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Die Möchtegern-Minimalistin
Ich habe mir meine zukünftige Schlafplatz-Ausstattung ausgesucht.
Ein Bettgestell schaffe ich mir nicht mehr an. Ich schlafe seit längerem und sehr gut auf dem Boden. Deshalb wird es ein sehr dickes Wollunterbett mit einem Kilo Schafwollfüllung pro Quadratmeter. So etwas wird normalerweise als Matrazen-Topper verwendet.
Das Konzept Matrazen-Topper verstehe ich nicht: Topper sind meistens so komfortabel wie die Matraze selbst. Sodass ich mich immer für den handlichen Topper entscheiden würde, ohne den "Kropf" aus Bettgestell und Matraze.
Mein Wollnest wird einen Meter breit und zwei Meter lang sein. Damit es nicht schmutzig wird, stecke ich es in einen Bettbezug in Überlänge, der gleichzeitig das wöchentlich zu waschende Bettlaken ist.
Vormittags hänge ich dieses Bodenbett zum Trocknen über eine leere Kleiderstange. Das klappt jetzt schon recht lange mit den alten Schafwollbettdecken, auf denen ich schlafe: alles trocken und ein angenehmer, ganz leichter Duft nach Wolle.
Mein neues Schafwollnest kaufe ich erst, wenn ich meine Wohnung entkrempelt, gründlich gesäubert, renoviert und geweißelt habe. Vorher will ich auf gar keinen Fall mehr Zeug ins Haus holen. Das wäre sowas von kontraproduktiv.
Außerdem könnte es passieren, dass meine alten Schafwollbettdecken in einer entrümpelten Wohnung so schön zur Geltung kommen, dass ich sie gar nicht mehr gegen ein neues Wollnest austauschen will.
Irgendetwas verändert sich gerade an meiner gewohnten Kauffreude. Ich habe mich zum Beispiel inzwischen gegen die blaugeblümten Jumbotassen von Ikea entschieden, die ich mir so gerne gekauft hätte.
Weil mir meine beiden vorhandenen Jumbotassen ans Herz gewachsen sind. Weil ich keine Geschirrvorräte mehr anlegen will, obwohl mir viel häufiger etwas am Boden zerschellt als den meisten anderen Menschen. Wenn ich eine meiner beiden Tassen zerbreche, werde ich schon eine passende neue finden. Ich muss nicht vorsorgen.
Mein Minimalismus-Experiment mit der Regalküche bleibt weiterhin interessant. Neueste Optimierungen:
Das bisschen Besteck hatte ich bisher in einer hölzernen Zigarrenschachtel. Gefiel mir nicht wirklich, weil unübersichtlich und unschön fürs Auge: Das Messer, die Schere und der Latte-Löffel sind länger als die Zigarrenkiste und ragen deshalb über den mir zugewandten Rand hinaus.
Heute fiel mir ein, dass in rustikalen Restaurants das Besteck oft in Bierkrügen auf den Tischen steht. Ich fand einen gläsernen Halbliterbierkrug in meinem Fundus und stellte mein Besteck hinein. Genial. Alles gut zu sehen und sieht gut aus.
An die Funduskommode komme ich übrigens nur ran, weil ich vorige Woche u. A. die Kiefernkommode aus dem Haus geschafft habe. Langsam und stetig verbessert sich hier alles.
Außerdem habe ich die beiden Teller aus der Regalküche entfernt. Ich benutze nur ungefähr einmal in der Woche einen Teller. Für diese Gelegenheiten reicht mein rundes Schneidebrett als Tellerersatz. Die beiden Teller musste ich oft abstauben, weil sie so wenig in Gebrauch waren.
Jetzt, da ich das hier schreibe, fällt mir ein: Das Trinkglas benutze ich so gut wie nie. Es steht in der Regalküche auf einer Ansichtskarte... Damit ich sofort Gefäß und Karte zur Hand habe, wenn ich eine Spinne in der Wohnung entdecke. Die fange ich damit ein und setze sie in den Garten.
Das Glas muss ich wegen Nichtgebrauchs ständig abstauben, und die Urlaubskarte geht mir beim Abwischen der Regalböden im Weg um. Ich werde diese beiden Teilen woanders hinstellen. Da sie dann nicht mehr Teil der Küchenausstattung sind, reicht es, sie einmal im Monat abzustauben. Vielleicht stelle ich sie sogar ganz vorne in die staubgeschützte Funduskommode. Dann brauche ich das Glas nur noch zu säubern, wenn ich eine Spinne damit eingefangen habe.
Trotz des lästigen, täglich notwendigen Abstaubens, bleibe ich vorerst bei der türenlosen Regalküche. Denn so habe ich ständig alles vor Augen und erkenne die Minimalisierungsmöglichkeiten.
Heute morgen hatte ich vergessen, dass ich gestern meine Zigarrenkisten-Bestecklade gegen einen Glaskrug fürs Besteck ausgetauscht hatte. Ich freute mich so sehr, als ich morgens nach dem ersten Löffel des Tages griff, und statt in der unübersichtlichen Zigarrenkiste wühlen zu müssen schon von außen den Löffel im Glaskrug lokalisieren konnte.
Für mich sind es die schönsten Erfolge, wenn ich Alltagsabläufe in Gang bringen oder entscheidend verbessern kann.
Gold
Silber
Bronze
Medaille
Pokal
Habe gerade auf reddit einen Thread gelesen:
If you won a large amount of money, what would you immediately declutter?
Erstaunlich viele Leute antworteten sinngemäß, sie würden nahezu alles wegwerfen und sich nur die paar Dinge neu kaufen, die man unbedingt braucht. Und diese Dinge kauften sie nur in der Ausführung, die ihnen hundertprozentig gefällt.
Sie hätten dann keine Angst mehr, Sachen zu entsorgen. Weil sie sich alles, was sie bräuchen, bei Bedarf kaufen könnten.
Dieser Gedanke ermutigt mich sehr. Auf meine eigene Situation bezogen: Ich bin nicht reich, habe aber genug Geld, um mir alles zu kaufen, was ich haben will. (Zugute kommt mir dabei, dass ich keinerlei Bedürfnis nach motorisierten Fahrzeugen, Fernreisen, Möbeln u. ä. Kostspieligem habe. Meine kleine Wohnung gehört mir schon.)
Ich kann also im Prinzip alles weggeben, außer Unersetzlichem (Familienfotoalben, Erinnerungsstücke, sehr spezielle Musikinstrumente, manche Bücher, meine Ordner mit gezielt gesammelten Zeitschriftenausschnitten). Die Dinge, die ich mag und ständig benutze, behalte ich natürlich auch.
Dieser Gedanke wird mir beim weiteren Entkrempeln sehr helfen. Alles kann weg, außer Dingen, an denen mein Herz hängt.
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