Chaosqueen stellt sich vor

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16.08.2013 19:14
avatar  Kayla
#6
Ka
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Das Problem ist, dass "schlimme Lebensgeschichte" eine sehr relative Sache ist. Ich kenne einen "Jungen", der eine wunderbare Kindheit hatte, von allem genug und überzuviel, von seinen Eltern zu Tode geliebt wurde ... Dann wurde er erwachsen und hatte das, sagen wir mal "Pech", dass seine Eltern (eigentlich ja zu Recht) der Ansicht waren, nun sei er erwachsen und müsse sein Leben schon selbst managen. Und genau das konnte er eben nicht. Er war immer festgehalten worden und dann mit einem Schlag fallenlassen. Gemessen an den meisten hier, hatte er ein sonniges Leben - keine Geldprobleme, eine gute Arbeit, auch "Freunde" und auch seine Familie hielt weiter zu ihm. Nur sein eigenes Leben, das musste er auf eimal selbst regeln, ob es ums Waschen und Einkaufen, um Behördengänge oder einfach darum ging, ob er ein Dokument mit Kugelschreiber oder Federhlter unterschreiben solle.
Den Beginn seiner Messiekrriere beschrieb er mir mal ganz trocken:
Ich hab mir wohl mal ein Hemd kaufen wollen und konnte mich nicht entscheiden. Da hab ich alle 5 genommen. Und ich fand diese Möglichkeit das Problem zu lösen zu dem Zeitpunkt sogar noch gut. Über mehrere Zwischenstufen kam ich dann an den Punkt, wo es mir schwer fiel, mich von irgendeinem Hemd zu trennen, weil ich das Gefühl hatte, ich würde genau DAS nächstens brauchen.
Genaugenommen fing bei ihm also alles einzig und allein damit an, dass er niemals wählen musste und niemals allein Konflikte bewältigen bei ansonsten intaktem Elternhaus.
Er ist heute Anfang 40 und ein "echter" Messie, womit ich folgendes meine. Im Grunde genommen ist jemand, der sich selbst "faul" schimpft in den meisten Fällen kein "Messie" nach unserem Verständnis. Der Betreffende hat lediglich ein Antriebsproblem (was allerdings auch nicht besser ist), aber er kann sich, einmal den Totpunkt überwunden, sehr wohl von Dingen trennen, das eigene Urteil, wie nützlich/wertvoll oder unnütz/wertlos eine Sache ist, ist bei ihm nicht oder nur bis zu einem gewissen Grad in Mitleidenschaft gezogen. Im von mir beschriebenen Fall war das aber nicht so. Der Mann konnte nicht mehr unterscheiden zwischen wertvoll und Müll, seine eigene Bewertung seiner Schätze wicht grotesk von der Bewertung jedes Aussenstehenden ab. Er war der Ansicht, all diese Dinge wirklich zu brauchen und Leidensdruck verspürte er nur in Bezug darauf, dass andere das eben weder tolerieren noch akzeptieren konnten (es kam zum Zerwürfnis mit Eltern und Freunden).
Selbstredend lassen sich diese zwei Erscheinungsformen nicht immer klar trennen, aber was ich eigentlich erklären wollte ist, dass ich nicht glube, dass hinter jedem Messie ein objektiv schlimmes Schicksal oder schwere Schicksalsschläge stehen, oder ähnlich chaotische Eltern.
Ich bin, per definitionem, auch kein "richtiger" Messie. 60% des Mülls, der sich hier angesammelt hat, war mir durchaus als überflüssig bewusst (überflüssig, nicht wertlos!). Und zu allen Zeiten konnte ich mich von einem leeren Dessertbecher trennen, ohne Angst zu haben, dass ich mein nächstes Kompott aus der hohlen Hand essen muss.
Bei 40% meiner Sachen ist das allerdings anders. Da unterscheidet sich meine Bewertung auch erheblich von der meines Umfeldes und es sind für mich richtig echte Verluste, mich von diesen Dingen zu trennen. Noch Jahre später schmerzt es, sie nicht mehr zu haben, wenn ich mich denn doch überwinde.
Übrigens findet man bei Menschen aus Kindheiten wie hier beschrieben, genau so das gegenteilige Problem, nämlich einen Minimalismus der schon an Selbstquälerei grenzt. So wie der Messie oft versucht, Dinge zu kompensieren, die ihm (zu) fehlen (scheinen), gehen diese Menschen den umgekehrten Gedankengang. Was ich nicht habe, kann ich auch nicht (wieder) verlieren. Ich glaube nicht, dass es in der Psyche eine Landkarte gibt, die festlegt, wenn ich von a nach b gehe und c eine Einbahnstraße ist, komme ich in d an. sollte ich mich aber irren, wäre es nett, wenn mir diese Wanderkarte mal jemand schicken könnte, damit ich aus meinem Irrgarten herausfinde ;-).

Alles Liebe
Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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16.08.2013 19:53 (zuletzt bearbeitet: 16.08.2013 19:57)
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#7
IB
IBI
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Liebe kay,

danke für deine Ergänzung und das Beispiel.

Ein Aspekt, der mir neu ist, mir genauso plausibel erscheint wie die anderen Beispiele.
Meine mögliche Theorie - je schlimmer die Familiengeschichte, desto schlimmer die Ausprägung - sehe ich als widerlegt.

ja, da fällt mir ein weiteres Beispiel ein.
eine langjährige betroffene Mutter, die ihren sohn allein erzogen hat. der sohn ist wohl sehr resolut in bezug auf Ordnung - jedenfalls erzählte sie mir das. seine kindheitszeit in Unordnung verbracht zu haben, war wohl genug.

was auch immer, sehr oft ist es psychische oder traumatische oder verlust Erlebnisse, die dazu beitragen, Auslöser des Phänomens Chaos und Unordnung zu werden.
und ja, ich stimme zu, die Reaktionen können anders sein und auch die kompensationsversuche mit den Erlebnissen umzugehen, können anders aussehen.

Nachdem ich die Personen, deren Beispiele ich hier genannt habe, ich nicht um Einverständnis gebeten haben, mag ich um Verzeihung bitten, wenn sie sich mal hier im Forum aufhalten und sich wieder erkennen sollten. Tut mir leid.

viele grüsse
sonja


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16.08.2013 23:19
avatar  bessie
#8
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Hallo Biggi,

danke für's Teilen

Lieber Gruß Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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17.08.2013 00:09
avatar  Kayla
#9
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Da der Betroffene, über den ich schrieb, hier im Forum mitliest, hoffe ich eher, er findet den Mut, sich mal selbst zu Wort zu melden *lächelt. Schließlich sind wir hier unter uns und ich denke er weiß inzwischen, dass weder ich, noch jemand von Euch sein Problem als ehrenrührig empfindet.

Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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18.08.2013 03:37 (zuletzt bearbeitet: 18.08.2013 03:39)
#10
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Hallo Sonja,

ja ich habe als Kind einiges erlebt, aber ich habe es auch überlebt und bin dankbar dafür das es mir heute so gut geht.

"Aus Chaos entsteht Neues
Ich weiss nicht, ob es ein wenig Trost sein kann, mein Vater verstarb als ich 12 war."
Doch Sonja, es ist mir ein Trost, das es jemanden gibt der versteht wie ich mich als Kind gefühlt habe, als Papa nicht mehr für mich da sein konnte. Dies kann nur ein Mensch der als Kind auch den Verlust eines Elternteils durch Tod erlebt hat. Bei Scheidungskindern ist dies ja etwas ganz anderes, da ist der Elternteil ja noch da und man kann ihn/sie im besten Fall immer wiede regelmäßig sehen und sprechen. Man kann mit ihm zwischendurch telefonieren. Oft kann man sich dann auch bei dem Elterteil, ausheulen, wenn der andere Teil kein Verständnis hat. Dies alles hat uns gefehlt, wir hatten nur noch E I N Elternteil. Danke schön das Du mir dies mitgeteilt hast.


"Aus Chaos entsteht Neues
das bindungsthema könnte auf dich zutreffen, wenn du bereits das 5. mal verheiratet bist.
das sind Vermutungen von mir, die ich anhand deiner worte einmal errate. du kannst prüfen, ob ich mit meinen Ahnungen richtig liege."
Auch hier hast Du recht, ich habe sehr starke Verlustängste. Eben auch wegen dem Tod von Papa. Dann war ich halt sehr viel in den KKH's und zwar alleine, den damals gab es die Mutter-Kind-Zimmer noch nicht. Mama oder Papa konnten nicht mal so eben mit im KKH sein, wie es heute bei solch schweren Erkrankungen der Falle ist. Man hat dazu gelernt und hat erkannt welch ein Schaden bei einem Kind dadurch entsteht.

"Aus Chaos entsteht Neues
ich finde es toll, dass ihr beide, du und dein Mann, euch hier im Forum zeigt und uns wissen lasst, dass es bei euch krieselt. was ich auch aus euren Worten lese: ihr liebt euch sehr und die umstände sind es, die euch derzeit die Kriese bescheren."
Ja es sind unsere Umstände welche die Kriese ausgelöst hat. An der gegenseitigen Liebe fehlt es nicht.

"Aus Chaos entsteht Neues
ich bin der Meinung, dass du zwar die optische Ausprägung Messie durch deine persönlichen Umstände (ich vermute, dass du heute wegen deines herzens immer noch auf dich und deine körperlichen Aktivitäten achten musst) "
Wegen des Herzens brauche ich eigentlich nicht großartig aufzupassen, es macht mir eher immer wieder mein Rücken einen Strich durch die Rechnung. Wenn ich z.Bsp. bügele (ich bügele nämlich sehr gerne) und ich habe 1-2 Oberhemd (oder 1-2 andere Stücke Wäsche) von Herbert fertig gebügelt, dann muß ich mich wieder hinsetzten, weil der Rücken weh tut. Nun kannst Du Dir bestimmt vorstellen wie lange ich dann für E I N E N Korb mit Bügelwäsche brauche. So geht es mit allem, beim Staubsaugen, bei Spülen, beim Wischen, einfach bei allem. Trotz Schmerzmedis die ich 3 mal täglich nehmen muß. Ich habe zwar auch noch Bedarfmedikamente, aber die sind ja nicht für die tägliche Einnahme bestimmt. Ich gewöhne mir gerade an diese Bedarfsmedis zu nehmen, wenn ich z. Bsp. bügele oder Betten beziehen will. Damit die nämlich wirken muß ich die gut 20-30 Minuten vor Beginn der Tätigkeit nehmen, dann kann ich den Schmerz gut wegcoupieren.

So die erst einmal als Ergänzung.

Gotte behüte und beschütze Euch, ER halte segnend seine Hände über Euch

Liebe Grüße
Biggi


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