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Selbstwertschätzung inkl Aufräumgeschichte von Bessie
#411
Klingt gut!
Ich kenne das Phänomen, dass ich mich in anderer Leute Anwesenheit eher zusammenreißen kann. Deswegen beschreibe ich mich in meinen Bewerbungen immer gern als teamfähig. :)
Was sind denn das für Arbeitsort, die manche Stadt anbieten? Mir fällt jetzt nur ein, das viele Studenten aus den gleichen Gründen in der Bibliothek arbeiten, weil sie zuhause eben nur schlunzen würden.
Wie kam es eigentlich zu diesen - auch finanziell - interessante Konstrukt?
LG Sissi
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hi sissi,
ich habe mich als "aufpasser" angeboten (vorher hatte er für mehr Geld stundenweise eine Studentin engagiert, was ihm zu teuer war) und weil ich gerade keinen Job habe, spielt es nicht wirklich eine rolle, ob ich meine zeit bei ihm sitze und meine dinge mache oder bei mir daheim (da funktioniert mein ist "Selbstverständlich-System" gut). und um Bezahlung in dem sinne habe ich nicht gebeten. das "spritgeld" wollte ich als kleinste Einheit, ansonsten spielt mein "helfersyndrom" in dieser hinsicht auch mit rein.
der mensch hat bei uns in der SHG wegen seiner aufschieberitis angefragt, ob er mitmachen könne, so kam der kontakt zu stande.
jetzt haben wir einen NICHTMESSIE in der SHG, der im Hintergrund viele sehr bekannte Themen schlummern hat, wie wir sie alle kennen. bei ihm ist es bezüglich einige Aktivitäten eine sehr ausgeprägte aufschieberitis, die ihn belastet und ebenfalls durchaus zu finanziellen Nachteilen führt...
zuerst hat er geglaubt, wir würden seinetwegen nicht über unser chaos reden, doch in unserer gruppe sind wir seit einiger zeit darüber hinaus ausschliesslich über aufräumaktivitäten und wohin damit und was damit machen hinaus. bei uns redet einer der ausmistet auch darüber wie schmerzlich das Thema für ihn ist...
so allmählich können wir ihm die Sicherheit anbieten, dass er bei uns richtig ist, denn das mit dem NICHTMACHEN, sich selbst herabsetzen, anerkennung nicht annehmen können und WIDERSTAND leisten in sehr vielen formen und anderes mehr, kann er genauso gut wie wir.
und das aushalten, wenn jemand weint und seine schmerz nach aussen hin zeigt, ist in der gruppe eine Herausforderung. nicht mal eine halbe Minute konnten wir still sein und ihn in seinen schmerz begleiten. wurde der eine still, hat der andere die stille nicht ausgehalten.....
das sind die "kleinen" Übungen mit grosser Wirkung, die wir in der SHG versuchen können umzusetzen.
und der erste schritt, war feststellen, wie schwer das auszuhalten ist für uns als aussenstehende, weil wir möglicherweise an unsere Hilflosigkeit erinnert werden.
und das ist für mich ein sehr anspruchsvolles Level, das wir in unserer gruppe ohne jegliche professionelle Begleitung hinbekommen haben. jetzt ist es wirklich ein gefühl von "SELBSTHILFE" gruppe für mich, vor allem weil wir erkennen und uns gegenseitig aufmerksam machen - ach jetzt machst du gerade das, bemerkst du es?
so wie wir das hier in ähnlicher form ebenfalls machen.
und das finde ich sehr bereichernd für mich (und nehme an, viele für euch auch).
viele grüsse
sonja
#413
Danke sonja,
Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen habe ich auch schon mal gesammelt, als ich eine zeitlang zu den EAs gegangen bin. Gerade dieses Schnabel halten, wenn der andere spricht, war zum einen unheimlich schwierig, weil einen die eigenen Gefühle überrollten, aber auch wahnsinnig bereichernd! Ich denke noch häufig daran zurück. Irgendwann geh ich bestimmt wieder hin...
LG Sissi
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#415
Nur aus dem Grund, weil es mir so gut getan hat. Aber jetzt wohne ich weiter von einer Gruppe weg und ich komme aber abends eh nicht in Schwung um raus zugehen.
Ich habe zwar jedes mal geheult, weil ich zu dem Zeitpunkt an Depressionen litt, aber ich habe da auch immer wieder total erstaunliche Menschen kennen lernen dürfen. Oder wahrscheinlicher ist, dass ich ganz normale Menschen intensiv kennen lernen durfte.
Die EA waren allerdings ziemlich strukturiert, so dass es gar nicht so schwierig war, den Impuls zu unterbrechen und "Ratschläge" zu geben zu unterdrücken.
Ich bin übrigens auch einer der Schnellschämer. Und ich schäme mich auch sehr gründlich fremd (ich finde es ganz toll, das es dafür jetzt ein so treffendes Wort gibt), deswegen kann ich eine bestimmte Sorte amerikanische Komödien nicht ausstehen - sie tut mir fast körperlich weh (Adam Sandler und so was in der Art).
"falls ihr euch fragt, wofür das schämen gut ist: es ist eine von mehreren idealen (not-)lösungen, dem gefühl der Hilflosigkeit auszuweichen."
Dem kann ich mich nicht ganz anschießen.
Wenn mir früher Sachen auf der Seele lagen und mich quälten, dann dachte ich impulsiv "ich hasse mich, ich hasse mich" und danach ist der Schritt zu "besser ich wäre nicht da" nicht sehr weit. Aber vor nicht allzulanger Zeit habe ich festgestellt, das ich mich in diesen Augenblicken nicht hasse, sonder schäme! Und ich war platt, das ich dieses Gefühl jahrzehntelang nicht richtig zuordnen konnte, weil es soooo intensiv war.
Dann fragte ich mich lange, wozu Scham überhaupt gut ist. Gefühle habe doch alle einen Sinn! Wozu ist dann schämen gut?
Dann lief mir die Erklärung über den Weg, weiß nicht mehr wo (Doku oder Magazin). Es ist ein Gefühl, das dich warnt! Deswegen ist es so wichtig!
So wie Angst vor Gefahr warnt und sinnvoll ist (es sein denn es gibt eine Angststörung)
so schützt dich Ekel vor Infektionen (zumindest unsere Vorfahren, die Bakterien und Viren noch nicht kannten)
so schützt dich die Scham vor der gesellschaftliche Ausgrenzung - es warnt dich wenn du dich nicht an die gesellschaftlichen Regeln hältst. Für uns als soziales Wesen ist das (über-)lebenswichtig! Und das ist deine innere Warnlampe.
Vor kurzem hat sich für mich auch das Rätsel gelöst, warum die Asiaten oder asiatische Einwanderer sich so viel problemloser Eingliedern und einfügen in unsere Gesellschaft, als so viele andere. Dort ist Scham positiver besetzt! Wenn Kinder aus der Reihe tanzen und sich nicht einfügen. Dann werden sie zurecht gewiesen und selbst andere Kinder "beschämen" das Kind, bis es klein bei gibt - oder viel besser gesagt "Reue" zeigt. Ihr inneres Warnsystem wird also bewusst geschärft und gleichzeitig der Weg zurück in die Gesellschaft gezeigt. Es ist sogar so, dass Kinder bei denen dieses Warnsystem nicht zufriedenstellend funktioniert, als krank empfunden werden.
Vielleicht ist es dort etwas sehr krass, aber seitdem ich das weiß, denke ich, dass es einen Haufen Leute (bzw. Kinder und Jugendliche) denen es mal gut täte, wenn sie sich mal bewusst "was schämen" würden. Dann hätte ihr Umfeld mit ihnen leichter (habe gerade zwei Kinder in der Schule, in einer ist es echt Heftig, die ein paar Kinder gehen über Tische und Bänke - und die sind das absolute Gegenteil von Unterschicht). Ich glaube, das es der deutschen Gesellschaft gut tät, die Scham nicht nur negativ zu sehen.
Mit diesem Hintergrundwissen kommst du vielleicht zu der Erkenntnis, dass die Scham nicht dazu da ist dem Gefühl der Hilflosigkeit auszuweichen, sondern du dich vielleicht wegen deiner Hilflosigkeit schämst...
Wärhend ich das schreibe, denke ich darüber nach, das es wahrscheinlich, neben der Angststörung, auch eine Ekelstörung und eine Schamstörung geben könnte. Denn dieses "und dieses gefühl ist bei mir schneller angetriggert als ich das wort schreiben kann..." kenn ich ja auch zu genüge.
Generell glaube ich, das wir Frauen und Mädchen uns schneller schämen als das männliche Geschlecht. Deswegen sind die Mädchen in den Schulen auch vergleichsweise fügsam (Ausnahmen gibt es immer). Wären wir das nicht gewesen, wären wir in den früheren Generationen ganz schnell mal aus der Vererbungslinie ausgeschlossen. Du weißt ja, einmal anscheinend mit dem falschen Eingelassen und du gehörst nicht mehr zu Familie - egal ob du es wolltest oder nicht. Läuft ja heute noch in vielen Ländern der Erde so.
....aber jetzt schweife ich endgültig ab :)
Also liebe sonja, ist nicht schlimm, wenn du dich schämst - da will dir dein innerstes vor Schlimmen beschützten. Nur manchmal muss man eben auch rational abgleichen, ob die Scham angebracht ist.
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