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Ich bin neu hier und habe eine Schwester, die einfach keine Ordnung in ihr Leben bekommt. Ist sie ein Messie?? Wie bekommen wir Hilfe??
Hallo zusammen!
Ich habe mich gerade ganz neu hier im Forum angemeldet, nachdem ich etwas im Netz gesurft habe.
Es geht um meine Schwester, die älter ist als ich (geb. 1959) und unter diversen Problemen und Krankheiten leidet.
Es ist so umfangreich, dass ich nicht genau weiss, wie ich beginnen soll.
Vielleicht mit den Diagnosen:
Neurodermitis seit sie 6 Monate alt ist
diverse Allergien, unter anderem auch gegen Hausstaubmilben
degenerative Rückenerkrankung
chronische Schmerzen
chronische Erschöpfung
Depression
Alkoholabhängigkeit
Aktuell ist sie Arbeitslos, hatte aber auch immer schon nach einer gewissen Zeit Probleme auf ihrer Arbeitsstelle (fühlte sich gemobbt). Hat mehrfach die Stelle gewechselt.
Unsere Mutter war Alkoholikerin, in den letzten 10 Jahren war sie aber trocken. Unsere Mutter war für meine Schwester die Bezugsperson und ist im März diesen Jahres gestorben.
Meine Schwester hatte solange ich denken kann Probleme mit ihren Partnern, wurde meist ausgenutzt und hatte eigentlich überwiegend On-Off Beziehungen. Der letzte Partner hat sich vor ca. 1 1/2 Jahren von ihr getrennt.
Heute durfte ich zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder mal kurz in ihre Wohnung schauen, weil ich ihr etwas schweres hinaufgetragen habe. Sie lässt schon lange niemanden mehr in ihre Wohnung. Daher war mir schon klar, dass es dort schlimm aussehen muss. Früher habe ich ihr 2-3 mal geholfen, die Wohnung aufzuräumen und sauber zu machen, was jedesmal eine Arbeit von 2-3 Tagen war und immer zu Auseinandersetzungen zwischen uns geführt hat. Aufgrund der Infos, die ich heute aus dem Netz gesammelt habe, gehe ich mittlerweile davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Messie Syndrom leidet recht hoch ist.
Sie sammelt nichts, scheint aber nicht in der Lage zu sein, Müll regelmässig zu entsorgen. Auch, nachdem ich mit ihr gemeinsam eine gewisse Grundordnung und Sauberkeit wieder hergestellt hatte, hat sie es nicht aufrecht erhalten können.
Sie selber erklärt immer wieder, wenn ich das Thema (ganz, ganz vorsichtig) anspreche, dass sie aufgrund ihrer Krankheiten nicht in der Lage sei, die Hausarbeit zu schaffen. Durch Rückenschmerzen und die diversen Allergien. Nach max. 30 Min. Arbeit muss sie sich hinlegen und 30 Min. entspannen. Meiner Meinung nach ist das aber nicht ganz zutreffend, ich glaube, da steckt mehr dahinter.
Sie hat mir gesagt, dass sie bereits versucht habe, eine Haushaltshilfe über die KK zu bekommen, das stehe ihr aber nicht zu.
Meine Schwester ist insgesamt eher "schwierig", sie fühlt sich sofort persönlich angegriffen, wenn etwas auch nur im Ansatz nach Kritik klingt und hat massive Probleme, Aktivitäten, ddie für sie wichtig sind konsequent zu verfolgen. Formulare, z.B., die sie fristgerecht abgeben muss, schafft sie immer höchstens auf den letzten Drücker, oft aber auch zu spät. Sie schimpft dann immer, dass niemand Verständnis für ihre Situation habe.
Heute habe ich also, wie bereits erwähnt, ihre Wohnung (nur Flur und Küche) kurz betreten dürfen und habe dabei gesehen, dass der Zustand immer schlimmer wird!!!
Im Flur häuft sich rechts und links an der Wand der Staub, in der Küche liegen offene Lebensmittel (Butter) nach einem Krankenhausaufenthalt von 1 Woche offen herum, der Boden ist mit Papieren und Dreck übersäht. Meiner Meinung nach verschlimmert sich ihre Haut (Neurodermitis) immer wieder massiv, sobald sie sich in ihrer verschmutzten Wohnung aufhält. Sie war in den letzten Monaten 2 mal in der Hautklinik, wo sich der Zustand ihrer Haut schnell und gut sichtbar verbessert hat!!
Nun ist meine Frage:
Ich möchte ihr gerne helfen, weiss aber nicht, wie. Wie kann ich erreichen, dass sie überhaupt mal darüber nachdenkt, dass sie Hilfe braucht. Wer kann ihr Hilfe leisten. Ich habe von Therapien und Coatches gelesen, wie kommt man an so etwas??
Ich bin selber nicht gesund, in Vollzeit berufstätig und helfe meinem Vater und Schwiegervater. Daher habe ich ihr auch schon gesagt, dass ich nicht mehr in der Lage sei, ihr beim Aufräumen zu helfen. Aber wie ich heute gelesen habe ist das ja auch wohl nicht wirklich längerfristig hilfreich.
Ich würde mich unglaublich über Ideen und Vorschläge freuen. Ich habe immer wieder auch Phasen festgestellt, in denen ich gedacht habe: "Die blöde K...! Dann soll sie halt schauen, wie sie klar kommt!" Aber das habe ich eben auch im Netz gefunden, dass Angehörige alle irgendwann an den Punkt kommen. Ich möchte ihr schon helfen, aber ich weiss einfach nicht, wie!!!!!
Ganz vielen Dank an alle, die die Geduld hatten, sich meinen Erguss bis zum Ende durchzulesen!
Bitte helft mir und meiner Schwester!!
Vielen Dank und liebe Grüße,
Line
Gold
Silber
Bronze
Medaille
Pokal
Hallo Line,
willkommen im Forum!
Ich kann verstehen, dass man die eigene Familie nicht im Stich lassen will, dass man helfen will. Ich selbst bin auf der Suche nach Hilfe für meinen Schwiegervater (und meine Schwiegermutter) hierher gekommen. Es war ein harter Prozess, zu verstehen, dass man Menschen keine Hilfe geben kann, die sie nicht wollen. Und dass man Menschen nicht dazu bringen kann, Hilfe zu wollen. Das müssen sie selbst - von sich aus - wollen.
Ein Helfer, der ihnen immer wieder in solchen Situationen unter die Arme greift, der putzen kommt, der für sie Sachen schleppt, vielleicht ihnen auch mal finanziell aushilft, der zögert den Moment unabsichtlich nur hinaus, an dem es ihnen so schlecht geht, dass sie aufwachen. Es klingt sehr, sehr bitter, und hart zu akzeptieren, vor allem, wenn man es von Fremden hört, von denen man sich eigentlich eine andere Antwort erhofft: Sie hat sich entschieden, so zu leben. Sie hat sich entschieden, sich hinter ihrem Berg von Dreck zu verkriechen und darüber zu jammern, wie ungerecht die Welt ist. Mein dringender Rat an dich ist, zu dieser völlig unverständlichen Entscheidung eine gesunde Distanz aufzubauen. Versuche, den Teil der Persönlichkeit deiner Schwester, den du magst und schätzt, zum Vorschein zu bringen, z.B. durch passende Aktivitäten. Nimm sie so an, wie sie ist. Vergeude deine Energie nicht damit, zu versuchen, sie zu ändern. Das ist furchtbar schwer, aber vermutlich ist es das einzige, was bei ihr noch nicht versucht worden ist, und damit auch das einzige, was noch eine Hoffnung auf Erfolg (keine Garantie auf Erfolg!) darstellt.
Wenn ihr immer und immer wieder auf das Thema Müll und Dreck und die anderen Probleme zu sprechen kommt, oder du darauf aus bist, dass daran in irgendeiner Form gearbeitet wird, fühlt sich deine Schwester auf diese Aspekte reduziert, und wenn sie dich sieht, fühlt sie sich beständig daran erinnert. Das heißt: Sobald sie dich sieht, geht es ihr schlecht. Noch schlechter. Ein simpler Schutzmechanismus lässt uns das, wodurch wir uns schlecht(er) fühlen, von uns stoßen/meiden. Über kurz oder lang wird sie also wahrscheinlich entweder die Konfrontation oder den Rückzug wählen, besonders, wenn sie so gut darin ist, die Schuld für ihre Probleme bei anderen zu suchen. Im Grunde sagt sie dir sehr deutlich, was sie will oder braucht: "Niemand hat Verständnis für meine Situation". Es hat niemand Verständnis dafür, weil man "für sowas" einfach kein Verständnis mehr haben kann - als "Normalo". Deshalb lautet mein Rat an dich: Versuche, sie zu verstehen, und versuche, mehr von ihrer Persönlichkeit zu sehen, als diese negativen Aspekte.
Hallo numi!
Vielen Dank für deine schnelle Antwort!!
Ja, grundsätzlich kann ich das schon verstehen, bei ihr ist aber noch das spezielle Problem mit ihren vielen Krankheiten! Durch den Dreck in der Wohnung (übrigens auch im Auto) geht es ihr natürlich auch immer wieder körperlich schlecht, dadurch ist sie noch weniger in der Lage, Ordnung zu halten...ein Teufelskreis!
Ausserdem bin ich immer noch nicht ganz sicher, ob die Krankheiten die sie hat (ich habe noch COPD vergessen) nicht auch wirklich einen großen Anteil an der Problematik haben!? Aber auch da wäre wieder das Problem, dass sie nicht in die Puschen kommt um das alles mal ordentlich abklären zu lassen....ich kann es drehen und wenden wie ich will, so wie du es mir erklärt hast werde ich es wohl versuchen müssen.
Allerdings muss ich gestehen, dass es mir im Moment ausgesprochen schwer fällt, etwas Positives an ihr zu sehen, da sie selber ständig negativ gestimmt ist. Es fehlt mir mittlerweile die Kraft dafür, das immer wieder zu ignorieren und "Gute Miene zum bösen Spiel" zu machen....wie gesagt, ich bin auch nicht voll belastbar!
Ach, Mensch.....alles ist so schwierig!!!
Trotzdem danke ich dir ganz herzlich!!!
Viele Grüße,
Line
Gold
Silber
Bronze
Medaille
Pokal
Ich wiederhole vielleicht nur, aber es ist mir ganz wichtig, dich, liebe Line, darauf aufmerksam zu machen, dass wir gerade beim Thema "Du" angekommen sind, und nicht beim Thema "Deine Schwester". Schau bitte noch einmal auf deine letzte Antwort. Du hast mir sehr genau erklärt, warum es deiner Schwester schlecht geht, mir erklärt, warum es so schwer ist, meinen Rat anzunehmen.
Ich haue einfach mal ins Blaue und sage, das ist auch das, was in deinem Kopf gerade abgeht. Du bist voller Mitleid, Sorge, Hilflosigkeit, Angst. Aber da ist auch (aufkeimender) Zorn darüber, dass all die Hilfe nicht fruchtet. Das ist AUCH ein Teufelskreis, Line, in den DU gerätst.
Du strampelst dich ab, um die Lebensqualität deiner Schwester zu verbessern, und opferst dafür deine eigene auf. Du kannst diesen Teufelskreis durchbrechen, indem du deine Art, mit ihr umzugehen änderst, statt darauf zu drängen, dass SIE sich ändert. Vielleicht (!) durchbrichst du ihren damit auch, aber ganz sicher durchbrichst du deinen eigenen, bevor du - das muss man mal so deutlich sagen - an ihr zerbrichst.
Liebe numi!
Vielen lieben Dank für deine ehrliche Antwort! Ja, da ist ganz bestimmt was Wahres dran! Die Sache mit dem Zorn stimmt genau und auch das ausgeprägte Gefühl der Hilflosigkeit!
Es hört sich schon vernünftig an, dass ich meine Einstellung ändern sollte, aber auch sehr schwierig.
Im Moment fühle ich mich im Umgang mit ihr meistens gehemmt und halte ihre Gesellschaft auch nicht lange aus. Daher habe ich auch etwas Sorge, dass ich den Zugang zu ihr verliere, wenn ich mich von ihrer Problematik weiter distanziere. Ich will damit sagen, dass es mir generell sehr schwer fällt, ein gutes Mittelmaß zu finden. Oft ist es bei mir so, dass ich jemandem gut gesonnen bin oder eben nicht. Wenn ich Probleme mit jemandem habe, kann ich das nur schwer verbergen, da ich ein ehrlicher Mensch bin. Meiner Schwester gegenüber darf ich aber nicht ehrlich sein, weil sie dermaßen dünnhäutig ist, dass es dann jedesmal Krach geben würde.
Aktuell habe ich von mir aus den Kontakt schon minimiert und habe ihr klar gesagt, dass sie sich jederzeit melden dürfe, wenn sie. Hilfe benötigt. Sie meldet sich sehr selten, wenn sie es tut, schaue ich, ob ich ihr helfen kann. Durch eine eigene Therapie habe ich mittlerweile aber auch gelernt, ihr klar zu sagen, wenn ich nicht helfen kann, bzw. nur unter bestimmten Bedingungen. Das klappt besser als ich befürchtet habe.
Was hältst du (oder andere User) von der Idee, ihr von meinen Erfahrungen und Tipps die ich hier von euch bekomme, zu berichten? Dadurch könnte ich vielleicht offener mit ihr reden und mich besser distanzieren, indem ich mich darauf berufen kann, dass es im Forum so erläutert wurde!?
Ich muss aber auch mal sagen, dass ihr mir hier schon sehr geholfen habt!!!
Die Aussage, dass Menschen wie meiner Schwester nur zu helfen ist, wenn sie das auch möchte liegt ja eigentlich auf der Hand! Nur wenn es um die eigene Schwester geht, dann sieht man plötzlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
In diesem Sinne möchte ich mich bei dir, numi und auch bei allen anderen Usern ganz herzlich bedanken!
In den nächsten Tagen werde ich sicher noch mehr Zeit haben, um hier im Forum noch ausführlicher zu stöbern!
Liebe Grüße und einen schönen Abend wünscht euch
Line
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