Hallo Zusammen,
ich bin seit einer Woche massiv mit dem Thema "Vermüllung" konfrontiert und bin von daher auf der Suche nach Informationen und Lösungsvorschlägen.
Mein Onkel wohnt seit vielen Jahren in eine Wohnung, die seit ein paar Monaten mir gehört. (Ich habe sozusagen die Wohnung samt Bewohner geerbt ...) Bislang hatten wir recht wenig und nur unregelmässig Kontakt. Zur Übergabe der Wohnung hatten wir uns (natürlich bei mir) getroffen und neben den finanziellen Dingen vereinbart, das ich die Wohnung besichtigen kann, die ich bislang noch nicht gesehen hatte. Seitdem war kein Kontakt mehr möglich (null Reaktion), bis vor wenigen Tagen ein Brief der Hausverwaltung bei uns ankam: Ein Handwerker hatte abgelehnt, in der Wohnung wegen der "schlechten hygienischen Zustände" Reparaturen durchzuführen. Nach vehementen Versuchen der Kontaktaufnahme konnten wir letzte Woche nun doch telefonieren. Die Katze war ja nun eh aus dem Sack und das Verstecken war nicht mehr möglich. Wir (Meine Frau, mein Sohn und ich) hatten direkt Hilfe beim Aufräumen angeboten, die auch tatsächlich angenommen wurde. Am letzten Samstag haben wir dann sicherlich über eine Tonnen Müll entsorgt, und dieses Wochenende soll es weiter gehen mit Entsorgen und ersten Putzversuchen.
Einerseits habe ich die Hoffnung, das eine Hau-Ruck Aktion wieder zu einem Normalen Leben führen kann.
Andererseits ist klar das eine generelle Verhaltensänderung notwendig ist.
So, nun der Fragebogen:
1. Ist der Betroffene deiner Meinung nach ein echter Messie, oder hat er eine Antriebsstörung, oder beides? (Worin der Unterschied besteht, und warum das wichtig ist, ergibt sich aus dem o.g. Text)
Nach Lesen der sehr gut beschriebenen Differenzierung definitiv eine Antriebstörung. Zum Anfang des Entsorgens (und mit den Beschreibungen der echten Messies im Sinn) fragte ich was denn wichtig für ihn sei. Die Anwort: "Du siehst es ja. Weg, alles weg."
2. Falls er tatsächlich primär Objekte sammelt, die er nicht loslassen kann: Was sind das für Objekte?
Das ist nicht der Fall. Von gewissen Objekten sind zwar viele Exemplare aufgetaucht, aber eher weil Sie unter Müllbergen begraben und daher unauffindbar waren, so dass neue gekauft wurden.
3. Wer lebt noch mit dem Betroffenen zusammen? Du selbst, andere Angehörige, Kinder, Haustiere? Worin bestehen deiner Meinung nach die für diese Mitbewohner problematischsten oder belastendsten Einschränkungen im Alltag?
Er lebt seit etwa zehn Jahren allein. Nach der Trennung von seiner damaligen Partnerin hat wohl die Vermüllung angefangen
4. Wie sieht ein typischer Tag im Leben des Betroffenen aus? (in Stichpunkten)
Mein Onkel hilft noch recht regelmässig einem Kumpel bei Gelegenheitsarbeiten. Natürlich darf keiner in die Wohnung, und nachdem der Handwerker sich beschwert hatte war er wohl sozusagen auf der Flucht und kam nur spät und heimlich in seine Wohnung. Mein Onkel hat ansonsten wenig Kontakte (denke ich ...)
5. Gibt es diagnostizierte, vermutete oder bereits ausgeschlossene Erkrankungen/Störungen, die entweder als Auslöser in Frage kommen, oder die Situation verschärfen? (zum Beispiel Depressionen, ADS/ADHS, Traumata, aber auch Gehbehinderung, hohes Alter, Demenz, Rückenleiden....)
Eventuell eine "Anpassungsstörung" nach der Trennung von der damaligen Partnerin. Mit 70 Jahren nicht mehr der Jüngste, aber eigentlich noch recht rüstig.
Vielleicht auch ein Hang zu ADS/ADHS: Manche Projekte wurden angefangen (zB Bodenbeläge, die gekauft wurden, eventuell mit dem Wunsch wieder schön zu wohnen, Farben und Pinsel in mehrfacher Ausführung). Er war früher Alkoholiker, ist aber seit vielen Jahren trocken.
6. Oft gibt es wiederkehrende Konflikte zwischen dem Betroffenen und engen Angehörigen. Wie verläuft ein solcher, typischer Konflikt genau? Wer sagt oder tut was, wie reagiert der andere, wie wird die Konfliktsituation beendet?
7. Weißt du etwas über die Kindheit bzw das Elternhaus des Betroffenen?
Aufgrund schwerer Krankheit als kleines Kind wurde er eher sehr behütet und verwöhnt - das ist zumindest die Darstellung meiner Mutter, der älteren Schwester ...
8. Liegt ein "extremer Verwahrlosungsgrad" vor?
Das erste Betreten der Wohnung war schockierend. Die Wohnungstür konnte nur einen Spalt Breit geöffnet werden, Nutzbare Flächen waren nur ein teil der Wohnzimmercouch, ein Teil des Bettes, eine kleine Fläche des Ceranfeldes in der Küche wurde von Fett freigekratzt. Kein einziges sauberes Stück Geschirr in der Küche, der ursprüngliche Bodenbelag in fast allen Räumen nicht mehr erkennbar.
Einziger Lichtblick: Die Toilette ware geputzt!
Der verteilte Müll Bestand aus Papier, Plastiktüten und ungeöffneten Einkäufen. Interessanterweise waren gewisse Müllarten entsorgt worden, so gab es zB keine leeren Verpackungen, keine Leeren Flaschen. Zum Glück keine Haustiere!
9. Besteht der Verdacht auf Selbstgefährdung (z.B. Suizidgedanken oder -absichtserklärungen, Verweigerung oder Vergessen von lebenswichtigen Medikamenten) oder andere bedenkliche Verhaltensweisen? Einfach benennen, auch wenn du nicht sicher bist. Auch das würde andere Maßnahmen erfordern.
Glaube nicht, nimmt regelmässig Medikamente und geht zum Arzt
10. Besteht der Verdacht auf Fremdgefährdung bzw Gefährdung fremden Eigentums? Z.B. offen liegende Steckdosenanschlüsse, wenn Kinder im Haushalt leben, Tiere, an denen Anzeichen von Verwahrlosung zu erkennen sind, Bausubstanzbeschädigung durch Schimmelbefall, Ungeziefer
11. Erzähle das, wonach wir noch nicht gefragt haben. Warum bist du heute hierher gekommen? Wie geht es dir zur Zeit, und wie geht es dir jetzt im Moment? Was möchtest du loswerden? Was findest du, sollten wir sonst noch über den Betroffenen, über dich, oder über euer Verhältnis zueinander wissen?
12. Deine Fragen - zum Messiesyndrom im Allgemeinen? Zu deinem Fall im Speziellen? Kannst du formulieren, was du dir von deinem Besuch hier erhoffst, erwartest oder wünschst?
Ist eine "Betreuung" notwendig? (habe ich gefragt, hat er verneint/abgelehnt.)
Einfach berichten was bislang geschah. Diskutieren ob mein/unser Vorgehen soweit Sinnvoll ist, eventuell Erfahrungen wie es von der Fremdhilfe zur Selbsthilfe kommen kann.
Die Artikel im Forum zum Thema "Antriebsstörung" waren sehr informativ. Gibt es diese auch als PDF zum Ausdrucken?
Vielen Dank für das tolle Forum,
Gruss Markus