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Mythen über Narzissmus
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Von Kira Cossa.
Mütter, die ihre Kinder nicht lieben, gibt es nicht.
Mütter, die ihre Kinder nicht lieben oder sogar missbrauchen, sind noch immer ein Tabuthema. Es gibt unterschiedliche Statistiken zum Thema Missbrauch, wobei die Anzahl der missbrauchenden Mütter so gut wie immer weit über der Anzahl missbrauchender Väter liegt. Schwerwiegend ist im Bereich des familiären Missbrauchs, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit von Generation zu Generation weitergegeben wird und sich durch ganze Familienzweige zieht. Die NPS ist nicht die einzige Persönlichkeitsstörung, die sich auf das Verhältnis und die Liebe zwischen Mutter und Kind massiv auswirkt.
Narzissten finden sich schön.
Häufig wird Narzissmus im normalen Sprachgebrauch mit Selbstverliebtheit in die eigene Schönheit gleichgesetzt. Dass sich ein Mensch mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung besonders schön und attraktiv findet, kann durchaus der Fall sein, wobei dies kein Kriterium für NPS ist.
Männlicher und weiblicher Narzissmus unterscheidet sich.
In der deutschsprachigen Literatur stößt man hin und wieder auf die Differenzierung zwischen männlichem und weiblichem Narzissmus, wobei der weibliche Narzissmus hierbei mit Anpassung und Überanpassung der Frau in Verbindung gesetzt wird, der männliche Narzissmus mit Anerkennung und Autonomie. Die Frau wird innerhalb dieser Unterscheidung häufig als depressiv und hilflos dargestellt. Sie versucht diese Gefühle mit Leistung, Hilfsbereitschaft und Hingabe zu kompensieren, während der Narzissmus des Mannes als überdeckt von Grandiosität beschrieben wird. Diese Unterteilung mischt zumeist die narzisstische und histrionische Persönlichkeitsstörung und basiert weder auf dem europäischen ICD-10 noch auf dem amerikanischen DSM-IV und widerspricht beiden Definitionen. Viele Bereiche überschneiden hier außerdem die Begriffe Co-Abhängigkeit und Helfersyndrom.
Ein nicht ausgebildetes Selbst liegt vielen psychischen Störungen zugrunde und ist nicht nur bei der NPS zu finden. Probleme mit Sucht, Essstörungen, Beziehungen usw. stehen so gut wie immer in direktem Zusammenhang mit dem eigenen Selbstbild, Selbstwertgefühl und dem Vorhandensein eines authentischen Selbst.
Eine NPS ist zudem nicht selten mit einer oder mehreren anderen Komorbiditäten verbunden. Diese können zu Teilen auch geschlechtstypischer sein, wobei nicht wirklich zwischen einem sogenannten “männlichen” und “weiblichen” Narzissmus als solchem unterschieden werden kann. In der Regel werden Frauen häufiger als Männer mit der histrionischen Persönlichkeitsstörung, Männer mit anti-sozialer Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, wobei es gut möglich ist, dass ein Teil dieser Diagnosen nicht korrekt sind und eigentlich eine NPS vorliegt. Neben Fehldiagnosen werden diese Überlappungen oft nicht wahrgenommen oder überinterpretiert und die NPD dabei nicht zur Kenntnis genommen.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen tauchen dann auf, wenn wir uns Punkte anschauen, die maßgeblicher Teil einer NPS sind und dabei auf den geschlechtsspezifischen Umgang mit diesen Merkmalen konzentrieren. Männer wie Frauen mit NPS haben etwa einen nicht unterdrückbaren Drang nach Aufmerksamkeit. Dass diese Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Weise erzielt werden kann, steht außer Frage. Männer und Frauen wählen oftmals verschiedene Wege, diese Aufmerksamkeit zu erhalten, sie stehen sich jedoch im Ausmaß von Missbrauch, Manipulation und Lügen in nichts nach. Missbrauch durch Narzissten mag bei Männern stärker von physischer Gewalt geprägt sein als bei Frauen; die Schäden, die dem Opfer zugefügt werden sind jedoch bei beiden gleich massiv. Das zerstörerische Element von Missbrauch ist überwiegend der psychische Aspekt, weniger der physische.
Narzissten haben ein geringes Selbstbewusstsein.
Narzissten haben einen Hang zu Grandiosität und sehen sich selbst als das Zentrum der Welt. Sie verlangen nach unbegrenzter Aufmerksamkeit und haben ein überhöhtes Anspruchsdenken. Diese Selbstsicht hat sich über die Kindheit, Jugend und im Erwachsenenalter gefestigt und ist so in die Persönlichkeit zementiert, dass Menschen mit NPS sich im Normalfall nicht über dieses geringe Selbstwertgefühl bewusst sind. Obwohl das grandiose Selbst geschaffen wurde, um die eigenen Unzulänglichkeiten, Ängste und Minderwertigkeitsgefühle zu überschatten und obwohl Narzissten im Kern ein gestörtes, unzureichendes Selbstbewusstsein haben, sind sie im Regelfall weder fähig, dies zu sehen noch es sich einzugestehen. Zu versuchen einem Menschen mit NPS zu helfen, indem man sein Selbstbewusstsein stärkt ist demnach unsinnig, denn das bereits übersteigerte Selbstbewusstsein ist eines der massiven Probleme der NPS.
Nur 1% der Bevölkerung hat eine NPS.
Die „offiziellen” Statistiken zum Beispiel von der APA (American Psychiatric Association) sprechen von 1% der Bevölkerung, welche eine NPS haben. In vielen anderen Quellen, online und in der Literatur finden sich ähnlich Zahlen, die zwischen 1% und 4% schwanken. Wichtig ist in diesem Fall zu wissen, dass diese Statistik ausschließlich Narzissten umfasst, die in Behandlung sind! Wer sich ein bisschen mit NPS und Narzissmus beschäftigt hat, wird schnell erkennen, dass das nur eine winzige Anzahl sein kann, da Narzissmus fast immer unerkannt bleibt, und sich Narzissten so gut wie nie in Behandlung begeben! Der Glaube, sie seien perfekt, ist ein Teil der Persönlichkeitsstörung und verhindert das Aufsuchen eines Therapeuten oder einer Beratungsstelle! Auch eine anonyme Befragung von Menschen ist im Falle der NPS schwierig. Häufig treten Narzissten in der Öffentlichkeit freundlich, empathisch und hilfsbereit auf und sind zudem fürs Lügen bekannt. Günstiger wäre es, Menschen im direkten Umfeld über sie zu befragen, wobei auch hier eine statistische Erhebung schwierig zu beurteilen wäre. Es kommt außerdem hinzu, dass Menschen mit Persönlichkeitsstörung, die Verbrechen begehen, meist unter einer Kombination aus mehreren dieser Störungen leiden und auch die Kriterien für Psychopathie erfüllen - sie werden somit in die oben genannte Statistik nicht einbezogen! Es gibt einige Schätzungen, die in meinen Augen realistischer erscheinen als 1%, jedoch bislang nicht von empirischen Daten gestützt werden und keine genaueren Ergebnisse liefern. Die Zahlen schwanken in diesen Schätzungen meist zwischen moderaten 10% bis sehr, sehr hohen 40% der Bevölkerung.
Narzissmus betrifft meistens Männer.
In der Literatur wird zumeist davon gesprochen, dass Männer 50-75% der Menschen mit NPS ausmachen. Diese Prozentzahlen werden zumeist dann angeführt, wenn es sich um die geläufige Annahmen handelt, dass Arroganz, Wettbewerbsfähigkeit, physische Aggression - also meist als männlich angesehene Eigenschaften - einen Narzissten ausmachen. Frauen werden im Vergleich meist Eitelkeit und Märtyrertum nachgesagt. Alle diese genannten Eigenschaften sind nicht in der Klassifizierung einer NPS vorhanden! Eine NPS ist viel weitläufiger und tiefer liegend als die genannten, oberflächlichen Charakteristika. Besonders Aggression, die meist Männern zugeschrieben wird, findet sich bei Frauen im gleichen Ausmaße und mit gleichen destruktiven Folgen jedoch auf eine andere Art.
Dies lässt sich gut am Beispiel von Mobbing erklären. Die Art und Weise, auf die Männer und Frauen, Jungen und Mädchen sich Opfer auswählen und diese misshandeln, sieht von außen sehr unterschiedlich aus und ist bei Männern wesentlich offensichtlicher. Während ein männliches Opfer seine Missbraucher oft nicht näher persönlich kennt, ist ein weibliches Opfer meist im direkten sozialen Umfeld der Täterin zu finden. Die Misshandlungen von Frauen fallen meist subtiler aus, geschehen durch üble Nachrede, ablehnende Haltung, Gesten, scheinbar zufällige “Missverständnisse”, Manipulation und Intrige. Männer gehen dabei wesentlich offensiver vor.
Beide Arten der Misshandlung haben jedoch die gleiche zerstörerische Wirkung auf das Opfer. Die Tatsache, dass Misshandlungen durch Frauen oft schwieriger zu entdecken sind und gesellschaftlich weniger zur Kenntniss genommen werden, heißt jedoch bei weitem nicht, dass sie nicht existieren.
Hinzu kommt eine hohe Anzahl von falsch diagnostizierten Frauen, denen eine histrionische Persönlichkeitsstörung oder Borderline-Störung wesentlich häufiger und leichtherziger attestiert wird, als eine NPS.
Narzissten haben keine Empathie.
Diese Aussage steht in direktem Zusammenhang mit der Definition des Wortes “Empathie”. Empathie ist nicht nur die Fähigkeit, die Emotionen anderer lesen und erkennen zu können, sondern auch die Bereitschaft, diese mitzufühlen bzw. auf sie einzugehen. Während sich Narzissten hochgradig unempathisch verhalten, sind sie doch in der Lage, die Gefühle ihres Gegenübers genauestens erkennen zu können. Ich würde sogar soweit gehen, dass Narzissten überdurchschnittliche Fähigkeiten besitzen, anderer Menschen Gefühle wahrzunehmen und zu deuten. Anstatt sich aber in die Person “einzufühlen” und auf sie positiv einzugehen, verwenden Narzissten ihre Fähigkeit jedoch zu ihrem eigenen Nutzen: um narzisstische Zufuhr zu erhalten, zu manipulieren, zu verletzten und auszubeuten. Ihnen fehlt ein Bestandteil der Empathie: das “Mitfühlen”. Dies macht sie zudem unfähig, sich in die Lage einer anderen Person hineinzuversetzen und eine andere als ihre eigene Perspektive auf Dinge zu haben.
Narzissmus kann man heilen.
Die NPS ist eine Störung, die in einem Spektrum liegt und mehr oder weniger stark ausgebildet sein kann. Während es möglich ist, an narzisstischen Eigenschaften zu arbeiten, und unter Umständen bei milden Fällen von NPS Therapiemöglichkeiten bestehen können, so ist es so gut wie unmöglich, Narzissten zu heilen. Sam Vaknin schreibt auf seiner Website unter häufig gestellte Fragen: “Der pathologische Narzissmus eines Erwachsenen ist nicht “heilbarer” als die Gesamtheit einer Persönlichkeit entbehrlich ist. Der Patient ist ein Narzisst. Narzissmus ist einer Hautfarbe ähnlicher als die Wahl eines Faches auf der Universität.” (Vaknin, Sam: “Narcissistic Personality Disorder Treatment Modalities and Therapies”, unter http://samvak.tripod.com/faq77.html, abgerufen am 12.03.2016)
Narzissten sind von ihrer Grandiosität überzeugt und hochgradig undankbare Therapiepatienten. Häufig halten sie sich für intelligenter und cleverer als ihre Therapeuten und haben nicht wirklich den Wunsch, ihr idealisiertes Selbstbild niederzureißen.
Sie nehmen oft dann Therapien in Anspruch, wenn eine oder mehrere ihrer Komorbiditäten ihr Leben erschweren, arbeiten dann jedoch meist nicht direkt an ihrer NPS.
Für Töchter narzisstischer Mütter ist die Erfahrung meist frustrierend, wenn sie versuchen, ihre Mutter zu einer Therapie zu überzeugen oder zur Familientherapie einladen. Selbst wenn die narzisstische Mutter sich bereit erklärt, an einer Therapiesitzung teilzunehmen, sind die Resultate meist wenig ergiebig. Chancen auf Heilung bei einer ausgewachsenen narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind hochgradig unwahrscheinlich.
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