Wir möchten so gerne helfen, sind aber völlig rat- und hilfslos

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07.04.2015 14:45
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Hallo liebe Forenmitglieder, ich bin ganz neu hier und auf der Suche nach ein paar hilfreichen Tipps zum Helfen. Es geht um meine Tante, die ich vor einigen Wochen in einem so schlimmen Chaos fand, dass es mir fast das Herz zugeschnürrt hat. Wie eine Ertinkende saß sie in einem "Meer" aus all ihren Dingen. Es guckte fast nur noch der Kopf raus. Das war wirklich ein ganz schlimmes Bild.

Wenn ich kurz ausholen darf (sorry wird wohl länger): Meine Tante hat dieses Problem mit dem ständigen Kaufen von Dingen und andererseits dem Wegschmeißen von Dingen schon so lange ich denken kann. Da sie aber oft umgezogen ist, ging es zwischendurch auch immer mal wieder. Die neuen Wohnungen waren dann meistens so 2-3 Jahre ganz in Ordnung. In der Zeit durfte man sie auch besuchen kommen und sie war auch einfach besser drauf. Aber dann fing immer wieder alles von vorne an. Zuviel Dinge, die dann auch das Putzen mehr oder weniger unmöglich machten, dann kam die große Scham bei ihr und sie hat niemanden mehr reingelassen.

Dadurch hat sie sich leider auch völlig isoliert und komplett aus dem Leben gezogen. Dadurch bekamen ihre Dinge aber noch mehr Gewicht und Raum. Einfach ein Teufelskreis. Nun ist es aber wirklich so schlimm geworden, dass wir wirklich Angst um sie haben. Natürlich ist sie absolut einsam, depressiv und leider auch oft aggressiv. Wir würden so gerne helfen, aber jeder noch so zaghafte Versuch unsererseits, etwas zu verändern, endet in ganz schlimmen Beschimpfungen und noch weiterem Rückzug. Wir wissen, dass eigentlich ein Therapeut her müsste, aber das lehnt meine Tante absolut ab. Sie hat irgendwie noch nicht erfasst, dass sie selber der Schlüssel zur Lösung ist. Wir wissen einfach nicht mehr weiter in der Familie. Wir möchten einerseits unbedingt helfen, aber andererseits wollen wir nicht, dass die Situation noch schlimmer wird, sich meine Tante also noch weiter zurück zieht. Es wäre ja fast schon zu schön um wahr zu sein, wenn hier jemand einen (oder gerne auch mehrere) Tipps hätte.
Danke schon mal fürs Lesen und viele Grüße


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07.04.2015 15:25 (zuletzt bearbeitet: 07.04.2015 15:25)
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#2
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Hallo Trödeltrulla,

wir sind gerade dabei, das Forum ein wenig umzustrukturieren. Im "Informationen rund um das Messiesyndrom"-Forenbereich erhältst du einen ersten Überblick, für den Anfang empfehle ich einen Blick in den Beitrag zur Körpersprache

Ich arbeite jetzt im Augenblick an einem Thema, das Angehörigen helfen soll, mit Betroffenen umzugehen, die sich nicht helfen lassen wollen. Ich empfehle dir also, in Kürze dort noch einmal vorbei zu schauen, um hoffentlich mehr Informationen zu finden, die euch nutzen.

Ich glaube, es wäre kontraproduktiv, jetzt auf den Einzelfall einzugehen, und dadurch den schon angefangenen, ausführlichen Thread zu vernachlässigen. Deshalb würde ich dort jetzt gerne weitermachen. Das Thema ist allerdings sehr umfangreich, und kann daher schon noch ein wenig dauern.

Grundsätzlich, als erste Aussicht, kann ich dir folgendes sagen:
Du kannst einen anderen Menschen nicht ändern, indem du irgendwas sagst, oder tust, was du schon mehrmals vergeblich probiert hast. Du kannst aber die wiederkehrende Situation analysieren, und dein eigenes, sich wiederholendes Verhaltensmuster gezielt ändern, sofern du dafür den nötigen emotionalen Abstand aufbringen kannst. Wie das genau funktioniert, arbeite ich gerade wie gesagt ausführlich aus.
Grundsätzlich ist es so, dass eine Person, die sich von ihren Angehörigen auf den Teil ihres Lebens reduziert fühlt, der nicht funktioniert, positiv beeinflusst werden kann, indem man sich mit ihr auf Aspekte konzentriert, die mit dem "dysfunktionalen Teil" ausdrücklich nichts zu tun haben. Dadurch kann sich die Person entspannen, wieder andere, lebenswerte Aspekte ihres Daseins wahrnehmen, und vielleicht - hoffentlich - irgendwann Vertrauen aufbauen und/oder ihr "dunkles Geheimnis" selbst anders motiviert angehen. Die Tante also einzuladen, außerhäusliche Aktivitäten zu unternehmen, und dabei das Thema ganz bewusst und konsequent nicht zur Sprache zu bringen, sondern sich darauf konzentrieren, eine schöne Zeit miteinander zu verbringen, kann unter Umständen weit mehr an ihrer persönlichen Situation verbessern, als Hilfsangebote, die ihre Scham auslösen, und sie unter Druck setzen.


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07.04.2015 15:45 (zuletzt bearbeitet: 07.04.2015 15:46)
#3
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Liebe Numi, vielen Dank schon mal für deine Antwort.
Ja, am Anfang hat das prima funktioniert, sie noch einzuladen, aber mittlerweile ist leider ihre Depression so weit fortgeschritten, dass sie auch solche Termine leider immer wieder in letzter Minute absagt.
In letzter Zeit ist es tragischerweise auch so, dass die Vernachlässigung mittlerweile ebenfalls ihre Person betrifft. Ich vermute, weil auch das Bad nicht mehr wirklich genutzt werden kann.
Ich warte also ganz gespannt auf deinen Artikel.


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07.04.2015 20:42
#4
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Liebe Trödeltrulla !
Ich mag dazu aus eigener Erfahrung etwas ergänzen, was in den letzten Tagen für mich nochmal ganz besonders deutlich geworden ist und das unabhängig davon,
dass auch ich eine Zeit der Depression hatte.
Ein Teil der Probleme wird auch dadurch verstärkt, wenn der /die betroffene Person an sich selbst nix liebenswertes finden kann.
Dann zieht in der Seele eine gewisse Gleichgültigkeit ein............so mit dem Unterton, ist doch egal, ob ich da bin oder nicht.
Ich selber konnte da schon darum nicht stehen bleiben, weil ich mich immer um meinen schwerbehinderten Mann zu kümmern habe,
gleich, ob wir miteinander oder nebeneinander her leben, die Hilfen sind jeden Tag erforderlich.
Klar, mein Akku ist trotzdem oft genug ziemlich leer........so leer, dass ich zeitweise nix dagegen tun konnte als nur abwarten, bis bessere Zeiten kommen.
Noch immer fällt es mir schwer, ein Ziel ins Auge zu fassen und zu verfolgen.........und sei es noch so klein.
Darum schreibe ich ja auch immer noch mit. Das Mitlesen erinnert mich immer wieder daran, dass ich doch was erreichen wollte...........

Langer Rede kurzer Sinn, es geht erst vorwärts, wenn es Deine Tante auch selber will , weil sie will, dass es ihr besser geht, weil sie es sich wert ist......

Grüssele Mausohr


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08.04.2015 11:05
#5
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Liebe Tante Mausohr, da sagst du wirklich was ganz Essentielles.
Ich glaube, dass meine Tante nur ganz, ganz wenig Selbstwertgefühl hat. Sie hat leider auch sehr viele Beeinträchtigungen, ist krank, hat sehr starkes Übergewicht und ist daher generell nicht so gerne unter Menschen.
Aber sie mag eben auch keine Menschen bei sich empfangen. Das macht alles so schwierig, denn diese Isolation zieht die Spirale von schlechten Gefühlen und mangelnder Motivation immer weiter runter. Ach, es ist ein Teufelskreis


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