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Die Möchtegern-Minimalistin
htt ps://m.youtube.com/watch?v=oGN7a7OfObs
Das ist ein vier Minuten kurzes Video (eines englisch sprechenden Deutschen), das mich gerade mehr über Minimalismus gelehrt hat als die rund vier Dutzend Bücher, die ich zu dem Thema gelesen habe. Sinngemäß:
Es ist viel zu aufwändig, zum Aussortieren die Zigtausend Dinge durchzugehen, die man besitzt. Denn das bedeutet, zigtausend Entscheidungen treffen zu müssen.
Diese zigtausend Entscheidungen lassen sich auf maximal 150 Entscheidungen reduzieren: Schreibe eine Liste der bis zu 150 Dinge, die du wirklich brauchst.
Packe alles andere in Kartons weg und lebe mit den bis zu 150 Dingen. Gefällt dir dieser extreme Mininalismus nicht, oder brauchst du etwas aus deinen Kartons, nimm dir, was du willst aus deinen Kartons. Schmeiß die Kartons mit dem Zeug nach einiger Zeit weg.
Er hat zwar Recht, dass diese Methode auf einen Schlag aus Tausenden von Entscheidungen maximal 150 Entscheidungen macht. Was mich stört: Mich würde es traumatisieren, mein Zeug unbesehen wegzugeben.
Und ich halte das Listeschreiben nicht für zielführend. Die bekannte Tabula-rasa-Methode funktionkert besser: Alles wiederauffindbar nach Kategorien geordnet in Kartons packen und sich z. B. drei Monate lang alles aus den Kartons zurückzuholen, was man braucht. Das schafft keine Vorab-Liste. Allerdings macht die Tabula-rasa-Methode viel mehr Arbeit, und genau das will er mit der Liste vermeiden.
Sein Gedanke, der mich dagegen endlos fasziniert:
Menschen waren bis vor kurzer Zeit von Natur aus Minimalisten. Wer jagt und sammelt und nomadisch herumzieht, kann nicht viel mit sich führen.
Ich möchte ergänzen, dass bis ins 20 Jahrhundert hinein sehr viele Menschen in Deutschland und in vergleichbaren Volkswirtschaften nur wenige Dinge hatten. Die Vorstellung von der Holztruhe, die die gesamte Habe einer Magd oder eines Knechts enthielt, hat mich schon als Kind fasziniert.
Ein Kommentar und die Antwort des Youtubers zu dem Thema:
- I'm already a minimalist, but I'm absolutely fascinated and have experimented with 'extreme' minimalism. I'm of the same belief as you; that extreme minimalism isn't actually extreme at all and is a just a label now attached to it because we're used to owning so much stuff now. So anything less now feels extrem.
- 100% agreed. Your comment reminds me of one of my favorite quotes: "It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society." (Jiddu Krishnamurti).
htt ps://ww w.degruyter.com/document/doi/10.1515/srsr-2023-2059/html?lang=de
Rezension eines Buches, das die Habe von Tuaregs (etwa 130 Gegenstände) mit den Sachen deutscher Studenten (um die 3000 Stücke) vergleicht. Und noch viel mehr... Wie die Tuaregs an ihr Zeugs kommen, das oft multifunktional ist, wie sie Reichtum definieren u. v. m.
Zitat:
Danach setzt Spittler Requisiten in den größeren Zusammenhang eines Haushalts und beschreibt den Umgang verschiedener Haushalte mit den jeweils vorhandenen Dingen (Kapitel 3). Dafür hat Spittler 13 Haushalte vollständig inventarisiert und den monetären Wert, umgerechnet in Euro, der Objekte ermittelt. Zwar haben alle ein Haus in Timia, aber vielen Einheiten gehören Menschen an, die als Ziegenhirtinnen oder Karawaniers die meiste Zeit des Jahres „in der Fremde“ leben und dort einen eigenen Haushalt bilden. Diese haben im Vergleich zu den Einheiten im Dorf weniger Dinge. Der Umfang des Besitzes variiert darüber hinaus stark nach Alter und Geschlecht. Frauen besitzen etwa doppelt so viel wie Männer, weil ihnen die Wohnungs- und Küchenausstattung zugerechnet wird. Vor der Hochzeit besitzen Frauen kaum etwas, bei der Hochzeit bekommen sie eine Brautausstattung, die sie später großteils an ihre eigenen Kinder weitergeben, sodass sie dann wieder weniger besitzen.
Anschließend fasst Spittler die Erkenntnisse aus Kapitel zwei und drei zusammen und befasst sich mit der Frage, welche Dinge „ein Tuareg“ braucht. Dabei thematisiert er Feste und Alltagspraxen und vergleicht den materiellen Besitz der Kel Timia Tuareg mit dem anderer ethnischer Gruppen in der Umgebung (Kasena, Hausa und Fulbe), sowie mit dem Besitz einer Gruppe deutscher Studierender, deren Besitz er ebenfalls inventarisiert hat (Kapitel 4). Es zeigt sich, dass die Tuareg deutlich weniger besitzen als die deutschen Studierenden und ihre Requisiten multifunktionell einsetzen. Verglichen mit anderen Ethnien, die im gleichen Gebiet leben wie die Tuareg, sind die Tuareg die einzigen, deren monetär wertvollster Gegenstand nicht aus westlichen Ländern importiert ist.
Gerd Spittler, Leben mit wenigen Dingen: Der Umgang der Kel Ewey Tuareg mit ihren Requisiten. Tübingen: Mohr Siebeck 2023, 371 S., gb., 69,00 €
Heute habe ich den zweiten Kellerfensterschacht gesäubert. Ganz nach Pareto, habe ich den Schacht nur gefegt und das Fenster samt Rahmen kurz mit einem nassen Lappen abgewischt.
Der Schacht war mit meinem Gartenzubehör vollgekramt. Da ich endlich das Ausmaß meiner Abneigung gegen "Erdarbeiten" erkannt habe, habe ich den ganzen Kram mit Ausnahme der Werkzeuge entfernt (Heckenschere, Handrechen, kleine Schaufel, Unkrautstecher). Das Werkzeug benutze ich wirklich, wenn auch widerwillig, um die Hecke in Schach und die Terrassenfliesen unkrautfrei zu halten.
Krempelbeute: ein zu gut 50 Liter gefüllter blauer Müllsack. Dieser Erfolg war ungeplant und mühelos nebenbei errungen. Ich hatte ganz vergessen, dass Blumentöpfe, Erdtüten und sonstiger Kruscht dort lauerte. Habs einfach aus dem Schacht heraus direkt in den Müllsack gesteckt. Keine Entscheidungen notwendig: Für mich war völlig eindeutig, was weg soll und was ich (ge)brauche.
Mein gemächlicher Weg zum Minimalismus fühlt sich gut an.
Hallo @Rica ,
Zitat von Rica im Beitrag #222
Ich wiederholte mein Manöver dreimal. Da ein reales Gespräch, statt ihres Monologs, der Nachbarin keinen Spaß machte, verabschiedete sie sich nach wenigen Minuten. Normalerweise entleert sie sich verbal mindestens eine Viertelstunde lang.
Vielleicht hat sie sonst einfach deshalb weitergeredet, weil sie keine Antwort bekommen hat. Es geht bei der Interaktion mit Nachbarn usw. oft nicht um Informationsaustausch, sondern um soziales "Anstupsen". Wenn das Bedürfnis nach Wechselseitigkeit dieser Handlung erfüllt ist, können beide befriedigt ihrer Wege ziehen.
Zitat von Rica im Beitrag #225
Kennt ihr diesen hässlichen Hubbel aus erschlaffter Oberschenkelmuskulatur an der Innenseite des Knies?
Nein. ☺️ Meine Beine sind vom vielen Laufen und Radfahren noch ganz gut in Form. Dafür habe ich am Bauch eine Kugel in Medizinball-Größe. Oder: Hatte. Seit neuestem ist da nur noch ein maßvoller Wulst. Na jedenfalls wenn ich den Rücken grade halte. 😉
Aber ich find's auch einfach total schräg, dass Frauen ihr Untergestell so zur Schau stellen sollen!
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