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Hilfe, meine Mutter ist seit Jahren ein Messie - wir kommen da alleine nicht mehr raus :(
Hallo an alle! Ich bin ganz neu hier im Forum und bin sehr froh, dass es so etwas gibt. Danke schonmal im Voraus für das Lesen!
Zu meiner Geschichte. Meine Mutter ist Mitte 60 und ist seit Jahren ein (reinlicher, perfektionsistischer) Messie. Sie wohnt alleine in einem Haus in Ostdeutschland, seit über 30 Jahren. Sie ist ein kluge, warmherzige, liebevolle Frau, sehr kreativ, und will mit allem "noch etwas anstellen". Sie ist auch sehr reinlich und extrem perfektionistisch.
Ich glaube, es kam einiges zusammen, warum es so weit gekommen ist: Die Wende, der ganze Umbruch, dann die Scheidung von meinem Vater, sehr viel Wandel. Sie möchte glaube ich an der guten Vergangenheit festhalten, wo sich noch alles sicher und positiv angefühlt hat. Dazu kommt, dass sie gerne Krimskrams einkauft, und Angebote hortet (Schokolade, Kerzen, etc.), generell viel Secondhand shoppt und sich "mal was gönnt".
Vor ca. 15 Jahren hat es schleichend angefangen. Als Teenager wollte ich ihr schon immer helfen mit dem Aufräumen, aber sie wurde dann immer wütend und sehr laut und hat es verboten, "ihre Ordnung" durcheinanderzubringen. Nachdem meine Schwester und ich ausgezogen sind, wurde es immer schlimmer. Dann starb mein Opa und meine Oma und es wurde noch schlimmer, sie hat sehr vieles aufgehoben, alles ist vollgestellt. Und: Ich verstehe ja ihre Motivation sehr gut, Dinge reparieren, statt neu zu kaufen, alles weiterverwenden. Mir steht der Lebensstil aus sehr nahe, und ich glaube auch, dass die Überfluss-Konsumgesellschaft nicht der richtige Weg ist. Ich teile also ihre Überzeugung in dem Punkt.
Aber inzwischen ist der Zustand so, dass es großen Leidensdruck gibt. Sie leidet, wir leiden. Wir sehen sie kaum noch, weil die Dinge 100 Prozent ihrer Zeit beanspruchen. Seit Jahren können wir mit ihr dort kein Weihnachten oder Geburtstag feiern. Das Haus ist riesig, aber man kann nirgends sitzen! Nirgends schlafen, sich kaum bewegen. Überall stehen Möbel, Kleidung, Kisten, Decken, Geschirr (darunter auch viele schöne Dinge, so ist es nicht), Bücher, Deko-Artikel.. man kann es sich kaum vorstellen, aber jeder Raum ist zum Bersten voll. Sie selbst bewegt sich nur noch in Gängen, die sie geschaffen hat, zum Bett, zum Fernsehsessel. Es belastet uns extrem. Wenn man sie besuchen will, wird sie aggressiv. Sie arbeitet viel und kommt abends nach Hause und ist vom eigenen Chaos erschlagen. Am Wochenende hat sie keine Zeit, sondern muss "aufräumen". Dabei bewegt sie die Dinge penibel und MINIMAL von A nach B. Sie nutzt den Stauraum und die Schränke die sie hat, nicht optimal. Sie wirft nichts weg und ist total überfordert. Sie merkt es auch, aber sie will absolut keine Hilfe annehmen. Mehrere Familienmitglieder haben ihr mal mehr mal weniger vorsichtig Hilfe angeboten. Sie will es nicht. Es macht mich so traurig, weil sie ihr gesamtes Leben so blockiert. Ich weiß, dass sie darunter leidet. Und meine Schwester, ihre Familie und ich und meine Familie ebenfalls. Ein paar Mal in den letzten Jahren habe ich ihr dann vor Weihnachten geholfen, einigermaßen Raum zum Sitzen zu schaffen (und noch einen Weihnachtsbaum in das Chaos zu bugsieren), aber zu welchem Preis: Ich wurde beleidigt und angeschrien, ich hätte ja keine Ahnung von echter Arbeit, etc. Dazu bin ich mit 30 Jahren nicht mehr bereit.
Meine Frage: Meint ihr, irgendwann kommt sie an einen Punkt, an dem sie Hilfe akzeptiert? Oder muss ich weiterhin hilflos zusehen, wie sie sich unglücklich macht? Ich mache mir auch sorgen, dass sie irgenwann mal in dem ganzen Kram stürzt! Oh je... :( Ich bin echt absolut hilflos. Denn ohne ihren Willen etwas herumzuräumen ist ja die Todsünde, richtig? :(
Danke für euren Rat!
Eure Goldkatze
#2
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Hallo liebe Goldkatze,
und herzlich Willkommen hier im Forum!
Oh je, das liest sich alles so ähnlich wie bei mir...! Meine Mutter ist auch Messie seit vielen Jahren. Hütet ihre Sachen auch wie Schätze, kauft dauernd neue "Schnäppchen" ein und ist total perfektionistisch.
Ich finde es sehr schön, wie liebevoll und respektvoll du über deine Mutter schreibst. Und bewundere, wie gut du dich von ihr abgrenzt und auf dich achtest!
Ich empfinde meine Mutter auch als sehr kreativen, warmherzigen und hilfsbereiten Menschen. Das sollte man bei all dem Chaos und den vielen Probelmen auch nicht vergessen. Du bist aber ehrlich gesagt schon einen Schritt weiter als ich, weil ich immer noch mit über 30 mit ihr im selben Haus lebe und, du kannst es dir vorstellen, mir das überhaupt nicht gut tut.
Ich kann ehrlich nicht viel sagen zum Thema "Hilfe annehmen". Meine Mutter ist da sehr eigensinnig, möchte immer in großen Aktionen aufräumen, am liebsten soll ich alles mit ihr alleine aufräumen....eine absolute Herkulesaufgabe!
Ich denke, jeder Mensch kann nur Hilfe annehmen wenn er auch etwas verändern möchte. Sich selbst zu verändern ist sehr anstrengend, mühsam und kann schmerzhaft sein. Dazu muss man einen inneren Antrieb haben und eine Vision für die eigene Zukunft, die besser werden soll! Meinst du, deine Mutter hat so etwas? Oder möchte sie am liebsten alles so lassen wie es ist und die Zeit in ihrem vollen Haus zum Stillstand bringen?
Ich freue mich von dir zu lesen und drücke dir die Daumen für alles was kommt...
Liebe Grüße,
Cinderella
Hallo liebe Cinderella,
vielen Dank für deine liebe Nachricht. Das tut so gut zu hören, dass es anderen ähnlich geht!
Wie ist das Leben mit deiner Mama, kannst du dich etwas abgrenzen? Hast du manchmal dabei Schuldgefühle? Planst du, auszuziehen?
Schreib mir gerne eine DM, wenn du magst.
Ich habe einen sehr interessanten Artikel entdeckt, der genau beschreibt, was wir beide berichten: Messies sind oft sehr intelligente, kreative und perfektionistische Menschen. Ich kann ihn dir gern als DM schicken. Das ist schon mal ein Erkenntnisschritt! Denke gerade, oh, hoffentlich werde ich nicht auch irgendwann so... aber ich glaube, diese Erfahrung mit unseren Müttern jetzt prägt einen ja auch sehr.
Zu deinem sehr guten Punkt mit der eigenen Veränderung und einer eigenen Vision für die Zukunft: Ich glaube, gerade das fehlt ihr wahrscheinlich. Sie hat auch langsam immer weniger Kraft... "die Zeit in ihrem vollen Haus zum Stillstand bringen" ist sehr poetisch formuliert! Und trifft den Nagel auch auf den Kopf. Irgendwie möchte sie das wohl.
Wie ist es bei deiner Mutter?
Ich drücke dir auch die Daumen für alles und wünsche dir viel Kraft. Melde dich gerne!
Herzlich,
Goldkatze
#4
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Zitat von Goldkatze im Beitrag #1Hoffe es wäre okay dass ich dir als Minimalist Ideen tippe? zB sich tolles gönnen, wäre mir empfohlen jedoch mag ich wenig materielles (Lebensmittel wären ca. okay), zB keine Möbel und wenig Klamotten, Schuhe, "Deko".
Angebote hortet (Schokolade, Kerzen, etc.), generell viel Secondhand shoppt und sich "mal was gönnt".
Zitat von Goldkatze im Beitrag #1"reparieren + Zeit", stimmt und mit Motivation klappt es vlt. Jedpch es wirkt als wäre zB "aber" mehr argumentierend: viele mögen sie unterstützen, jedoch fühlt sie sich dort wohl? Als belastet es eher andere und Besuch wird vlt eher "kritisiert", da von diesem manchmal negatives an sie käme (durchaus möglicherweise "wieder" mag doch nur helfen / aufräumen klingt doch toll, da liegt doch viel / etc.)?
Dinge reparieren, statt neu zu kaufen, alles weiterverwenden. Mir steht der Lebensstil aus sehr nahe, und ich glaube auch, dass die Überfluss-Konsumgesellschaft nicht der richtige Weg ist. Ich teile also ihre Überzeugung in dem Punkt.
Aber inzwischen ist der Zustand so, dass es großen Leidensdruck gibt. Sie leidet, wir leiden. Wir sehen sie kaum noch, weil die Dinge 100 Prozent ihrer Zeit beanspruchen. Seit Jahren können wir mit ihr dort kein Weihnachten oder Geburtstag feiern. Das Haus ist riesig, aber man kann nirgends sitzen! Nirgends schlafen, sich kaum bewegen. Überall stehen Möbel, Kleidung, Kisten, Decken, Geschirr (darunter auch viele schöne Dinge, so ist es nicht), Bücher, Deko-Artikel
Zitat von Goldkatze im Beitrag #1Oder vlt so von meiner Sicht:sie wirkt jobmässig vlt Richtung burnout, dann noch die Fragen wegen: und schon wieder was neues hier? (sind übrigens nur gedanklich-fiktische Beispiele, ist vlt real anders umgesetzt?)
Sie selbst bewegt sich nur noch in Gängen, die sie geschaffen hat, zum Bett, zum Fernsehsessel. Es belastet uns extrem. Wenn man sie besuchen will, wird sie aggressiv. Sie arbeitet viel und kommt abends nach Hause und ist vom eigenen Chaos erschlagen.
Zitat von Goldkatze im Beitrag #1Auf mich wirken die Zeilen eher, dass Gegenüber "vom Unterstützung bieten und abgelehnt werden" überfordert wirken, klingt auch logisch: sie mag keine Unterstützung und vlt entspannt sie gern neben TV beim Sessel der Bett. Wie ist es bei Lebensmittel/Datum/Lagerung? Wegen Aktioen und manches wäre 2+3 und dann schimmelt eher was weg?
überfordert. Sie merkt es auch, aber
Wären übrigens als Ideen bloss aus meiner Sicht, so vom lesen der Textzeilen (und bei einer Reportage stand mal: "aber" bewertet eher zuvor notiertes als Begründung warum Person doch nicht so dafür wäre)
zB ich mag grad nichts gegen dich sagen, nur da ist was zwischen den Zähnen (Restaurant-Klischee mit Grüngemüse).
Oder: Du bist voll okay, aber die Klamotten wirken zu sehr nach Kontrast.
Auch: Mag dich doch, nur dein Charakter ist manchmal eher mürrisch.
Es ist anders als es aussieht, aber ich kann's genauer noch später klären.
Deine Einrichtung wirkt stilvoll, jedoch dort die Ecke könnte noch perfekter sein.
So als Beispiele wie "aber" anders klingen könnte. Je nach lesender User oder wie es der/de Gegenüber vlt empfinden? Kritk wirkt auf manche vlt als Gedanke, andere fänden sie eherals Vorschlag oder optional dass sie andere Umsetzungen passender mögen.
Ich mag zB keine Möbel besitzen, Reiskocher und Laptop als Geräte wirken jedoch (noch) okay & Klamotten eher aus Polyester, wärmen und dennoch dünn vom Material beim falten. Könnte mir nicht vorstellen, Wände mit Kästen zu beräumen, hätte regalweise leer und ähnlich bei Kühlschränke. Ich kühle manuell zB Reis, Teigwaren, Brot/Gebäck.
#5
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Liebe @Goldkatze ,
ich wollte dir und allen die es noch interessiert ein paar Bücher empfehlen. Ich lese darin immer wieder, wenn ich mich verloren fühle und es mir schwer fällt zwischen meiner eigenen Situation und der Situation meiner Mutter zu unterscheiden - also zum Beispiel, wenn ich ihre Gefühle sehr stark mitempfinde und mich das belastet; oder wenn ich vergesse, wie die psychischen Schwierigkeiten meiner Mutter mein Leben geprägt haben und auch heute natürlich immer noch mit prägen. Das empfinde ich als sehr erleichternd und auch beruhigend. Gerade als Tochter macht man sich ja viele Gedanken, fühlt sich oft veranwortlich und gleichzeitg machtlos. So wie du es ja auch beschreibst...
Die Bücher sind aber auch für viele andere Dinge hilfreich, wie ich finde!
1. "Children of Hoarders" von Fugen Neziroglu & Katharine Donnelly (leider nur auf englisch). Ein sehr pragmatisches Buch und das einzige das ich bisher gefunden habe, das wirklich auf ganz konkret auf die Schwierigkeiten und Sorgen von Kindern von Messies eingeht.
2. "Schluss mit dem Eiertanz"von Paul Mason & Randi Kreger. Es geht darum, wie Angehörige von psychisch erkrankten Menschen damit besser zurecht kommen können. Das Buch beschreibt das am Beispiel der sogenannten "Borderline-Störung " (die wurde bei meiner Mutter mal diagnostiziert und kommt oft mit dem Messie-Syndrom zusammen). Aber ich finde, es hilft absolut jedem der einen lieben Angehörigen mit psychischen Problemen hat. Das ist ja absolut keine Schande und auch überhaupt nicht selten. Nur leider immer noch ein Tabu Thema... Das Buch kann ich persönlich wirklich sehr empfehlen! ( @Messie das ist denke ich ein Buch, das man jedem Messie-Angehörigen empfehlen kann. )
3. "Bordeline Mütter und ihre Kinder" von Christine Ann Lawson. Da geht es auch schwerpunktmäßig wieder im die Boderline-Störung. Aber interessant finde ich vor allem, dass das Thema Mutter-Kind Beziehung, Kindheit mit einer psychisch kranken Mutter und die Folgen für das eigene Leben sehr interessant beschrieben werden. Ganz anders als die anderen beiden Bücher, vielleicht ein wenig "plakativer". Trotzdem lesenswert, auch wenn man immer kritisch bleiben sollte und gut auswählen, was davon man für sich mitnimmt und was man vielleicht nicht so ernst nehmen sollte.
4. Und nicht zuletzt die beiden Bücher "Kriegskinder" und "Kriegsenkel" von Sabine Bode. Die beschreiben behutsam und respektvoll aber trotzdem klar und ehrlich, was der 2. Weltkrieg in der Generation unserer Eltern und Großeltern für Verletzungen in der Seele hinterlassen hat. Da hatte ich schonmal kurz mit @Wolfram zu geschrieben: Ich fand die Bücher unglaublich, es werden einem plötzlich ganz, ganz viele Dinge verständlich. Und wir, als 3. oder sogar 4. Generation nach dem Krieg haben immernoch mit den Folgen der NS Zeit und vor allem deren Erziehungsstil und Umgang mit den Kindern damals zu tun. Unser Leben ist auch davon mit geprägt, wir konnten das nur nie verstehen, weil niemand darüber spricht.
Kein schönes Thema am späten Abend, aber absolut lesenswert - schon allein, damit man sein eigenens Leben frei und selbstbestimmt leben kann und nicht alle "Fehler" der vorherigen Generationen wiederholt ohne es zu merken...
Ganz liebe Grüße,
deine Cinderella
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