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Leistung oder Sabotage?
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Von Kira Cossa.
So gut wie immer wählen Töchter einen Lebensweg, auf dem sie entweder hochgradig leistungsorientiert oder selbstsabotierend agieren. Beide Formen können sich hierbei überschneiden bzw. ändern.
Töchter, die in der Rolle des Sündenbocks aufwachsen, machen schon früh die Erfahrung, dass nichts, was sie erreichen, gut genug zu sein scheint. Die manchmal subtilen, manchmal direkten Nachrichten der Mutter, dass die Tochter nicht gut genug ist, können dazu führen, dass die Tochter ihre Minderwertigkeitsgefühle durch Leistung zu kompensieren versuchen. Bereits in früher Jugend treffen diese Töchter die unbewusste Entscheidung, ihren eigenen Wert darin zu bemessen, was sie erarbeiten, leisten und für andere tun. Diese Strategie kann sich ganz unterschiedlich manifestieren: Zum einen können diese Töchter in ihrer Schulkarriere, ihrem Studium und später in der beruflichen Karriere von unbezähmbarem Ehrgeiz getrieben sein, um zu versuchen die bestmöglichen Leistungen zu erzielen. Dieser erschöpfende Vorgang ist meist getrieben von der Suche nach Zufriedenheit mit sich selbst „Sobald mein Notendurchschnitt eins ist, werde ich glücklich sein!” „Wenn ich diese Beförderung bekomme, dann wird alles anders! Dann hab ich es geschafft!”. Da diese Töchter jedoch auf Bestätigung von außen hoffen - sei es durch andere Menschen oder durch ihre Leistungen, bleibt die erhoffte Zufriedenheit aus und die innere Leere bestehen.
Eine andere Variante, den eigenen Wert durch Leistung zu bemessen, findet sich bei der Tochter, die sich zum Beispiel in ihrer Familie und Gemeinschaft hochgradig engagiert, zum Beispiel Kuchen für wohltätige Veranstaltungen backt, die Kinder der Nachbarn hütet, dem Ehemann alle Wünsche vom Gesicht abliest und sich selbst dabei vernachlässigt.
Leistungsorientierte Töchter haben auffällig oft Schwierigkeiten, die eigenen Leistungen sehen zu können und mit Komplimenten positiv umzugehen. Bewunderungen und Gratulationen durch andere werden dabei oft unter den Teppich gekehrt und nicht als aufrichtig empfunden. Die Angst, sich wie die narzisstische Mutter, die oftmals arrogant und angeberisch aufgetreten ist, zu verhalten, dämmt meist jeden Wunsch ein, seine Erfolge anzuerkennen und zu zelebrieren. Auch das sogenannte „Betrüger-Syndrom” kann bei diesen Töchtern vorkommen, sie sind dabei überzeugt davon, ihren Erfolg nicht verdient zu haben und kommen sich wie Betrüger vor, die sich ihre Leistungen nicht erarbeitet, sondern erschlichen haben.
In beiden Fällen werden diese Frauen dadurch nie längerfristig glücklich, sondern glauben jedes Mal, dass beim nächsten Projekt alles gut werden wird und sie endlich glücklich sein können. Die Folgen sind oft Burnout, Depression, Süchte und allgemein das Vernachlässigen der eigenen Bedürfnisse und Wünsche.
Selbstsabotage hingegen ist die rebellische Reaktion auf die Erkenntnis, es der Mutter nie Recht machen zu können. Die Tochter hat oft schon früh (unbewusst) beschlossen, aufzugeben, etwas erreichen zu können, was ihr in ihrer Erfahrung doch nie gelingen wird. So signalisiert sie unbewusst, dass es ihr egal ist, was andere von ihr halten. Gefühle von Minderwertigkeit und das mangelnde Selbstbewusstsein werden von diesen Töchtern wie auch bei ihrem leistungsorientierten Gegenstück mittels Süchten oder selbstzerstörerischem Verhalten selbstmediziert.
Auch bei der Selbstsabotage gibt es Variationen und Grade. Eine Tochter kann zum Beispiel in ein Extrem fallen und weder fähig sein, einen Beruf auszuüben oder ein geregeltes Leben zu führen, mit Süchten, Essstörungen, wechselnden romantischen Bekanntschaften kämpfen oder sich in wechselnden Bereichen ihres Lebens ständig selbst boykottieren. Eine Frau, die nach außen hin einen geregelten Beruf führt, könnte so etwa am Abend vor einer wichtigen Präsentation beschließen, Alkohol zu konsumieren und am nächsten Morgen feststellen, dass sie aufgrund des Trinkens nicht fähig ist, zur Arbeit zu erscheinen. Töchter, die selbstsabotierend agieren verhalten sich oft passiv, haben Träume, die sie nicht zu verwirklichen versuchen, geben leicht auf, wenn sich ihnen ein Problem stellt und finden sich häufig in selbstzerstörerischen Mustern, die sie nicht zu durchbrechen fähig sind.
Gemein ist all diesen Töchtern, dass sie verzweifelt versuchen Anerkennung und Wertschätzung von außen zu erfahren, jedoch - und das teilen sie mit ihrer narzisstischen Mutter - nie gelernt haben, Bestätigung aus sich selbst zu schöpfen.
In ihrem Buch “Will I Ever Be Enough” beschreibt Karyl McBride, dass die Ursachen für die unbewusste Wahl zwischen Selbstsabotage und Leistungsorientierung in der Aufmerksamkeit und Bestätigung zu finden sein könnten, die die Töchter als Kind, von anderen Bezugspersonen als der Mutter erfahren haben.
War ein Vater, eine Oma, Kindermädchen o.ä. zugegen, die die Tochter unterstützten und ihr Wertschätzung entgegenbrachten, ist die Chance größer, dass diese Tochter den Weg der Leistungsorientierung gewählt hat. War keine weitere Bezugsperson in der Nähe, ist die Wahrscheinlichkeit der Selbstsabotage um einiges höher.
Auch wenn beide Varianten sich auf den ersten Blick stark unterscheiden, so sind sie im Kern jedoch gleich und basieren auf der Unfähigkeit, den eigenen Wert sehen zu können und diesen maßgeblich von Leistung abhängig zu machen. Es erstaunt somit nicht, dass Töchter unter Umständen auch beide Formen zu Teilen in sich tragen und von einem zum anderen Extrem schwanken bzw. Bereiche in ihrem Leben von Selbstsabotage geprägt sind, während sie in anderen Bereichen hervorragende Leistungen erzielen.
Dieses Muster kann in der Regel nur dann durchbrochen werden, wenn die Tochter es zu erkennen lernt, zu verstehen beginnt, warum sie immer wieder die gleiche Strategie wiederholt und dann daran arbeitet, ihr Selbstbewusstsein und die eigene Wertschätzung zu steigern und Bestätigung nicht mehr einzig von außen holt.
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