Was bedeutet denn Messie sein wirklich ?

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13.02.2014 13:33
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#16
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"ich provoziere mal ein kleines bisschen: du gibst deiner ADHS Diagnose die schuld, dass du einen extremen Gerechtigkeitssinn hast? das bedeutet, du gibst deiner ADHS die macht über dich und kannst deinen Gerechtigkeitssinn dadurch kaum verändern, weil du dich gleichzeitig zum opfer machst.
so schnell können wir das (ich auch)."

Etwas ganz Ähnliches kam mir beim Lesen dieses Satzes auch in den Sinn. Wenn man sich für seinen extremen Gerechtigkeitssinn mit einer Krankheitsdiagnose rechtfertigen muss, stimmt ja wohl was mit der Gesellschaft nicht, und nicht mit der Person, der dieser Sinn zueigen ist. Es waren und sind immer die Menschen mit extremen Talenten, Neigungen, Sinnesausprägungen, die die Welt in besonderem Maße beeinflusst und voran gebracht haben. Wir können es uns gar nicht leisten, solche Ausnahmegeschöpfe glattzubügeln, das wäre nämlich evolutionär ein Biss in den eigenen Po :)


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13.02.2014 15:05
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#17
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Im Parallelthread hab ich gerade gelesen, dass du noch zu sehr nach dem Motto "So gehört sich das" verfährst, anstatt nach "So will ich das". Mir war bisher nicht klar, dass das bei der ganzen Thematik auch eine Rolle spielt. Ich selbst hab das ziemlich unbewusst angefangen (und damit wieder mal ein interessantes Puzzleteil gefunden, was mich selbst betrifft), aber jedenfalls kam mir die Idee, dass ich dir vielleicht ein paar Anregungen oder Vorschläge unterbreiten kann, gegen "So gehört sich das" anzustinken.

Ich hab ganz konsequent Sachen nicht ausschließlich dort, wo sie thematisch hingehören, sondern einen Raum, meinen "Hauswirtschaftsraum" - der eigentlich das Esszimmer sein sollte - in dem ich vieles lagere, das die meisten Leute wohl eher in die Räume mit hinein stopfen würden, in denen diese Dinge irgendwann mal gebraucht werden. Zum Beispiel lagere ich dort Ersatz-Hygieneartikel, Weichspüler und die XXL-Packung Waschpulver. Aber auch Vorhänge und Tischdecken, viele Küchenutensilien, die man nur selten braucht, wie verschiedene Backformen, den großen Bräter, Partygeschirr und drei Kartons mit Gläsern (Sekt, Wein, Apfelwein), die ich nicht im Alltag brauche, aber von denen ich auch nicht will, dass sie kaputt gehen oder einstauben. Außerdem Kerzen, Leergut, Papier und Pappemüll, Glasmüll, Vorrats-Küchenrollen, ein Karton mit Schreibpapier (= so ein klassisches Geschenk der Schwiegis...), die Palette mit Milchkartons, Bastelzeug, das Kartoffellager, selten gebrauchte Putzmittel, Wasserfilter, Spülmaschinensalz, die Wäschekörbe, Putzeimer und lauter solche Dinge. Man könnte dort auch z.B. den Staubsauger, Bodenwischer usw reinstellen, aber das hat bei uns einen besseren Platz im Heizraum.
Dann stehen in dem Hauswirtschaftsraum noch die Gefriertruhe, die Mikrowelle, der Wäschetrockner, ein Mini-Zusatzkühlschrank für den Sommer - und meine beiden Kleiderschränke.

Das klingt nach einer ganz wilden Mischung, aber der Raum ist soooo praktisch. Und ich hab auch genug Platz dort, um meine Wäscheständer aufzustellen.
Der Raum ist vollkommen zweckmäßig eingerichtet, da gibts keine Deko, kein Bild, keine Topfpflanze, nix.

Damit will ich natürlich jetzt nicht irgendwie auftrumpfen oder so, sondern es geht einfach um Folgendes: Dadurch, dass ich diesen ganzen Kram, den man wirklich noch braucht - nur eben nicht oft, und nicht unbedingt dort, "wo sich das gehört" - in einem einzigen Raum aufbewahre, habe ich folgende Vorteile:

1. Kurze Wege für fast alles, was mit Wäsche zu tun hat. Ich hole die Wäsche aus dem Trockner oder von der Leine, kann sie dort auf der Gefriertruhe zusammenlegen und vieles gleich dort wegräumen, bzw Wäsche, die mir beim Zusammenlegen als nicht mehr tauglich auffällt, gleich in die Kiste tun.

2. Wenn ich keine Zeit habe, um die ganze Hauswirtschaft zu erledigen, und z.B. Besuch kommt, mache ich einfach die Tür zu.

3. Und das ist der wichtigste Grund: Alles, was dort untergebracht ist, braucht in den anderen Räumen keinen Platz. Keine Wäscheständer z.B. im Wohnzimmer. Kein Flaschen- oder Papierberg in der Küche. Keine Kleiderschränke im - ziemlich kleinen - Schlafzimmer. Keine vollgestopfte Folien/Müllbeutel/Küchenrollen-Schublade. Kein mit Hygieneartikel-Vorräten vollgestopftes Bad. Kein Putzmittelwust unter der Spüle, kein Tütenhaufen im Küchenschrank, kein Gedöns im Backofen und so weiter.

Ja, Besuch wundert sich bei uns, wo wir unsere Klamotten überhaupt aufbewahren, man wundert sich, warum meine Küchenschränke so "leer" sind, man wundert sich, wie man ohne eine große Couch mit Blick auf die Glotze überhaupt existieren kann. Man wundert sich, warum ein Bett mit im "Wohnzimmer" (wir sagen eher "Aufenthaltszimmer") steht, und keine Couch, aber dafür im Kinderzimmer des Kleinen eine Couch und kein richtiges Bett, und warum das arme Kind nicht mal einen Kleiderschrank hat (dafür aber Platz zum Spielen ohne Ende), wieso bei uns Lebensmittel im Vorflur stehen (weil sie dort perfekt gekühlt werden), die Windeln, alte Handtücher, Feuchttücher, Taschentücher in den obersten Fächern eines Bücherregals im Aufenthaltszimmer untergebracht sind, und wie es möglich ist, dass wir im Bad "nichts" auf den Ablageflächen stehen haben, ohne dabei verrückt zu werden. Das einzige, was jeder bisher wirklich toll fand, war unser "Kaffee- und Tee-Küchenschrank". Dort ist alles drin, was man zum Kaffee und Teekochen braucht, von der Tasse über die Teebeutel, Zucker, Löffel und so weiter. Da muss man nicht fünf Schränke und Schubladen aufreißen, bis man alles beisammen hat. "Das ist ja praktisch!", sagen dann die Leute, "...aber für sowas hätte ich keinen Schrank frei."


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14.02.2014 13:37 (zuletzt bearbeitet: 14.02.2014 13:46)
#18
ra
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So ich antworte jetzt einfach mal für jeden mit ner´eigenen Antwort, sonst wird mir das auch zu kompliziert ;-) und ich gelobe Besserung ob der Ansprache für wen die Aussagen genau sind!
@ Aus Chaos entsteht Neues

Ja sich soziale Kompetenz anzueignen und dran bleiben finde ich enorm wichtig, weiter zu lernen und sich dadurch neue Blickwinkel und Möglichkeiten zu eröffnen ist tatsächlich auch neben der Tatsache das man mit anderen leichter umgehen kann, aus rein egoistischen Gründen wichtig, denn dadurch fällt mir selbst vieles leichter und durch die vielschichtigeren Betrachtungsweisen verletzt es mich auch persönlich einfach weniger - also funktioniert das auch als Selbstschutz.
Und genau diesen Selbstschutz brauche ich auch dringend wenn ich eines Tages wieder meine persönlichen 70 qm Deutschland verlassen will ;-)!

Scham sowie Schuld sind schwer auszuhaltende Gefühle, allerdings beginne ich gerade mich mit diesen auseinanderzusetzen, wäre mir ohne die ersten Schritte nie möglich gewesen.

Grenzen setzen und Nein sagen, versuche ich gerade zu lernen und ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Dinge um der Welt auf gleicher Ebene begegnen zu können.

Na ja, das mit der ADHS Diagnose wurde mir vor noch nicht so langer Zeit vermittelt und eben erklärt das dies eine der herausstechensten Merkmale wäre - eben die Thematik extremer Gerechtigkeitssinnn.
Ich habe mich auch schon gefragt, wie ich denn wäre ohne ADHS und ob ich selbigen Sinn eben nicht einfach trotzdem in dieser Ausprägung besitzen würde?

Es ist halt schon so, das du mit diesem Sinn sehr oft aneckst und ihn schwerlich unterdrücken kannst (auch wenn das manchmal für deinen Kopf besser wäre, zumindest damit er nicht so ins rollen kommt ;-) ).

Was ich natürlich auf keinen Fall will, wäre meine sämtlichen auch negativen Eigenschaften damit zu entschuldigen.

Zum Opfer macht man sich teilweise (es gibt natürlich auch Situationen/Menschen auf die hat man wenig Einfluss) als Erwachsener und mündiger Mensch auch selbst und gerade nicht verarbeitete Strukturen machen dies auch um so leichter möglich, soll heißen je näher man sich selbst kommt und sich selbst animmt um so mehr Chancen hat man sich angemessen zu wehren.

Dazu muss man sich natürlich erstmal über sich selbst und die Problematik bewusst sein, um sie verändern zu können.

Meine Familie empfand mich oft als plappernde Nervensäge und das äußerte sich auch in ihrem Verhalten und dies wiederum prägte mich leider schon sehr.
Heute versuche ich diese Dinge abzustreifen, aber was jahrelang an dich hingepredigt wurde, streifst du halt leider nicht von heute auf morgen ab.

Natürlich ist mir heute als Erwachsener bewusst, das unsere Familie aus vollkommen unterschiedlichen Charaktären bestand ( ich empfand die anderen eher als wortkarge, unkreative Langweiler...grumel) und ich selbst halt schon immer sehr emotional und impulsiv war.
Aber allein dies sollte meiner Meinung nach (zumindest man hat es mit sichreflektierenden Erwachsenen zu tun, nur sind sie ihre eigenen emotionalen Baustellen nie angegangen und das hätte sicherlich geholfen für ein besseres miteinander) noch keine Familie zwiegespalten werden lassen.

Ja gerade dieses machtlos fühlen blockiert ja so ungemein, besser wäre es natürlich sich genau jene zurückzuholen und dadurch gestärkter zu sein - aber es ist halt ein langer Weg, diese "Dinge" erstmal zu wissen, dann sie sich wirklich bewusst zu machen (das tut dann noch mal richtig übelst weh) und sie dann loszulassen bzw. sie zu verarbeiten und ich glaube zumindest das geht nur in dieser Reihenfolge.

Gestern z.B. musste ich mir dringend was gutes tun, denn weil mir die Bewusstwerdung des Geschriebenen erstmal ordentlich die gute Laune verhagelt hat (das ist nicht unbedingt was schlechtes, auch wenn es sich erstmal so anfühlt).

Es hat auch teilweise mit Bequemlichkeit zu tun, sich selbst zu ändern - stimmt schon, erstmal anstrengender, allerdings bedeutet sich selbst ändern mitunter auch eine gewisse Härte an den Tag zu legen, wenn es nötig als Selbstschutz wird, bzw. auch eine wichtige Abgrenzung und in dieser Hinsicht fällt es mir eben schwer Nein zu sagen und mich notfalls auch so abzugrenzen, solange ich dies noch nicht kann, gehe ich quasi Situationen aus dem Weg die mich entweder verletzen würden, mich zu genau diesem Handeln zwingen würden oder womöglich mich dazu bringen würden auch mal total überzogen zu reagieren und zu explodieren.

Das Leben wird leichter, wenn man selbst die Möglichkeit erlernt hat, sich selbst anzunehmen und zu schützen, quasi als Selbstverständlichkeit, die es einem möglich macht sich abzugrenzen und angemessen zu reagieren - denn ohne Ohmacht - also ohne ohnmächtige Wut/Trauer ist man wesentlich leichter in der Lage sein Leben bestmöglichst in die Hand zu nehmen.
Dazu gehört aber auch Trauerarbeit um sich selbst und die ist nicht mit Selbstmitleid zu verwechseln - dieses annehmen der eigenen Gefühle und Erfahrungen ist schwer und ich denke auch angsteinflößend, denn sonst könnten wir uns per Knopfdruck viel schneller auf alles einstellen.

Toller Text und ganz lieben Dank für deine Mühe und Zeit die du mir geschenkt hast!!!
Lg, cat

PS. Ich hoffe, man missversteht mich nicht, ich neige nur dazu die Dinge auseinanderzunehmen und bin kein Verfechter der wenigen Worte ;-)


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14.02.2014 14:00 (zuletzt bearbeitet: 14.02.2014 14:00)
avatar  IBI
#19
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IBI
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dich missverstehen, nein keinesfalls.
und ich finde es sehr wichtig, cats, was du für dich als Schrittfolge alles erkannt und erarbeitet hast und in worte formuliert hast.

denn genau um das geht es in unserem vorwärtskommen.
tja und immer wieder werden wir an unsere gefühlsgrenzen stossen und uns ärgern, dass wir es wieder im alt bewährten und gekonnten muster gemacht haben, auch dieser teil gehört dazu, das alles rückwirkend zu sehen und zu reflektieren. und auch das kennenlernen der inneren gefühlsgrenzen ist wichtig. wenn ich meine erreicht habe, dann weiss ich, ich benötige von einem verständnisvollen menschen (diese zu finden und zu halten, ist echt wichtig für mich gewesen) Begleitung zum weiterkommen. und dann kann ich das wieder eine weile alleine...später zeigt sich die grenze...und es geht wieder ein stück alleine....und mein Toleranzbereich wird jedes mal ein kleines Stückchen grösser.

und eines tages kommen die Kommentare von aussen, das hast du heute anders gemacht als früher....und ich sage euch, diese Momente sind sehr schön, wenn andere (vor allem die, mit denen man täglich zusammen ist) die Veränderung im verhalten erkennen....

viele grüsse
Sonja (kannst mich auch mit meinem Vornamen anreden, mein nickname ist ziemlich lang)


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14.02.2014 14:04
#20
ra
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@numi

Auch dir ein ganz lieben Dank für deine Zeilen und deine Zeit!

Ich habe mich gefreut über deine wahnsinnig liebenWorte und war fast ein bisschen beschämt darüber, das Außenstehende (ohne mich zu kennen) so etwas Tolles in mir sehen könnten...räusper.

Mich auch so zu sehen, zumindest als einen! Teil von mir, finde ich immer noch wahnsinnig schwierig (auch meine Therapeutin knabbert diesbezüglich an mir herum ;-) ), will aber natürlich nicht durch ständiges nicht annehmen können, anderen auf die Nerven gehen (soll heißen, lernen muss ich es letztendlich).

Es ist gar nicht so leicht, die Welt zu verändern, wenn man sie a) nicht betritt ;-) und b) die wenigsten sich davon angenehm berührt fühlen.

Ich habe schon als Kind nicht verstanden (heute zumindest aus rationaler Sicht eher), warum es Wahrheiten gibt die nicht ausgesprochen werden dürfen und wenn du es tust stehst du alleine in der Ecke - also denkst du dir das irgendwann und bist traurig das es Dinge gibt die so leicht zu erkennen sind und zu verändern sind, wenn man sie nur annehmen würde.

Also bin ich der Biss in den eigenen Po der anderen ;-) - das gefällt mir ja schon irgendwie....hihhihi.

Ich fand es auch sehr toll, das du mir deine Wohnung/Haus beschrieben hast und erzählt hast nach welchen deinen eigenen Maßstäben du sie eingerichtet hast!
Ich fand das super und eigentlich viel logischer und sinnvoller als es einem so vorgegeben wird!
Auf manches muss man erstmal auch kommen, saukreativ - finde ich genial und klaue mir ein paar Ideen ;-)

Dieses wirklich sein eigenes Ding machen finde ich total individuell, ich kann mir richtig bildlich vorstellen wie das so aussieht! Super!

Ganz lieben Dank dafür und auch für diese liebenswerte Freundlichkeit!

Lg, cat


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