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Es ist soweit.
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Ich habe lange mitgelesen. Ich bin Messi. Und es ist jetzt soweit.
Ich will Euch von meinen Erfahrungen berichten, live sozusagen. In diesem Thread. Es fällt mir sehr schwer, doch vielleicht ist das, was ich gerade mache, der vermeintlich richtige Weg. Vielleicht ist er auch falsch, dann will ich das auch schreiben.
Ich könnte 1000 Gründe anführen, wie es zu meiner damaligen Antriebslosigkeit gekommen ist, jedoch habe ich die Gewissheit, dass ich im Leben für alles selbst verantwortlich bin.
Mit Beginn einer Arbeitslosigkeit durch einen insolventen Arbeitgeber vor rd. 20 Jahren ist mein Leben komplett aus den Fugen geraten. Es war, als ob die zukünftigen Monate vorprogrammiert gewesen sind. Es stapelte sich zunächst alles, bis hin zu einer nach 3 Jahren komplett vermüllten Wohnung. Es ist schlimm. So schlimm, dass man sich es gar nicht vorstellen kann. Dazu entsteht ein Schamgefühl, was Ihr Euch nicht im geringsten ausmalen könnt. Doch, ich glaube schon. Ihr könnt es. Einige von Euch. Man spricht nur nicht so offen darüber.
Zwar habe ich nach 1 Jahr wieder Arbeit gefunden, jedoch hat sich die Unfähigkeit, Ordnung zu schaffen, weiterhin durch mein Leben gezogen. Ich habe immer mal wieder versucht, zumindest etwas Ordnung hinein zu bringen, jedoch klappte nichts. Ich habe immer wieder vor diesem Berg an Müll gestanden und bin innerlich zusammengeklappt.
Es war wie Jeckyll & Hyde. Auf der einen Seite schaffte ich es, nachdem ich mich hochgearbeitet hatte, als Bankangestellter jeden Tag pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen, jedoch hatte ich weiterhin diese dunkle Seite. Es war unmöglich, ein normales Leben zu führen. Ich hatte immer das Bedürfnis nach Freiheit und Glück, es gab keine Möglichkeit zu entkommen. Auch ein Urlaub führte nicht zur Entspannung, ich hatte jedes Mal Sorge, das Mehrparteienhaus zu verlassen, welches selbst nicht im allerbesten Zustand war. Ein Wasserschaden vor 6 Jahren ist glimpflich ausgegangen, jedoch hätte mich das damals schon zur Vernunft bringen sollen. Und diese Sorge trug ich fortan jeden Tag zur Arbeit und - sofern ich es mir leisten konnte - auch in den Urlaub. Es war niemals ein Urlaub.
Irgendwann hatte ich mich soweit hochgearbeitet, dass es möglich war, eine weitere, kleinere Wohnung zu mieten, zwei Etagen höher, die vermüllte Wohnung jedoch blieb. Ich habe gesagt, ich bräuchte ein Arbeitszimmer. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, sich neue Sachen anzuschaffen, eine blitzblanke Wohnung zu haben. Ich bin tatsächlich in der Lage, Ordnung zu halten. Offenbar habe ich diese Wohnung deswegen so gepflegt, weil ich ein gebranntes Kind bin. Ich habe auch irgendwann wieder Besuch empfangen. Das war toll!
Doch die vermüllte Wohnung blieb. Mit allen Konsequenzen und dem Druck auf der Seele. All das, was Ihr hier so vortrefflich beschreibt. Ich kann mich überall anschließen. Hinzu kam, dass mein Arbeitgeber eine Person ist, die auf nichts und niemanden Rücksicht nam. Es ist eine Ellbogengesellschaft und ein Haifischbecken, in dem ich arbeite. Die Folge war zunächst ein Hörsturz und anschließend ein Burnout. Jedoch bin ich immer noch dort beschäftigt.
Nachdem sich ein Mieter über eine volle Mülltonne beschwert hatte, als ich mal wieder einen Aufräumversuch unternommen hatte, habe ich die Reißleine gezogen und ein Unternehmen zur Hilfe angerufen. Es war mir jetzt alles egal. Es sollte aufhören. Ich konnte nicht mehr. Die Seele war leer. Ich bin komplett zusammengebrochen.
Mein Punkt ist das Thema Diskretion. Ich kann - so denke ich - es mir nicht leisten, dass irgendjemand etwas davon mitbekommt. Es ist mir nicht egal, ich möchte den letzten Rest Würde nicht verlieren. Und so spreche ich mit einer Dame, die völlig resolut vor mir erscheint und mir sagt, Herr X, es ist nicht schlimm! Wir kennen das! Wir haben das schon so oft erlebt. Wir wissen, wie das ist.
Nun ja, ich habe ihr die Wohnung gezeigt. Es ist der erste Mensch gewesen, der diese Wohnung betreten hatte. Sie hat es so aufgenommen, wie es ist. Es war keine Gefühlsregung zu bemerken, jedoch Wärme. Und Herzlichkeit. Und sie ist danach wieder mit mir in meine Wohnung gegangen und hat mich beruhigt, als ich den Tränen nahe war. Sie hat mir erklärt, wie das bei ihnen abläuft. Sie arbeiten ohne Container und mit einem Lieferwagen. Die Wohnung wird entmüllt, danach werden die Möbel entsorgt und dann werden die Tapeten entfernt und der Putz darunter desinfiziert. Anschließend wird neu tapeziert und gestrichen. Es soll alles so besenrein werden, dass man die Wohnung anschließend neu vermieten könne. Ich habe ihr die Schlüssel gegeben und sie hat den Auftrag angenommen.
Es ist - zugegeben - nicht ganz günstig, jedoch ist es durch einen Kredit zu tragen, den ich genehmigt bekommen habe.
Heute sind sie da und arbeiten. Man hört schon etwas und mein Puls schlägt mir bis sonst wohin, ich habe Angst, dass jemand etwas entdeckt oder der Vermieter auftaucht, mein Hals ist ganz trocken. Ich rauche eine nach der anderen. Ich sehe sie nicht, aber sie sind schon zu hören. Leider. Bis jetzt jedoch läuft alles.
Bitte bitte drückt mir die Daumen, dass alles glimpflich abläuft.
Es sind jetzt 20 Jahre, die ich verloren habe.
LG
Jimbob
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Hallo Jimbob,
ich möchte dich beglückwünschen. Für deinen Mut, dich hier zu Wort zu melden. Für deinen Mut, dich bei dieser Dame zu outen, und für den Mut, das durchzuziehen.
Wir können uns so einiges vorstellen, aber ich glaube, es ist nicht wichtig, wie hoch der Müllberg ist, sondern wie groß der Leidensdruck ist.
Du hast etwas sehr wichtiges geschrieben, nämlich, dass jeder in seinem Leben für alles selbst verantwortlich ist. Manche verwechseln das, was ihnen widerfährt, mit dem, wie sie damit umgehen bzw darauf reagieren.
In Deutschland haben wir leider eine sehr negative gesellschaftliche Grundhaltung gegenüber dem Scheitern. Die Amerikaner sehen das zum Beispiel anders. Dort sind Leute, die mal tief gefallen sind, und sich dann wieder nach oben gearbeitet haben, besonders hoch angesehen, und sie werden dafür bewundert, eine Krisensituation gemeistert zu haben. Nicht alles, was die Amerikaner machen, sagen, tun und denken ist toll, aber in diesem Punkt finde ich ihre Einstellung zum Leben und zu ihren Mitmenschen besser als unsere. Dass Scheiße passiert, gehört zum Leben dazu. Wir sollten nicht so tun müssen, als wären wir alle ununterbrochen auf der Gewinnerstraße.
Ich habe vor ein paar Tagen einen alten Blogeintrag von Manfred Dempf hier eingefügt. Mir hat so gut gefallen, wie positiv der Hausverwalter damit umgegangen ist. "Niemand lebt freiwillig so, es ist schon gut. Willkommen in Ihrem neuen Leben!"
Also jimbob,
Herzlich Willkommen hier im Forum, und Herzlich Willkommen in deinem neuen Leben!
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Danke Dir.
Inzwischen sind sie wohl schon eine Zeit beschäftigt. Ich kann mir gar nicht ausmalen, was in ihren Köpfen vorgeht. Ich will es wohl besser auch gar nicht wissen. Mir ist alles... naja. Es geht mir im Moment nicht so gut. Gerade rief eine Nachbarin auf dem Mobiltelefon an, dass der Umzugswagen mit offener Tür stehen würde, es traf mich ein wenig der Schlag. Ich habe beim Dienstleister angerufen, und sie werden die Tür zu machen.
Ich hoffe, dass alles gut geht. Aber es ist soo viel, was sie machen müssen.
#4
Hallo jimbobw !
Willkommen in unsrer Runde und ich gratuliere auch zu dem Mut, dass Du endlich einen richtigen Neuanfang machst.
Mangelnde Antriebskraft kann mit Bournout/Depression zusammenhängen und du schreibst ja, Du hattest ein bourn out.
Ist das behandelt worden ? Manchmal bleibt vielleicht ein Rest übrig, der sich hatnäckig hält......
Auf jeden Fall ist es richtig so. Alles Gute erstmal ! Du wirst sehen, ohne diese Last lebst Du leichter und hast wieder mehr Freude am Leben.
Grüssele Mausohr
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Hallo Numi,
inzwischen kann ich etwas besser antworten, da mein Kopf wieder etwas unbeschwerter ist. Sie sind heute wohl für's erste weg. Ich habe nichts weiter von meinen Nachbarn gehört. Jedoch habe ich auch keinen Nachbarn gesehen. Ich weis auch nicht, wie lange es noch dauern wird. SIe haben jedoch den Flur gewischt, das kann ich sagen und nichts hinterlassen, was fragwürdig sein könnte. In sofern bin ich sehr froh, dass sie gekommen sind.
Ich habe ja bis jetzt nur gelesen und mich niemals geäußert. Das Äußern fällt mir zu diesem Thema sehr schwer und ich versuche, den Kreis der Personen, die meine dunkle Seite kennen, sehr gering zu halten.
Niemand ist für dieses Problem verantwortlich, sondern ganz alleine ich. Ich habe jedoch die Vermutung, dass irgendwas bei mir nicht ganz richtig ist, nicht so funktioniert, wie bei all den Menschen, die ein normales Leben führen. Vielleicht ist es jetzt aber auch der gesamte seelische Druck, der bis jetzt (jetzt in diesem Moment ist es wieder am stärksten) auf mir lastet.
Ich kann dafür niemandem die Schuld geben, denke jedoch, dass es Sinn macht, nachdem ich dieses Problem abgeschlossen habe, mit jemandem, der sich damit auskennt, über mich zu sprechen. Das kann ich so eigentlich nicht. Ich denke, das Problem mit dem Chaos habe ich nicht mehr, ich kann ja Ordnung halten. Es funktioniert ja. Und ich glaube, so wird es einigen gehen, die einmal eine vermüllte Wohnung hinter sich gelassen haben und den Schritt selbst gegangen sind. Die Angst, dass sich das wiederholt, ist bei mir einfach viel zu groß. Das hat sich so in meinen Kopf eingebrannt. Ich möchte das nie wieder erleben. Es hat mich so viel Zeit meines Lebens gekostet und mir so viel Kummer bereitet.
Danke Dir für Deine freundliche Begrüßung!
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