Ist dir schon mal aufgefallen, dass du immer alles schön und richtig findest, was ich schreibe - außer ich spreche dich persönlich an, dann wird zerlegt, widersprochen, und wenns in einem Detail auf dich nicht zuzutreffen scheint, dann muss es insgesamt falsch sein. Ich bleibe dabei: Du bedrohst dich selbst mit nie endender Arbeit. Du merkst es bloß nicht. Du kannst nicht richtig abschalten. Du merkst es bloß nicht. Dein Gehirn kann sich den Unterschied zwischen "Entspannen nach Feierabend" und "Immer möglicherweise doch noch etwas tun müssen" nicht vorstellen. Das ist der Semmelweis-Reflex: Erfahrungen, die man nicht selbst gemacht hat, kann man sich nicht vorstellen. Wenn man was reflexartig ablehnt, muss man experimentieren. Ausprobieren. Das tust du aber nur bei den Sachen, die dir in den Kram passen. Bei den schon bekannten Sachen.
Und natürlich hast du unterbewusst ein "Soll", das du meinst, am Tag erfüllen zu müssen. Aber weil du es nie konkret mit dir vereinbarst - weil du dich sowieso niemals niemals - schon aus Prinzip nicht - an Vereinbarungen mit dir selbst halten kannst, merkst du nicht, wann es für heute genug ist, weißt du nie, wann du anfangen solltest. Weißt du nie, wann du mit dir zufrieden sein kannst. Und so wurschtelst du Tag für Tag für Tag vor dich hin, ohne Anfang, und ohne Ende und ohne Ziel. Aber macht ja nix, morgen ist ein neuer Tag, neuer Versuch, neues Glück, vielleicht wird ja doch alles irgendwie von alleine besser, wenn man nur fest genug daran glaubt.
Du hast von allen hier die simpelste Anleitung erhalten. Eine simplere fällt mir beim besten Willen nicht ein. Es gibt nichts, was du tun sollst, keine Zeit zu der du anfangen sollst. Das einzige, was du an einem einzigen Tag deines Lebens mal tun sollst, ist, dir eine feste Zeit vorzunehmen, zu der du zu einer vernünftigen Feierabend machst - und dich an diese Vereinbarung mit dir selbst zu halten. Es tut mir Leid, aber wenn du das in nunmehr nahezu exakt zwei Jahren nicht fertigbringst, die du jetzt hier bist, dann reihe ich mich jetzt bei den - wohl recht vielen - Leuten ein, die es bei dir aufgegeben haben. Ich kann dir nicht mehr weiter entgegen kommen. Ich habe kein Hilfsangebot mehr für dich, das anzunehmen noch einfacher wäre.
