Vielen Dank für eure Antworten. Ich werde nur auf Jennifers Post direkt eingehen da er der Lage am nächsten kommt.
Zitat von Jennifer im Beitrag #4
das Ideal, dass erwachsene Kinder im gemütlichen Elternhaus zusammenkommen und die Familie sich da am schön gedeckten Tisch trifft, das klappt bei euch offenbar nicht.
Das stimmt genau, allerdings ist das nur ein Teilaspekt. Der für mich deutlich schwerwiegendere Aspekt ist, dass ich mich quasi meines Zuhauses beraubt fühle. Wir (Kinder) und auch sonst niemand wird ja eingeladen oder so. Irgendwann hat es sich verselbstständigt und man kommt auch nicht mehr.
Zitat von Jennifer im Beitrag #4
Du beschreibst deine Mutter als hilfsbereite, offenbar auch warmherzige Person, die ihr Leben lebt und die offenbar einen passenden Partner gefunden hat, der mit eventuellen Schwächen zurecht kommt. Sie weiß offenbar um diese Schwächen und hat sich damit arrangiert. Vielleicht hat sie AD(H)S, vielleicht irgend welche anderen Gründe, Depressionen - was auch immer - dass es nicht klappt mit dem Haus.
Meiner Mutter sind diese Schwächen nicht wirklich bewusst, bzw. sie werden sehr konsequent verdrängt. Das mit dem "zurecht kommen" ist auch nicht der Fall. Es gibt eklatante Probleme finanzieller, gesundheitlicher und hygienischer Natur. Das kann hier natürlich niemand ahnen, ist schon klar. Aber darauf möchte ich hier auch garnicht weiter den Fokus legen, soviel sei gesagt, Probleme gibt es mehr als genug und ich bin nicht mehr im Stande sie zu lösen. Nicht ansatzweise.
Zitat von Jennifer im Beitrag #4
Ich habe einfach noch nicht ganz verstanden was du genau vermisst und irre mich deshalb vielleicht. Geht es drum dass du traurig bist, weil du nicht „einfach so“ ins Elternhaus gehen kannst, das ja ein Stück deiner Lebensgeschichte ist?
So etwas kann ja tatsächlich Kummer machen.
Richtig, wie oben bereits beschrieben. Das ist der Kern, ich kann nicht mehr ins Elternhaus. Und es wird auch nicht mehr möglich werden, damit habe ich mich abegefunden. Ja, wir treffen uns dann eben wo anders, aber auch das ist nicht so einfach wie es klingt. Auch dabei müssen wir Kinder immer unsere Bedürfnisse zurückstellen und immer wirklich beide Augen zudrücken damit es nicht jedes Mal zur Eskalation kommt, so dass auch das im Grunde nur ein Tolerieren und Aushalten ist. Wie gesagt, ansonsten gäbe es garkeinen Kontakt mehr, was ja eben auch keine Lösung ist.
Zitat von Jennifer im Beitrag #4
Was deine Mutter betrifft, klingt deine Haltung nach Resignation, und weniger nach Akzeptanz.
Du erträgst es irgendwie widerwillig und leidest darunter.
Was würde geschehen wenn du dir sagst: „Ja, anders würde es mir besser gefallen. Viel besser! Aber es ist nun mal wie es ist, und man kann die Menschheit nicht retten, nicht mal die eigene Mutter. Da hilft mir jetzt nur eine freundliche innere Distanz.“
Das ist ein interessanter Gedanke, den ich so ähnlich auch schon hatte. Es geht mir hier eben z.B. auch ganz konkret darum wie sich das weiterverfolgen lässt. Also gedanklich ist es erstmal nicht so schwer auf "freundliche innere Distanz" zu gehen. An guten Tagen. Aber was bedeutet das konkret? Was kann man in der Praxis tun um das aufrecht zu erhalten und sich gleichzeitig dabei nicht selbst zu Grunde richten? Einige beispielhafte Situationen:
- Einladung zum Essen bei uns: Meine Mutter bringt halb verdorbene unappetitliche Lebensmittel mit. Keiner will sie essen, wenn man was sagt wird man als etepetete abgekanzelt, zig mal, jedesmal wieder, es wird sich nie ändern
- Ebenfalls Einladung, diesmal gemeinsam kochen. Sie bietet an für uns Kinder+Enkel zu kochen. Wobei wir schon vorher wissen wie das endet. Im Grunde läd sie sich selbst ein weil es anders ja nicht geht. Das nehmen wir hin, wie gesagt alternativ gäbe es keinen Kontakt. Sie verhält sich dann aber so als wäre es ihre eigene Küche, räumt alles um, bzw. nichts auf, danach hat man mehr Arbeit als hätte man gleich alles selbst gemacht.
- Allgemein ist es so, dass es bei jeglichem Treffen immer genau nach ihr gehen muss und zwar nicht nur mit uns Kindern sondern auch wenn andere Bekannte oder Verwandte dabei sind, was uns Kinder sehr oft in große Verlegenheit und zwickmühlenartige Situationen bringt. Wenn nicht dann gibt es sofort Streit.
Zitat von Jennifer im Beitrag #4
Kann es sein, dass der aktuelle Zustand auch ein Unbehagen aus der Kindheit wieder hoch holt?
Dann fallen einem aktuelle Probleme doppelt schwer.
Das kann sein, ist aber nicht der Grund. Aktueller Grund warum es gerade jetzt wieder so schwierig geworden ist (und letztlich auch der Auslöser für die Anmeldung hier war), ist dass sie vor ein paar Wochen eine Grenze deutlich überschritten hat. Ich sollte für sie einen Kredit in beträchtlicher Höhe aufnehmen, da sie selbst keinen mehr bekommen hat. Ich habe mich geweigert und dann war erstmal ein paar Wochen absolute Funkstille, ich war wieder der böse Sohn. Davor lief es eigentlich ganz okay mit sehr vielen Einschränkungen aber erträglich. Das ist für mich seit dieser Grenzüberschreitung aber nochmal schwieriger geworden. Ich kann und will nicht einfach so weitermachen wie davor. Leider ist es nicht das erste Mal, alle paar Jahre passiert ein Hammer der alles irgendwie zum Einsturz bringt und mich und meine Schwester einen extrem hohen Preis zahlen lässt. Sie begreift das überhaupt nicht und nach ein paar Wochen ist für Sie alles wie davor weil jedes sachliche Gespräch über das Problem nicht möglich ist. Im Gegenteil, wir bekommen dann wieder nur Vorwürfe zu hören warum man sich so selten meldet, etc. Ich verstehe zwar warum das so ist (konsquente Verdrängung), aber das macht es für mich nicht einfacher und es ist zunehmend zermürbend, dass es für all die Toleranz, Zuvorkommenheit keine Anerkennung sondern eignetlich nur Strafe gibt. Außer Resignation gibt es keine Möglichkeit.