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04.06.2020 13:03 (zuletzt bearbeitet: 04.06.2020 13:21)
avatar  Heu
#16
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Update, das eigentlich keines ist:

Wir haben uns die letzten Jahre durchgewurschtelt.

Der Zustand seines Hauses nimmt aus meiner Sicht dramatische Formen an. Fast Alles, was ich aus der meiner Wohnung entsorge, wandert zu ihm, weil er daran festhalten will. Im Vorraum seines Einfamilienhauses lagern insgesamt 8 Kinderroller, Fahrräder und Laufräder- größtenteils viel zu klein. Die Kinder verbringen regelmäßig Nachmittage dort, was sie bespielen, bleibt einfach stehen. Im Wohnzimmer, das wirklich riesig ist, gibt es noch eine Schneise zum Durchlaufen. Der Rest ist voll mit Spielzeug, Kartons etc. Alle Tische sind voll mit Bastelkram, Spielkram, Kinderkleidung (die längst nicht mehr passt). Putzen ist unmöglich, weil überhaupt keine Fläche frei ist. Nicht mal saugen geht, weil überall kleintriliges Playmobil und Barbiekram rumliegt.

In meiner Wohnung muss ich permanent Grenzen verteidigen. Bspw. hat er auf dem Minibalkon eine riesige Tüte mit „zu verkaufenden“ Schuhen abgestellt. Vor zwei Jahren. Ich hab schon einige Male gemeckert, aber ohne Erfolg. Manchmal denke ich fast, er will „sein Revier“ markieren mit seinen Tüten und Häufchen, die er verteilt.

Im Kinderzimmer kommt es immer wieder zur Explosion: Es gibt - das Zimmer hat knapp 25 qm - keinen Platz für die Kleidung mehr, für Schreibtische und für die sonstigen Bedürfnisse der - inzwischen ja viel größer gewordenen - Kinder.

Er sieht aber überhaupt keine Notwendigkeit für Veränderungen. Er SIEHT das Chaos einfach nicht.

Ich habe an Pfingsten angefangen, radikal auszumisten (natürlich nur in meiner Wohnung, besonders im Kinderzimmer), was wirklich anstrengend ist. Ist es Zuviel erwartet, dass er mir hierbei hilft? Ich meine, 90 Prozent des Krams hat ER abgeschleppt! Sein Beitrag beschränkte sich allerdings darauf, die von mir aussortierten Sachen (da war auch wirklich MÜLL dabei) kommentarlos in sein Haus mitzunehmen. Super, Hauptsache er spart sich die Arbeit.

Ich bin genervt! Ständig diese Diskussionen!

Wieso sieht er denn nicht, dass er ein Problem hat? Es ist mittlerweile auf den allerersten Blick zu erkennen, dass sein Haus stark von der Norm abweicht. Das sieht ein Blinder. Es sieht eigentlich genauso aus, wie man das aus dem Fernsehen kennt, nur keine Essebsreste oder Ungeziefer. Wieso begreift er das nicht, dass er so nicht weitermachen kann?

Ich weiß langsam wirklich nicht mehr, was ich noch machen soll.

Was geht in seinem Kopf dazu vor, dass er so wenig bereit ist, etwas zu verändern? Es wäre nett, wenn mir jemand, der selbst Betroffener ist, vielleicht schreiben könnte, was in einem Kopf vorgeht, der die Abweichung von der Norm zwar erkennt, aber trotzdem keinerlei Handlungsbedarf sieht.


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04.06.2020 20:42
avatar  Wolfram
#17
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Hi @Heu

ich glaube, der letzte Satz könnte entscheidend sein. Du willst die Norm und er nicht. Warum soll er sich nach genormten Wohnungen richten. Mein Haus aus überwiegend Styropor entspricht auch nicht der Norm. Mit dieser Individualität will er sich gerade von der Norm absetzen.
Ich hatte mal eine Freundin, die sich geärgert hat, dass ich immer im Sonntagsanzug zum Treffen kam mit der Bemerkung, dass andere doch auch anders angezogen wären. Da konnte ich nur denken, dass sie dann eben mit den anderen weggehen müßte. Zu der Zeit hatte ich nur 2 Anzüge, denke ich.
Hast Du ihm erklärt, warum er dies oder das wegwerfen könnte? Hast Du ihm gezeigt, wie gern Du ihn hast? Im Sinne von akzeptieren? Und von Komplimente?
Die Spielsachen könnten darauf hindeuten, dass er früher als Kind keine Spielsachen hatte oder nicht mit spielen durfte, weil sonst zuviel rumliegt.
Hast Du mit ihm über seine Kindheit gesprochen?
in seinem Kopf geht vermutlich vor, dass Du schon wieder meckerst. Gebrauchte Schuhe kauft niemand. Entweder er kann sie noch anziehen oder sie sind so kaputt, dass es nicht mehr geht. Meist ist aber nur gering etwas defekt und dann gibt es die Meinungsverschiedenheiten.
Wenn er etwas mit Deiner Genehmigung in sein Haus bringt, gibt es doch nichts zu meckern. Braucht er es nicht mehr zu kaufen.

viele Grüße
Wolfram


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05.06.2020 19:49
#18
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Liebe @Heu
Ich hatte/ habe auch heftige Schwierigkeiten, mich von Dingen zu trennen, vor allem, wenn Erinnerungen daran hängen.
Als Kind wurde alles alles aber wirklich alles aufgehoben, zum großen Teil auch durch mich, weil ich als Kind geschrien habe meine gebastelten Sachen aufheben wollte und behalten wollte. Irgendwann im frühen Jugendalter hab ich den KOMPLETTEN Inhalt meines Kinderzimmers in Kartons gepackt und in den Dachboden gestopft, wirklich JEDEN Papierschnipsel, jedes aufgesammelte Steinchen/Stöckchen/gepresste Herbstblatt, glitzernde Papierstückchen, jede Zeichnung/Kritzelei, jedes einzelne Schulheft sogar, usw. natürlich auch jedes gekaufte Spielzeug, wovon wir als Kinder jedoch (zum Glück!) nicht all zu viel hatten.
Als ich dann Jahre später damit begonnen habe auszusortieren, hat mir folgendes geholfen:
>Ich hatte einen GRUND auszusortieren, nämlich ich wollte den Dachboden frei haben, um Raum für mich zu haben und diesen Raum nach meinen Vorstellungen gestalten zu können.
>In mir löst es ein furchtbar ungutes und ganz entsetzlich wiederstrebendes Gefühl aus, wenn Dinge 'sinnlos' weggeworfen werden. Also hab ich versucht, mich zu 'überlisten', weil ich wollte das Ziel, den Raum frei zubekommen, ja erreichen.
Ich habe versucht, allen Dingen die weg kommen einen Sinn zu geben. Alles, was man noch brauchen konnte und was ganz war, habe ich immer wieder in Kisten gesammelt und diese in regelmäßigen Abständen an ein Hilfsprojekt gegeben.
Alles was definitiv Müll war, habe ich streng getrennt nach Karton/Plastik usw, weil das ja dann wiederverwertet wird=einen Sinn hat.
>Für mich war es sehr wichtig, auch Gegenstände zu behalten, an denen besonders viele oder emotinale Erinnerungen haften. Auch Gegenstände, bei denen ich im Moment des aussortierens unsicher war, habe 'ich mir erlaubt' erstmal zu behalten. In eine Kiste zu tun, und diese dann nochmals durchzusortieren, wenn ich dafür bereit bin. Wichtig hierbei war für mich, die Kiste aber erstmal zu zumachen und mir aus dem Blickfeld zu stellen.
>Ein weiterer 'Trick' der mir sehr sehr sehr geholfen hat, war Fotos zu machen. Ich hatte während des ganzen ausmistens (und das mach ich immer noch so, wenn ich ausmiste) meine Digitalkamera bereit liegen, und immer wieder mal Fotos gemacht. Manche Gegenstände, von denen ich mich zwar einerseits trennen konnte/wollte, aber die Erinnerung daran nicht loslassen konnte/wollte, bzw die Erinnerung daran nicht verlieren will(!!!) fotografiere ich dann eben von allen Seiten.
Die Digitalfotos nehmen quasi keinen Platz weg, ich kann tausende davon auf eine einzige externe Festplatte speichern.
Die Gegenstände und die damit verbundene Erinnerung sind dann trotzdem noch da. Und zudem ist auch der Platz da, den die Gegenstände vorher eingenommen haben.
Aber ganz wichtig an der Sache mit den Fotos ist, dass die Erinnerung nicht mit dem jeweiligen Gegenstand 'weggegeben' oder alternativ 'weggeschmissen' wird.
Vielleicht ist ja der ein oder andere Punkt dabei, der dir bzw deinem Mann helfen kann.
Liebe Grüße
die SpeicherAssel


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07.06.2020 23:37
avatar  Heu
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@Wolfram:

Ich sage ihm schon, wie sehr ich ihn schätze. Auch seine Kreativität. Vor allem die. Aber gleichwohl muss doch auch ein gemeinsames Leben möglich sein?

Wenn Betroffene hier schreiben, ist das dann nicht deshalb, weil doch ein gewisser Leidensdruck da ist? Und was verhilft Betroffenen zu dieser Erkenntnis? Das ist die Frage, die ich mir stelle (wohlwissend, dass Auch Betroffene unterschiedlich sind und es kein Patentrezept gibt.

Aber: Er feiert seit 5 Jahren keinen Geburtstag mehr. Ich bin mir sehr sicher, dass er das lieber nicht offen zeigt, wie er dort lebt. 2 Gemeinsame Freunde haben ihn neulich spontan dort besucht und mich hinterher schon darauf angesprochen, dass das sehr schräg ist, wie er dort haust. Die schlimmsten Ecken haben sie nicht Mal gesehen, glaub ich.

Es ist mir nicht wichtig, was andere finden. Es ist nur ein Gradmesser, dass ich mit meiner Einschätzung nicht so falsch liege.


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07.06.2020 23:42
avatar  Heu
#20
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Das ist genau der Punkt. Die Erinnerungen haften an den Gegenständen. Ich für mich kann das nur schwer nachvollziehen. Aber ich habe mit den Jahren verstanden, dass er so empfindet. Er hebt zB sämtliche Schuhe auf, die unsere Kinder jemals getragen haben. ALLE! Und er kauft total Öle Schuhe für sie (sie haben zusammen permanent um die 15-20 Paare, die gerade passen. Und alle hebt er auf!

Ich mache das mit den Fotos auch manchmal, wenn mir Dinge wichtig sind. Ich schau mir das dann an. Aber der Gegenstand selbst, den kann ich gut loslassen.


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