Chaos im Elternhaus

18.12.2019 18:31
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#1
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Hallo Zusammen,

ich bin hier neu und weis auch ehrlich gesagt noch nicht ganz, was ich hiervon erwarte. Ich glaube, ich muss die Geschichte einfach mal los werden.
Zu erst vielleicht mal unsere Familienkonstellation. Es gibt meine Mutter (Messie-Syndrom), meinen Stiefvater und meine 5 jüngeren Geschwister. Zusätzlich lebt in meinem Elternhaus noch meine Tante (Down-Syndrom). Alles zusammen wäre das okay, wenn meine Mama kein Ordnungsproblem hätte.
Bereits in meiner frühen Kindheit kann ich mich dran erinnern, dass meine Mama immer auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen hat, weil im Schlafzimmer alles voll gestanden ist. Als Kind war das jedoch noch auf diesen Raum begrenzt. Als ich älter wurde und auch meine Geschwister auf der Welt waren, hat sich die Unordnung aber immer weiter ausgebreitet, sodass ich im Teenageralter begonnen habe, jedes Wochenende das Haus aufzuräumen. Meine Laune dabei muss ich wohl nicht beschreiben und auch nicht die Konflikte, die ich mit meiner Mama diesbezüglich hatte. Vor allem meine Verständnislosigkeit ihrer Unordnung bzw. dem "Nichts-dagegen-tun-Verhalten". Nach der Schule begann ich ein duales Studium und bin schnellstmöglich ausgezogen. Thema für mich erledigt. Leider aber nicht für meine Geschwister, der Altersunterschied von mir zu meinem jüngsten Bruder ist 16 Jahre. Mittlerweile bin ich mit meiner Mama soweit im reinen, dass ich mich zumindest normal mit ihr unterhalten kann. Aber wohl auch einfach deshalb, weil ich verstanden habe, dass sie krank ist und ihr die Pflege meiner Tante und alles zusammen einfach zu viel wird. Ich unterstütze sie so gut es geht aber alles kann und will ich auch nicht machen.
Meine Wohnung befindet sich im gleichen Ort, wie mein Elternhaus, weil ich meinen Geschwistern die Möglichkeit geben wollte, einfach schnell vorbeikommen zu können. Jeder von uns hat seine Macke von dieser Unordnung mitbekommen, aber bei meinen Geschwistern fällt es mir besonders auf. Zusätzlich kommen noch 1000 Streitereien zwischen meiner Mama und meinem Stiefvater dazu. Er wirft meiner Mama vor alles kaputt zu machen und hat sich in der Garage ein eigenes Zuhause eingerichtet. Komplett mit Küche, Waschmaschine und allem drum und dran. Die Kinder, die an der ganzen Sache nur die Leidtragenden sind, zeigen Verhaltensauffälligkeiten und kommen in der Schule nicht zurecht. Freunde können nicht zum Spielen mitgebracht werden und auch so ist dieses verdreckte Umfeld einfach kein schönes Zuhause. Aufräumarbeiten erscheinen sinnlos, da es wieder zumüllt. Meine Geschwister bekommen es ja Zuhause auch nicht anders vorgelebt. Wenn ich mal wieder wachliege und nicht Schlafen kann, träume ich einfach von einem besseren Leben für meine Geschwister. Ich würde gerne das Haus entmüllen, Ordnungspläne aufstellen und meine Mama zur Therapie schicken. Aber dafür müssten auch mein Stiefvater und meine Mutter mitmachen und sich zusammenraufen. Außerdem, wer weis ob es was bringt? Wisst ihr, ob solche Therapien funktionieren und wo die angeboten werden?


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18.12.2019 20:07
#2
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@Anna_ willkommen an Board erst mal

Ich berichte mal von meiner Therapeutensuche. O-Ton der meisten Antworten: "So was behandeln wir überhaupt gar nicht", "ich habe keine Kenntnisse im Zusammenhang mit dem Messie-Syndrom", "So was habe ich noch nie behandelt". Ich habe gelesen, dass die kognitive Verhaltenstherapie bisher am ehesten erfolgreich war. Die habe ich auch probiert, aber der Therapeut hat bei den ersten Schwierigkeiten das Handtuch geschmissen. So einen brauche ich nicht, das kann ich auch selber, alles hin schmeißen.

@Messie hat es bisher geschafft, ohne Therapie glaube ich. Also ich habe Therapien hinter mir, auch in Zeiten, als ich noch kein Messie war. Andere haben wohl eher Erfolgsstories. So wie ich deine Situation sehe, muss deine Mutter bereit sein, sich therapieren zu lassen. Du kannst ihr anbieten, eine Therapeutin zu suchen und sie hin fahren. Dein Vater hat also Reißaus genommen, und da liegt wahrscheinlich der Hund begraben. Deine Mutter fühlt sich evtl. von ihm verlassen und versucht die Leere mit Gegenständen zu füllen. Wenn sie los lassen kann, wird er eher die Wohnung wieder betreten, als wenn sie voll gestopft bleibt. Vielleicht ist sie darüber mental zu erreichen.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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18.12.2019 20:59
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Hallo Anna,

das ist ja eine wirklich aufreibende Familienkonstellation.
Spannend finde ich, dass dein Vater eine Wohnung in der Garage einrichten kann, weil es zuviel für ihn wird und ihm möglicherweise wichtig ist, doch für die Kinder da sein zu können, so wie du deinen Geschwistern Halt bieten möchtest.

Wie alt sind deine Geschwister derzeit?
Interpretiere ich richtig. Dein Stiefvater ist der leibliche Vater deiner Geschwister, daher kommt der recht grosse Altersunterschied?

Ihr lasst eurer Mutter das Gefühl zu Teil werden, dass sie nicht richtig ist, obwohl sie irgendwie versucht, ihr Bestes zu geben. Eine Tante mit dem DOWN Syndrom neben 6 Kindern zu versorgen, stelle ich mir wirklich kräfteraubend vor. Je länger die gesamte Situation andauert ohne dass deine Mutter eindeutige Entlastungen für sich erlebt (die sich nicht darin äussern, dass radikal aufgeräumt wird,), desto schlimmer wird es vermutlich werden für alle anderen.

Wann genau ist dein leiblicher Vater weggeblieben (gestorben, geschieden, wodurch auch immer getrennt)? Ich könnte mir vorstellen, dass das einer der Auslöser dafür ist, dass es mit der Zeit schlimmer wurde neben den o. g. Dauerbelastungen.

Hier haben nur wenige Betroffene Therapien gefunden, die ihnen geholfen haben.
Ich für meinen Teil bin inzwischen bei Traumatherapie angelangt.
Allerdings eine Form, bei der mir die Menschen nicht immer mitteilen, ich sei falsch und ticke nicht richtig.
Die entwickelten Verhaltensweisen dienen alle dem Schutz des Menschen samt seines Nervenssystems. Genau diese Schutzmechanismen lassen sich leider nicht mal eben so umtrainieren.
Abgesehen davon, müsste eure Mutter einverstanden sein, eine solche Therapie machen zu wollen und ein Einsehen haben, dass sie Hilfe braucht und dass sie ihrem Mann und ihre Kinder leider das Leben sehr erschwert und die Lebensqualität aller sehr beeinträchtigt.
Keine leichte Aufgabe und wie man mit so einem Spagat zurechtkommen kann, dass es für alle eine Lösung gibt, da habe ich leider keine gute Idee, die ich mitteilen kann.

Mir tut es leid, dir keine besseren Informationen zu geben und dich mit deiner Hilflosigkeit allein zu lassen.
Ich kann deinen Wunsch nach einen gesunden Lebensraum für deine Geschwister nachvollziehen und bin beeindruckt über euren Zusammenhalt untereinander.

Liebe Grüsse
Sonja


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18.12.2019 21:51 (zuletzt bearbeitet: 18.12.2019 21:53)
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@Anna_ @Draculara

Liebe Anna_

Zitat von Anna_ im Beitrag #1
meine Mama zur Therapie schicken. Aber dafür müssten
auch mein Stiefvater und meine Mutter mitmachen und sich zusammenraufen.
Außerdem, wer weis ob es was bringt? Wisst ihr, ob solche Therapien funktionieren
und wo die angeboten werden?

Es gibt selbsternante Messie Experten, ich glaube allerdings die können sich in uns
Messies NICHT wirklich reinfühlen und ich sehe darin eine Ambivalenz verankert.
Es gibt Verhaltenstherapien die keine Kohärenz mit direkt Messie Syndrom haben.

Doch die Vorraussetzung dazu ist der Wille zur Veränderung für eine erfolgreiche Therapie,
also jemand dahinschicken ist von Anfang an deshalb zum scheitern verurteilt. Wenn dann
muss derjenige total aus freien Stücken dahingehen.

Bitte lies dazu dies dir mal durch ---> https://de.wikipedia.org/wiki/Verhaltenstherapie

und was ich nun weiter unten noch schreiben werde.



Liebe Draculara

Zitat von Draculara im Beitrag #2


@ Messie hat es bisher geschafft, ohne Therapie glaube ich.

Ja das stimmt, seit August diesen Jahres fühle ich es tief in mir drin sogar,
also bisher war es Kopfsache doch ich habe alles so sehr Verinnerlicht das
ich mich wirklich nun als Trockener Messie sehe, mich so fühle und es nun
endlich nach Acht Jahren im Griff habe, es geschafft habe.

Äusserlich hab ich das ja in 3 Tagen geschafft, alles verschenkt wie ich bestimmt
700 mal hier bei uns im Forum geschrieben habe. Dennoch habe ich in mir drin,
mein Tramata, meine Innere Landschaft, ja 8 Jahre lang an mir arbeiten müssen.

Am meisten dabei hat mir hier unser Forum geholfen, fast 5000 Beiträge habe ich
geschrieben und jeder einzelne Beitrag war wieder ein kleiner Schritt für meine
eigene Therapie. Man kann sich nur selbst retten, zwar können andere einem dabei
helfen, egal ob Messie oder nicht, es ist egal was wer an sich ändern möchte hier,
manche haben ganz andere Päckchen zu tragen und sind hier bei uns.

Zu glauben wie es im Fernsehen gezeigt wird, mal alles ausräumen und gut ist,
das ist total daneben. Ich weiss nicht wie es bei den anderen hier ist, doch ich
sehe es das so einige hier bei uns mich begleiten seit nun bald 9 Jahren, mit mir
hier zusammen sich auch alles von der Seele schreiben, ja es ist seine sehr sehr
harte Arbeit sich persönlich weiterzuentwickeln.

Es ist ein Lebenslanger Prozess und das ist ja das schöne, wie sage ich doch
immer und imner wieder?

In jeder Krise steckt eine noch viel viel grössere Chance!

Was sagt ihr zu meinen Gedanken? Ich meine gerade auch alle die rund 600 Gäste die
Täglich bei uns sind und mitlesen, meldet euch einfach an, es ist alles kostenlos hier,
doch es nicht umsonst denn es hilft dir lieber Leser, du kannst dich innerhalb 1 Minute
anmelden und sofort loslegen, deinen Gedanken und deinen Gefühlen freien Lauf lassen,
mir hat es geholfen und es hilft mir immer wenn ich hier bin, auch nach nun 9 Jahren.

Doch wenn sich die anderen hier nicht angemeldet hätten wäre ich allein wie am ersten
Tag und niemand könnte mir antworten. Ja wir leben in modernen Zeiten, keiner muss
zur Selbsthilfe Gruppe fahren erst, sie kommt sozusagen zu dir, in dein Zuhause auf
deinem PC oder Laptop wie hier bei mir oder auf dein Smartphone. 90 % von uns sind
mit ihrem Smartphone hier unterwegs bei uns.

Herzlichst bei Frankfurt am Main
Emin

P.S. Es sind weitaus mehr Gäste täglich bei uns, doch ich habe das Pickwick so eingestellt
das nur ab einer gewissen Verweildauer ein Gast / Besucher gezählt wird, erst wenn jemand
eine Weil liesst. Wer nur kurz schaut und schwupp weg wird nicht unten auf der Startseite
bei der Statistik erfasst.


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19.12.2019 03:45
#5
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Herzlich willkommen @Anna_ ! 🎄

Ja, das ist belastend ... allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass deine Mutter schlicht überarbeitet ist und im Lauf der Jahre eine Art Erschöpfungsdepression aufgebaut haben könnte. Wenn dann vielleicht noch etwas dazu kommt wie Erwachsenen-ADS, dann geht es alles irgendwann nicht mehr. Zumal ja der Stiefvater ein eigenes Leben lebt. Was nicht so unvernünftig ist, an sich. Aber dadurch geht wieder Hilfe verloren.

Eine Therapie - das klingt immer so als würden allein davon riesige Kräfte automatisch kommen. Aber so einfach ist das nicht. Meine erste Idee ist, gerade für die Geschwister, dass ähnlich wie des Stiefvaters Wohnbereich eine Art Wohnung im Haus entsteht. Wohnzimmer, Küche, Bad und Flur sind dann ein Bereich der erst mal clean gehalten wird, und da helfen alle zusammen.

Dann müssten mal körperliche Ursachen nachgesehen werden. Schilddrüse, Vitamin B12, sehr wichtig D3 (in Kombination mit K2, gibt es so sogar schon im Drogeriemarkt). Mineralwasser mit winzigen Spuren von Lithium muntern auf (z.B. Fachinger still). Blutdruck, ein Blutbild mit Eisenwerten ... wenn der Körper bremst und eine tägliche hohe Arbeitsbelastung dazu kommt, dann darf man sich nicht über die Folgen wundern. Bei den Lebensbedingungen deiner Mutter würden selbst 15 Arbeitsstunden am Tag nicht ausreichen. Die Schwester, all die Kinder ... jahrelang ohne erholsamen Schlaf sein - das ist nicht einfach. Selbst wenn die dann irgendwann erstarrt herum sitzt - die Psyche ist versteckt in Daueranspannung!

Vielleicht kann man mal den Hausarzt ansprechen wie es mit einer Kur wäre?
Wer weiß, ob deine Mutter vielleicht eine ganz andere Sicht bekommt, wenn sie sich erst mal ein paar Wochen erholen kann. Die ständige Reizüberflutung hat sie vielleicht dazu gebracht sozusagen „aufzugeben“.

In der Zeit wird nicht etwa alles weg geworfen!! Aber es könnte Struktur in die Sache gebracht werden!
So dass zueinander passende Dinge wirklich an einem Fleck zu finden sind. Und dass eben die Gemeinschaftsräume mal ein Ordnungssystem bekommen. Schickt die Mutter vielleicht wirklich mal wie man früher sagte „auf Erholung“.

Ich freue mich drauf mehr von dir zu lesen!

____________________
Viele Grüße, Jennifer

Das Leben umarmen ... ✨🤲

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