tja, so ist es, ich denke, es liegt daran, dass viele durch das, was sie lesen, von ihren Gefühlen überwältigt werden. Es ist schwierig, etwas zu empfehlen, wenn man weiß, dass das bestimmt in 50% oder mehr aller Fälle passiert. Denn das ändert ja trotzdem nix daran, dass das der mit höchster Wahrscheinlichkeit nützlichste Rat ist, den man in einer solchen Situation bekommen kann. Mir ist klar, dass man mehr Leute hier halten könnte, indem man einfach auf ihre Emotionen anspringt, und sich z.B mit ihnen aufregt. Viele erleichtert das, und dann kommen sie immer wieder, um sich davon eine ordentliche Dosis Kopftätscheln zu holen, wenn sie mal wieder runterkommen müssen. Hab ich auch schon gemacht, und wenn das auf Gegenseitigkeit beruht, und der andere die Fähigkeit hat, einen tatsächlich runterzubringen, ist dagegen auch nichts einzuwenden, wenn auch nur unter dem Gesichtspunkt: Besser als nichts. Aber streng genommen wird durch ein solches Verhalten ein neuer Sekundär-Teufelskreis aufgemacht: Immer, wenn Susi mit ihrem Mann Streit hat, läuft sie danach zu Martina, und heult sich darüber aus. Martina muss sich Susis Gejammer anhören - anfangs kein Problem, aber nach drei Jahren, in denen Susi noch immer keinen guten Rat umgesetzt hat, den Martina ihr gab, spürt Martina, dass sie das nicht mehr länger will. Nun hat Martina ihren eigenen Teufelskreis an der Backe, wegen dem sie - zum Beispiel - Rat in einem Forum suchen könnte ;)
Und wenn man nun Martina sagt, dass sie sich de-eskalativ verhalten soll (dem Auskotz-Drang ihrer Freundin höflich, aber bestimmt eine Grenze zu setzen, und mit ihr irgendwas Nettes unternehmen), dann ist es wohl eine 33% Chance, ob Martina
- dem "einfach ein mal" Folge leistet
- zu wütend auf ihre Freundin ist, um noch etwas Nettes mit ihr zu unternehmen, weshalb sie auf den bloßen Vorschlag hin Schnappatmung bekommt und wegläuft
- zum nächsten rennt, um den nächsten Jammer-Teufelskreis zu eröffnen.
Ich gehe einfach davon aus, dass die Personen, die man hier nicht wiedersieht, ihren Teufelskreis eben nicht durchbrechen konnten. Das macht aber den Rat nicht falsch, den sie hier erhalten haben. Sie konnten (genau genommen: wollten) ihn eben (noch?) nicht annehmen. Sie wollten lieber wütend sein, sie wollten jemanden haben, der sich mit ihnen aufregt, sie wollten Trost oder Aufmerksamkeit lieber als eine Lösung für ihr Problem. Sie probieren lieber erst Dinge aus, die ihnen vielversprechender oder leichter umsetzbar erscheinen: Weiter nach Schuld und Gerechtigkeit suchen, weiter weglaufen, weiter nach Leuten suchen, die zaubern können. Weiter im Teufelskreis rotieren. Das geht entweder für den Rest seines Lebens so weiter, bis man erkennt, dass man selbst der Schlüssel für sein Problem ist, oder eben immer bis zum "großen Knall".
