Die Möchtegern-Minimalistin

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18.05.2024 23:16
avatar  Rica
#146
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Wie lange hält eigentlich bei dir so ein hochwertiges T-Shirt?



@Robin: Keine Ahnung. Die sind bisher alle im Kartongebirge versunken, bevor ich sie auftragen konnte...


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18.05.2024 23:51
avatar  Rica
#147
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Ich bin über Pfingsten bei einer Verwandten zu Besuch. Ich bin zum ersten Mal bei ihr zu Hause.

Aufgrund ihrer zuverlässig wüsten Unordnung im Gästetrakt meines Elternhauses war ich überzeugt, dass sie ein Messie ist.

Ich habe mich geirrt. Ihre große Stadtwohnung, in der sie alleine lebt, ist völlig aufgeräumt und sauber. Auch in allen Schränken, also nicht einfach husch husch für meinen Besuch bei ihr in Ordnung gebracht.

Ich bin verwirrt. Verwandelt sie sich als Gästin von Dr. Jekyll in Mrs. Hyde?

Andererseits: Niemand, der mich zu Gast hat, käme auf die Idee, ich sei ein Messie. Ich bin extrem ordentlich.

Doch ich werde nicht zu Dr. Jekyll als Gästin. Ich bin zu Hause genauso ordentlich.

Ich verstehe sowieso nicht, warum meine Wohnung eine Messiewohnung ist. Ich bin ein konsequenter Cleanie. Mit dem vollen Set guter Gewohnheiten ausgestattet, die ein Zuhause sauber und ordentlich halten.

Ich muss zum Glück nicht herausfinden, durch welches Leck in meinem System das Chaos in die Wohnung gesickert ist. Ich miste die Bude aus, werde Minimalistin mit wohlerzogenen Besitztümern und gut ist.


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19.05.2024 08:19
avatar  Robin
#148
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Guten Morgen, @Rica ,

beim Minimalisieren stößt man unweigerlich auf Konflikte mit anderen Bedürfnissen, z.B. was man für sparsam oder praktisch hält. An solchen Punkten entscheidet mensch, ob der Minimalismus siegt oder die anderen Werte oder ob man einen Kompromiss macht.

Für mich sehe ich den Minimalismus nicht mehr als ein Ziel, dass ich erreichen will. Jemand sagte mir mal über ein Ziel: "Das ist für mich sowas wie der Nordpol. Man muss da nicht hin, aber er ist ungemein wichtig zum Navigieren." - Ich war damals ziemlich schockiert, weil ich bis dahin gedacht hatte, wir hätten dieses Ziel gemeinsam... Heute sehe ich, dass das eine sehr kluge Entdeckung von ihm war: "Erreichbare Ziele" ist eine Sache, und "Ziele, die man nie erreichen wird, aber für die Orientierung braucht" eine andere, vielleicht noch viel wichtigere Sache!

Die minimalistische Methode, die richtige Menge von T-Shirts zu ermitteln, führt meines Wissens über Kleidungsgewohnheiten und die Waschmaschine: Wie lange trage ich ein T-Shirt? Wie oft wasche ich? Also angenommen, man möchte jeden Tag ein frisches T-Shirt anziehen und man wäscht einmal die Woche, dann braucht man 8 T-Shirts, damit man auch an dem Tag, wo alle anderen T-Shirts auf der Leine hängen, noch ein frisches hat.

Meine "Formel" wäre: Es könnte aber sein, dass ich mal nicht zum Waschen komme. Oder ich kleckere beim Frühstück Marmelade auf das frisch angezogene T-Shirt. Oder ich kleckere sogar an 4 Tagen in der Woche und habe keine Zeit zum Waschen! Das ist, weshalb ich die minimalistische Anzahl verdoppele, um mein eigenes Minimum zu ermitteln, und einfach noch ein paar dazu rechne für's Optimum. Allerdings ziehe ich nicht jeden Tag ein frisches T-Shirt an und weiß gar nicht so genau, wie viele davon ich die Woche brauche. Im Sommer trage ich sie auch als Schlafanzug-Oberteil, und im Winter als Unterhemd, wenn ich nicht ein langärmeliges Shirt drunter ziehe, was wiederum identisch ist mit normalen Schlafanzug-Oberteilen. Außerdem hab ich noch jede Menge ärmelloser Tops ( = Unterhemden!) und trage auch im Sommer sehr gern Hemden.

Es ergibt sich also eine ziemliche Unschärfe bei den T-Shirts, aber die Erfahrung zeigt, dass ich tatsächlich etwa doppelt so viele besitze, wie ich brauche.

Die Einlagerung von Dingen für den späteren Gebrauch ist nicht völlig überflüssig, auch wenn Minimalismus-Gurus es behaupten. Wenn man *in einer absehbaren Zeit* das Eingelagerte braucht, dann ist es m.E. Quatsch, es rauszuschmeißen, um es sich dann wieder neu zu kaufen. Nur: Was ist die absehbare Zeit in Bezug auf die Vorratshaltung bei T-Shirts?

Und eine andere Frage ist die Austauschbarkeit... Ich vermute, dass du jedesmal 6 T-Shirts derselben Sorte gekauft hast, weil du immer genau diese T-Shirts tragen wolltest und keine anderen und sichergehen wolltest, dass du genug von dieser einen Sorte T-Shirts hast für den Rest deines Lebens? Ich kann es nachvollziehen, wenn ich an meine Lieblingshose denke, die mit durchgewetztem Hintern in einer Tüte liegt, weil ich mich noch nicht von der Idee verabschiedet hab, sie zum Flicken zu bringen (yepp, das wäre mir eine professionelle Schneiderarbeit wert - aber nur, wenn ich davon ausgehen kann, dass sie danach noch mindestens ein Jahr hält!). Oder wenn ich an meine Bücher denke, wo die Idee, alles rauszuschmeißen, was ich nicht in den nächsten Monaten zu lesen schaffe, völlig irre erscheint. Obwohl es real eher völlig irre ist, das Regal voll stehen zu haben mit Büchern, die (nochmal) zu lesen man vielleicht nie schaffen wird. Bei Büchern ist halt klar, dass ein bestimmtes Buch nicht durch irgendein beliebiges anderes Buch ersetzt werden kann...

Nu will ich dir mal ganz hart meine Meinung sagen: Du musst dich entscheiden, was du gern möchtest: Minimalismus oder einen Vorrat an T-Shirts, der auch noch für deine Enkel und Urenkel reicht! Oder vielleicht einen Kompromiss wie z.B.: "Minimalismus ist Nord*stern*, und ich *will* genug T-Shirts für den Rest *meines* Lebens, aber die Urenkel werden vermutlich nicht meine T-Shirts auftragen wollen." ☺️


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20.05.2024 11:02
avatar  Rica
#149
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"Erreichbare Ziele" ist eine Sache, und "Ziele, die man nie erreichen wird, aber für die Orientierung braucht" eine andere, vielleicht noch viel wichtigere Sache!



@Robin
Ganz herzlichen Dank für die Leitstern-Idee!

Dieser Ansatz sortiert meine gelegentlichen Ernährungsdelikte richtig ein: Genordet bin ich, die Richtung stimmt, meine kleinen Abweichungen machen nicht viel kaputt. (Ich halte aus gesundheitlichen Gründen eine strenge Diät ein, an der ich zwangsläufig manchmal scheitere.)


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20.05.2024 11:12
avatar  Rica
#150
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Minimalismus oder einen Vorrat an T-Shirts, der auch noch für deine Enkel und Urenkel reicht! Oder vielleicht einen Kompromiss wie z.B.: "Minimalismus ist Nord*stern*, und ich *will* genug T-Shirts für den Rest *meines* Lebens, aber die Urenkel werden vermutlich nicht meine T-Shirts auftragen wollen." ☺️



@Robin
Hehe, das macht mich umso neugieriger, wie ich morgen die T-Shirt-Frage lösen werde.

Heute komme ich vom Verwandtenbesuch zurück und wasche zu Hause sofort Wäsche. Dann liegen mir morgen alle T-Shirts vor, auch die aus der dauergepackten Reisetasche.

Ob ich echten Minimalismus betreiben werde, oder T-Shirt-Scheinfasten à Nordstern, entscheide ich morgen in der Praxis. Theoretisch festlegen will ich mich vorher nicht.


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