Hallo,
es ist schwierig, auf den Punkt zu bringen, um wen es eigentlich bei meinem Dilemma geht. Ehrlich gesagt, weiss ich nicht weiter. Ob ich noch helfen oder kapitulieren soll.
Das ist jetzt auch eine Lebenserzählung von mit und meiner Mutter geworden, aber da es viele verschiedene Messitypen gibt, ist es vielleicht gut und hilfreich, es ausführlicher zu erzählen.
Vor allem, weil ich dankbar für Anregungen sein werde.
Hoffe auch, dass sie sich nicht hier anmeldet und das liest und böse auf mich ist, aber wohin soll man sich denn sonst wenden ?
Ich wurde letztes Jahr von meiner Mutter gefragt, ob ich ihr beim Aufräumen helfen kann.
Sie kam die Jahre immer über zu uns und blieb übers Wochenende, eine Woche oder zwei. In der Zeit hat sie heiloses Chaos angerichtet, ich war danach urlaubsreif und wir sind immer im Streit auseinander gegangen, bzw. hat sie auch mit anderen Angehörigen gestritten. Beispiel: jemand lacht und sie behauptet, dass man über sie gelacht hätte.Inspiziert alle Schränke, räumt die Küche "auf". Sie bringt dann netterweise auch immer ihren Kühlschrankinhalt (6 Monate über Datum) oder Nudeln mit. Früher hatte ich nach ihrem Besuch mal Lebensmittelmotten, mein Bruder auch.
Telefonisch hatten wir im letzten Jahr einen sehr guten Kontakt, wir haben fast täglich telefoniert. Wenn genug Kilometer zwischen uns sind klappt das. Sie hat auch unheimlich viele Bekannte, das nimmt auch sehr viel Zeit in Anspruch, sie verreist gerne und macht Ausflüge.
Sie war früher nach aussen erfolgreich, gesellschaftlich aktiv, sehr kreativ, wichtige Position im Verein.
(Ich bin introvertiert, My Home is my Castle und ich mag nicht ausgehen oder Urlaubsreisen, liebe meine Ruhe)
Das sie mich wegen Hilfe gefragt hat kam daher, weil ich meiner Mutter vor ein paar Jahren erzählt habe, dass ich mein Chaos mithilfe eines Putzplans in den Griff bekommen habe. Ich habe selber viele Messi-Anteile in mir. Leider habe ich als Kind keine Ordnung gelernt, bin mit knapp 18 ausgezogen, hatte Anfangsschwierigkeiten. Hat dann alles ganz gut geklappt, aber irgendwann wollte ich total ordentlich werden. Musste mich erstmal belesen und habe die verschiedenen bekannten Bücher oder Praktiken ausprobiert. Habe dann ein System gefunden, welches auf mich gepasst hat. Mittlerweile habe ich es auf meinen neuen Haushalt angepasst und auf mich zugeschnitten.
Vor ein paar Jahren wurde ich krank und wegen der depressiven Erkrankung habe ich nichts mehr bewerkstelligen können. In der Zeit meiner Krankheit hatten wir weniger Kontakt, bzw. hat sie nie bei mir angerufen um Mal nachzufragen,, wie es mir geht, sondern sie hat mich zu den unmöglichsten Zeiten (auch nachts oder früh morgens) angerufen und mich sofort mit ihren Problemen zugetextet (...stell Dir vor, was XY wieder gemacht hat .. Redeschwall eine Stunde lang), und als es mir zuviel wurde und ich ihr sagen musste, dass ich mir das leider nicht mehr antun kann, war sie beleidigt und es herrschte eine Zeitlang Funkstille. Sie hat nicht verstanden, dass ich mich momentan nicht mit ihren selbstgemachten Vereinsproblemen befassen kann, auch auf dringenden Rat meines Therapeuten hin. Auch andere Verwandte haben ihr in der Zeit gesagt, dass sie bitte etwas ändern soll, sie wollen davon auch nichts mehr hören. Die wurden auch zu den Uhrzeiten angerufen wie ich.
Wir haben oftmals das Gefühl, dass sie der Mittelpunkt ist, um den sich alles zu drehen hat.
Mittlerweile geht es bei mir aufwärts und ich arbeite jeden Tag an mir dank Verhaltenstherapie.
Ich hatte erst vor zwei Jahren eine Zeit, da musste ich wie unter Zwang an jedem Sperrmüllhaufen anhalten und nachsehen, ob es was Brauchbares gibt. Die Phase ist wieder vorbei, habe mich dazu gezwungen, nicht mehr stehen zu bleiben.
Mein momentaner täglicher Kampf sind die "Zu verschenken" Kisten auf dem Gehweg.
Ich habe auch alles Mögliche angefangen zu sammeln, wenn eine Wohnungsauflösung war habe ich zugegriffen.
Momentan bin ich motiviert wieder auszumisten, vor allem nach dem letzen Besuche bei ihr.
Nun zum eigentlichen Problem:
Ich wurde also letztes Jahr gefragt, ob ich helfen kann. Es wurde vorher fast täglich telefoniert, habe Vorschläge gemacht und gesagt, dass man dabei nach System vorgehen sollte. Beispielsweise Kartonprinzip.
Vereinbart war, dass ich vier Tage bleibe. Es kam dann so, dass ich nach fünf Stunden wieder die 250 Kilometer heimgefahren bin.
Ich war selbst so überfordert, der Zustand der Wohnung hat rein gar nichts mit dem zu tun, was mir im Laufe der Telefonate erzählt wurde und was ich erwartet hatte. Zwischendurch war nämlich Klar Schiff, weil ihr Ex-Freund und ihre Schwester auf ihre Bitte hin wunderbar geholfen haben.
Als ich also letztes Jahr dort war, habe ich im Hauptbad begonnen, indem ich Tüten für Pappe, Kunststoff, abgelaufene Artikel an die Türklinke gehängt habe.
Von ihr war gewünscht, dass ich mit dem Balkon anfange,damit sie ein gemütliches Plätzchen hat. Aber ich war mit den ganzen toten Pflanzen, dem Dreck und dem zugestellten Chaos total überfordert. Körperhygiene geht für mich vor und so haben wir auf meinen Vorschlag hin im Hauptbad begonnen.
Zum Schlafen gab es auch keinen Platz, die Couch war voll, aber das hätte man irgendwie regeln. können.
Ich habe ihr im Bad gezeigt, was ich in der Hand habe und gefragt, ob es weg kann und dann weggeworfen. Nichts ohne ihre Zustimmung entsorgt. Wir haben über jede Umverpackung verhandeln müssen. Leider hat sie dann, als ich auf der Toilette war, die Mülltüten wieder ausgeräumt. Beispiel: Parfümkarton kann man noch als Geschenkeverpackung benutzen.
Sie hat nicht bemerkt, dass ich wortlos gegangen bin. Sie war auch gar nicht böse, als ich weg war. Ich musste raus. Unterwegs habe ich angehalten und erstmal tief Luft geholt und sie angerufen. Ich hatte den Eindruck, sie war erleichtert. Sie war mit aufräumen beschäftigt, weil ich ihr Unordnung reingebracht habe.
Wir waren nun zu Weihnachten eingeladen, haben es nur 2 Stunden ausgehalten. Wenn man sich bewegte oder sich
gedreht hat, hat man etwas abgeräumt.
Meine Mutter kam mir auch etwas verwirrt und etwas verwahrlost vor.
Es dauerte 45 Minuten, bis sie Wassergläser gefunden hatte. Und die waren nicht ok.
Klospülung im Gäste WC und Wasserhahn war nur noch ein Rinnsal. Einen Tag später wollte ein Bekannter es angeblich richten, ich habe in Erinnerung, dass der Zustand letztes Jahr bereits so war. Es wurde aber auch jetzt nicht repariert.
Ich hatte den Eindruck, dass man mittlerweile gar nicht mehr ins Hauptbad kann.
Wie sie es geschafft hat Eintopf zu kochen, ist mir echt ein Rätsel.
In der Küche dient sogar
die offene Geschirrspülerklappe als Abstellplatz bis Oberkante. Wie alles andere in der Wohnung. Ihre Lösung besteht darin, Regale und Schränke zuzukaufen, die man dann in zweiter und dritter Reihe stellen kann.
Am nächsten Tag hatten wir telefoniert und dann ergab es sich, dass ich gesagt habe, dass wir leider nicht mehr kommen können, der Zustand war unerträglich, wir hatten richtige Panikattacken. Sie war wütend, hat geschrien, hat empört aufgelegt und mir noch gesagt, das bei mir auch nicht sauber ist. OK. Kein Problem für mich.
Habe dann schriftlich versucht, die Wogen zu glätten, es ist nicht auf ihre Person bezogen, sondern auf die Wohnung.
Also gut, es geht mich nichts an. Oder doch ? Inzwischen gibt es Ärger mit der Hausverwaltung wegen Brandschutzvorschriften. Habe aus Erzählungen den Eindruck, dass Nachbarn auch mitbekommen haben, welche Zustände bei ihr herrschen. Es ist Eigentum und von aussen nicht ersichtlich, bis auf die Balkone. Es stinkt auch nichts. Bis auf ungelüftet und bisschen Obstmoder von überreifen Bananen. Vielleicht ist es sonst anders ? Keine Ahnung.
Ich versuche mir einzureden, dass ich nicht das Recht habe, mich dazu zu äußern. Aber ich habe das Recht, nicht zu Besuch kommen zu müssen. Das muss sie auch lernen, dass sie Grenzen anderer zu akzeptieren hat. Wenn sie es schon nicht respektiert.
Aber ich muss mich selbst schützen. Ich habe seitdem Albträume gehabt, seit gestern geht es mir etwas besser.
Daher habe ich heute angerufen, und mich erkundigt, wie es so läuft.
Immer die gleichen tollen Geschichten, sie ist im Geiste eine superpingelige Perfektionistin, die immer aufräumt und abspült und Papier rausbringen muss.
Nur die Realität sind leider anders aus.
Z.B. dass ich meine Lebensmittelvorräte in Schraubgläser fülle, falls man Motten mitkauft.
Sie belehrt mich prompt und sagt mit erhobenem Zeigefinger, dass man zwischen Deckel und Glas noch einen Plastikfrühstücksbeutel klemmen muss, weil sonst Motten reinkönnen. Solche Sachen eben, mit denen man sich auch wunderbar verzetteln kann. Aber bei ihr ist rein gar nichts in Gläsern. Es wird nur zugekauft und nicht verbraucht oder weggeworfen.
Obst ist ihre selbstkreierte Fruchtfliegenfalle. Habe drei Netze mit Mandarinen an verschiedenen Stellen gesehen, das Netz auf dem Geschirrspülerhaufen hat sich in mein Gedächtnis eingeprägt.
Dabei ist sie der Mc Gyver für Alle. Wenn jemand etwas braucht, hilft sie gerne aus. Schnell mal Sonntags für eine Freundin aus gesammelten Kirschkernen (300 Gramm) ein Kirschkernkissen nähen, kein Problem. Das war auch gut so, denn die Nähmaschine war etwas kaputt, und sie konnte sie bei der Gelegenheit gleich reparieren. Sie hatte sogar noch ein gekauftes originalverpacktes Kirschkernkissen da. (Aber dann wird man halt nicht bewundert. Sorry für meinen Sarkasmus.) Das war so nett, die Freundin hat Kuchen mitgebracht, sie haben nebenher geplaudert und Mama hat dabei genäht. Ich stelle mir das so malerisch vor. Falls die Story wahr sein sollte. Was ich mittlerweile bezweifle.
Sie kann leider nie Nein sagen. Leider war sie bei den eigenen Kindern genau das Gegenteil.
Ich las im Internet von einem Messityp, der mit Inbrunst den Hunger in der Dritten Welt bekämpft, aber den eigenen Kindern nur Fastfood gibt. In unserem Fall waren es Ravioli aus der Dose und Marmeladebrote.
Ihre Kollegen kamen dafür regelmäßig in den Genuss ihrer Backkünste. Für uns wurde nichts übriggelassen, nur Krümel (daher mein Nickname). Stolz darauf, dass es so gut ankam, die Bewunderung streichelt auch die Seele. Wir Kinder hätten uns aber auch sehr gefreut.
Sie erzählt mir ständig, dass sie gerade am aufräumen ist, beim Recyclinghof war, bügelt, sich auch einen Fenstersauger gekauft hat, dass der Heizungsableser da war usw. Gibt mir tolle Haushaltstipps, auch zu meinen Pflanzen. Wenn man sie reden hört, hat man den Eindruck, in der Wohnung sieht's aus wie im Katalog.
Nun habe ich ihr heute, nach langem Überlegen, vorgeschlagen (sie hat nach unserem Besuch bei dem Telefonat beschwert, dass sie wegen Corona so einsam ist und niemand hilft), dass wir täglich oder jeden zweiten Tag eine Stunde am Telefon miteinander aufräumen. Sie soll ihr Smartphone mitnehmen und ich leite sie an. Sie könnte pro Tag eine Tüte mit Papier vollmachen und im Dunkeln zum Auto bringen und einmal pro Woche zu verschiedenen Recylinghöfen fahren. Oder bekommt eine von mir ausgedachte Aufgabe, z.B. Schublade so und so ausmisten
Aber: sie ist nun doch nicht bereit, eine Uhrzeit zu vereinbaren, auch nicht jedesmal aufs Neue. Und sie ist nicht damit einverstanden, dass es auf meine Art, nach meinen Regeln gemacht wird.
Ich bräuchte ihr das nicht zu sagen usw. Sie kann das selber.
Langsam frage ich mich auch, ob sie schon dement ist. Wie eine Schallplatte, die hängengeblieben ist.
Es dauert zwar bestimmt mindestens ein Jahr mit meiner Methode, aber sie ist vielleicht am nachhaltigsten.
Ich war nicht die Erste, die hilft. Alle Hauruck-Aktionen haben nur wenige Wochen gehalten, waren auch ein Trennungsgrund von einem Mann, weil sie nichts dabei gelernt und angenommen hat. Er hat (angeblich) den Küchenkranz entsorgt, welcher 30 Jahre nicht montiert war. Sie hat ihm das bis heute nicht verziehen. Ich vermute den Kranz eher in der vollen Doppelgarage, irgendwo ganz hinten.
Mein Bruder und ich hatten früher auch oft Hilfe angeboten, die war aber nicht gewollt, sie empfand es als Angriff. Dies war auch ein Fehler von uns, das wussten wir damals aber nicht. Habe mich inzwischen etwas informiert und Gedanken dazu gemacht, auch aufgrund meiner eigenen Anteile. Man muss aber sehr aufpassen, dass man dabei nicht auf der anderen Seite vom Pferd fällt.
Auch Verwandte haben mich bereits angesprochen auf den Zustand der Wohnung. Aber es nützt nichts, es wird mal alles an mir hängen bleiben und davor habe ich Angst.
Sie selbst muss bereit sein, ihre Einstellung zu Gegenständen zu ändern und es als neuen Lebensabschnitt zu sehen.
Nun habe ich fertig erzählt, vielleicht hat jemand Tipps für mich. Über Anregungen und eure Gedanken dazu würde ich mich auch sehr freuen.
Es soll nicht zynisch oder verbittert klingen, ich bin einfach nur traurig über ihren Zustand. Und habe Angst vor dem, was mal irgendwann auf mich zukommen wird. Denn das muss ich dann alleine erledigen. Mein Bruder lebt weit weg, und ich bezweifle, dass er gross helfen kann.
Liebe Grüße von der Krümel