht zur Rassistin gemacht haben, und deren Kontext ich problemlos verstanden hätte, hätte man es mir damals erklärt. Ich habe keine festgelegte Meinung zu dem Thema. Aber Übersetzungen vom Deutschen ins heute korrekte Deutsche bei historischen Kinderbüchern gefallen mir schlicht nicht. Stichwort Authentizität.)
Entkrempeldienstag. Die Sonne lud mich heute zum Baden im Fluß ein. Ich handelte mit mir selbst aus:
Meine Schuhe durchsehen und aussortieren. Alle Behalten-Schuhe putzen. Aussortierte Schuhe je nach Zustand in die Mülltonne, oder auf dem Weg zur Badestelle in den Altkleidercontainer werfen.
Gesagt, getan.
Vorher: insgesamt 14 Paar Schuhe
Nachher: 9 Paar Schuhe
Da geht noch was (weg) langfristig. Doch im Moment passt es. Drei Paar Schlappen verwende ich alleine schon im und ums Haus herum:
Ein Paar Schlappen steht an der Wohnungstür für Gänge zum Müllhaus, in den Keller und zu Nachbarn.
Das zweite Paar steht im Wintergartenzimmer für Gartengänge.
Das dritte Paar Schlappen sind reine Hausschuhe.
Dazu kommem drei Paar weiße Ledersneaker, alle das gleiche Modell. Ein Paar auf Vorrat. Die anderen beiden Paare trage ich immer abwechselnd, damit jedes Paar genug Zeit zum Trocknen und Auslüften hat.
Dann ein Paar Ganzjahres-Stiefelletten, ein Paar Ganzjahres-Halbschuhe und ein Paar hochdekorative Wedges zum Ausgehen und zugleich als Sommerpantoletten.
Die Dutzende hölzerner Schuhspanner hatte ich vor einiger Zeit nebenbei entsorgt. Jetzt habe ich nur noch vier Paar Schuhspanner, die alle in meinen Schuhen stecken.
Fünf Paar Schuhe weniger sind ein merkbarer Platzgewinn. Denn die würden beispielsweise einen halben dieser flachen Wandklappschuhschränke füllen. Oder zwei Fächer meiner 60 cm breiten Leiterregale.
Es fühlt sich sehr gut an, Überblick über meinen Schuhpark gewonnen zu haben, und unbeliebte bzw. abgetragene Schuhe entsorgt zu haben.
Ich habe sogar festgestellt: Ich möchte mir extra Sommersandalen kaufen. Die turmhohen Ausgeh-Wedges sind mir zu aufsehenserregend für meine sommerlichen Alltagserledigungen.
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