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Die Möchtegern-Minimalistin
Extremes Minimalismus-Experiment Tag 6
Erkenntnisse gesammelt. Und ein paar Gegenstände.
Das Bodenbett
In seinem vorigen Leben war mein Kopfkissen das Kissen, das mensch sich unter die Kniekehlen legt, um in Rückenlage gemütlich zu liegen.
Meine richtigen Kopfkissen waren zwei kleine Daunenkissen. Eins alleine war zu wenig. Selbst die beiden Kissen stützten meinen Nacken nicht richtig und verrutschten nachts ständig.
Um beim Start des Experiments zwei Gegenstände einzusparen, nahm ich nur das längliche Kniekehlenkissen aus Memory-Foam (Gedächtnisschaum - köstliches Wort) mit in mein Minimalistinnen-Leben.
Es entpuppt sich als das beste Kopfkissen meines Lebens. Nebenrollen: Sitzkissen auf dem blanken Parkett, Knieschonerkissen bei einer meiner morgendlichen Gymnastikübungen.
Die Körperpflege
Es ist so schön, ein Handtuch zu haben.
Beim automatischen Griff zum Handtuchhalter greife ich nicht mehr ins Leere.
Endlich wieder abfrottiert und wohlig trocken nach dem Duschen.
Der Badvorleger wäre willkommen, um trocken und warm darauf zu stehen, statt auf kalten Fliesen. Doch ich begnüge mich vorerst mit:
26. Universalhautcreme
Die mische ich in einem Gurkenglas aus drei handelsüblichen Cremes zusammen: Glysolid-Glycerincreme, unparfümierte Babylotion der DM-Hausmarke und einem nach Rosen duftenden Körperöl von Müller.
Zum Glück ist das Gurkenglas halbvoll. Sonst stünde ich vor der Gewissensfrage, ob ich jede Zutat einzeln und das Gurkenglas extra zählen sollte. Außerdem bräuchte ich zum Zusammenrühren der Cremes den Löffel, den ich mir immer noch nicht zurückgeholt habe.
Retinolserum fürs Anti-Aging mache ich übrigens selbst: Eine Tablette Vitamin A mit dem Messergriff in einer kleinen Schale mörsern. Mit zwei, drei Esslöffeln Wasser verühren und auf Gesicht, Hals, Dekolleté auftragen.
Für das Retinolserum fehlen mir derzeit das Messer und der Löffel. Schälchen habe ich. Weil meine hausgemachte Proteinpulvermischung in Portionsplastikdöschen abgefüllt ist, die ich nicht zähle, weil sie (wiederverwendbare) Lebensmittelverpackungen sind.
Das Putzen
Eine Maschine Wäsche gewaschen.
Normalerweise fülle ich die Industrie-Waschmaschine in der hauseigenen Gemeinschaftswaschküche bis zum Gehtnichtmehr.
Früher habe ich nachgetreten, um noch mehr hineinzukriegen. Das geht nicht mehr, seit die Hausverwaltung die Maschine nach einem Hochwasser auf einen Flutsockel gestellt hat.
Deshalb fühlte sich die übersichtliche Waschmaschinenladung heute dekadent an:
Handtuch, Salat-Abdecktuch und eines der beiden Outfits, also Slip, BH, Socken, Pullover, Levis.
Die kleine Wäschemenge hinterließ nur ein zartes Vlies im Flusensieb des Trockners.
Der Vorgang erinnerte mich an einen Perwoll-Werbespot in meiner Kindheit:
Eine Frau steckte einen dottergelben Flauschpullover erst in die Waschmaschine, dann in den Trockner, und freute sich über das kuschelige Waschergebnis.
Die Macher des Werbespots wussten, was sie taten: Die eingebaute Kükenassoziation des flaumigen gelben Pullovers. Und das Gefühl, im Luxus zu schwelgen, weil frau für einen einzigen Pullover die Waschmaschine und den Trockner anwarf.
Ich erinnere mich vierzig Jahre später immer noch daran, wieviel sündiges Vergnügen ich bei dieser Ressourcenverschwendung auf dem Fernsehbildschirm empfand.
Genauso war es heute. Es machte mir Spaß, die Waschmaschine spärlich zu befüllen. Es war seltsam beruhigend, beim Wäschezusammenlegen zu konstatieren:
Das ist mein Handtuch.
Das ist meine zweite Levis.
Das ist das Salat-Abdecktuch.
Überschaubarkeit. Das Gefühl, alles im Griff zu haben. Minimalismus tut gut.
Die Lesesucht
Meine gut gefüllten Sammelordner möchte ich mir im Lauf des Experiments alle zurückholen. Ich lese gerne darin.
Mein aktives Sammeln von Zeitschriftenartikeln und das Ausdrucken von Online-Texten betrachte ich dagegen als weitgehend beendet. Interessante Informationen notiere ich mir ab sofort kurz zusammengefasst per Hand in den entsprechenden Ordnern.
Heute zum Beispiel den ironisch auf den Punkt gebrachten Spruch:
Je älter der Mensch wird, desto mehr lebt er von dem, was er nicht isst.
27. Gesundheits-Sammelordner
28. Kugelschreiber
29. Textmarker
Eine Seite in meinem Ringbuchkalender riss aus:
30. Tesafilm
@Rica
Meine Haare sind jetzt ca. 5 cm lang. Ich lasse sie immer ganz kurz schneiden und lasse sie dann wachsen, bis sie anfangen, mir im Gesicht rumzuhängen und zu nerven. Außerdem habe ich das Gefühl, etwas zieht mich runter, wenn die Haare so an der Wurzel nach unten ziehen. Dann zieht das auch meine Laune nach unten.
Also, ich habe sie heute morgen mit der Silberglanz-Spülung gewaschen. Die habe ich aber nicht drin behalten, weil die ist lila. Ich bin ja früh ergraut, und dann hatte ich eine Zeit lang ziemlich gelbes Haar. Ich dachte, es kommt vom Rauchen. Aber es kam wohl eher von den Nahrungsergänzungsmitteln. Mittlerweile bzw. seit neuestem sind meine Haare aber kaum noch gelb, sondern tatsächlich wieder überwiegend ganz normal pigmentiert. Wenn auch viel dunkler als ich war, bevor sie grau wurden. Äh, ich glaube, Folsäure war das, was für graue Haare sorgt, wenn's fehlt. Ja, muss wohl, weil ich erinnere mich, dass ich, als ich 's gelesen hab, daran dachte, dass ich früher so gut wie nie grünes Gemüse oder Salat gegessen hab und auch nicht supplementiert.
Da kam noch irgendwas dazu, was man mit der Folsäure kombinieren muss, wenn die Haare wieder pigmentiert werden sollen - aber wie gesagt, bei mir wuchsen die Haare dann jahrelang gelblich nach.
Was ich mir heute morgen in die Haare geschmiert und drin gelassen hab, war so ein Lockenzeug, das da seit Jahren steht. Es steht drauf, dass man es nicht ausspülen soll. Ich glaube, das war mir dann nicht geheuer, und deshalb habe ich das nur einmal benutzt. Möglicherweise auch entgegen der Gebrauchsanleitung ausgespült. Auf jeden Fall hat es damals in Bezug auf Locken nicht viel gebracht. Ich sitze jetzt hier ohne Turban, weil es ist warm genug, und hab die Haare mit den Fingern nach oben gekämmt. Ich werde ja sehen, was passiert. 😁😘
Extremes Minimalismus-Experiment Tag 7
Wohin geht die Reise?
Ich bin gespannt, was ich mir zurückhole, wenn ich die grundlegende Ausstattung für Körperpflege, Putzen und Küche beisammen habe.
Das Outfit
Mit Kleidung für diese Jahreszeit fühle ich mich jetzt schon ausreichend versorgt mit meinen zwei Sätzen Unterwäsche, zwei Pullovern, zwei Levis, einem Paar Ledersneaker und dem Trenchcoat mit Regenhut in der Jackentasche.
Das Putzen
Ich hatte mir nicht vorstellen können, ohne Mülleimer, Mülltüten und Altpapiertasche auszukommen. Doch es ist ganz leicht.
Unter dem Waschbecken im Bad, wo vorher der Mülleimer stand, steht jetzt eine faustgroße, leere Nussdose. Dort stopfe ich den kleinen Müll hinein. Das Altpapier sammle ich unter der Nussdose.
Es macht mir nichts aus, dass ich täglich mehrmals den Müll und das Altpapier hinausbringen muss, um obiges System in Ordnung zu halten. Ich genieße es, mein Haus noch mehr zu meinem Lebensraum zu machen. Durchs Treppenhaus zu gehen, als wäre es mein privates Einfamilienhaus.
Die Körperpflege
Da ich das notwendige Werkzeug nicht freigeschaltet habe:
Gestern ließ ich Maniküre und Pediküre zum ersten Mal außer Haus machen. In einer winzigen vietnamesischen Ein-Frau-Kosmetikklitsche.
Die Frau setzte mich in einen automatischen Massagesessel, ebenfalls ein erstes Mal für mich. Während der Sesselrücken robust meinen Rücken bearbeitete, widmete sie sich über eine halbe Stunde der Verschönerung meiner Füße.
Eine Win-win-Situation. Ich habe immer ungerne und mit mittelmäßigem Resultat meine Maniküre und Pediküre selbst erledigt. Jetzt trägt die Frau damit zu ihrem Lebensunterhalt bei, und ich strahle vor Freude über den Zugewinn an Schönheit.
Solange ich es mir leisten kann, mache ich das jetzt immer so. Da ich als Minimalistin nur wenig Materie kaufe, ist das meiner Schätzung nach finanziell drin.
Auf diese Weise ausgegebenes Geld macht mir viel mehr Spaß als für Krempel in spe vergeudete Euros.
Die Fitness
31. Fahrrad
Na endlich.
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