Ich hab jetzt schon einige Threads gelesen und einige User haben Tagebücher angelegt. Das werde ich jetzt auch mal machen. Wenn man über die Missstände schreibt fällt es vielleicht leichter damit umzugehen.

Heute 6.30 - 15.00 Uhr Arbeit ist das halbe Leben.
Meine Kollegin hat Stress am Hacken, welcher auch auf mich abfällt da ich Teamleiterin bin. Sie hat gestern vergessen ein Kind beim Spätdienst abzugeben. Ich war da schon längst weg. Das Kind schlief tief und fest nach der Mittagspause, sie machte soweit alle anfallenden Arbeiten fertig, sah das schlafenden Kind auf der Hochebene aber nicht und brachte die anderen Kinder zum Spätdienst... und das vergessene Kind schlief seelenruhig im Gruppenraum. Der Vater und der Spätdienst suchten dann nach dem Kind. Eine Situation die nicht passieren darf in unserem Job. Ich war entsetzt als ich heute morgen davon hörte. Für mich heißt das, ich als Teamleiterin muss die Elterngespräche das nächste halbe Jahr überwachen, die Kollegin beobachten und kleinste Vergehen nach oben melden und einen Eintrag für die Dienstakte anfertigen. Wenn die Kinder und Eltern mal nicht am Rad drehen sind es die Kollegen. Aber ich hab es ja nicht anders gewollt. Wollte ja Teamleiterin werden. Kann sein das ich hier öfters mal von der Arbeit berichte. Dazu sei gesagt, das ich in keiner "normalen" Kita arbeite, sondern in einer Kita im sozialen Randgebiet, einer sogenannten Kietz Kita. Schwierige Eltern und noch schwierigere Kinder sind da zugegen, und alle leben in schlimmen Verhältnissen. Teilweise schlimmer als meine Wohnung. Wenn man das erste mal ein Kind blutüberströmt in die Kita gebracht bekommt, das Jugendamt aber nichts macht, weil es festgestellt hat, das das Blut nicht vom Kind kommt, sondern vom Kampfhund stammt, den der Vater mit der Leine vertrimmt hat, dann ist man eine Zeit lang fix und alle. Mittlerweile erlebe ich solche und ähnliche Sachen bei unseren "Kunden", wie ich sie nenne, jeden Monat aufs Neue. Der Krankenstand unter den Kolleginnen ist sehr hoch. Alle 2 Jahre fällt eine Erzieherin mit Burn Out weg. Meine letzte Kollegin hat jetzt vor einer Woche gekündigt, nachdem sie ein Krankenstand von 9 Monaten erreicht hat. Kann sein das meine Antriebslosigkeit auch eine Fassungslosigkeit ist. Man denkt immer es kann nicht schlimmer werden. Und dann wird man eines anderen belehrt. Vielleicht ist das bei mir ein Verarbeiten und eine Schockstarre, weil ich solche Dinge nicht gewohnt bin. Ich komme vom Lande und bin in die Große Stadt gezogen, weil es bei uns keine Arbeitsstellen gab. Vier Jahre im Hartz4 haben gereicht. Aber in der alten Heimat gab es solche Zustände nicht. Da war es ein Problem, wenn Eltern ihre Kinder bis 21 Uhr TV schauen ließen, oder wenn ein Kind stotterte. Heute ist das allen egal.

Fakt ist, eigentlich könnte ich hier liegen und nichts machen. Aber ich habe mich aufgerafft und hier im Forum meine ersten Antworten gelesen. Normalerweise würde ich jetzt auf meinem Sessel rumhängen, mit der Katze auf dem Bauch und nichts tun. Wirklich nichts. Da könnte der Putz von der Decke rieseln ich würde mich so lange nicht rühren bis ich entweder hunger bekomme oder müde werde. Ich mach das dann wie meine Katzen. Einfach stundenlang auf die Tapete starren und die Gedanken an die Arbeit wegbekommen. Aber heute nicht. Heute habe ich hier die Antworten gelesen, habe einige Threads gelesen, hab Bücher gerichtet, Miete und Rechnungen schon bezahlt, etwas gegessen und getrunken. Und ich war direkt nach der Arbeit im nahe gelegenen Einkaufszentrum. Die haben da ein Müll - Sortier - System für gut 30 Piepen wie der Berliner so sagt. Das werde ich mir am Wochenende kaufen.

Mit anderen Worten "Es lebt und bewegt sich"
Heute steht auf dem Plan: Mülltüten aus dem Badezimmer hinunter, Oberflächen im Bad und Flur reinigen, Wischen. Das schaffe ich auch. Ich hab gestern schon geschafft das Bad aufzuräumen. Es sieht toll aus, wenn da nichts rum liegt. Naja, ein Teil liegt rum. Eine schale mit Schminkpinsel. Jetzt wo ich wieder dran komme könnte ich meine Kosmetika mal wieder benutzen. Ich hab sowas auch. Aber wer braucht das schon. Ich hab mir heute sogar einen Frisörtermin geholt. Ich schnippel den Pony sonst selber und der Rest wird zu einem Dutt gebunden. Aber nein, ich fange auch bei mir an. Hab ich mir gedacht.

So, jetzt wird nicht weiter geschrieben. Jetzt wird was getan. Ich fange mit der Waschmaschine an. Auf der Staubschicht kann man Gemälde malen. Die kommt jetzt weg und danach esse ich vorgezogenes Abendbrot. Hm... also falls hier wer liest, euch allen einen schönen ruhigen Abend, oder munteren Abend, jedem so wie er es mag :)

LG Belli

Ich bewerbe mich nicht woanders. Ich hab in Niedersachsen gewohnt. Hab 4 Jahre lang jeden Monat 20 Bewerbungen raus gehauen. 4 Jahre Hartz 4, da will ich nie wieder hin. Ich sage mir immer, egal wie schlecht es mir geht, Hartz 4 ist schlimmer. Ich arbeite knapp 10 Jahre jetzt hier in Berlin. Es ist zwar nicht alles Gold hier auf Arbeit, aber ich weiß woran ich bin. Die Umstände sind schlecht, aber sowas wie Mobbing gibt es hier nicht. Ich weiß woran ich beim Träger bin. Das Kollegium passt, auch wenn hin und wieder was schief läuft. Aber ich weiß auch das es nicht immer so bleiben wird. Ich werde ab Herbst 2018 mit der Leiterinnen Ausbildung anfangen. Das heißt nach 18 Monaten bin ich Kitaleiterin und ich hoffe dann, das mein Träger mir ein ordentliches Angebot macht.

Oh man, Steuererklärung. Puh....

BTW Bad ist soweit fertig. fehlen noch 2, 5 Räume. An den Flur bin ich nicht mehr ran gegangen. Blöder innerer Schweinehund der zur Hälfte gewonnen hat. Mein Vater hat angerufen und dann kommt das alte Muster, man sucht nach Handlungen und Ausreden um die Arbeit zu verhindern. Das mache ich morgen dann vor der Arbeit. Und dann ist das Wohnzimmer dran ....

Gute Nacht euch